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Erde für die Blumen(tröge)

Eine Gasse wird von Autos befreit und ist nun für Menschen da

(Halb-)Kreise, Drei-, Vierecke und weitere geometrische große Formen – in gelb, orange und himmelblau zieren Gehsteig und Straße zwischen Volks- und Volkshochschule in der Galileigasse in Wien-Alsergrund. Seit kurzem. Und sie laden Kinder ein, die für Lauf- und Hüpfspiele zu verwenden. Junge Leute laden aus einem Transporter hölzerne Möbel aus – Sitzbänke ebenso wie große Blumentröge. Am Eck zur Dreihackengasse liegt ein riesiger Berg Erde. Lokalaugenschein von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… in einer neu entstehenden Spiel-, Wohn-, Lebensstraße nahe der Wiener Volksoper.

Spontane ganz junge Mithelfer:innen

Kaum sehen zwei vorbeigehende Kinder mit ihrer Mutter, dass die jungen Erwachsenen mit Scheibtruhen und Blumentöpfen Erde vom großen Berg einschaufeln, zu hölzernen neuen Blumentrögen bringen und dort einfüllen, drücken sie der Mutter die Eis-Stanitzel in die Hand. Sie wollen ihre Hände frei haben, um selbst vom Erd-Berg Einschaufeln zu können und neue Heimstätten für Blumen schaffen.

Lebensraum

Es ist Freitagnachmittag, Mitte Juni. Zwei Tage später – am Sonntag – werden noch viel mehr be-sitz- und -spielbare hölzerne Möbel hier stehen, alle großen Kisten mit Blumen bepflanzt sein. Und der Lebensraum für Menschen statt des Fahr- und Stellplatzraumes für Autos wird offiziell eröffnet, unter anderem von Bezirksvorsteherin Saya Ahmed. Die vormals von Autos befahrene Gasse wird so zum Lebensraum – nicht nur für die Kinder der Schule, Lernwillige allen Alters in der Volkshochschule, sondern natürlich auch für die Anrainer:innen dieser und benachbarter Gassen.

Essbares Beet

Freitagvormittag hatten schon Volksschulkinder ein essbares Beet bestückt – unter anderem mit Paradeis- oder wie viele sagen Tomaten-Pflanzen, Melonen und weiterem Obst und Gemüse. Für dieses Beet hatten einige ein Schild gemalt: „Kinderrecht = Bildung“.

Erhebung – Konzept – Umsetzung

Die farbenfrohe, umwelt- und lebensfreundliche Umgestaltung dieses Straßenabschnitts erfolgte als (lebens-)praktischer Teil einer Lehrveranstaltung der Technischen Universität Wien (TUW). 23 Studierende aus den Fachbereichen Architektur sowie Raumplanung haben diese Verwandlung sozusagen von der Pieke auf bis zur nunmehrigen Endfertigung durchgezogen.

Am Beginn standen wissenschaftliche Grundlagenforschung wie Verkehrserhebung, Befragungen der Anrainer:innen, der Lehrer:innen – mit der Einladung, dass die Kinder der Schule ihre Wünsche sowohl schreiben als auch zeichnen konnten. Auf diesem Fundament an Erkenntnissen wurde ein gesamtes Leitbild für diesen öffentlichen Raum erarbeitet – mit Details für Möblierung, Bepflanzung und nicht zuletzt die bunte Bodenbemalung, die auch nicht wahllos erfolgte; sondern Anleihe beim Formen in der Gasse nahm.

„Tactical Urbanism“ …

… nennen Katrin Hagen, Wissenschafterin und Lehrende am TUW-Institut für Städtebau, Landschaftsarchitektur und Entwerfen sowie Jan Gartner, Verbindungsglied zwischen der Uni, der lokalen Agenda Alsergrund und seiner Agentur „Raumpioniere“, die Interessierten hilft, urbane Projekte umzusetzen, diese Taktik bzw. Methode, städtischen Raum (wieder) lebenswerter zu machen im Gespräch mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…

Coolste Lehrveranstaltung

Die Galileigasse ist das zweite Projekte, das im Rahmen dieser studienrichtungs-übergreifenden Lehrveranstaltung (Mit-Betreuerinnen Lena Hohenkamp und Bianca Pfanner) umgesetzt wird/wurde. Im Jahr davor gelang dies im Vorarlberger Hard. Stellvertretend für die 23 Student:innen schilderten Sarah Milian und Alexandra Weber ihre Beteiligung. Letztere hatte schon im Vorjahr beim ersten Projekt mitgemacht und nun freiwillig diese Lehrveranstaltung wiederholt. Erstere meinte: „Es war die coolste Lehrveranstaltung in meinem ganzen Studium.“ Und sie steht nach knapp vier Jahren fast am Ende desselben. Und dass es der Zweitgenannten mindestens genauso erging, ergibt sich von selbst, „weil’s einfach was bringt, du siehst einen Erfolg deiner Arbeit. Und die macht den Leuten Freude“.

Und sie hätten auch Praktisches für ihr Leben gelernt. „Bevor wir begonnen haben, die Möbel zu bauen, haben wir vom Tischler – Paul Amann – eine genau Einführung in die Handhabung all der Werkzeuge bekommen“, verraten die beiden. Und dass dies nicht nur für sie beide, sondern auch für viele ihrer Kolleg:innen, ziemliches Neuland war.

Werkstatt in Ex-Garage

Gesägt, gebohrt, geschraubt, geschliffen, lackiert bzw. die Blumentröge innen mit Teichfolie ausgekleidet haben die Studis übrigens in der „Garage Grande“, einem ehemaligen Parkhaus in Wien-Ottakring (Deinhardsteingasse/Abelegasse). Nachdem die Garage für die immer größer und breiter werdenden Autos zunehmend unbrauchbar geworden ist, hat die Gebietsbetreuung Stadterneuerung das mehrstöckige Gebäude übernommen und es zu einer Brutstätte für nachhaltige Projekte und Ideen gemacht. Die reichen von einer Fahrradwerkstatt über Pläne und Modelle für Umgestaltungen von Stadträumen – unter anderem den Westbahnpark -, künstlerische Gestaltungen, Pflanzen- und Kräuterzucht… und eben den Bau der hölzernen Stadtmöbel für die Galileigasse. Motto der „Garage Grande“: „Ideen für das Stadtklima von morgen entstehen in einer Garage von gestern.“

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Große Arbeitsgruppe der Kinder für den Außenbereich für den sie auch Modelle gebaut haben

Demokratie ist machbar – wollen die „Schulen der Superkräfte“ zeigen!

Während in manchen Gebäuden zwei Schulen fast vollkommen getrennt sind und zwei Direktionen haben, gibt es beispielswiese zwei Schulen, die eine Viertelstunde voneinander entfernt liegen – acht Busstationen – und doch zusammengehören. Die kleinste Schule Wiens in den Weinbergen von Neustift am Walde in der Celtesgasse gehört zur Volksschule Krottenbachstraße, genannt Krotti. Bis jetzt, denn die beiden Schulen, vielmehr die Kinder der Schulen haben einen gemeinsamen Namen gesucht. In Ateliers und Arbeitskreisen neue Vorschläge erarbeitet. Namen und Logo wurden entworfen. Die Idee rechten von „Die-5-Sterne-Schule“ über Schulen des Friedens, der Freundschaft, Interessen, Gerechtigkeit, Demokratische Schulen Wien bis zu „Activity Mint Grätzl 19“ – wobei die zuletzt genannte Zahl für jene des Bezirks Döbling steht.

Viele der vorgeschlagenen Begriffe stecken nun sozusagen in Untertiteln des neuen Schulnamens: „Schulen der Superkräfte“ – mit einem knallbunten Logo und den in farbenfrohen Sprechblasen, -Sternen und -Blitzen stehenden Wörtern Gerechtigkeit, Kreativität, Freundschaft, Begabung, Mint, Natur.

Teil eines großen, langfristigen Projekts

Der neue Schulname und das dazugehörige Logo sind aber „nur“ Teil eines umfangreichen dauerhaften Demokratieprojekts. So wie die Namens- und Logo-Findung von vielen von den Schüler:innen eingebrachten Ideen bis zum Ergebnis unter ständiger Mitwirkung der Kinder stattgefunden hat, so wurden und werden diese laufend einbezogen, Ideen für Verbesserungen einzubringen. Solche reichen vom großen Schulsportplatz über die Außenwände bis zu den Klassenzimmern, den Speisesaal, der nun „Kinderrestaurant“ heißt, bis zu Unterrichtsinhalten und den Umgang miteinander.

Eigene Verfassung

So heißt es in der – in den ersten Monaten dieses Demokratieprozesses ebenfalls entstandenen eigenen Verfassung unter anderem:
* Alle Kinder sollen die gleichen Rechte und Pflichten haben.
* Wir nehmen alle Kinder so an wie sie sind, auch wenn sie  anders aussehen, anders denken oder anders handeln als wir. 
* Wir schließen niemanden aus, halten zusammen und helfen einander.
* Ich will mitfühlend sein und nehme Rücksicht auf andere. Denn jede und jeder verdient es, geliebt zu werden, auch wenn sie mich manchmal nerven. 
* Ich löse meine Probleme, indem wir miteinander reden und ohne zu schlagen. 
* Ich bedrohe, beschimpfe und schlage niemanden
Aber auch
* Lehrer und Lehrerinnen dürfen mich nicht anschreien

Dauerhafte Mitbestimmung

Für die Gestaltung des großen Sport- und Freizeitbereichs im Grünen außerhalb des Schulgebäudes haben die Kinder Ideen zusammengetragen und in Ateliers in einer Projektwoche auch Modelle gebastelt. Die Ateliers, für die sie sich selbst einteilen konnten, sollten aber von vornherein keine einmalige Sache bleiben. Die Mitbestimmung – wie sie ja eigentlich die Kinderrechtskonvention generell seit mehr als 30 Jahren Kindern zugesteht – wird als langfristiges dauerhaftes Element in den Schulalltag eingebaut. So gibt es seither wöchentliche Klassenrats-Sitzungen, die von Kindern abwechselnd geleitet werden und wo alles besprochen wird, was sich auf die jeweilige Klasse bezieht und auch dort selbst gelöst werden kann.

Fragen, Vorschläge, Ideen, Anregungen, Forderungen, die mehrere Klassen oder gar die ganze Schule bzw. sogar beide Schulstandorte betreffen, werden entweder in themenbezogenen Arbeitskreisen weiter behandelt oder sie kommen ins übergreifende Schulparlament. Jede Klasse hat zwei Vertreter:innen gewählt, aber es sollen auch möglichst viele andere Kinder immer wieder einbezogen werden, beispielsweise in den Arbeitskreisen.

Zudem sieht die – von den Kindern selbst erarbeitete – schon erwähnte Verfassung auch ein „erweitertes Schulparlament“ vor, in dem dann auch (Freizeit-)Pädagog:innen, Direktorin und Eltern-Vertreter:innen sowie andere Mitarbeiter:innen der Schule gemeinsam mit den Kindern Themen besprechen und beschließen.

Ausdiskutieren

Dass Demokratie nicht eine einfache Friede-Freude-Eierkuchen-Sache ist, zeigte sich an Wünschen vieler Kinder, die Straße vor der „Krotti“ in der Zeit bevor die Schule in der Früh beginnt, und in der Hauptabholzeit am Ende des verschränkten Ganztagsbetriebs jeweils rund eine halbe Stunde autofrei zu machen. Alle würden sich dann sicherer und freier fühlen. Halt, nicht alle, manche meinten, aber ihre Eltern würden sie ja mit dem Auto bringen und holen. Und schon entstanden Diskussionen darüber und über die Busverbindungen usw.

Ähnliches erlebte Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … beim Lokalaugenschein Mitte Mai am Arbeitskreis-Mittwoch auch bei Diskussionen im Speisesaal an einem der Tische. Auf die Frage, was sie sich beim Essen vor allem wünschen, waren sich alle sofort einig: „Mehr Abwechslung beim Obst, nicht immer fast nur Äpfel!“ Aber gleich danach wollte ein Mädchen „Burger“, was andere sofort ablehnten, „das hat zu viel Fett“. Dafür schlug eine andere Schülerin vor, „es wär ganz schön, wenn es hin und wieder Karotten zum Knabbern geben würde“. Sofort einig waren sich jedoch alle wieder als es um die Jausen ging: „Bitte, nicht immer das Gleiche!“, „Und keine harten Nudeln!“ Außerdem mehr und bunte Dekoration im „Kinderrestaurant“ hätten alle gern sowie „zum Beispiel zu Weihnachten Lichterketten“.

Präsentation beim Schulfest

Mitte Juni gibt es ein großes Schulfest, bei dem die Kinder ihre bisherige und noch bis dahin erarbeiteten Wünsche, Vorschläge und Forderungen allen – Eltern sowie den Gäst:innen aus Schulverwaltung und Bezirks- und Stadtpolitik – vorstellen werden. Bis dahin – so hat der Bezirksvorsteher, der am Tag des kijuku.at-Lokalaugenscheins ebenfalls anwesend war und sich Vorschläge von Arbeitsgruppen, insbesondere Schulgarten, anhörte – und dann doch aufschrieb – werde er für etliche Wünsche und Forderungen schon Antworten haben.

Hymne

Ach, übrigens hat diese Schule mit zwei Standorten jetzt nicht nur einen gemeinsamen Namen und ein dazugehöriges Logo, sondern auch eine Hymne. Wie bei anderen Ateliers und im gesamten Prozess holte sich die Schule Unterstützung von außen, von Theater Ansicht, das schon etliche partizipative (Theater-)Projekte gemacht hatte. Und in einem solchen Atelier entstand die fröhliche Hymne, in der Kinder auch etliche ihrer Familiensprachen einbringen konnten und so wird u.a. von 1 bis 3 auf Deutsch, Englisch, Türkisch, B/K/S (Bosnisch/ Kroatisch/ Serbisch) Farsi bzw. Kurmandschi, Ungarisch und Arabisch gezählt gesungen.

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