Mitreißende Version von „Emil und die Detektive“ samt Verfolgungsjagd durch das ganze Renaissancetheater (Theater der Jugend, Wien).
Zwar gab es nicht – wie bei einer anderen Version mit musicalartigen Songs im St. Pöltner Landestheater – am Ende „Zugabe!“-Rufe. Aber dennoch großen, fast nicht enden wollenden Jubel nach der Premiere von Erich Kästners „Emil und die Detektive“ im großen Haus des Theaters der Jugend in der Wiener Neubaugasse (Renaissancetheater). Rund zwei Stunden (eine Pause) spielte das Ensemble eine Fassung von Sarah Caliciotti und Frank Panhans (letzterer hatte auch bei der St. Pöltner Version mitgewirkt).
Flott und mitreißend spielt das großartige Ensemble die Geschichte von Emil, dem Buben aus der eher ländlichen Kleinstadt, der ins große Berlin fährt und im Zug vom „feinen“ Herrn Grundeis, der später unter noch weiteren Namen in Erscheinung tritt, beklaut wird. Und auf der Suche nach diesem in der Großstadt, um wieder an sein Geld zu kommen, Freund:innen findet, die natürlich den Dieb überführen und so ein Happy End – durch den Zusammenhalt der Kinder aus der Groß- und der ländlichen Kleinstadt samt Verfolgungsjagd durch das ganze Theater – herbeiführen.
Zwei Besonderheiten weist die Wiener Inszenierung (Regie: Frank Panhans, Dramaturgie: Sarah Caliciotti) auf. Erich Kästner (1899 – 1974), der Autor des Romans – und vieler anderer Kinderbücher (u.a. „Pünktchen und Anton“ – in der vorigen Saison vom Theater der Jugend gespielt; „Das fliegende Klassenzimmer“ – Neuverfilmung vor einem Jahr im Kino; „Konferenz der Tiere“ – im Vorjahr vom Linzer Theater des Kindes gespielt) – tritt in Erscheinung. Uwe Achilles, spielt diesen und erzählt, er hätte eigentlich ganz was anderes schreiben wollen und sei sozusagen zufällig in diese Geschichte gestolpert… Wie alle anderen – außer Jonas Graber, der durchgehend den Emil Tischbein spielt und sein Gegenspieler, der ihn beklaut (Frank Engelhardt), schlüpft Achilles in mehrere Rollen. Lachstürme löst er mit der karikierten in Berlin auf Emil wartenden Großmutter aus – da erinnert er irgendwie an die filmische Mrs. Doubtfire.
Zweite Besonderheit: Wenn Emil schläft, plagen ihn Albträume, weil er in Neustadt als Mutprobe einem großherzöglichem Denkmal eine rote Nase aufgesetzt und einen Schnurrbart gemalt hat. Die Figuren, die in diesen Träumen auftauchen, zeichnen sich durch riesige Köpfe aus – mit vergrößerten Gesichtern vom Polizisten und den anderen Mitspieler:innen. Designt von Kostümbildnerin Anna Katharina Jaritz, haben Paoletta Chalupar und Katrin Vogler aus der Kostümabteilung des Theaters der Jugend diese Riesenhäupter gebaut – mehr dazu in einer eigenen Story, unten verlinkt.
Mit diesen Köpfen zu spielen und manches Mal auch zu tanzen war für die Schauspieler:innen eine ordentliche Herausforderung, wie einige von ihnen nach der Premiere im Small-Talk mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… gestehen. Aber, so fügen die kürzest Befragten auch an, „wir hatten gutes Training dazu“ – von Wieda Shirzadeh, die das Bewegungs-Coaching leitete.
Und wenn wir schon bei den Dingen sind: Beachtlich und ebenfalls teils riesig sind die Bauten des Bühnenbilds – ob’s der Zug, der Bahnhof, dessen oberer Stock später zur Straßenbahn wird oder das Hotel sind (Bühnenbild und Video: Ulv Jakobsen).
Sehr beachtlich ist auch die Wandlungsfähigkeit der Schauspieler:innen, die in ihren jeweiligen Rollen oft ziemlich gegensätzlich agieren und kostümmäßig ausstaffiert sind. Das gilt insbesondere für Tara Michelsen, die einerseits die freche, quirlige Cousine Emils, Pony Hütchen ebenso verkörpert wie die eher voluminöse Dauerquasslerin im Zugabteil von Emil und Grundeis; ebenso aber für Benita Martins, die einen ähnlichen Spagat spielen darf – die Professorin genannte zurückhaltende Schlaueste der Detektivband sowie die Bäckerin Wirth, die bei Friseurin Ida Tischbein, jedes rechtspopulistische Gerücht gegen die Großstadt Berlin auskotzt – mit Anleihe von Trumps Katzen- und Hundefresser-Sager. Steigende Kosten und geringe Einnahmen der Friseurin werfen „nebenbei“ Schlaglichter auf vergangene und aktuelle Ungleichheiten.
Gar auf vier Rollen bringt es Stefan Rosenthal als Neustadts Wachtmeister Jeschke, Zug-Schaffner, „Kleiner Dienstag“, der bei den Detektiven den Telefondienst zu Hause machen muss – alte Zeiten, kein Handy, nur Festnetz mit Wählscheiben-Apparat und ganz wenigen Fernsprechern – und schließlich als verkleideter Page im Hotel, damit die Detektiv:innen an den Dieb herankommen können.
Von der gluckhennen-artigen Mutter Ida Tischbein über eine recht grantige Berliner Kellnerin bis zur toughen Bank-Kassiererin reicht der Bogen, den Sophie Aujesky spielt. Zwischen jeweils drei Rollen switchen auch Marko Kerezović (Detektiv Gustav mit der Hupe, einer der Jungs in Neustadt und dort auch Bahnhofsvorsteher), Konstantin Mues Bœuf (Detektiv Mittenzwey, Junge in Neustadt, Polizist) sowie Nikolaus Lessky (Detektiv Mittendrei, Junge in Neustadt, Beamter am Bahnhof Friedrichstraße).
von Erich Kästner
in einer Fassung von Sarah Caliciotti und Frank Panhans
Ab 6 Jahren; ca. 2 Stunden (eine Pause)
Emil Tischbein: Jonas Graber
Ida Tischbein / Kellnerin / Kassiererin: Sophie Aujesky
Frau Wirth / Professorin: Benita Martins
Pony Hütchen / Frau im Zug : Tara Michelsen
Gustav / Junge in Neustadt / Vorsteher Neustadt: Marko Kerezović
Kleiner Dienstag / Jeschke / Schaffner / Page im Hotel: Stefan Rosenthal
Mittenzwey / Junge in Neustadt / Polizist: Konstantin Mues Bœuf
Mittendrei / Junge in Neustadt / Beamter Friedrichstraße: Nikolaus Lessky
Grundeis: Frank Engelhardt
Kästner / Mann im Zug / Großmutter / Kommissar: Uwe Achilles
Passant:innen in Berlin / Menschen in der Straßenbahn: Ensemble
Regie: Frank Panhans
Bühnenbild und Video: Ulv Jakobsen
Kostümbild: Anna Katharina Jaritz
Licht: Christian Holemy und Barbara Zukal
Bewegungscoaching: Wieda Shirzadeh
Dramaturgie: Sarah Caliciotti
Assistenz und Inspizienz: Eva Maria Gsöllpointner
Hospitanz: Lukas Spring
Aufführungsrechte: Bühnenverlag Weitendorf GmbH, Hamburg
Bis 10. November 2024
Theater der Jugend
Renaissance-Theater: 1070, Neubaugasse 36
tdj -> emil-und-die-detektive
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