Kinder Jugend Kultur und mehr - Logo
Kinder Jugend Kultur Und mehr...
Ali Saykhan Khazaev (Darsteller des jugendlichen Mo) und Abdulsattar Qasimi (Darsteller des jugendlichen Yousef)

Für beide Jugendlichen der erste Filmdreh: „Wollen jedenfalls weitermachen!“

Die meisten – begeisterten – Premieren-Besucher:innen von „Im Schatten von Wien“ (Filmbesprechung in einem eigenen Beitrag – Link unten am Ende) haben den großen Saal im Gartenbaukino schon verlassen, befinden sich im Foyer im Small-Talk, da setzen sich Yousef-Darsteller Abdulsattar Qasimi und Ali Saykhan Khazaev, der den Mo spielt, auf den Rand der Bühne vor der riesigen Leinwand. Davor steht der KiJuKU-Journalist und befragt die beiden Hauptdarsteller – von Yousef und Mo.

KiJuKU: Wie alt sind Sie, was machen Sie und war dies Ihr erster Film?
Abdulsattar Qasimi (jugendlicher Yousef-Darsteller): Ich bin 16, besuche die Lernwerkstatt und es war mein erster Film.

KiJuKU: War das so, wie Sie es sich vor dem Dreh vorgestellt haben?
Abdulsattar Qasimi: Nein, ich dachte davor, es wäre einfacher, würde schneller laufen. Wir haben manches Mal viele Versuche gebraucht, um eine Szene fertig zu drehen.

KiJuKU: Haben Sie da dazwischen dann einmal gedacht, boah, ich geb auf?
Abdulsattar Qasimi: Das war nie ein Thema. Ich hab immer gedacht, okay, ich nutz jetzt diese Möglichkeit, die ich bekommen habe und bau mir damit vielleicht was auf.

Abdulsattar Qasimi spielte den jugendlichen Yousef
Abdulsattar Qasimi spielte den jugendlichen Yousef

KiJuKU: Haben Sie schon vorher einmal als Kind gedacht, Sie würden gern einmal in einem Film mitspielen?
Abdulsattar Qasimi Immer schon. Das war schon ein Kindheitstraum von mir, aber gleichzeitig hab ich immer gedacht, das wäre unmöglich für mich.

KiJuKU: In der Lernwerkstatt, was mögen Sie gerne lernen und was vielleicht weniger?
Abdulsattar Qasimi: Ich geh dort erst seit Kurzem hin. Ich mag’s einfach so, alte Themen, wo ich schon einiges vergessen habe, wieder neu lernen, gerade jetzt bei Mathematik. Es ist so eine Art, altes Wissen ein bisschen aufzufrischen.

KiJuKU: Was interessiert Sie in Ihrer Freizeit?
Abdulsattar Qasimi: Eigentlich Kampfsport.

KiJuKU: Machen Sie selber Kampfsport?
Abdulsattar Qasimi: Bis vor Kurzem, dann hab ich abgebrochen, weil ich mich jetzt mehr auf die Lernwerkstatt konzentriere.

KiJuKU: Zurück zum Film: Sie haben ja auch selber einiges für die Story eingebracht, oder?
Abdulsattar Qasimi: Wir alle haben in den Workshops viel an eigenen Erfahrungen erzählt, das dann Teil der Geschichte geworden ist.

KiJuKU: gilt das auch für das, was Sie dann im Film sagen?
Abdulsattar Qasimi: Aus dem, was wir alle erzählt haben, haben die Profis dann das Drehbuch geschrieben – auch die Sätze, die wir sagen sollten. Aber Sie haben uns beim Dreh immer wieder gesagt, wir sollen es dann in unseren eigenen Worten sagen, so rüberbringen, wie’s für uns wirklich gut passt.

Mathematisch begabter Bank-Lehrling

KiJuKU: Zuerst an Sie die selben Fragen: Wie alt sind Sie, was machen Sie und war dies Ihr erster Film?
Ali Saykhan Khazaev (Darsteller des jugendlichen Mo): Ich bin auch 16, bin Lehrling – im ersten Lehrjahr Bankkaufmann bei der Bank Austria und ja, auch für mich war es der erste Film.

KiJuKU: War Bankkaufmann schon immer Ihr Wunschberuf?
Ali Saykhan Khazaev: Zumindest schon seit der 2. Klasse Mittelschule. Damals hab ich mir überlegt, was ich als nächstes mache. Und entschieden, eine Lehre als Bankkaufmann anzufangen was auch sehr interessant ist. Die dauert drei Jahre

Ali Saykhan Khazaev (Darsteller des jugendlichen Mo), Abdulsattar Qasimi (Darsteller des jugendlichen Yousef), May Garzon (Darstellerin einer Pflegerin, vor allem aber Schauspiel-Coach) und die Moderatorin des Nachmittags, Asja Ahmetović
Ali Saykhan Khazaev (Darsteller des jugendlichen Mo), Abdulsattar Qasimi (Darsteller des jugendlichen Yousef), May Garzon (Darstellerin einer Pflegerin, vor allem aber Schauspiel-Coach) und die Moderatorin des Nachmittags, Asja Ahmetović

KiJuKU: Sind Sie mit Ihrer Berufswahl zufrieden?
Ali Saykhan Khazaev: Ja, ich bin sehr zufrieden.

KiJuKU: Können Sie also gut mit Zahlen umgehen und mögen Mathe?
Ali Saykhan Khazaev: Ich bin und war immer sehr gut im Rechnen, mathematisch begabt.

KiJuKU: Haben Sie auch schon als Kind davon geträumt, einmal in einem Film mitzuspielen?
Ali Saykhan Khazaev: Bei mir war das sehr spontan. Ich hab mir nie vorher einen Kopf darüber gemacht, ob ich überhaupt gut im Schauspielen bin. Dann haben wir uns in dem Workshop getroffen, darüber geredet und wir haben dann entschieden, okay, wir probieren’s. Jetzt gefällt mir das Schauspielen. Wir haben danach auch entschieden, weiterzumachen und freuen uns natürlich auf jede Art von Filmen, in denen wir mitspielen dürfen.

KiJuKU: Es gäbe ja auch die Möglichkeit, gemeinsam mit anderen Jugendlichen selber Filme vielleicht mit dem Handy zu drehen und für die Video- und Filmtage einzureichen?
Ali Saykhan Khazaev: Könnten schon, das wäre aber nicht so professionell. Wir möchten wenn schon, dann lieber mit Profis zusammen arbeiten – so wie mit denen von „Demokratie, was geht?“

Follow@kiJuKUheinz

Still (STandfoto) aus dem Film "Im Schatten von Wien"

„Wir waren schon tot, bevor wir überhaupt geboren worden sind“

Auch wenn der Sozialarbeiter freundlich und empathisch die beiden Buben zu fragen beginnt – die Szene in dem kahlen Büro mit kräftiger Schreibtischlampe vermittelt schon, die beiden haben Angst. Verstehen offenbar die Sprache nicht. Just als Fabian – der Einfachheit halber hat er im Film seinen echten Vornamen – versucht zu erfragen, welche Sprache die beiden mitbringen, stürmen zwei Polizisten in den Raum und nehmen die Jungs gewaltsam mit.
So beginnt der knapp mehr als 20-minütigen Film „Im Schatten von Wien“, entstanden im Projekt „Demokratie, was geht?“.

Still (Standfoto) aus dem Film
Still (Standfoto) aus dem Film „Im Schatten von Wien“

Gedreht von Profis hinter der Kamera, gespielt zum Großteil von Jugendlichen aus den beiden großen Wiener Gemeinde-Wohnhausanlagen Am Schöpfwerk (Meidling, 12. Bezirk) und Rennbahnweg (Donaustadt; 22. Bezirk). Diese Jugendlichen waren es auch, die in Workshops ihre Ideen für die Story sowie für viele der Szenen einbrachten. Aus den Inputs der Jugendlichen schrieben Ibrahim Amir und Mahir Yıldız das Drehbuch; Letzterer führte auch Regie.

Still (STandfoto) aus dem Film
Still (Standfoto) aus dem Film „Im Schatten von Wien“

Erstmals gespielt – sehr überzeugend

Yousef und Mo – so die beiden Buben im Film – sind beide geflüchtet – und so manches aus der Story hat auch mit den jugendlichen Darstellern zu tun. Abdulsattar Qasimi, der den späteren jugendlichen Yousef überzeugend und ganz und gar nicht laienhaft spielt, obwohl dies seine erste Arbeit vor der Kamera war, hat afghanische Wurzeln. Die Familie seines Kollegen Ali Saykhan Khazaev, ebenso hervorragender Darsteller des jugendlichen Mo, kommt aus Tschetschenien. Zu Interviews mit diesen beiden geht es in einem eigenen Beitrag.

Die beiden eingangs geschilderten Buben – die Protagonisten im Kindesalter – wurden natürlich von anderen gespielt, von Yasir Arman sowie Valerian Vallant. Auch sie beeindrucken – insbesondere wie sich die Angst in ihren Augen, in ihrer Mimik spiegelt.

Die beiden Jungs im Film, schon kurz nach der Flucht trotz der dabei aufgesammelten Traumata brutal be- bis misshandelt, werden im Verlauf der Story Kleinkriminelle. Zentral dreht sich die Story trotz der Action-Szenen aber um die Frage von Ver- und Misstrauen.

Still (STandfoto) aus dem Film
Still (Standfoto) aus dem Film „Im Schatten von Wien“

Versuch, Freunde gegenseitig auszuspielen

Der Polizist in Zivil, der seinen Namen auf Antonio geändert hat, versucht erst im Verhör Mo dazu zu bringen, Yousef zu verraten. Als der sich nicht darauf einlässt, besucht der Polizist jene Moschee, in der er Yousef trifft und dessen Vertrauen gewinnen möchte. Er sei ja selber vor 35 Jahren nach Österreich geflüchtet…

Still (STandfoto) aus dem Film
Still (Standfoto) aus dem Film „Im Schatten von Wien“

Doch Yousef lässt sich darauf nicht nur nicht ein, er erkennt und sagt, dass Antonio ja zu einer ganz anderen Zeit geflüchtet wäre, wahrscheinlich sogar mit dem Zug angekommen sei und die Lage von Yousef, Mo und den anderen gar nicht verstehe. „Weißt du, wir haben keine Chance, wir waren schon tot, bevor wir überhaupt geboren worden sind…“

Respekt

Apropos Antonio und Namensänderung. Als Yousef mit Mo neben den Abstellgleisen eines Bahnhofs dahingeht und sich über die „Drecksratten da“ beschwert, meinte Mo: „Ein bisschen Respekt, du bist zu Gast bei den Ratten, immerhin schauen sie nicht so komisch, wenn sie deinen Namen hören!“

Im Bühnengespräch nach dem Film erläuterte Mo-Darsteller Ali Saykhan Khazaev, dass es zu diesem Satz kam, weil er immer wieder erlebe, dass Leute komisch reagieren, wenn sie seinen Namen oder den so mancher Freunde zum ersten Mal hören… – Erlebnisse von Alltags-Rassismus.
Und das bezieht sich dann nicht nur auf die Namen – sondern auf das Gefühl, nicht dazugehören zu dürfen.

Die große Filmpremiere mit Hunderten begeisterten Kino-Besucher:innen bildete da übrigens ein Gegengewicht – ebenso wie schon die Arbeiten mit den Profis an dem Film.

Nächstes Mal dreht sich’s um Mädchen

Großer Jubel des vollbesetzten Saals für den Film und die darstellerische Leistung der Jugendlichen, die fast ausnahmslos zum ersten Mal vor der Kamera spielten. Immer wieder jedoch gab’s Bedauern, dass sich praktisch alles um Burschen drehte. Der Grund: Für die Workshops hatten sich fast ausschließlich solche gemeldet. „Demokratie, was geht?“ ließ jedoch anklingen, der nächste Film solle sich vor allem um Mädchen drehen.

Follow@kiJuKUheinz