„Rapunzel frisch frisiert“ vom Grazer Theater Asou auf Wien-Tournee – Kultursommer und Holli-Grätzl-Tour.
Kapperl auf dem Kopf, Megaphon vor dem Mund, später auch ein Pfeiferl. „Alle einsteigen! Zug fährt ab!“ Diese und weiter Ansagen – auch schließlich die der Endstation Wien Hauptbahnhof erfolgen zweisprachig. Neben Deutsch auch auf Minnan (Chinesisch), das Fiona Thausing-Wang aus ihrer ersten Heimat Taiwan in die zweite nach Österreich mitgebracht hat. Vor allem aber spielt sie teils Herz-erweichend Geige und noch 17 andere Instrumente.
Sehr oft begleitet, untermalt sie oder sorgt für die Töne und Geräusche während ihre Bühnen-Kollegin Ursula Urban schusselig mit vielen Koffern und einem Vogelkäfig den Zug besteigt und zu quasseln beginnt. Davon, dass sie jetzt nach Wien fährt zur Hochzeit ihrer Tochter. Die heiratet im Schloss Schönbrunn. Und sie heißt … Rapunzel. So wie das bekannte Märchen – und der Salat.
„Rapunzel frisch frisiert“ heißt der Märchenmix von Theater Asou aus Graz, der nun zwei Mal beim Wiener Kultursommer gespielt wurde – und noch am Samstag, 6. August 2022, im Rahmen der Grätzl-Tour des Ferienspiel-Maskottchens Holli zu erleben ist – siehe Infoblock.
In dieser Version entführt eine Hexe das Baby Rapunzel, weil sie sich selber so sehr ein Kind wünscht. Statt es hingegen zu lieben, sperrt sie die „Tochter“ ein. Die Entführung ist sozusagen eine Anleihe aus dem Märchen Rumpelstilzchen: Mit dem Kindes-Diebstahl rächt sich die Hexe dafür, dass Rapunzels Vater aus ihrem Garten immer deren Lieblingssalat – Rapunzel – gestohlen hat. Den mochte seine Frau so gerne. Als die Hexe den Mann erwischt, will sie ihn erst in Salat verwandeln, lässt ihn aber leben, dafür will sie eben das erstgeborene Kind holen.
Rapunzel wächst, eingesperrt im Turm heran, auch ihre Haare – an denen klettert täglich die hexe zu ihrer „Tochter“. Natürlich taucht ach hier der befreiende Prinz auf – wenngleich Theater Asou noch einmal eine spannende Schleife einbaut… – welche? Na, alles soll doch nicht vorweggenommen werden.
Vielleich nur so viel: Ob Vögel im Wald zwitschern, der Prinz mit seinem Pferd heranreitet oder die erzählende Mutter barfuß über die Bühne auf Zehenspitzen geht – und es sich anhört, als würde sie mit hohen Absätzen daher stöckeln – all das und noch viel mehr „zaubert“ die Musikerin aus ihren in dieser knappen Stunde verwendeten insgesamt 18 Instrumenten.
Seit ich den ersten Auftritt der feministischen Kabarettistin Malarina erlebt habe, fällt mir zu Rapunzel ihre Passage über Märchen ein, die offenbar alle von Männern geschrieben oder erfunden worden sind. Wenn Rapunzel so lange, starke Haare hat, dass ein Mann daran hinaufklettern kann, der sicher schwerer ist als sie, weshalb verwendet sie dann ihre Haare nicht als Kletterhilfe hinunter? (Knapp vor Minute 9 im unten verlinkten Video, in dem Maria Lacković – bürgerlicher Name der Tiroler Serbin oder serbischen Tirolerin Malarina – so manche Märchen auf witzige Art als brutal-patriarchal entlarvt.)
Theater Asou
Sehr frei nach den Gebrüdern Grimm
ca. eine Stunde
Schauspiel: Ursula Urban
Livemusik: Fiona Thausing-Wang
Regie: Birgit Unger
Bühnenbild, Requisiten: Christina Weber
Kostüm: Barbara Häusl
Im Rahmen von „Hollis Grätzeltour“
6. August, 17 Uhr
Schweizergarten: 1030, Heeresmuseumstraße 1
wienXtra -> Hollis Grätzltour im Schweizergarten