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Szenenfoto aus "Amazonen"
Szenenfoto aus "Amazonen"
14.06.2024

Von Amazonen bis Pussy Riot

Mythologische, (fast) historische und aktuelle Kämpfe um Gleichberechtigung – gespielt mit Lego-Figuren. Spanisches Gastspiel im Rahmen der Weiner Festwochen im Dschungel Wien.

Eine schauspielende Erzählerin, ein großer Tisch mit vielen Legofiguren und Bausteinen, zwei Lampen, eine Kamera und ein großer Screen daneben. That’s it. Hier spielt sich im Theater in einer Art spannenden Schulstunde eine mythologische sowie eine (fast) historische Geschichte – beides hin und wieder mit aktuellen Bezügen – und fallweise auch im Zweigespräch mit den Kindern ab. Alles dreht sich dabei um den Kampf von Frauen um Selbstbestimmung und Gleichberechtigung.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Amazonen“

„Amazonen“, eine von den Wiener Festwochen aus Spanien eingeladene Produktion („Agrupación Señor Serrano“) in deutschsprachiger Regie (Jofre Carabén) und Spiel (Nora Jacobs) macht Hippolyta, die als Kind Architektin werden wollte, ebenso lebendig wie ihre engste Freundin Antiope. Irgendwann im Erwachsenenalter erwachen ihre Kindheitsträume wieder und sie haben es satt zu kochen, putzen, Kinder zu betreuen und so weiter. Sie machen sich – um rund 550 vor unserer Zeitrechnung – mit weiteren Frauen, die ähnlich empfinden und denken auf den Weg in Richtung Kaukasus ans Schwarze Meer und gründen in der Gegend der heutigen Nord-Türkei ihr eigenes demokratisches Gemeinwesen.

Die Herrscher im antiken Athen bekommen davon Wind, schicken eine Erkundungsmission mit Königssohn Theseus und seinem Freund Herakles (Herkules). Ersterer entführt Hippolyta. Die Amazonen wollen sie zurückholen. Verhandeln hilft nicht…

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Amazonen“

Figurenspielerin, Erzählerin, Kamera- und Lichtfrau

Die genannte Performerin führt nicht nur die Legofiguren durch die verschiedenen Welten, sich richtet auch die kleine Kamera ein, die das Geschehen auf die große Wand überträgt und justiert obendrein die beiden Lampen, um die der Szene angemessene Lichtstimmung zu erzeugen. Und sie tritt zu Beginn und fallweise zwischendurch ins Gespräch mit den Kindern – die Vorstellung ist ausschließlich für ein Publikum zwischen 6 und 12 Jahren (bei Klassen dürfen Lehrpersonen mit, da sie die Aufsichtspflicht haben und einige Journalist:innen durften ausnahmsweise auch in Vorstellungen).

Und da zeigt sich, dass viele der jungen Zuschauer:innen – zumindest in jener ersten Aufführung, die Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… besuchen durfte, ein ziemlich gutes Gefühl für die Ungerechtigkeiten der Einteilung in sogenannten Frauen- und Männerarbeiten bzw. angebliche Mädchen- und Bubenspiele haben.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Amazonen“

2000 Jahre später

Nach rund einer halben Stunde ist die Geschichte der Amazonen vorbei. Nicht ganz; Das Stück hängt als zweite, kürzere Einheit tatsächliche, ein wenig zurechtgebogene, Ereignisse ca. 2000 Jahre später an. Mitte des 16. Jahrhunderts sind spanische Eroberer in Südamerika unterwegs. Einer der bekanntesten ist Francisco de Orellana. Der wollte für seinen König einerseits Zimt und andererseits Gold nach Hause holen. Als er auf Indigene traf, denen er Zimt abkaufen wollte, konnte er es nicht fassen, dass er mit Frauen verhandeln sollte. Es kam zu Kämpfen mit heftigen Pfeilschüssen der Frauen – weshalb ihnen die Spanier – dem antiken griechischen Mythos nach die Bezeichnung Amazonen verpassten – und später gleich den ganzen riesigen Fluss und den Regenwald Amazonas nannten.

Hin und wieder sind in den Regenwald und andere Szenen Fotos von Demonstrant:innen, Protestierenden mit Masken und Wollhauben zu sehen. Aus den vergangenen Jahr(zehnt)en (Guerilla Girls, Pussy Riot) – um eine Brücke von den Amazonen zu noch immer nötigen aktuellen Kämpfen möglichst vieler Menschen (nicht nur von Frauen) gegen Männer-Herr-schaft (Patriarchat) zu bauen. Und der Botschaft: Alle Menschen, egal welchen Geschlechts, können Amazonen sein!

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Amazonen“

Ungeklärte Namens-Herkunft

Auch wenn im pädagogischen Begleitmaterial zum Stück behauptet wird, Amazonen würde „genau genommen Stadt ohne Männer bedeuten“, heißt es auf der Online-Enzyklopädie wikipedia, dass die „Herleitung des Namens umstritten und bis heute ungeklärt“ sei. Manche führen es „auf das griechische a-mazos (ἀμαζός „brustlos“) zurück; denn die Amazonen sollen ihren kleinen Töchtern die rechte Brust verstümmelt haben, damit diese später den Bogen ungehindert abschießen konnten. Allerdings wurden Amazonen in den griechischen Darstellungen gewöhnlich mit zwei Brüsten wiedergegeben und nach Philostrat wurden sie nur nicht an der Brust gesäugt.“

Eine andere griechische Herleitung gehe auf a-maza (ἀμᾶζα „brotlos“) zurück, da sie vor allem Fleisch aßen. „Ebenfalls wurde an eine Herleitung von zone (ζώνη „Gürtel“ von ζώννυμι „gürten“) gedacht. Ama-zone bedeutete demnach etwa „wohlgegürtet“ und hätte auf die Tracht der Amazonen angespielt, die sich so auch im Mythos vom Raub des Gürtels der Hippolyte durch Herakles widerspiegelt. Erwogen wurde auch eine Zusammensetzung aus hama und zosai (ἅμα ζῶσαι) im Sinne von „zusammen lebend“.

Follow@kiJuKUheinz

wikipedia -> Amazonen

INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Amazonen

Erzählung mit Lego-Figuren und Video-Übertragung; NUR für Kinder zwischen 6 und 12 Jahren; 50 Minuten
Agrupación Señor Serrano + Wiener Festwochen + Dschungel Wien

Text, Regie: Olympus Kids
Regie der deutschsprachigen Version: Jofre Carabén
Musik: Roger Costa Vendrell
Bühne: Lola Belles
Spiel: Nora Jacobs
Dramaturgie: Götz Leineweber (Dschungel Wien), Iris Raffetseder (Wiener Festwochen)
Regie-Assistenz: Marie-Louise Fürnsinn
Management: Art Republic

Eine Produktion von Agrupación Señor Serrano, Departament de Cultura de la Generalitat, Grec Festival de Barcelona, Sala Beckett (Barcelona), Centro de Cultura Contemporánea CondeDuque (Madrid)

Wann & wo?

Bis 19. Juni 2024
Dschungel Wien: 1070, MuseumsQuartier
Telefon: 01 522 07 20-20
dschungelwien -> amazonen
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