Auch auf der Bühne: Raus aus der Vorurteilsecke, aber Wichtigkeit von Vereinsleben einer österreichisch-schweizerischen Koproduktion.
Irgendwie trist die Bühnen-Szenerie, wenn das Publikum den Theaterort betritt: eine von einer hölzernen Bande U-förmig umgebene Bühne mit 15 leeren Sesseln. Nicht ganz leer – über den Lehnen hängen rote Uniformjacken. Hinter der Bande im vorderen rechten (vom Publikum aus) Eck dann doch drei Menschen in ebensolchen Blazern (Bühne und Kostüm: Rosa Wallbrecher; die uniformen Jacken sind eine Spende der Blasmusikkapelle „Harmonie“ aus dem Schweizer Wettingen-Kloster).
Das Schauspiel beginnt mit der Begrüßung zur Versammlung des Vereins, Feststellung der Beschlussfähigkeit und dem Hinweis, dass eigentlich 15 Minuten gewartet werden müsste, um verspäteten Vereinsmitgliedern die Möglichkeit zur Teilnahme zu gewähren.
Nein, das Publikum muss nicht warten, in Übereinstimmung mit diesem wird auf diese ¼ Stunde verzichtet und die erste Abstimmung – samt Publikum – kann starten. Es geht um die – wie der Stücktitel dieser österreichisch-schweizerischen Koproduktion schon verspricht – „Rettung der Blasmusik“.
Von manchen noch immer mit dem Vorurteil behaftet, überholt, von gestern, sehr konservativ, hat sie sich schon lange aus dieser Ecke gespielt. Das musste auch die ÖVP im Frühjahr 2024 beinahe leidvoll erfahren. In ihre selber vom Zaun gebrochene Kampagne zur „Leitkultur“ baute sie etliche Fotos von Blasmusik-Kapellen ein. Die damalige Jugendstaatssekretärin, in der jetzigen Regierung Kanzleramts-Ministerin für Familie, Integration, Europa, spielt selber seit ihrem 10. Lebensjahr Zugposaune in einer solchen in ihrem Heimatort Walding (Oberösterreich).
Doch der Präsident des Österreichischen sowie Landesobmann des steirischen Blasmusikverbands Erich Riegler wehrte sich öffentlich gegen die Vereinnahmung. „Als ich zu musizieren begann, glichen etliche Blasmusikkapellen noch Altherren-Clubs“, zitierte ihn die Wochenzeitung Falter. „Doch im Laufe der Jahrzehnte seien immer mehr junge Menschen – vor allem Frauen – aktiv geworden. Bei den unter 30-Jährigen stellen sie mittlerweile die Mehrheit, nämlich 55 Prozent der Mitglieder. Heute findet sich im Repertoire der Blasmusikkapellen auch viel zeitgenössische Musik.“ (Falter) „Wir schöpfen aus unserer Tradition und entwickeln uns weiter…Wir sind für alle offen.“ (Erich Riegler).
In der Blasmusik spielten „Menschen aller Geschlechteridentitäten, aller Altersgruppen und aller sozialen Schichten“; auch „Menschen mit Beeinträchtigungen“ seien willkommen, zitierte der Standard den Blasmusikpräsidenten. Und: In einer Musikkapelle „ist es egal, woher ein Mensch stammt, welchen Glauben er hat und mit welcher politischen Richtung er liebäugelt“, alle seien gleich viel wert.“
So zurück zum Schauspiel – das Publikum stimmt wohl immer für die Fortsetzung der Rettungskampagne. Wenn nicht, fällt dem Schauspiel- und Musiktrio sicher auch etwas ein.
Vereinsprozeduren werden abgewickelt mit allen bewussten auf unfreiwillig gespielten laienhaften Reden. Und immer wieder wird natürlich wirklich geblasen – Christian Spitzenstätter, Nora Winkler und Max Gnant spielen Klarinette, Zugposaune, Horn und dazu hin und wieder eine große Trommel (Regie: Simon Windisch).
Das Klischee vielen Biertrinkens wird bedient, aber auch die Aufstellung eines Art Maibaums in einer Bierkiste (Mastkonzeption/-bau und Rigging: Nik Huber). Diese erklettert Max Gnant, um beim dosierten, urlaaangsamen Runterrutschen gleichzeitig ein Horn zu blasen und dies noch gekonnt musikalisch im Zusammenspiel (Komposition: Robert Lepenik) mit seinen beiden Kolleg:innen zu ebener Erd.
Und nicht zuletzt wird das Publikum gegen Ende nochmals und dann musikalisch eingebunden, wie, das sei aber hier nicht gespoilert. Nach Wien und Graz (Kristallwerk) dann wieder Wien (jeweils Theater am Werk / Petersplatz), im Jänner tourt die Koproduktion von „bum bum pieces“ (Österreich) und vanderbolten.production (Schweiz) dann in der Schweiz – Baden, Bern, Zug.
Übrigens: Spätestens seit dem Festival „Woodstock der Blasmusik“ in Ort im Innkreis (Oberösterreich) ab 2011 in Österreich und international nicht zuletzt beim jährlichen Guča-Trompetenfestival (Dragačevski sabor u Guči, eine halbe Million Besucher:innen, was 2009Rekord war) wissen viele auch über die Bläser:innen hinaus, dass die altbackene Ecke längst überholt ist. Auch wenn parteipolitisch versucht wird – siehe oben sowie die Aufsplittung zwischen Volks- und anderer Kultur durch die blau-schwarze Landesregierung in der Steiermark – das Rad zurückdrehen zu wollen.
Und das Stück „Zur Rettung der Blasmusik“ selber thematisiert in verschiedenen Szenen immer wieder auch die Wichtigkeit des Vereinslebens rund um die örtliche Blasmusik für insbesondere kleinere Gemeinden.
bum bum pieces (AT) & vanderbolten.production (CH)
Regie: Simon Windisch
Musik und Spiel: Max Gnant, Christian Spitzenstätter, Nora Winkler
Komposition: Robert Lepenik
Bühne und Kostüm: Rosa Wallbrecher
Mastkonzeption/-bau und Rigging: Nik Huber
Licht: Sérafin La Roche
Dramaturgie/Regieassistenz: Carmen Schabler
Produktion: Christopher Kriese, Delia Keller, Bernhard Werschnak, Nora Winkler
9. – 11. Dezember 2025
Graz, Kristallwerk
8051, Viktor-Franz-Straße 9
12., 13., 14. Dezember 2025
jeweils 19:30
1010 Wien, Theater am Werk / Petersplatz1
20., 21. Jänner 2026
Thik Theater im Kornhaus
Baden, Schweiz
5400 Kronengasse 10
23. bis 5. Jänner 2026
TOJO Theater
Bern, Schweiz
3001, Neubrückstrasse 8
15. März 2026
Burgbachkeller
Zug, Schweiz
6300 St.-Oswald-Gasse 30
Zu mehr Infos und Tickets geht’s über die Homepage unten – auf der auch Blasmusik erklingt
blasmusik.fun
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