„Suchbewegung statt eines Spielzeitmottos“ – so nannte Anna Horn in einem längeren Gespräch mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… irgendwann das, was Kinder, Jugendliche und erwachsene Zuschauer:innen in der am vorletzten September-Wochenende startenden neuen Saison im Theaterhaus für junges Publikum im MuseumsQuartier erwartet. Seit 1. Juli leitet sie den Dschungel Wien – nach Gründungsdirektor Stephan Rabl (12 Jahre) und Corinne Eckenstein (sieben Jahre), die aber schon von Beginn hier viele Stücke inszenierte und im Oktober beim Puls-Festival „Kingx & Qweens“ mit ihrer neuen Gruppe „Unusual Beings“ präsentieren wird.
„Wir haben übrigens fix nur die erste halbe Spielzeit geplant, um schneller auf aktuelle Herausforderungen reagieren zu können. Und wir möchten viel mit sehr jungen und neuen Künstler:innen arbeiten. Dafür kooperieren wir unter anderem mit Ausbildungs-Einrichtungen. Die bisherige Dschungel-Akademie mit Studierenden der Theater-, Film- und Medienwissenschaften der Uni Wien wird fortgeführt, aber interaktiver ausgebaut. Und wir arbeiten neu mit der Universität für Angewandte Kunst – den Abteilungen Sprachkunst, Transmediale Kunst und Wissenstransfer – zusammen. Studierende können fächerübergreifend an eigenständigen Projekten arbeiten, die sie im Jänner präsentieren. Dabei können sie ausprobieren, ob sie in Sprache und Spiel ihr Zielpublikum gut erreichen. Es bleibt ihnen freigestellt, ob sie für Kinder oder für Jugendliche produzieren wollen.“
… ist auch ein weiteres Projekt: Magma in Zusammenarbeit mit dem Drama Forum Graz und MUK (Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien. Dabei sollen „Theatertexte und -formen für ein diverses und mehrsprachiges Publikum entwickelt“ werden. Einzelkünstler:innen aus den Bereichen Text und/oder Theater sollen einander kennenlernen, sich zu Teams zusammenfinden, von Profis als Mentor:innen unterstützt, Konzepte erarbeiten. Nach mehreren Monaten haben zehn Teams die Chance, ¼-Stunden-Teaser zu zeigen, die Hälfte davon soll begleitet werden, um an ihrem Ding weiterzuarbeiten und es als Projekt für Förderungen einzureichen. Ein Stück wird der Dschungel Wien aus Eigenmitteln mit dem jungen Team produzieren. Sozusagen eine Variation des bisherigen Nachwuchsbewerbs „Try-Out!“ an diesem Theaterhaus.
Diese Suche danach, was ein junges, diverses, mehrsprachiges Publikum interessiert – oder interessieren könnte – betont Anna Horn in dem Gespräch mehrfach; wobei Diversität auch schon bisher ein großes Anliegen im Dschungel Wien war. „Wir haben extra ein Team „Next Generation“ angestellt, die normal gezahlt werden und eigene Projekte entwickeln werden. Und wir wollen von Kindern und Jugendlichen, die (noch) nicht ins Theaterhaus kommen, wissen, was sie gerne sehen würden. Dafür werden wir gezielt in Schulklassen gehen und das erfragen.“
Neben den drei bisherigen Bühnen kündigt die neue künstlerische Leiterin eine vierte an, „eine digitale Bühne“ (unterstützt aus den Mitteln der Digitalisierungsförderung). „Hier entstehen laufend neue Videoproduktionen und hybride Formate für unsere Zuseher:innen. Jährlich wird eine Produktion offline aufgeführt und somit eine Brücke ins Theater geschlagen. Die Verknüpfung von digitaler und physischer Realität, die Kinder und Jugendliche tagtäglich begleitet, wird Teil des Programms am Dschungel Wien“, heißt es dazu auf der – nach etlichen Wochen gänzlicher Abwesenheit – neuen, nun wieder erreichbaren Homepage. Diese schreit den User:innen stark entgegen, ihr Motto dürfte übrigens auch Suche sein – aufgrund (noch?) geringer Übersichtlichkeit. Update: Drei Tage später taucht wenigstens die Übersicht – auch in lesbarerer Schrift – auf, auch wenn es noch für Verwirrung sorgt, wenn Stücke groß und fett von September bis April angekündigt werden, obwohl es zwar in diesem Zeitraum, aber nur zwei- bis höchstens drei Mal in Blöcken an wenigen Tagen gespielt wird..
Neben dem schon eingangs erwähnten Puls-Festival (10. bis 13. Oktober 2023) – im Rahmen des schon seit einigen Jahren laufenden EU-Projekts ConnectUp, wo fünf Koproduktionen von jeweils zwei Theatern aus verschiedenen Ländern gezeigt werden -, findet das internationale Roma-Festival „E Bistarde – vergiss mein nicht“ (1. bis 9. November 2023) heuer im Dschungel Wien statt (bisher Amerlinghaus). Eröffnet wird es mit dem Stück „Land ohne Land“ von Simonida Selimović. Dramaturgin ist Elif Bilici, die im Dschungel Wien nun in der Theatervermittlung tätig ist und – gemeinsam mit Armela Madreiter und Thomas Perle eine der fünf Werkstätten leiten wird, jene mit dem Titel „Auf der Suche“ (ab 14 Jahren). Jugendliche werden sich auf die Suche nach der Vielfalt in der Stadt machen, nicht zuletzt bei den (Enkel-)Kindern von Gastarbeiter:innen. Mehr zu den Werkstätten in der Info-Box am Ende des Beitrages.
Im Zusammenhang mit Internationalität nennt Anna Horn als „ein besonderes Anliegen ein ukrainisches Sachbuchkino übers Hören“: Laut, leise, flüstern: голосно, тихо, пошепки. Das Bilderbuch Hören!/ чути von Romana Romanyschyn und Andrij Lessiw ist 2017 auf Ukrainisch und vier Jahre später auf Deutsch erschienen – Details in der Infobox. Dieses Bilderbuchduo ist übrigens auf KiJuKU schon vor einem halben Jahr mit seinem aktuelleren Buch „Als der Krieg nach Rondo kam“ erschienen.
„Kinderrechte, Aktivismus und Theater als Kunst und Kultur für Kinder ist mir ein großes Anliegen, pädagogische Konzepte sind gut, aber Kunst kann mehr“, so Anna Horn im KiJuKU-Gespräch. „Und ich erlebe, die Stadt Wien hat auch ein offenes Ohr, dass Kinder und Jugendliche Kunst und Kultur erleben können, die mehr Mut und Freude machen.“
Eröffnet wird die neue Saison an zwei Wochenenden 23./24. September bzw. 30.9./1.10. 2023 unter anderem mit „Wind“, einem neuen Stücke von makemake produktionen, der U20-Poetry-Slam-Meisterschaft, „Ostacles in our Sky“ (Johanna Heusser und Roxy Birsfelden, Schweiz), einer Party mit EsRap. Am Wochenende drauf spielt das Puppentheater „Das Helmi“ aus Deutschland „Der Schöne und die Biest“ (Kinder) und „Leon, der Profi“ (Jugendliche) sowie „Die komische Tür“ (Nils Strunk und Lukas Schrenk) sowie Samstagabend (30. 9.): „Voting Ball Wem gehört die Bühne?“. Details in der Info-Box am Ende des Beitrages.