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Jugendliche Schauspieler:innen mit Tiermasken kommen aus dem Wald auf den Tour-Bus zu...
Jugendliche Schauspieler:innen mit Tiermasken kommen aus dem Wald auf den Tour-Bus zu...
25.06.2023

Eintagsfliegen, Waldtiere, Grönlandhaie bis ins Innere von Gehirn und Seele

Ausschnitte aus Szenen aller zwölf für den Retzhofer Drama-Jugendpreis nominierten Autor:innen bei einer Bustour sowie einem Walk durch die Vorklinik in Graz. Letzte Meldung (Sonntag, 25. Juni, ca. 16 Uhr): Preise sind vergeben – Infos im letzten Absatz.

Würden nicht alle hier beim Hinterausgang des erst wenige Jahrzehnte jungen, aber schon dem Abriss preisgegebenen Unigebäudes der Grazer „Vorklinik“ hier darauf warten, in den kleinen Bus zu einer szenischen Tour einzusteigen, könnte das Geschehen tatsächlich Verwirrung stiften. Ein Mann mit großer, breiter weißer Halskrause tobt ein wenig herum, bettelt und schreit um ein Ticket. Natürlich ist allen klar: Das muss dann wohl Teil der szenischen Tour sein. Ist es auch. Der Halskrause-Mann spielt den Mond in „Luna Volante. Die Nacht, in der der Mond verschwand“. Die Stimme einer KI, also Künstlichen Intelligenz, meldet sich auch noch aus einem Lautsprecher.

Im Bus selber folgen auf einer Tour bis in den Wald oberhalb von Graz fünf weitere – und danach kreuz und quer durch das Vorklinik-Gebäude noch sechs Szenen mit dem Ende im großen, steil ansteigenden Hörsaal. In dem wurde auch Tage zuvor das siebente Dramatiker:innen-Festival eröffnet. Alle zwölf Szenen sind Kürzest-Auszüge aus den nominierten Beiträgen für den diesjährigen Retzhofer Dramapreis für junges Publikum. Am Ende des Beitrages in der Infobox sind alle Szenen, ihre Autor:innen sowie die Darsteller:innen angeführt.

„Fellmonster“ als Illustration zur Hör-Szene „Wer hat Angst vorm bösen Wolf?“

Dramapreise

Alle zwei Jahre wird der mittlerweile sehr renommierte Retzhofer Dramapreis – für szenisches Schreiben an Nachwuchs-Autor:innen – vergeben, heuer zum elften Mal. Zum zweiten Mal gibt es auch einen solchen Preis im Bereich junges Publikum. Dafür waren aus den Einsendungen zwölf Autor:innen ausgewählt worden. Im Verlauf mehrerer Monate konnten sie die eingereichten Szenen in gemeinsamen Workshops mit Profis zu fertigen Stücktexten be- und ausarbeiten. Und daraus wiederum haben Vertreter:innen der beiden Grazer Jugendtheater – taO! (Theater am ortweinplatz) und Next Liberty – Kürzest-Auszüge szenisch eingerichtet.

Im Rahmen des Dramatiker:innen-Festivals an dessen Ende die Jury ihre Entscheidungen über Preisträger:innen bekannt gibt, gab es eine Bus- sowie eine Tour durch das diesjährige Festivalzentrum in der „Vorklinik“, bei denen je sechs Szenen bzw. szenische Lesungen knappe Einblicke in die zur Auswahl stehenden Texte lieferten.

Jugendliche Schauspieler:innen mit Tiermasken kommen aus dem Wald auf den Tour-Bus zu...
Jugendliche Schauspieler:innen mit Tiermasken kommen aus dem Wald auf den Tour-Bus zu…

Tierisch

Im Bus selber steig dann eine jugendliche Schauspielerin auf einen Sitz und erklärte dass sie – als Emily – einfach keine Gefühle habe, noch nie gehabt habe und das für sie – eigentlich – auch kein Problem wäre. Mehrere der Texte der zwölf Autor:innen drehen sich um Tiere bzw. das Verhältnis dieser zu Menschen, vor allem deren nachteilige Veränderungen für die Lebensräume Ersterer. Manche Geschichten fließen über Kopfhörer in die Ohren der Busgäst:innen, andere erfolgen wieder in Szenen – etwa am Rande eines Waldweges oberhalb von Graz in den de Bus einfährt. Zwischen den Bäumen tauchen junge Schauspieler:innen mit Tiermasken auf, andere sprechen deren Stimmen direkt in die Ohren. So unterhalten sich Maulwurf, Eichelhäher und andere, wie das mit der an den Wald immer näher heranrückenden Stadt sei…

Fast aufgelegt ist eine wieder neue Version „Wer hat Angst vorm bösen Wolf“ und wohl sozusagen am „Rande“ der Tierwelt angesiedelt, spielt in einer der Geschichten Drachen eine Rolle, der auf einem Hochhaus lebt.

„Tier“ auch im Bus

Medizinisch und psychologisch

In der Vorklinik selber drehen sich manche der Szenen um Medizin bzw. Psychologie. In „Wundertütenhirnmagie“ wandern zwei Protagonist:innen vorbei an länglichen mit Jahreszahlen beklebten Kästen – ungeordnet. Eine Stimme aus dem Off vermittelt, dass sie – und damit auch die mitwandernden Zuschauer:innen – sich im Inneren eines Gehirns befinden, in Erinnerungen kramen und so eine sprunghafte Zeitreise machen. Hin und wieder eine Lautsprecherdurchsage, u.a. „Bitte nichts anfassen, es könnte zu Langzeitschäden kommen“.

Ins Innere – aber auf andere Art – dringt ein Video, das der junge Darsteller des Protagonisten per Beamer über die Wände tanzen lässt. Die Schauspielerin im Video spricht als wäre sie eine Computerstimmer, also wieder einmal eine KI. Er fühlt sich mehr und mehr getestet. Wofür? Sie wolle wissen, ob er sich für einen Langzeitflug zur Erkundung anderer Planeten eignen würde – „Space Explorers“.

Kurz und lang

Das Publikum wird später – im Foyer der Vorklinik – i einen Sesselkreis gebeten, eingeladen zu einer Gruppentherapiesitzung mit zwei jungen Protagonist:innen – hier wird’s ein bissl heftig, bevor es in den schon genannten Hörsaal geht, wo zwei Szenen auf dem Programm stehen. In „Hektor und die Fliegen“ dozieren zwei Professor:innen über ihre ziemlich gegensätzlichen – und doch verbindenden – Forschungsgebiete: Eintagsfliegen einer- und Grönlandhaie andererseits. Sehr kurzes (keine Stunde, wenige Tage) vs. sehr langes (400 und mehr Jahre) Leben und so „nebenbei“ auch noch immer herr-schende strukturelle Machtgefälle und -gehabe zwischen forschenden Frauen und Männern verhandelt werden.

Schulsituation

Last but not least spielen im oberen Teil der Hörsaalreihen jungen Schauspieler:innen in „SagdochmalLuca“ die Szene einer Klasse, in der eine/r der Jugendlichen sich als non-binär outet und wie eine Lehrerin darauf unsensibel reagiert, sich aber anschließend (angeblich) entschuldigt hätte…

Die Preise

Zum Abschluss des aktuellen Dramatiker:innenFestivals in Graz wurden die eingangs hier genannten Retzhofer Dramapreise vergeben – im Bereich für junges Publikum zum zweiten Mal und da auch wieder zwei Preise. Diese gingen an Lena Gorelik für „SagdochmalLuca“ und an Marisa Wendt für „Emily weint doch nie“.

Außerdem wurde natürlich auch der – seit 2003 vergebene Retzhofer Dramapreis für einen Stücktext für Erwachsene vergeben – an Leonie Lorena Wyss für „Wie von Mutterhand“.

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Compliance-Hinweis: Das Dramatiker:innen-Festival in Graz hat Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… für drei Tage zur Berichterstattung eingeladen.

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INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Szenen aus den nominierten Texten für den
Retzhofer Dramapreis für junges Publikum

Ausschnitte aus den zwölf nominierten Stücktexten für den Preis wurden szenisch gespielt und / oder gelesen – meist von jugendlichen Schauspieler:innen
Kooperation mit taO! – Theater am Ortweinplatz und Next Liberty – Grazer Theater für junges Publikum und Schulen

Bus-Tour

Luna Volante, die Nacht, in der der Mond verschwand
Text: Nadja Wieser
Schauspiel:
Luna: Flora Wetl
Mond: Christoph Steiner
KI-Stimme: Simone Leski

Emily weint doch nie
Text: Marisa Wendt
Schauspiel:
Emily: Simone Leski

Tiere lieben
Text: Pedro Martins Beja
Schauspiel:
Tiere (im Ohr): Martin Niederbrunner, Helmut Pucher, Lisa Rothhardt; Casssandra Schütt, Christoph Steiner
Tiere (im Wald): Arthur Becksteiner, Vanessa Defant, Nils Kabon, Emily Kreuzer, Lou Schoster

Wer hat Angst vorm bösen Wolf
Text: Lisa-Marie Zimmermann
Schauspiel:
Roya: Hannah Höfler

Au revoir, kleiner Riese
Text: Clemens Mädge
Schauspiel:
Thomas: Felix Schwarz

Lila Wunder
Text: Agnes Gerstenberg
Schauspiel:
Lila: Flora Wetl
Marktschreier: Christoph Steiner

Vorklinik-Tour

Happy Shop
Text: Josefine Rausch und Friedrich Stockmeier
Schauspiel:
Lupi: Lou Schoster
Sibel: Emily Kreuzer
Apo: Helmut Pucher
Paillettendame: Lis Rothhardt

Space Explorers
Text: Rinus Silzle
Schauspiel:
Finn: Felix Schwarz
Tracey: Cassandra Schütt

Wundertütenhirnmagie
Text: Lotta Seifert
Schauspiel:
Lene: Emily Kreuzer
Junge: Nils Kabon
Lautsprecherdurchsage: Helmut Pucher

Anne und Alma – Von der Schwierigkeit auf einem Bein zu stehen und zurückzuschauen
Text: Rike Reiniger
Schauspiel:
Alma: Vanessa Defant
Dennis: Nils Kabon
Psychologin: Lisa Rothhardt

Hektor und die Fliegen
Text: Caroline Docar
Schauspiel:
Flatter: Cassandra Schütt
Blub: Helmut Pucher

SagdochmalLuca
Text: Lena Gorelik
Irgendjemand aus der Klasse: Vanessa Defant, Nils Kabon, Emily Kreuzer, Lou Schoster, Felix Schwarz, Flora Wetl

Behind the Scene

Konzeption & szenische Einrichtung: Manfred Weissensteiner und Dagmar Stehring
Ausstattung: Markus Boxler
Audio-Aufnahmen: Michael Eisl
Video-Aufnahmen: Roland Renner
Technik: Celemens Zabini, Valerio Zanini, Tobias Teichmann
Busfahrer: Wolfgang Gersin

dramatikerinnenfestival -> Bus-Tour und Vorklinik-Walk