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Durchspielen von Dreh-Situationen
Durchspielen von Dreh-Situationen
31.10.2022

„Ihr könnt uns alle mal …“

Lokalaugenschein beim ersten Drehtag des neuen Films von und mit Jugendlichen gemeinsam mit Profis der Serie „AK Lockdownstories“ zur politischen Teilhabe vor allem ausgeschlossener junger Menschen.

Wien. Fast schon am Rande der Stadt in Währing. Auf dem Gelände eines ehemaligen Krankenhauses, der nach dem Begründer moderner Sauberkeitsregeln (Hygiene) benannten Semmelweis-Klinik, stehen noch alte, leere Trakte. Ein solcher verwandelt sich an diesem Samstag gegen Ende Oktober (2022) zu einem Drehort. Aus einem Transporter laden Menschen unzählige Leuchte, Lampen, Beleuchtungskörper und natürlich meterweise Kabel aus. Die düstere, irgendwie abgefuckte Halle soll genau diesen „Charme“ behalten. Aber es braucht natürlich doch Licht, um die gedrehten Szenen im Film auch sehen zu können 😉

Hover-Board

Während die einen diese auch heiklen Objekte die Stufen hinauf tragen – für schwererer, unhandlichere Teile werden Metall-Rampen über die Stufen gelegt, kommt ein weiterer kleinerer Transportwagen – mit all den Teilen, die dafür sorgen, dass auch die gesprochenen Worte und Sätze letztlich gut zu verstehen sein werden. Dazwischen schultert Kameramann Martino Le ein strahlend weißes Hoverboard. Das löst beim Betrachter der Szenerie zunächst Staunen aus. Freizeitbeschäftigung für die Drehpausen? Mitnichten. Wo in so manchen Making-Of-Filmen zu sehen ist, dass Eisenbahnschienen verlegt werden für Kamerafahrten, bewältigt Martino Le mit Hilfe des elektrisch betriebenen Hoverboards – vor allem darauf hockerlnd Kamerafahrten in höchstens Kniehöhe, aber auch aus höheren Perspektiven.

Düstere Aussichten

Nach und nach wird das Filmset vorbereitet. Die dunkle Halle wird zum geheimen Treffpunkt Jugendlicher. Auf dem Drehplan von „Ihr könnt uns alle mal…“ (Regie: Mahir Yıldız) steht an diesem Tag eine wirklich düstere Szene. Einer der ihren, Musti, bekommt einen niederschmetternden Brief. Abschiebung.

Darum und wie die Freund:innen versuchen etwas dagegen zu tun und dazwischen einen korrupten Deal in höchsten Kreisen aufdecken handelt der neue Film von Profis mit Jugendlichen. Es ist – nicht inhaltlich – aber in der Struktur eine Fortsetzung des Projekts „AK Lockdownstories“ (Projektleiter: Alper Eroğlu). Die Wiener Arbeiterkammer hatte im Vorjahr unter diesem Titel Jugendlichen ermöglicht, gemeinsam mit Film-Profis samt Schauspiel-Coaches den 20-minütigen Spielfilm „20 20“ zu erarbeiten und drehen. Jugendliche, die gerade in den Pandemie- und Lockdown-Zeiten kaum bis nicht gehört und berücksichtigt worden sind, konnten hier ihre eigenen Geschichten aus dieser Zeit einbringen.

Politische Teilhabe

Großer Anklang und die Wichtigkeit, Jugendliche auch außerhalb des Pandemie-Zusammenhangs zu Wort und Bild kommen zu lassen, führten dazu, dass nun wieder ein Film entsteht. Noch dazu wo viele, obwohl in Österreich geboren oder zumindest den Großteil ihres Lebens aufgewachsen sind, dennoch nicht einmal ihre Stimme abgeben dürfen. Wenige Wochen davor fand die Bundespräsidentschaftswahl statt, von der viele der jungen Mitwirkenden im Film ausgeschlossen waren. Im Prinzip geht es wie beim vorherigen Film(-Projekt) um politische Teilhabe junger Menschen.

Von der Studentin bis zum Lehrling

„In einer Szene schütten wir ungefähr 1000 Tischtennisbälle aus dem Fenster auf die Straße. Die haben wir alle mit einem dicken Filzstift beschriftet – mit wichtigen Worten und das auch in verschiedenen Sprachen wie Englisch, Türkisch, Arabisch, Französisch und natürlich Deutsch oder Smilies – Kopf hoch! Azadi (Freiheit)“, schildern Zeynep Berber (spielt Daria, eine Sprayerin) und Rokharsh Drwish (Esra), die mittlerweile am Drehort eingelangt sind. Nach und nach kommen die jungen Schauspieler:innen. Die meisten keine, die von sich aus vor die Kameras drängten. So manche – wie auch der Musti-Darsteller Sufian Alhariri – erzählen dem Journalisten beim Lokalaugenschein an diesem Dreh-Vormittag: „Meine Lehrerin hat mich überzeugt, dass ich das sicher ganz gut könne.“ Nicht eine aus seiner jetzigen Schule, der HTL Ottakring, sondern davor bei Interface. Wo auch so manche seiner jetzigen Film-Kolleg:innen von Lehrenden angesprochen worden waren, beim vorigen Film mitzumachen. Etwa auch Samim Majidi. Der Fahrrad-Mechatronik-Lehrling spielt Mustis besten Freund Munir. 

Zeynep Berber, Studentin für europäische Wirtschaft und Unternehmensführung an der FH – und das neben einem Vollzeitjob bei der MA 40 (Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht) – freut „vor allem, dass wir uns selber sehr auch in diesen Film einbringen konnten. In Schreib-Workshops haben wir zuerst Charaktere und Szenen entwickelt. Aus alle, was wir da geschrieben und aus eigenem oder Erleben in unserem Umfeld reingebracht haben, hat der Regisseur erst die ganze Geschichte geschrieben.“ Rokharsh Drwish findet „wichtig, dass wir da auch Themen, die viele von uns selbst betreffen ansprechen konnten wie, dass viele die Staatsbürgerschaft und damit viele Rechte nicht haben“.

Insta-Storys

Neben den beiden Kameraleuten, die aus verschiedenen Blickwinkeln filmen, dreht auch Emilija Ilić mit ihrem Handy immer wieder Videos – für den Insta-Kanal, der nach wie vor unter dem Titel „aklockdownstories“ läuft. „Ich spiel aber selber auch in einigen Szenen mit, eine Journalistin“, verrät sie dem Kollegen. Das ist ihre Welt, sie hat schon beim Magazin „Biber – mit scharf“ ein Praktikum absolviert.

Sehr flexibel

Beim Prozess des Erarbeitens von Charakteren und Szenen wurden die Jugendlichen und jungen Erwachsenen von professionellen Drehbuch-Coaches und beim Gestalten ihrer später daraus abgeleiteten Film-Rollen von Schauspiel-Coaches begleitet und unterstützt. „Es gibt kein endgültiges Drehbuch mit Dialogen“, so Regisseur Mahir Yıldız zu Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … „Die Jugendlichen sollen in den Szenen, die wir natürlich vor den Aufnahmen proben (was der Journalist beobachten und hören konnte), die Dinge in ihren eigenen Sätzen sagen. Was immer auch ein bisschen anders sein kann.“ Außerdem passt der Regisseur praktisch vor jedem Drehtag auch das Drehbuch immer wieder neu an, wie er am Set dem Cast und der Crew mitteilt. An besagtem Samstagvormittag entstanden die Letztfassungen für die Szene nach Mitternacht, also nur Stunden vor Drehbeginn in dem alten Trakt der einstigen Semmelweis-Klinik an der Hockegasse.

Übrigens: Der Titel des Films – gleichzeitig auch dieses Artikels – findet eine vielleicht überraschende Fortsetzung nach den drei Punkterln. Und die ist alles andere als eine Schimpfkanonade, sondern ein dringender Wunsch, ja eigentlich eine selbstverständliche Forderung 😉

Und: Die Premiere des Films steigt im Wiener Metro-Kino am 1. Dezember 2022 – siehe Info-Block ebenso Infos über Cast und Crew.

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INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

„Ihr könnt uns alle mal …“

Regie: Mahir Yıldız

Drehbuch-Coaches: Ibrahim Amir und Felicia Schätzer
Schauspiel Coach 1: Anna Kramer
Schauspiel-Coach 2: May Garzon

Cast
Aleksandra: Moria Scheer
Daria: Zeynep Berber
Amani: Maria Chelsea Marichici
Munir: Samim Majidi
Sarah: Jana Pamperl
Momo: Nabil Almorstani
Yasmin: Melike Boztepe
Esra: Rokharsh Drwish
Lejla: Asja Ahmetović
Musti: Sufian Alhariri
Tobi: Dominik Schlossareck
Journalistin: Emilija Ilić

Ingrid Bauer: May Garzon
Nachrichtensprecher: Michael Schläger
Nachrichtensprecherin: Martina Mitterer

Crew
Kamera: Martino Le
Ton: Mathias Edelmann, Axel Schlögel
Ober-Beleuchter: Oskar Ott
Beleuchter: Matthew Gerges
Kostüm: Sigrid Dreger
Maske: Nina Peters
Ausstattung: Florian Oppitz
Making-Of: Wolfgang Auer

Set-Aufnahme: Harald Schweidler

Produktion und Kamera-Assistenz: Mateusz Wiglinzki
Regie Assistenz: Patrick Howanitz
Produktions-Assistenz/ Runner: Linda Fress

Cutter: Wolfgang Auer
Colorist: Daniel Hollerweger
Tonmischung: Daniel Stadler

Wann & wo?

Premiere von „Ihr könnt uns alle mal …“
1. Dezember 2022; 17 Uhr
Metro-Kino Wien
1010, Johannesgasse 4
Eintritt frei
Anmeldung: akyoung@akwien.at

Insta -> aklockdownstories