Kinder Jugend Kultur und mehr - Logo
Kinder Jugend Kultur Und mehr...
Preisverleihung
Preisverleihung
26.09.2023

Junge Poet:innen mit gesellschaftskritischer Wortakrobatik

Österreichische U20-Meisterschaften im Poetry Slam mit Beteiligung aus Südtirol, das dieses Mal den Meister stellt.

Österreich wird dieses Mal bei den Meisterschaften der deutschsprachigen Wort- und Gedankenakrobat:innen von Südtirol vertreten. Nathan Laimer gewann am Wochenende – zum Auftakt der neuen Saison unter neuer Leitung im Dschungel Wien den U20 ÖSlam, die österreichischen Nachwuchsmeisterschaften im Poetry Slam der Menschen bis 20 Jahre.

Neben Paula (Wien) und Franziska Rieder (Steiermark) hatte die Jury ihn nach dem ersten Durchgang im Finale des vollbesetzten großen Saals im Theaterhaus für junges Publikum im Wiener MuseumsQuartier mit so vielen Punkten ausgestattet, dass dieses genannte Trio mit einem zweiten Wortkunst-Auftritt im Stechen antreten durfte/konnte/musste. Und sich danach das schon genannte Ergebnis – auch in der aufgezählten Reihenfolge ergeben hat.

In dieser zweiten Rede hatte sich Nathan Laimer (Südtirol) mit Angst auseinandergesetzt, ausgehend von dem bekannten Kinderspruch „Angsthase Pfeffernase, morgen kommt der Osterhase“. Und diese Angst vielseitig beleuchtet und sich ihr gestellt.

Paula (Wien) nahm sarkastisch-ironisch „nix is fix“ aufs Korn, wenn Menschen versprechen „ich komm“, um sich dann oft nicht nur zu verspäten, sondern gar spontan und letztlich was anderes, offenbar besseres vorzuhaben.

Ausgehend von dem weit verbreiteten Sprichwort „der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“ hatte Franziska Rieder (Steiermark) darüber gedichtet, wie schwierig es ist oder fällt, sich gegen Vorgaben zur Wehr zu setzen, die in Familien oft über Generationen weitergegeben werden.

Finale – Grunddurchgang

Vor dem 3er-Stechen, sozusagen dem finalen Finale, hatten Jugendliche und junge Erwachsene – bei U20 dürfen all bis einschließlich 20 Jahre mitmachen – aus allen Bundesländern (mit Ausnahme des Burgenlandes, wo die Landesmeisterin kurzfristig absagen musste) ihre durchwegs tiefsinnigen, (gesellschafts-)kritischen sowie poetisch und/oder sprachspielerischen Gedanken zu Gehör gebracht. Da hier – trotz Wertung der Jury – keine Reihenfolge bekannt gegeben wurde, seien sie hier alphabetisch (nach Vornamen) textlich kürzest zusammengefasst und in etlichen Fotos vorgestellt; darunter natürlich auch das schon genannte Trio, denn sozusagen im ersten Durchgang hatten sie ja andere Texte performt. Am Ende – bei der Veranstaltung machte sie den Anfang – kommt eine Gast-Poetry-Slammerin aus Deutschland vor.

Anja Knafl (Kärnten) verwandelte dabei die Annäherung an einen Felsen in Island fast in eine Metapher über „die hässliche Seite“ an Dingen (Menschen?), die zum jeweils wahren Sein dazugehört.

Constantin Eberle (Vorarlberg) sprach – ausgehend davon, dass er einer der wenigen Klima-Aktivist:innen seines Bundeslandes, der beim Aufbau von Fridays For Future dabei war, mit einer Vielzahl von Vorurteilen überschüttet worden war.

Finn (Oberösterreich) schickte der Rede eine Triggerwarnung voraus, denn sie handle von Ess-Störungen. Offenbar fühlten sich alle bereit der kunstvollen Rede über den häufig aufgedrängten Widerspruch zwischen Illusion, Perfektion und falschen Träumen zu folgen.

Franziska Rieder (Steiermark) sprach von „Licht naschen“, Ängsten und dem was so manche als normal bezeichnen wollen würden.

Loui (Niederösterreich) forderte das Publikum ganz schön heraus in Sachen Wissen über griechische Mythologie. Aber letztlich war das Plädoyer dafür, dass Jugendliche und nicht zuletzt Frauen sich entfalten sollen dürfen auch ohne die verwickelten Fäden im Labyrinth des Minotaurus verständlich.

Muhammed Dumanli trat als vorjähriger U20 ÖSlam-Meister an und setzte sich ironisch damit auseinander, dass er allzu oft höre, wie er zu sein hätte; was oft dazu führe, dass Menschen sich dann wenig bis gar nichts zu sagen trauen.

Nathan Laimer (Südtirol) fand, eine faire Welt zeichne sich unter anderem dadurch aus, dass „Anderssein nichts Besonderes“ ist und „normal kein Begriff“.

Paula (Wien) zitierte aus einem Brief des offiziellen Österreich, den sie bekam, als sie 18 wurde. Da wurde ihr zur Volljährigkeit gratuliert und daran appelliert, dass sie nun auch für dieses Land (Mit-)Verantwortung trage. Ihr spontanes Gefühl sei zwischen LOL und FCK gependelt. „Heimat, Vaterland… – meine Antwort: Widerstand!“

Selina Binderlehner (Tirol) zerpflückte humorvoll so manche Erwartungen an Online-Dating-Apps.

Thomas Winterstetter (Salzburg) hatte den Support seiner Schulklasse, die ihn nach Wien begleitet und sogar mittels Kartontafeln mit den Buchstaben seines Namens supportete. Er erzählte eine sarkastische Geschichte über ein Großaufgebot Uniformierter angesichts einer kleinen Kundgebung. Und wie er sich mit Hilfe eine Croissants opferte, weil die Demonstrant:innen gar nicht gewaltbereit waren, er aber den Frust der Polizei abfangen wollte, die in Aktion traten, als er nach dem Kipferl griff.

Wie schon oben erwähnt machten – außer Konkurrenz – eine Poetin aus Deutschland den Auftakt oder das Vorprogramm für die heimische Meisterschaft: Shafia Khawaja spielte gekonnt mit dem Satz „das muss man ja wissen“, der von oben herab Menschen an den Kopf geworfen wird. Insbesondere solchen, von denen jene, die diesen Satz schleudern, annehmen, dass die gegenüberstehende oder -sitzende Person Migrationshintergrund aufweise. Auch wenn diese vielleicht sogar schon in der dritten Generation im selben Land (bei ihr Deutschland, hier eben Österreich) lebt. Und sogenannte Autochthone das genauso nicht wissen.

Follow@kiJuKUheinz

INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

U20 Poetry Slam-Meisterschaften

Am 23. September 2023 fand im Dschungel Wien, dem Theaterhaus für junges Publikum im MuseumsQuartier neben Eröffnungs-Theatervorstellungen auch das Finale der diesjährigen Meisterschaften von Wortkünstler:innen Unter bzw. einschließlich mit 20 Jahren statt. Mit Ausnahme des Burgenlandes, dessen Landessiegerin kurzfristig ausfiel, traten Poet:innen aus allen Bundesländern, die die jeweiligen Landesmeisterschaften gewonnen hatten, an. Mit dabei auch ein Vertreter aus Südtirol. Der letztlich sogar im Stechen der drei besten die meisten Punkte der Jury bekam – und damit Österreich bei den deutschsprachigen Meisterschaften Mitte Oktober – dieses Mal in Deutschland – vertritt.

u20poetryslam.at

Im Dschungel Wien findet seit Jahren monatlich ein offener Poetry Slam statt – und davor ein ebenfalls offener Workshop „schreib‘ Klasse!?“

u20poetryslam.at/schreibklasse

Darüber hinaus werden auch Workshops für und in Schulen angeboten.

u20poetryslam.at/poetry-slam-und-schule

Deutschsprachige Meisterschaften

Vom 12 bis 14. Oktober 2023 findet die Meisterschaft der sprechenden Poet:innen aus Österreich (inklusive Südtirol), der Schweiz und Deutschland dieses Mal in Frankfurt am Main – wenige Tage vor der 75. Frankfurter Buchmesse statt.
Österreich ist durch den am vorletzten September-Wochenende gekürten Meister Nathan Laimer aus Südtirol vertreten.
slamu2023.de