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Szenenfoto aus "SagdochmalLuca"
Szenenfoto aus "SagdochmalLuca"
25.05.2024

Eine gebrochene Nase und viele Wahrheiten

„SagdichmalLuca“, preisgekrönter Stücktext im Grazer taO – und in der letzten Maiwoche Gastspiel im Dschungel Wien.

Schon der erste Blick auf die Bühne (Imelda Kuntner) vermittelt, worum es im Stück „SagdochmalLuca“ geht: Da ist einiges durcheinander geraten. Zwei der Spinde in Schieflage. Links und rechts von mehreren Tribünen-Ebenen.

Ein Schrei

Luca, so heißt es, hat in der Garderobe der Turnhalle Luis mit einer Eisenstange die Nase gebrochen. Die beiden sind seit ewig freundschaftlich eng verbunden. Was wirklich passiert ist, hat niemand gesehen. Nur Luis’s Schrei war zu hören und danach zu sehen, wie Luca fürsorglich, fast zärtlich Blut aus Luis Gesicht gewischt hat. Schon als klar war, dass der Krankenwagen kommt, war Luca weg.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „SagdochmalLuca“

Dramapreis

Zehn (sehr) junge Schauspieler:innen, die meisten aus dem „Stall“ des Grazer Jugendtheaters taO! – Theater am Ortweinplatz, spielen dieses Stück, mit dem Lena Gorelik im Vorjahr den Retzhofer Dramapreis in der Kategorie „für junges Publikum“ gewonnen hat. Außer Luca (Ennio Resnik), Luis (Marlon Zaar) und Alessia (Ronja Abl), die mit beiden befreundet ist, haben die anderen sieben Spieler:innen keine Rollen-Namen. Immer wieder tritt die eine oder der andere in den Vordergrund – oder drängt sich ins Rampenlicht, um das Geschehene aus ihrer oder seiner Sicht zu erzählen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „SagdochmalLuca“

Viele verschiedene Sichtweisen

Und sie agieren dabei auch sozusagen als Regisseur:innen der jeweiligen Szene. In unterschiedlicher Art und Weise bitten sie die Mitschüler:innen – oder ordnen diesen an, wie und wo sie sich platzieren sollen, um den jeweiligen Ablauf durchzuspielen. Nicht nur den unmittelbar rund um den Nasen-Bruch, sondern auch von einem früheren Ausflug oder einer Party. Immer steht im Zentrum das Verhältnis von Luis und Luca – übrigens einer non-binären Figur. Was immer wieder zu Korrekturen von Kolleg:innen führt, wenn wer er oder ihn, also damit falsche Pronomen verwendet.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „SagdochmalLuca“

Immer anders

Aber welche Szene auch immer rekapituliert wird – stets fällt irgendeiner oder -einem auf – hoppla, du warst doch gar nicht dabei. Bist erst später dazugekommen. Naja, ganz so war das nicht. Luca und Luis sind doch eng befreundet, Luca kenne gar keine Aggression. Was Luca selbst in einer Situation aber Lügen straft. Und dann wiederum doch nicht, oder schon, oder…?

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „SagdochmalLuca“

Allgegenwärtig

Das spannende an dem gut gebauten Stück selbst – und der Inszenierung (Regie: Manfred Weissensteiner – taO!; Dramaturgie: Dagmar Stehring – Next Liberty) – ist eben dieses ständige Infrage-Stellen, was da nun wirklich passiert ist, oder viel mehr sein könnte – denn letztlich wird das echte Geschehen nie aufgeklärt. Wer hat was (nicht) gesehen? Mit fast jeder neuen Schilderung kann sich die Perspektive verändern … – Losgelöst von dem Ausgangs-Wickel im Stück steht „SagdochmalLuca“ so krass dafür, wie und was sich gerade in aufgeheizten Konflikten – potenziert durch Social-Media-Kommentare – abspielt – und dass es vielleicht nicht das Schlechteste wäre, nicht die erste oder lauteste Schilderung für bare Münze zu nehmen, sondern viele Seiten zu hören/sehen und zu hinterfragen – wer hat welche Wahrnehmung… Und könnte vielleicht das eine oder andere nicht den schon im eigenen Kopf vorgefassten Meinungen widersprechen?

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Compliance-Hinweis: Das Dramatiker:innen-Festival in Graz hat Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… zur Berichterstattung eingeladen.

Zwei der hier beschriebenen Kurz-Versionen sind beim Festival am Freitagvormittag im taO! zu sehen

INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

SagdochmalLuca
Eine Nach-Erzählung über die Unmöglichkeit, die Wahrheit zu sagen

von Lena Gorelik
Sieger:innenstück Retzhofer Dramapreis 2023; Kategorie „Für junges Publikum“
Koproduktion mit TaO! – Theater am Ortweinplatz, Next Liberty und Theaterland Steiermark
1¼ Stunden; ab 14 Jahren

Regie: Manfred Weissensteiner
Schauspiel
Ronja Abl (Alessia), Vanessa Defant, Nils Kabon, Felix Ostanek, Ennio Resnik (Luca), Lou Schoster (auch Lehrerin), Felix Schwarz (auch Lehrer), Vivianne Servenay, Greta Zaar, Marlon Zaar Luis)
Bühne: Imelda Kuntner
Musik: Robert Lepenik
Dramaturgie: Dagmar Stehring
Regie- und Produktionsassistenz: David Valentek
Technik: Sebastian Schweighart

Aufführungsrechte: Rowohlt Theater Verlag, Hamburg

Wann & wo?

27. Mai 2024
10 und 19.30 Uhr
Dschungel Wien: 1070, MuseumsQuartier
Telefon: 01 522 07 20-20
dschungelwien -> sagdochmalluca

24. bis 28. Juni 2024
taO – Theater am Ortweinplatz; 8010 Graz
Telefon: 0316 846 094
tao-graz -> sagdochmalluca
Trailer

Dramatiker:innen-Festival
Motto „Umkehrbar?“

Bis 26. Mai 2024
Graz
dramatikerinnenfestival2024