Ein kurdische Film macht sich auf die Suche nach einem verschwundenen Bruder der (Ur-)Großmutter in Deutschland – und zeigt neben wunderbaren Bildern spannende, kaum bekannte Vielfalt kurdischer Ethnien.
Rettungssirenen, die Füße eilender Pfleger:innen im Krankenhaus. Insert: Die Geschichte beginnt in Deutschland. Die alte Frau, die ihr ganzes Leben lang niemanden um irgendwas gebeten hat ruft einen Namen. „Worte, die wie ein Gedicht klangen: Mein Bruder Hussein!“
Niemand konnte damit was anfangen, alle dachten, sie sei schon irgendwie in anderen Sphären. So beginnt der kurdische Film „Lêger/Arayişçi/Seeker/ Suche“ von Esin Akgül Güneş & Ömer Leventoğlu. Am Samstag, dem 26. Februarer 2023 ist dieser im Wiener English Cinema Haydn zu sehen – auf Kurdisch mit (deutschen) Untertiteln (16 Uhr), Link zum Facebook-Event unten.
Die 95-Jährige Sultan stirbt zum Glück nicht gleich, hat noch ein bisschen zu leben, ihre Tochter Çiğdem erfährt – nicht mehr viel, aber dass ihre Mutter im Südosten der Türkei auf einer langen – nicht immer freiwilligen Reise – den genannten Bruder verloren hat. Çiğdem, die in der Türkei Einreiseverbot hat, versucht ihre Nichte Gulan in Istanbul zu aktivieren, sich auf Spurensuche zu begeben. Was dieser anfangs so gar nicht taugt. Widerwillig, der Tante zuliebe macht sie sich auf in den Osten, zunächst nach Konya woher sie mit ihrer Familie in die Stadt auf zwei Kontinenten am Bosporus gekommen ist.
Gleichzeitig kontaktiert Çiğdem in Deutschland Fachleute für kurdische Geschichte und Sprache. Und erfährt nach und nach immer mehr, dass es „DIE“ Kurd:innen so gar nicht gibt, dass es sich um verschiedene Stämme handelt. Immer mehr Namen und Begriffe sowie Orte und Städte fallen in den Gesprächen. Sie kennt sich immer weniger aus und fürchtet, all das bringt die Familie auch nicht näher an das Schicksal des verschollenen Bruders von Sultan.
In der Zwischenzeit kippt Gulan doch in die Neugier um ihre Vorfahr:innen, wobei es ihr anfangs ähnlich geht wie der Tante: Noch und nöcher die Namen von Gegenden, Wanderungszügen, verschiedene kurdische Zweige…
Mit eindrucksvollen Landschaftsbildern – mitunter meditativer Hirtenflötenmusik – und spannenden Gesprächspartner:innen in den Interviews lädt der genannte Film ein, mehr als die Suche nach einer Lebensgeschichte mitzuerleben.
Eine Reise in die Geschichte der Kurden in Zentral-Anatolien
von Esin Akgül Güneş & Ömer Leventoğlu
In Kurmandschi – mit deutschen Untertiteln
26. Februar 2023
Vienna English Cinema Haydn
1060, Mariahilfer Straße 57
Eintritt: 10 €