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Precious Nnebedum (stehend) performt ihre Texte zweisprachig und wortakrobatisch; links: Nermin Ismail; rechts: Mehwish Sohail, Sherri Spelic sowie die Organisaotrin des Abends: Arwa Elabd
Precious Nnebedum (stehend) performt ihre Texte zweisprachig und wortakrobatisch; links: Nermin Ismail; rechts: Mehwish Sohail, Sherri Spelic sowie die Organisaotrin des Abends: Arwa Elabd
24.08.2022

Wortakrobatik, Sprachspielereien – und Hoffnung auf vielfältigere Zukunft

„Über Grenzen lesen“ – mehrsprachige Autor:innen, die auf Deutsch schreiben – eine Nachlese zu einer der letzten Wiener Kultursommer-Veranstaltungen.

Nach einem Bücher-Picknick ohne Bücher, dafür mit vielen Gesprächen über Lektüre und vorbei an einem von der Initiative bibliobox dicht gefüllten Büchertisch, ging es zu einer der letzten Veranstaltungen im Wiener Kultursommer – diesfalls im Kongreßpark in OTK, wie Ottakring von vielen, vor allem mehrsprachigen Jugendlichen genannt wird. Mehrsprachige Autorinnen, die vor allem auf Deutsch schreiben, über Lebensfelder und -realitäten, die viele aus der Mehrheitsgesellschaft kaum bis nicht kennen: „Über Grenzen lesen“.

Wortakrobatik

Vier Autorinnen – ein angekündigte Autor war kurzfristig verhindert, einem anderen, erst kürzlich tragisch (beim Bergwandern) tödlich verunglückten – Jad Turjman – wurde gedacht -, lasen Auszüge aus ihren jüngsten Werken. Precious Nnebedum performte ihre Texte bilingual (Englisch und Deutsch), die erst im Oktober erscheinen. Mit 16 hatte sie, die schon mit sieben in Nigeria, wo sie mit Igbo und Englisch aufwuchs, ihre ersten Geschichten geschrieben, in Graz mit Poetry Slam begonnen. Vor zwei Jahren begeisterte sie bei der Online-Preisverleihung der exil-Literaturpreise ebenfalls mit Schnell-sprech-Wortakrobatik. Mit ihrem Text „The Gospel Road“ hatte sie, als bisher Jüngste, den ersten Preis des Literaturbewerbs der edition exil gewonnen. Namens der Jury hatte 2020 Julya Rabinowich die Entscheidung u.a. so begründet: „In eindringlichen, klaren, schnörkellosen Sätzen schildert Precious Nnbedum eine Realität, die an vielen spurlos vorüberzieht und gibt somit Situationen Raum, die von anderen Lebensumständen künden.“

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Hoffnung – Vorbild für andere

Nermin Ismail, Journalistin in verschiedenen Medienhäusern erst in Österreich, nun in Deutschland, hat kürzlich ihr drittes buch veröffentlicht. Nach „Ungehörte Stimmen“ und „Etappen einer Flucht- Tagebuch einer Dolmetscherin“ ist es nun „Hoffnung“. Solche gibt sie selber als Vorbild für andere. In den meisten Medienhäusern war sie die erste bzw. einzige mit Hidjab, die als Journalistin arbeitete. Andere Frauen mit Kopfbedeckung gab’s schon – als Putzkräfte. Und gerade solchen gibt eine wie sie auch Hoffnung. Darauf, dass ihre Töchter auch einmal nicht nur subalterne Tätigkeiten ausüben (müssen).

Sprachverspielt

„Falsche Hautfarbe, richtige Staatsbürgerschaft“ – so wurde eine weitere der Autorinnen, Sherri Lyons-Halmer bzw. Spelic (unter dem sie auch publiziert), von der Leiterin der Gesprächsrunde, Arwa Elabd (BiblioBox Gründerin, Literaturexpertin und Deutschlehrerin) vorgestellt. Schwarz, aber US-Bürgerin. Die Autorin von „Care or Core“ (Essays über Identität, Bildung und Stärken) sowie „Die Sprachbürgerschaft“, die Ernst Jandl als eines ihrer Vorbilder für Gedichte und Sprachspiele nannte, sei sich ihrer privilegierten Stellung als US-Bürgerin in Österreich noch dazu in einer Bildungsblase – sie unterrichtet an der American International School – durchaus bewusst. Und meinte, es ginge im Zusammenleben nicht um Nett-sein und Toleranz, sondern darum, bestehende wirtschaftliche und soziale Ungleichheiten/Ungerechtigkeiten zu bekämpfen, um diese aufzuheben.

D-english

Mehwish Sohail versteht sich als Autorin jenes Genres, das neudeutsch New Adult genannt wird/sich nennt – zu alt für Jugendbücher, zu jung für „erwachsene“ Unterhaltungsromane. Ältere Jugendliche und junge Erwachsene im Gefühlstaumel, -wirrwarr, der Frage nach wohin, der Suche nach Ankommen. Nicht unbedingt, aber durchaus natürlich auch im Milieu von Menschen, die neu in einem Land, einer Kultur ankommen. Immer wieder auch mit englischen Einsprengseln als (Kenn-)Zeichen junger Leute, egal welcher Herkunft. Und so hat ihr – deutsch geschriebener – fetter Roman – und die schon fixierten beiden Folgebände der Trilogie (jeweils rund 500 Seiten) auch englische Titel: „Like water in your hands“ („Like words on your skin“ – Ende April 2023 sowie „Like feathers between my ribs“ (Ende November 2023).

Kostprobe aus dem ersten Band gab’s leider keine zu hören, dafür aus dem Text „Glasscherben-Symphonie“ über die Gefühle ihrer Mutter im Deutschkurs beim Hören dieser fremden Laute für die mit Urdu aufgewachsenen Frau.

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