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Pauala stellt sich vor, sie würde Erwin mit seiner Haltung - aber nur ihr gegenüber - konfrontieren und ihn in eine Zwangsjacke stecken
Pauala stellt sich vor, sie würde Erwin mit seiner Haltung - aber nur ihr gegenüber - konfrontieren und ihn in eine Zwangsjacke stecken
27.02.2023

Hitler ließ eigene Großcousine ermorden

Probenbesuch bei „Paulas Kampf“ im Theater Forum Schwechat (bei Wien).

Noch läuft allabendlich im Theater Forum Schwechat das Satirefestival mit vielen bekannten Stars aus der heimischen Kabarett-Szene. Unter tags probt ein Schauspiel-Quartett – mit Regisseurin und einer Mitarbeiterin – am nächsten Stück, einer Eigenproduktion. Dafür gräbt – meist Manuela Seidl, die künstlerische Leiterin des wenige Gehminuten von der Schnellbahnstation entfernten Theaters selbst – oft ziemlich unbekannte, oft zuvor nur selten bis gar nie gespielte Stücktexte aus. „Paulas Kampf“, geschrieben von Isa Hochgerner. Hier wird der Stücktitel um den Zusatz „das falsche Bild“ erweitert.

Ein Durchlauf

Das Stück hat am 8. März, dem internationalen Frauentag, Premiere. Beim Lokalaugenschein von Kinder I Jugend I Kultur I und mehr… steht ein sogenannter Durchlauf auf dem Probenplan. Es werden also nicht einzelne Szenen geprobt, gestoppt, da oder dort was verändert, sondern das Stück grob durchgespielt – noch nicht in den vorgesehenen Kostümen. Auch die geplanten Projektionen werden erst angefertigt und eingespielte Sounds sind erst noch eine Annäherung. „Ich will heute den Bogen sehen, den Rhythmus eures Spiels spüren“, ist die Anforderung von Regisseurin Rita Dummer.

Der Plot

Die ersten beiden Wörter des Titels und obendrein die Frakturschrift auf den Plakaten stellt gedankliche Verbindungen her. Und ja, diese Paula hieß eigentlich Hitler. Sie war die Schwester des Faschistenführers der mit seiner Partei die Menschheit in den zweiten Weltkrieg gestürzt hat. Und weil der nach außen keine Familie zeigen wollte, musste die Schwester einen anderen Namen annehmen: Wolf im Stück, laut Wikipedia mit einem zweiten f hinten dran. Und er hatte auch noch eine Großcousine – Aloisia Veit. Wegen angeblich diagnostizierter Schizophrenie wurde sie eines der vielen Mordopfer durch ärztlichen Bescheid (Euthanasie), getötet in der Gaskammer von Hartheim, beschlossen von Dr. Erwin Jekelius, dem Leiter der vormaligen Jugendfürsorgeanstalt Spiegelgrund auf der Baumgartner Höhe, die in der Nazizeit zur Tötungsanstalt für kranke, behinderte und „nicht erziehbare“ Kinder wurde – mit rund 800 Opfern. Die Fakten im Stück entsprechen den echten Tatsachen, lediglich Details – wie dass sich Paula und Erwin Am Spiegelgrund kennen gelernt hätten, weil sie die Großcousine retten hätte wollen – ist von der Stückautorin erfunden.

Zwischen Ärger und Schönfärberei

Intendantin Seidl, die selbst meist mitspielt, schlüpft in die Rolle der Paula. Die hackt in die alte unkaputtbare Schreibmaschine. Eine Art Rehabilitation für ihren Bruder, der doch jetzt nach dem Krieg von allen so verteufelt wird, will sie als Buch verfassen. Und gleitet dabei immer wieder in Traumbilder ab – aus ihrer Kindheit, aus dem späteren Leben. Stets hat die Mutter den „Dolferl“ bevorzugt, sie zählte weniger bis nichts. Der Bruder hat sogar ihre Verlobung verhindert. Der Möchte-gern-Bräutigam: Genau jener Dr. Jekelius (aalglatt und gefühlskalt gespielt von Felix Krasser). Von dem sie übrigens rückblickend davon ausgeht, dass der sich für sie nur wegen ihres Bruders interessiert habe. Paula ist zwar wütend auf den Bruder, weil er ihr privates Leben zerstört hat, aber im Prinzip will sie ihn mit ihrem Buchprojekt ja sozusagen rehabilitieren, auf einen Sockel heben

Eine zentrale Rolle nimmt die ermordete Groß-Cousine Aloisia ein. Immer wieder taucht sie in den Erinnerungen Paulas auf. Iris Maria Stromberger verleiht ihr eine Gratwanderung zwischen Leben und Geist – und in Wirklichkeit die einzige Gegenfigur zum mörderischen Wahnsinn. Und sie spielt zwar diese eine konkrete ermordete Person lässt aber immer wieder mit anklingen, dass sie eben „nur“ eine von vielen war.

Schatten

Als vierte im schauspielerischen Bunde agiert Benita Martins, zunächst als Verleger von Paulas Buch samt Diskussionen, ob nicht auch der Besuch bei den Olympischen propaganda-Spielen 1936 in Berlin ein Kapitel sein sollte oder eben auch die Verlobung. Im weiteren Verlauf schlüpft Martins in verschiedenen Schattenfiguren – vor allem Aloisias Halluzinationen. Und symbolisiert damit immer wieder auch die sogenannten Schatten der Vergangenheit.

Überrascht

Nach eineinhalb Stunden mit teils sehr heftigen, atemstockenden Momenten, ist die Regisseurin überrascht: „Das ist eine sehr deutliche Steigerung gegenüber gestern. Und sogar um zehn Minuten kürzer.“

Der Durchlauf-Versuch am Tag davor sei aber auch der erste seit langem gewesen, wo wieder alle gleichzeitig dabei sein konnten, erklären die vier Schauspieler:innen, die sich selbst durch mehrmals auftauchende heftige Geräusche technischer Geräte nicht stören hatten lassen, dem journalistischen Gast die merkliche Steigerung. Und somit deutet alles darauf hin, dass es in eineinhalb Wochen eine gelungene Premiere sein wird.

Follow@kiJuKUheinz

Sujetfoto für die Ankü+ndigung des Stücks
Sujetfoto für die Ankü+ndigung des Stücks „Paulas Kampf“ im Theater Forum Schwechat
INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Paulas Kampf – das „falsche Bild“

Welt-Uraufführung des Historiendramas von Isa Hochgerner

Eigenproduktion Theater Forum Schwechat

Paula Hitler/Wolf(f): Manuela Seidl
Aloisia Veit, Hitlers ermordete Cousine 2. Grades: Iris Maria Stromberger
Dr. Erwin Jekelius, Direktor am Spiegelgrund: Felix Krasser
Schatten – Verleger Sanden/ Halluzinationen Aloisias u.a.: Benita Martins

Regie: Inszenierung Rita Dummer
Mitarbeiterin der Regie: Amy Parteli
Visuals / Kostüm Joseph Köberl
Technische Leitung Werner Ramschak
Bühne Barbara Strolz, Werner Ramschak und Daniel Truttmann

Rechte: Thomas Sessler Verlag

Wann & wo?

8. bis 22. März 2023
Theater Forum Schwechat: 2320, Ehrenbrunngasse 24
Telefon: 01 707 82 72
e-Mail: karten@forumschwechat.com

forumschwechat – paulas-kampf