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Charlotte Zorell als Miranda, Jonas Graber als Erzähler

Adnarim und Anit – eine andere Geschichte hinter den Spiegeln

Miranda ist eine Wucht. Voller Energie. Springt, rennt und – haut sich auf den Boden, wenn sie nicht kriegt, was sie will. Vordergründig liebevoll loben ihre Eltern sie ständig als bestes, schönstes, tollstes, kreativstes und so weiter Kind. Um Auszucker der Tochter zu vermeiden, schenken sie ihr alles, was sie sich wünscht.

Uwe Achilles als Vater, Pia Baresch als Mutter von Tina (Olivia Marie Purka)
Uwe Achilles als Vater, Pia Baresch als Mutter von Tina (Olivia Marie Purka)

Ihre beste Freundin Tina aus der Nachbarschaft hat ziemlich gegenteilige Eltern. Keine Sekunde Zeit für die Tochter. Kaum fängt Tina an auch nur irgendwas zu sagen, sind Mutter wie Vater an ihren Handys und jedenfalls nicht wirklich anwesend. Zuhören? Fehlanzeige.

Ensemble von
Ensemble von „Miranda im Spiegelland“

Paradiesisch oder…?

Tina ist gern bei Miranda, dort ist’s irgendwie paradiesisch. Obwohl so wirklich gehen auch deren Eltern nicht auf sie ein – überhäufen mit Geschenken und Superlativen an Lobpreisungen wirken eher, als erkauften sie sich damit ihre Ruhe, auch wenn sie viel empathischer agieren als ihre Gegenstücke.

In dieses Setting pflanzt Alan Ayckbourn die turbulente Kinderkomödie „Miranda im Spiegelland“ (2004 auf Englisch erschienen „Miranda’s Magic Mirror“), von Inge Greiffenhagen und Bettina von Leoprechting auf Deutsch übersetzt und nun – wieder (erstmals schon 2006) – im großen Haus des Theaters der Jugend, dem Renaissancetheater in der Wiener Neubaugasse (Regie dieses Mal: Nicole Claudia Weber), zu erleben: Turbulent, rasant, vergnüglich mit Botschaft, die sich aus der Geschichte selbst ergibt und damit keinen erhobenen Zeigfinger nötig hat.

Charlotte Zorell als Miranda - mit ihrem Spiegelbild
Charlotte Zorell als Miranda – mit ihrem Spiegelbild Adnarim

Die Story

Miranda ist so von sich eingenommen, so auf sich allein konzentriert, von sich besessen, dass sie sich in dem neuen Spiegel, den sie sich gewünscht hat, stäääändig nur selber anschaut, posiert… (Was ausgehend von einer griechischen Sage in der Psychologie als Narzissmus bezeichnet werden würde.)

Nun hat auch sie keine Zeit mehr, mit Tina zu spielen. Nicht nur das, sie fängt an ziemlich garstig zu werden, die Freundin wüst zu beschimpfen und vor allem abzuwerten. Worauf diese sich verzieht – und bei ihr Zuhause verkriecht. Sie verinnerlicht die Abkanzelungen – dumm, hässlich usw. Von ihren Eltern hört sie ja nix Gegenteiliges.

Und so traut sie sich nicht mehr in den Spiegel zu schauen. Weshalb ihr Spiegelbild abhaut. Aber auch das von Miranda verzieht sich. Mit so einem eingebildeten, aufgeblasenen, herumkommandierenden Gegenüber auf der anderen Seite des Spiegels will Adnarim nix zu tun haben. Und so schaut eines Tages Miranda ganz schön verblüfft in den Spiegel, aus dem ihr Kram entgegenblickt. Der ist wiederum von Mark davongerannt. Genau – Spiegelbildliche Namen.

Spiegelbilder abgehaut

Natürlich gibt sich Miranda damit nicht zufrieden, auch wenn Kram sie ganz schön spiegelt. Gerade das gefällt ihr nicht, sagt er ihr doch die Wahrheit, dass sie sich unerträglich aufführt. Aber er hilft ihr, in den Spiegel zu steigen und auf die andere Seite zu kommen, um nach Adnarim zu suchen. Die Bühne dreht sich und ist gar nicht mehr so bunt – irgendwie wie hinter den Kulissen eines Theaters (Bühnenbild: Judith Leikauf und Karl Fehringer). Im Spiegelland ist links recht und vorwärts rückwärts. Der Einfachheit halber aber werden Sätze nur wortweise von hinten nach vorne gesagt und nicht – wie manche Menschen es perfekt können komplett rückwärts gesprochen, also nicht: nehcorpseg sträwkcür, sondern dann „nur“ gesprochen rückwärts.

Jonas Graber als Erzähler
Jonas Graber als Erzähler

Suche nach – sich selbst

Auf der Suchen nach dem Spiegelbild und damit gleichzeitig ihrem Inneren wird es für sie notwendig, ihren Hochmut einzusehen, sich zu entschuldigen, läutern und so weiter… Charlotte Zorell ist eine herrlich auszuckende Miranda, die sich auch nicht ruck-zuck wandelt, sondern die Mühsal solch einer Läuterung spürbar erleben lässt.

Olivia Marie Purka als Tina (vorne) und Charlotte Zorell als Miranda (hinten)
Olivia Marie Purka als Tina (vorne) und Charlotte Zorell als Miranda (hinten)

Die Darsteller:innen

Olivia Marie Purka verfällt, von den Eltern ignoriert und von der Freundin runtergemacht, glaubhaft in depressive Zurückgezogenheit und lässt sich nur zögernd in die gegen Ende neu erwachenden Freundschaftsangebote Mirandas ein. Ihr Vater Uwe Achilles spielt auch einen etwas minderbemittelten Wachmann beim Palast der Spiegelfürstin, Pia Baresch ihre Mutter, schlüpft auch in der Rolle dieser Fürstin Allebasi – unnahbar und doch letztlich mitfühlend spielt.

Tausendsassa

Mirandas Vater Frank Engelhardt übernimmt überhaupt glich viele Rollen – Trops Gnagflow, das Spiegelbild von Wolfgang Sport, den Hauptmann und Chef der Palastwache sowie den Ober-Verwalter aller Spiegelbilder und erweist sich als stark wandlungsfähig. Mirandas Mutter wird von Christine Garbe gespielt, die auch als Tergram (Spiegelbild von Margret) im Spiegelland in Erscheinung tritt.

Ein-Roller:innen

Neben den Rollenwechsler:innen und den schon genannten Darstellerinnen von Miranda und Tina bzw. Adnarim und Anit ist auch Fabian Cabak als Kram (der Mark ist nie zu sehen) auf eine Rolle konzentriert. Und nicht zu vergessen: Wie eine Art Showmaster fungiert Jonas Graber als Erzähler, der die Story kapitelweise am Laufen hält – aber auch direkt ins Geschehen eingreift. Etwa mit dem Schluss-Gag – nein, das sei hier nicht verraten.

kijuku_heinz

Doppelseite aus "Schneewittchen pfeift auf Prinzessin – ein Nicht-Märchen"

Nein, ich will nicht wie Schneewittchen sein!

Nach Rotkäppchen und Froschkönig nun „ein Nicht-Märchen“ Nummer 3 des Duos Petra Piuk (Text) und Gemma Palacio (Illustrationen). „Schneewittchen pfeift auf Prinzessin“ heißt das jüngste witzige Buch, das ausgehend von einem bekannten Märchen die Geschichte in die Gegenwart verlegt und vom Kern her gegen den alten Strich bürstet.

Das Mädchen mit den langen schwarzen Haaren hat hier auch einen echten Namen – Sara. Die wohnt mit dem Vater und seiner neuen Lebensgefährtin in der Schloss-Gasse. Adele, so die neue Partnerin des Vaters schaut zwar nicht dauernd in den Spiegel, sondern auf ihr Smartphone für „Selbies“. Kriegt dafür nicht so viele Herzerln wie sie gern hätte, dafür umso mehr für Fotos, auf denen sie sich Sara mit ins Bild rückt.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Schneewittchen pfeift auf Prinzessin – ein Nicht-Märchen“ – eine der wenigen auf denen es kunterbunt zugeht – die meisten anderen beschränken sich auf lila und schwarz auf den weißen Seiten

Anmalen erwünscht

Ein Fernsehsender ruft zu einer „Kaasding“-Show auf – viele der englischsprachigen Begriffe werden im Buch so ähnlich geschrieben wie viele sie aussprechen. Welches Kind schaut am ehesten aus wie Schneewittchen. Adele meldet – ohne mit ihr zu reden – Sara dafür an, weil sie hofft auf Umwegen mit berühmt werden zu können.

Sara ist sauer. Doch ihre Stoff-Eule meint, wenn sie mitmachen würde, hätte sie wenigstens eine Zeitlang Ruhe vor Adele…

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Schneewittchen pfeift auf Prinzessin – ein Nicht-Märchen“ – eine der wenigen auf denen es kunterbunt zugeht – die meisten anderen beschränken sich auf lila und schwarz auf den weißen Seiten

Die sieben Zwerge aus dem Märchen sind hier sieben andere Kinder, die für diese Show angemeldet sind – und alle gern gewinnen würde. Was Sara überhaupt nicht will. Sie schneidet sich sogar die Haare ab und färbt sie sich – auf einer dieser Seiten findest du ihr gezeichnetes Porträt mit der Bitte, dass du ihr im Buch die Haare bunt anmalst.

Sara will ja gar nicht wie Schneewittchen aussehen, kann es gar nicht ausstehen, wenn sie immer wieder so benannt wird – sie will einfach Sara, sie selbst, sein!

Und steckt damit die anderen Kinder durchaus erfolgreich an…

Bastelanleitung

Was aber noch nicht das Ende der Geschichte ist – aber Überraschung soll auch noch bleiben. Verraten werden kann schon, dass du sozusagen als Nachtrag im Buch auch eine Bastelanleitung für eine einfache Stoff- oder auch „nur“ Karton-Eule findest.

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Titelseite von
Titelseite von „Schneewittchen pfeift auf Prinzessin – ein Nicht-Märchen“
Doppelseite aus dem Bilderbuch "Ida und der Zauberspiegel"

Pfeif auf die Spiegelbilder!

Ida ist ein Igel – und wird auf der ersten Doppelseite dieses Bilderbuchs von ihrer besten Freundin Pippa, einem Eichhörnchen, aus dem Winterschlaf geweckt. Und schon fragt Ida auf der nächsten Seite, um welchen Spiegel es sich handelt – von einem solche war vorher aber noch gar nicht die Rede. Außer im Titel des Bilderbuchs „Ida und der Zauberspiegel“.

Jedenfalls pilgern alle Tiere zu diesem Zauberding – einfach einem kleinen See der sich aus dem in der Sonne dahingeschmolzenen Schnee gebildet hat. Alle betrachten ihre Spiegelbilder. Manche stolz, andere sind mit dem, was sie da zu sehen kriegen äußerst unzufrieden.

Ihnen hilft Ida – nicht durch nette Worte, sondern einfach, indem sie sich in den Teich fallen lässt, schwimmt, Wellen erzeugt und die anderen zum Nach- und Mitmachen animiert. Pfeif auf die Spiegelbilder, lass uns Spaß beim Plantschen, Schwimmen und Spielen haben!

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Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Ida und der Zauberspiegel“