Kinder und Jugendliche entwickeln neue Ideen zwischen (ur-)alten Straßenbahnen im Wiener Verkehrsmuseum Remise. KiJuKu-Lokalaugenschein.
Entlang etlicher Gleise geht’s rein in die Remise. Diese Garage für Straßenbahnen im dritten Bezirk von Wien beherbergt das „Verkehrsmuseum Remise“, vormals Tramway-Museum (siehe Info-Block). Zwischen denen alte und noch ältere Straßenbahnen, eine Halle weiter sogar ein „Silberpfeil“, die erste Generation der Wiener U-Bahnen, und Busse zu besichtigen sind, haben Mitarbeiter:innen der Abteilung Kunden-Dialog der Wiener Linien, heurigen-Tische und Bänke aufgestellt, sie mit Papier und Stiften bestückt. Kinde rund Jugendliche waren eingeladen, in jeweils eineinhalb-stündigen Workshops Ideen, Gedanken, Wünsche, Vorschläge und Visionen zu zeichnen und schreiben. Über ideale Haltestellen, Straßen- und U-Bahnen, Busse sowie öffentliche Verkehrsmittel im Jahr 2040.
Juli malt große Bäume und Grünpflanzen auf den Vordruck einer stilisierten Haltestelle. Und ist mir ihrer Zeichnung unzufrieden. „Normalerweise kann ich viel besser zeichnen!“ Dabei finden alle Umsitzenden ihr Bild ausgezeichnet. Aber die 13-Jährige outet sich als „Perfektionistin“ und findet doch eine Lösung, „ich schreib einfach Skizze darüber und zeichne es noch einmal“. Was sie in der Tat macht- das Wesentliche bleibt, wenngleich nun mit Buntstiften mit flotterem Strich als zuvor mit den Filzstiften. „Ich finde, jede Station sollte mehr Pflanzen haben“, ist ihr zentrales Anliegen. Bäume spenden Schatten, sorgen rundum für ein angenehmere Luft „und sind auch gegen den Klimawandel und die Trockenheit von Böden gut“.
Weiters findet sie, „die neuen Straßenbahnen haben zu wenig Sitzplätze,“, relativiert dies aber gleich wieder mit der Bemerkung „Hauptsache sie fahren“. Weil noch nicht so viel los ist, zeichnet auch eine der Praktikantin der Wiener Linien und malt in ihre Traum-Haltestelle einen offenen Bücherschrank. Was auch Juli sehr gut gefällt.
Konstantin (11) sind in den Öffis oft zu viele Leute, weshalb er es nicht selten vorzieht, von Eltern mit dem Auto irgendwohin gebracht zu werden. Schwimmende Busse auf der Donau würden für ihn viel Attraktivität aufweisen, fantasiert er von einem neuartigen öffentlichen Verkehrsmittel. Im Gegensatz dazu bevorzugt er optisch eher die älteren Straßenbahnen, „aber bequemer find ich schon die Neueren“.
Der 14-jährige Paul kritisiert „die Unübersichtlichkeit, dass es so viele verschiedene Haltestellen gibt, ich würde es besser finden, wenn alle einheitlich ausschauen und alle diese neuen digitalen Informationstafeln hätten“. Außerdem wünscht er sich, „dass noch mehr regionale Busse und Züge mit dem System verknüpft wären oder Straßenbahnen weiter ausgebaut werden auch aufs Land hinaus“.
Da beginnt der 16-jährige Marcel von der fix geplanten Straßenbahn nach Schwechat zu schwärmen. „Das wird der 72er sein. So eine Straßenbahn hat es sogar schon gegeben – bis 1961“, weiß der vorbelastete Jugendliche – Großvater Tramwayfahrer, Urgroßmutter Reinigungskraft in der Werkstätte – dessen Traumberuf Straßenbahnfahrer ist. „Das kann man aber erst mit 21 werden, davor werd ich eine Lehre machen. Ich such noch eine Lehrstelle“, verrät der Bursch aus der Strecke nach Schwechat (Kaiserebersdorfer Straße) und erhält von einer der Mitarbeiter:innen des Kund:innen-Dialogs postwendend eine Auflistung der vielen Lehrberufe, die es bei den Wiener Linien gibt – sowohl im technischen als auch im Büro-Bereich.
„Ich will den Wiener Linien sagen, dass ich mit dem Angebot zufrieden bin“, beginnt Celina (14). „Vor allem gefällt mir, dass viele Straßen- und U-Bahnen modern und im Sommer auch gut gekühlt sind. Was ich verbessern würde: Manchmal sind Durchsagen zum Beispiel, dass die Leute von der Tür weggehen sollen, ein bisschen unhöflich. Das geht sicher auch netter!“
Der oben schon einmal von Juli angesprochen Sitzplatzmangel ist auch ein Ding, das Henry (10) thematisiert. „Ich würde in den neuen U-Bahnen mehr Klappsessel vorschlagen“ und konkretisiert das für die Einstiegsbereiche ganz vorne und hinten. „Außerdem sollte es mehr Bildschirme mit Informationen auch an der Seite der U-Bahnen geben“. In die Bildschirm-Informations-offensive stimmen nun alle, die gerade rund um die zusammengestellten Tische sitzen ein. „Dabei soll’s auch mehr Quizze auf den Info-Screens geben“, wünscht sich Peter (12).
In Sachen Wissen und Fan der Wiener Linien matchen sich – aber eher im Sinne von gegenseitigem Aufstacheln der schon erwähnte Marcel und der zehnjährige Matthias. Der erzählt von seiner „Challenge, bis Ende des nächsten Schuljahres mit allen U- und Straßenbahnen sowie Bussen zu fahren, alle Strecken. Ich hab zu Hause einen großen Netzplan, da markier‘ ich immer, welche Strecken ich schon gefahren bin. Zum Beispiel vorgestern aus dem dritten Bezirk zur U1, mit der dann nach Leopoldau, mit dem 32a nach Strebersdorf, von dort mit dem 26er zum 24a, weiter zum 89a, zur U2 und dann wieder nach Hause. Ich will probieren, die Challenge schon bis Jahresende zu schaffen.
A apropos Netzplan, einen solchen hätte er gern in der App Wien mobil. Den gibt’s dort, sagt Marcel und eine der Mitarbeiter:innen greift zu ihrem Handy und schwupp ist der Netzplan auf dem Display des SmartPhones. Aber ganz leicht zu finden ist er in der App nicht wirklich – weshalb Matthias seinen Zettel für die Wunschbox darauf ändert, dass der Plan in der App doch leichter zu finden sein sollte.
Der 10-Jährige fährt und weiß aber nicht nur viel, er hat auch ausgetüftelte Visionen. Bei der Station, wie sich die Workshop-Teilnehmer:innen Wiens Öffis 2040 vorstellen, zeichnet Matthias eine Straßenbahn – ohne Gleise. Stattdessen eine Reihe von Magneten. Die futuristische Bim schwebt dahin wie es einige Züge auf der Welt schon tun. Oben aufs Dach zeichnet der junge technische Designer Solarpaneele, an den Seiten Ventilatoren, also Windräder – betreiben vor allem durch den Fahrtwind. Die neue Straßenbahn fährt somit mit Sonnen und Windkraft. „Die Oberleitungen sollen aber bleiben“, sagt er, während er noch einen Stromabnehmer einzeichnet. Sozusagen ein Backup bzw. eine Art Anschub-Energie-Quelle. Bei jeder Detailfrage von Edith, einer der Kunden-Dialog-Mitarbeiter:innen, zeigt sich, dass Matthias auch technisch sehr versiert ist, von Transistoren und Widerständen, Raspberry Bi (Mini-Computer) spricht und diese postwendend einzeichnet. „Ach ja, Bremsen braucht die Straßenbahn ja auch noch“ und schon tüftelt er, wie das funktionieren könnte…“
Die Zeichnungen und beschriebenen Post-ist bzw. das Plakat mit den schriftlichen Anregungen und der ausgetüftelten Magnet-Bim werden, so versprechen die Kundendialog-Mitarbeiter:innen, fix den entsprechenden Abteilungen bei den Wiener Linien zugeführt. „Die werden sich das anschauen und überlegen, was wie machbar sein wird“.
Was aus jenen Anregungen der riesigen Kinder- und Jugend-Mitbestimmungsaktion „Werkstatt Junges Wien“ geworden ist – das muss nachgeliefert werden, heißt es seitens der Wiener Linien auf die Nachfrage von Kinder I Jugend I Kultur I und mehr… „die zuständige Mitarbeiterin ist derzeit auf Urlaub“.
Vor drei Jahren hatten 22.500 junge Menschen in Wien in 1300 Workshops Hunderte Anregungen und Vorschläge für alle Lebensbereiche gemacht. Daraus wurden 230 Maßnahmen herausdestilliert, die den Abteilungen der Stadtverwaltung sowie den betreffenden Unternehmen wie den Wiener Linien weitergeleitet worden sind. Im Bereich der Öffis war ein vielfach gemachter Vorschlag: „niedrigere Haltegriffe für Kinder“.
Aber, wir bleiben dran – und werden hier berichten, was daraus und den anderen Anregungen geworden ist. Einer der Punkte war auch: „Auf die Bedürfnisse von Kindern und Kindergruppen im öffentlichen Verkehr aufmerksam machen, zum Beispiel mittels Durchsagen, Aufklebern und Plakaten in Öffis und den Stationen.“ Denn, so bemängelt auch Juli in einer der Gesprächsrunden fast am Ende: „Erwachsene übersehen Kinder oft, zum Beispiel, wenn die aussteigen wollen und sich durchdrängen müssen.“
Die beiden Workshops mit Kindern und Jugendlichen sowie ein weiterer mit Erwachsenen – alle unter dem Titel „Öffi-Denkwerkstatt“ lösen den bisherigen Fahrgastbeirat ab, erklärt Edith, Mitarbeiterin des Kunden-Dialogs der Wiener Linien dem Journalisten. Im Fahrgastbeirat kamen bisher jeweils 16 Fahrgäste fünf Mal im Jahr zusammen. Alle zwei Jahre wurde die Hälfte des Beirats ausgetauscht, sodass die Mitglieder vier Jahre die Wiener Linien berieten.
Mit den offenen Workshops sollen mehr Menschen in die neue Beratungs-Plattform einbezogen werden. Die Workshops werden jeweils zu einzelnen Themen von neuen Linienführungen über die Entwicklung von Tarifen und Tickets, Modernisierung der Infrastruktur bis hin zur Verbesserung digitaler Angebote – stattfinden und es wird breit dazu eingeladen – über den Newsletter – für den sich alle anmelden können.
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