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Making-of-Foto für den Kinofilm „Checker Tobi und die Reise zu den fliegenden Flüssen“
Making-of-Foto für den Kinofilm „Checker Tobi und die Reise zu den fliegenden Flüssen“
01.10.2023

In der größten Höhle in Vietnam und auf dem höchsten Turm im Amazons-Regenwald…

Online-Video-Interview mit Tobias Krell, besser bekannt als „Checker Tobi“ anlässlich des neuen Films über „die Reise zu den fliegenden Flüssen“.

Mitten im Sommer, zweieinhalb Monate vor dem Start des Kinofilms „Checker Tobi und die Reise zu den fliegenden Flüssen“ (5. Oktober 2023) durfte Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… – wie andere Medienvertreter:innen – den Film in einem digitalen Sichtungslink am Computer anschauen, um danach DEN Protagonisten, Tobias Krell alias Checker Tobi, seit zehn Jahren Wissenserklärer (nicht nur) für Kinder im TV, per Onlinevideo zu interviewen. Hier die verschriftlichte Form.

KiJuKU: Xin chào, sain baina, bom dia – ich find gut, dass ihr Begrüßungen und Dankes in den Sprachen der Hauptdrehorte eingebaut habt, leider nicht in der der Jupaú im brasilianischen Regenwald. Die ersteren kannte ich schon, das zuletzt genannte hätte mich brennend interessiert, weil ich das auch nirgends im Internet gefunden habe.
Tobias Krell: Das haben wir bestimmt auch gedreht, aber es ist offenbar dem Schnitt zum Opfer gefallen. Wenn ich es im Rohmaterial finde, lass ich es dir zukommen.

Tobias Krell alias Checker Tobi
Tobias Krell alias Checker Tobi

KiJuKU: Den Medieninformationen entnehme ich, dass durch die Pandemie einiges am Drehplan durcheinander gekommen ist. Gab’s dazwischen Überlegungen, Drehorte auszulassen oder wie die im Weltraum digital zu produzieren?
Tobias Krell: An dem Film haben wir jetzt insgesamt viereinhalb Jahre gearbeitet, und klar, auch, weil die Pandemie dazwischen kam und wir eine Menge ungeplanter Pausen einlegen mussten. Aber für die Naturaufnahmen haben wir nie daran gedacht, digital nachzuarbeiten. Die haben wir bewusst für die Kinoleinwand groß gedacht, und die sollten wirklich vor Ort entstehen, da gab es nie Zweifel. Mit Johannes Obermaier hatten wir dafür außerdem einen meisterlichen Dokumentarfilmer an der Kamera. Aber ja, eigentlich hätte der Film schon vor zwei Jahren in den Kinos sein sollen, nach dem ursprünglichen Zeitplan.

KiJuKU-heinz
KiJuKU-heinz

KiJuKU: So manches wurde mit Drohnen oder von Hubschraubern aus gefilmt?
Tobias Krell: Nein, kein Hubschrauber gab es keine. Aber wir hatten immer zwei Drohnen dabei. Was gut war, weil in der Mongolei in der Kälte die große Drohne schlichtweg nicht gestartet ist. Dort und in manchen anderen Situationen dann haben wir dann mit der zweiten, kleineren gedreht.

KiJuKU: Wieweit warst du selbst in die Konzeption eingebunden oder „nur“ Protagonist? Die Freundschaftsgeschichte mit Marina, die du suchst und findest und mit der du dann gemeinsam reist, hat ja – laut Presseheft – einen realen Hintergrund?
Tobias Krell: Wie in der TV-Sendung bin ich ja Teil der Redaktion und bringe auch Ideen mit ein. Ich bin nicht derjenige, der die Folgen schreibt und recherchiert, aber ich bin derjenige der sie am Ende umsetzt und deshalb muss da sehr viel von mir drinstecken. Das Format heißt ja so wie ich und deswegen wäre es komisch, etwas zu schreiben, was nicht aus mir selbst kommt. So war das erst recht bei dem Film, bei dem ich von der ersten Idee an das mit Johannes Honsell (Buch und Regie) zusammen entwickelt habe und wir uns – noch gemeinsam mit der Regie-Assistentin Judith Issig – die Geschichte ausgedacht haben. Da haben wir viele Wochen zusammengesessen, überlegt, was könnte noch passieren, wo wollen wir noch hin.

Die Recherche der Orte und Protagonistinnen und Protagonisten war dann wieder bei den beiden. Einiges ist teilweise meiner Biografie entlehnt, es gab diese Kindheitsfreundin und auch diese Ersatzoma, die gegenüber gewohnt hat. Die hat zwar keine Schnitzeljagden mit uns veranstaltet, aber sie hat mir beispielsweise beigebracht, wie ich meiner Mama zum Geburtstag als Überraschung einen Kuchen backen kann.

Making-of-Foto für den Kinofilm „Checker Tobi und die Reise zu den fliegenden Flüssen“
Making-of-Foto für den Kinofilm „Checker Tobi und die Reise zu den fliegenden Flüssen“ Im Studio für die Weltraum-Trickaufnahmen

KiJuKU: Zur Kindheitsfreundin gleich eine Frage, die wahrscheinlich viele Kinder – abseits des Inhalts und der beeindruckenden Bilder stellen würden: Habt ihr – du und Marina – euch eigentlich verliebt?
Tobias Krell: Nee, aber wir haben uns angefreundet. Wir haben uns schon vor dem Dreh bewusst viel getroffen und sind Freunde geworden und durch den Dreh auch in extremen Situationen noch mehr Freunde geworden, treffen uns auch immer noch ab und zu. Aber spannend ist, du bist der dritte erwachsene Journalist, der diese Frage stellt, ich hab aber auch schon Kinderreporterinnen und -reporter getroffen, die haben diese Frage noch nicht gestellt. Aber ich hab auch oft schon gedacht, mal gucken, wieviel Kinder denken >aha, aha…<“

KiJuKU: Wie kam die Auswahl der Drehorte zustande? Ich kann mir vorstellen, es gäbe ja Dutzende spannende mögliche Schauplätze wie zum Beispiel den großen Wald auf einer Sandbank im Brahmaputra (Indien), der vor 40 Jahren mit dem Pflanzen von einigen Bambusstauden durch Jadav Payeng begonnen hat…?
Tobias Krell: Für diesen Film war zuerst das Überthema Luft da. Also haben wir nach spannenden Orten, Phänomenen gesucht, die damit viel zu tun haben. Wir haben dann entschieden mit einer Mischung aus >Uuuuh, da wollten wir unbedingt schon mal hin< und was ist das Beeindruckendste und hat man vielleicht noch nie oder selten gesehen. Was kennen Kinder, vielleicht auch Erwachsene noch nicht. Ich glaube nicht, dass viele Leute in Österreich und Deutschland den ATTO-Tower (Amazon Tall Tower Observatory, 325 Meter hoher Forschungsturm im Amazonas-Regenwald) in Brasilien kennen. Also ein idealer Ort, um dort das Finale des Films zu erzählen.

Making-of-Foto für den Kinofilm „Checker Tobi und die Reise zu den fliegenden Flüssen“
Making-of-Foto für den Kinofilm „Checker Tobi und die Reise zu den fliegenden Flüssen“

KiJuKU: Apropos zu diesem Turm, vielleicht aber auch zur Höhle: Hat man bei ersterem, selbst wenn man angegurtet ist, nicht doch Schiss, in dieser Höhe, wo der Turm doch sicher auch stark schwankt?
Tobias Krell: Ja, tut er.

KiJuKU: Raufklettern und gar dann nach unten schauen, wie ging’s dir da?
Tobias Krell: Tatsächlich hatte ich enorme Höhenangst als ich vor zehn Jahren als Checker anfing. In diesen Jahren hab ich so viel mit Höhen zu tun gehabt, dass ich das komplett überwunden hab. Mir war das angeleint sehr recht, ich konnt da hochlaufen und es einfach nur genießen. Es war zwar anstrengend in den Oberschenkeln und im Popo, aber ansonsten war das da oben fantastisch!
Marina hat echt Höhenangst, hat das aber erst dort gemerkt, die musste sich sehr überwinden. Teile auf dem Turm haben wir mit einem Double nachgedreht, weil sie sich nicht noch einmal dieser Angst stellen konnte.

Da gab’s schon echt Herausforderungen, die an die Substanz gegangen sind. Auch die Höhle war mit Abstand das Strapaziöseste, was ich in den zehn Jahren Checker Tobi je gemacht habe. Wir waren vier Tage unter der Erde, mussten drei Nächte dort verbringen. Wir mussten klettern und schleppen. Es war heiß und es war nass und es war kalt und alles fast gleichzeitig – echt anstrengend.

Making-of-Foto für den Kinofilm „Checker Tobi und die Reise zu den fliegenden Flüssen“
Making-of-Foto für den Kinofilm „Checker Tobi und die Reise zu den fliegenden Flüssen“

KiJuKU: Und Angst vor Schlangen, Tieren, die in der Höhle kriechen, fliegen…?
Tobias Krell: Das nicht, ich bin da angstfrei, oder sagen wir eher neugierig. Das einzige was ich wirklich unangenehm fand: Auf dem Weg zu dieser Höhle in Vietnam muss man ja durch Flüsse laufen, dann wieder durch den Urwald, wieder Flüsse… Da ist alles voll mit Blutegeln. Jede und jeder von uns hatte die überall. Ich hatte welche am Bauch, am Arm, sogar am Kopf festgesaugt. Die sind zwar nicht besonders groß, aber ich fand das so widerlich.

KiJuKU: War von Anfang an geplant, dass nach dem Schwerpunkt Wasser im ersten Film, im zweiten Luft und später vielleicht noch die anderen Elemente Erde und Feuer kommen? Oder war der Erfolg des ersten Films dann erst der Start für den zweiten und hängt ab, ob der auch viele Zuschauer:innen hat, bevor entschieden wird, ob’s weitergeht?
Tobias Krell: Zweiteres. Wasser war ein naheliegendes Thema. Nach dessen Erfolg hat der Redaktionsleiter gesagt: >Hej, Leute, denkt über einen zweiten Film nach!< Dann haben wir über ein ganz anderes Thema nachgedacht und sind erst beim Recherchieren draufgekommen, lass uns doch einen Film über Luft machen, was dann auch die Möglichkeit einer Reihe offen lässt. Und da war die Herausforderung, dass man Luft nicht sehen und damit auch nicht als solches gut zeigen, aber trotzdem erlebbar machen kann. Und das haben wir ja versucht.

Es ist aber nicht so, dass in der Schublade jetzt die Konzepte für Feuer und Erde liegen, sondern wir schauen mal, ob die Leute diesen Film sehen wollen und dann gucken, wie wir damit weitermachen.

Making-of-Foto für den Kinofilm „Checker Tobi und die Reise zu den fliegenden Flüssen“
Making-of-Foto für den Kinofilm „Checker Tobi und die Reise zu den fliegenden Flüssen“ Im Studio für die Weltraum-Trickaufnahmen

KiJuKU: Für den Fall, dass der jetzige ungefähr gleich erfolgreich ist, wird fortgesetzt?
Tobias Krell: Haben wir tatsächlich noch nicht darüber gesprochen – weder im Sender noch mit der Filmproduktion. Aber wenn, dann wäre ich gern dabei.

KiJuKU: Du hast vorhin erwähnt, ihr hattet auch durchaus eine andere Idee, was war die?
Tobias Krell: Ein Film, der sich geographisch mit Asien beschäftigt hätte, Ländern, Kulturen, insbesondere China wollten wir einen genaueren Blick widmen. Aber das war kein ausgereiftes Konzept, sondern nur so eine Art erster Idee.

KiJUKU: Wenn Fortsetzung mit den Elementen, dann nehm ich an, sollten auch andere Weltgegenden drankommen, zum Beispiel Afrika, oder?
Tobias Krell: Wenn wir bei diesem Konzept bleiben, dann finde ich, dass wir wenigstens in Teilen davon unbedingt den afrikanischen Kontinent und Kontext miterzählen sollten. Es gibt ja bei uns immer noch viele Leute, die oft Afrika so nennen als wäre es nur ein Land und nicht so viele unterschiedliche Länder.

KiJuKU: Als Klammer der beiden Filme geht’s doch auch darum, Rücksicht auf unseren Planeten, auf die Natur zu nehmen, gibt es dann aber bei solchen Filmen auch so etwas wie Flugscham? Einerseits zu vermitteln, passt auf die Natur auf, leistet jede und jeder einen Beitrag zum Erhalt der Welt, und wir fliegen jetzt mit Teams kreuz und quer um die Welt?
Tobias Krell: Total wichtiger Punkt, über den wir auch total viel nachgedacht und gesprochen haben. Wir machen einen Film, der sich zu großen Teilen mit der Klimakrise beschäftigt. Und um den Film zu machen, fördern wir durch krasse Flugreisen ans Ende der Welt die Klimakrise. Das ist ein Dilemma, das wir aushalten, aber natürlich thematisieren müssen. Natürlich haben wir die Flugreisen ausgeglichen und überlegt, so grün wie möglich zu produzieren was in weiten Teilen noch eine Illusion ist.

Aber, wenn wir es schaffen mit dem Film, der von einem Team von sieben Leuten produziert wurde, Hunderttausende zu erreichen, die dann anders oder umdenken, dann lässt sich das für mich erklären und ein Stück weit rechtfertigen. Und dann gehört dazu, dass wir uns in der ganzen Klimadebatte aus diesem Dilemma nicht ganz wegbewegen kann. Also, jede und jeder sollte und kann darauf achten, den eigenen ökologischen Fußabdruck so gering wie möglich zu halten. Aber erstens sind es oft dann doch sehr große Entscheidungen, die unbedingt auf politischer Ebene getroffen werden müssen. Und wenn wir mit unserem Film erreichen, dass einige mehr sich aktiv engagieren, mit den Fridays auf die Straße gehen und Umdenken von der Politik einfordern, dann haben wir schon was geschafft.

Auch die Klimaforschenden müssen immer wieder in den Flieger steigen, um nach Brasilien zu kommen und dort ihre Untersuchungen durchzuführen. In diesem Spannungsverhältnis bewegen wir uns ja alle irgendwie.

KiJuKU: Gab’s aber Überlegungen, anders zu reisen als zu fliegen, sozusagen wie Greta Thunberg dann mit dem Segelboot über den Atlantik gefahren ist? Oder ist so etwas völlig unmöglich?
Tobias Krell: Wir haben darüber nachgedacht und auch im Team nachgefragt, wer wenn es geht den Landweg nehmen würde. Aber, abgesehen davon, dass für den Dreh in der Mongolei in der Zwischenzeit ja Russland schon die Ukraine überfallen hatte, und daher das nicht in Frage gekommen ist, hätte man 14 Tage in eine Richtung gebraucht. Dann sind die Leute für diesen Dreh eineinhalb, zwei Monate weg – und dann erst die Kosten dafür!? Aber tatsächlich haben wir darüber nachgedacht.

KiJuKU: Aber selbst, wenn – also kein Krieg und schnellere Verbindungen am Landweg, ist ja das Absurde, dass Bahnreisen unheimlich viel teurer sind als Flugreisen.
Tobias Krell: Absolut, und da sind wir eben bei den Entscheidungen, die auf politischer Ebene in die Wege geleitet werden müssten. Wenn man immer noch mehr Geld ausgibt für den Ausbau von Autobahnen als für die Infrastruktur der Bahn, dann läuft meiner Meinung nach grundsätzlich was schief. Das ist dann auch etwas, das nicht Michael, 12 Jahre, und seine Familie verändern können, wenn sie sagen, sie wollen nicht mehr in den Urlaub fliegen.

KiJuKU: Apropos Kinder und Aktivismus. In dem Film kommen Kinder ja nur sehr am Rande vor. Ist daran gedacht, in möglichen Folgefilmen, (aktivistische) Kinder stärker bzw. überhaupt zu Wort kommen zu lassen und nicht nur als hustende Opfer wegen der schlechten Luft oder Fußball Spielende im Hintergrund?
Tobias Krell: Wir haben schon darüber nachgedacht, Jugendliche als Protagonist:innen noch mehr in den Mittelpunkt zu stellen. Wir haben auch bei dem Film zum Beispiel in der Mongolei mit der Familie und damit auch mit den Kindern viele Gespräche geführt. Im Endeffekt sind viele Dinge im Schnitt irgendwie entschwunden. (Anmerkung: In der Medieninformation steht, dass es 51 Stunden gefilmtes Material gibt.) Aber, ja, berechtigter Punkt. Ich dreh sehr gern mit Kindern und lass mir deren Welt zeigen. Das würd‘ ich mal mitnehmen in dieses mögliche nächste Kinoprojekt.

KiJuKU: cảm ơn, bayarlaa, obrigado – und hoffentlich irgendwann auch in der Sprache der Jupaú.

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