17-jährige Siegerin der Kategorie „Das neue Sprachrohr“ im Interview mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … Vier Beiträge mit Interviews von Top-Redner*innen des Wiener Landesjugendredewettbewerbs.
„Dort wo ruhelos Kinderaugen welken,
und Träume keuchend nacheinander sterben,
wo Waffen nur Bodenschätze melken,
liegt die Menschlichkeit zerbrochen in Scherben…“
In dieser poetischen Tonart versucht die 17-jährige Saida Alimdjanova ihr Auditorium dafür zu sensibilisieren, dass seit zehn Jahren Krieg in Syrien herrscht und das Schicksal von Millionen Menschen fast verdrängt wird.
Mit dem knapp mehr als fünf-minütigen gedichteten Appell „Wenn Tauben schwinden“, der vom Vortrag her fast sanft und doch so eindringlich Zuhörer*innen berührt, immer wieder Gänsehaut beschert, hat die Schülerin die Kategorie Neues Sprachrohr beim Wiener Landesjugendredewettbewerb gewonnen.
„Mit dem Verfassen von Gedichten habe ich im Alter von neun Jahren begonnen“, vertraut die 7.Klässlerin des Billrothgymnasiums (Wien-Döbling) dem Reporter an. Es war in der Samstags-Schule in Russisch, ein neues Grammatik-Thema stand auf dem Stundenplan. „Die Endungen waren nahezu ident und das hat mich zum Dichten animiert.“ Und zwar vorerst auf Russisch, das sie als kleines Kind schon neben Usbekisch sprach.
Mit ungefähr vier Jahren kam sie nach Österreich, pflegte Russisch weiter, Usbekisch weniger. „Diese Sprache ist bei mir ein wenig in Vergessenheit geraten, da habe ich heute nur mangelnde Kenntnisse, wiewohl wir diese Traditionen in der Familie weiter pflegen.“
Auf Deutsch dichtet sie noch nicht so lange. „Inspiriert von Goethes Faust, hab ich begonnen, Entschuldigungen, wenn ich eine Hausübung zu spät abgegeben habe, in Form von Gedichten zu verfassen. Auch Gratulationen landen oft gedichtet in Geburtstagskarten.“
Dieses kennend, hat die Deutschlehrerin sie animiert, beim Redewettbewerb mitzumachen. „Da meine Vorhaben oft sehr extraordinär sind, habe ich die kreative Kategorie gewählt und mir ist sofort eingefallen, meine Rede in Gedichtform anzulegen.“
Denn tagtäglich, zu jeglicher Stund‘,
Aus der gedichteten Rede von Saida Alimdjanova
Während die Menschen ihr Mitgefühl bunkern,
Zuckt man zusammen, sobald es summt,
Wissend, man würde am nächsten Morgen verhungern.
Dennoch gibt sie gegenüber Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … zu, dass sie in Wirklichkeit erst am Abend vor Abgabeschluss – diesmal musste alle Reden natürlich als Online-Videos eingereicht werden – begonnen hat, ihre Rede zu schreiben und dann aufzunehmen. Start 21 Uhr, Schluss 5 Uhr.
Ursprünglich wollte sie über Whistleblower sprechen, dann stolperte sie über einige Artikel rund um den zehnten Jahrestag des Kriegsbeginns in Syrien und wie inakzeptabel es ist, dass die Welt mehr oder weniger einfach zuschaut.
„Zuallererst bin ich dann auf Inspirationsjagd gegangen, da ich meine Muse verloren hatte. Da verfiel ich fast in eine Existenzkrise und habe meine Familie um Rat gefragt, wie ich meine Rede beginnen solle. Ich brauchte einen mitreißenden Anfang. Da gab mir mein Vater Gedichte meines Urgroßvaters. Der dichtete ebenso wie meine Urgroßmutter.“
Im 2. Weltkrieg war des Vaters Großvater Reporter an der Front und in einem Gedicht über eine Schlacht stand: „Es mögen die Kämpfenden das weinende Geschrei von Kindern nicht vergessen!“ Das, so die Rede-Siegerin, „war die Geburtsstunde meiner ersten Zeile!“
Kappt doch endlich die Binden von Euren Augen!
Aus Alimdjanovas Rede
Schneidet verschmutzte Filter aus den Ohren!
Es sind die Medien, die Euch Kostbares entsaugen,
Ohne Eure Kenntnis sind wir nämlich ALLE verloren!
Ob sie eine Karriere als Schriftstellerin und Dichterin anstrebe, beantwortet die redegewandte Schülerin auch gedrechselt: „Selbstverständlich habe ich schon diesbezügliche Pläne kreiert, aber ich bin mir nicht sicher, ob mir das ein stabiles Salär bescheren würde.“ Deshalb strebe sie einen anderen Beruf an, um sich vielleicht hernach in der Pension der Dichtkunst zu widmen. Ihr Beruf solle „zur Weiterentwicklung der Menschen im Allgemeinen beitragen“. Auf Nachfrage „schließe ich Wissenschaft, Medizin oder Pädagogik aus, sondern eher Politik oder Wirtschaft“ könnten ihre Berufsfelder sein.
In der Schule bevorzugt sie alle linguistischen (sprachlichen) Gegenstände, „obwohl, eigentlich mag ich alles“, so Alimdjanova im Interview. „Darüber hinaus mach ich noch einiges Extra-curriculares: Die schon erwähnte Russisch-Samstags-Schule, eine Musikschule – ich spiele Klavier, Ballett seit neun Jahren, aber nicht auf professionellem Niveau. Und ich male gerne. Früher war ich auch in einer Mal-Schule, aber derzeit wäre ich damit ein bisschen überlastet.“
Raus aus der Einzelzelle? Oder nicht
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