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Interview mit Zaker Soltani, der drei Monate lang an der Taschkenter Wirtschaftsuni Deutsch unterrichtete
Interview mit Zaker Soltani, der drei Monate lang an der Taschkenter Wirtschaftsuni Deutsch unterrichtete
31.12.2023

Hier konnte ich Studierenden einen Teil meiner zweiten Heimat vermitteln

KiJuKU-Interview mit Zaker Soltani, der in Taschkent (Usbekistan) an der Wirtschaftsuniversität Deutsch unterrichtet und ein Projekt über österreichischer Kunst und Kultur organisiert hat.

KiJuKU: Du bist Künstler, hast Kunst studiert, warum auch noch Deutsch, um es zu unterrichten?
Zaker Soltani: Ich habe an der Uni Wien Kunstgeschichte studiert. Dann hab ich begonnen, deutsche Philologie zu studieren, weil ich Interesse an Sprachen gespürt habe – natürlich hatte ich ja von Anfang an nachdem ich nach Österreich gekommen bin Deutsch gelernt. So hab ich mich entschlossen, für das Masterstudium Deutsch als zweit- und Fremdsprache zu bewerben. Dieses Auslandspraktikum wird über die Uni Wien und den ÖÄD, der nicht mehr Österreichischer Austauschdienst heißt, sondern Agentur für Bildung und Internationalisierung, organisiert. Es ist allerdings freiwillig. Ich habe mich dafür entschieden.

KiJuKU: Warum gerade in Usbekistan?
Zaker Soltani: Erstens, weil ich mich als Künstler für islamische Kunst und Kultur interessiere und schon ein bisschen über die timuridische Kunst und Kultur wusste, Samarkand war das Zentrum des Timuriden-Reiches (1370 bis 1507 u.a. im Gebiet der heutigen Staaten Afghanistan, Iran und Usbekistan). Das war ein Grund. Und als ich über Usbekistan mehr gelesen habe, war ich überrascht, wie viele Studierende hier Deutsch als Fremdsprache wählen.
Als ich dann hier war, war ich sehr überrascht, dass Deutschland sehr aktiv ist und viele Informationen und Auslandsstudienaufenthalte mit Stipendien und Sommerkurse anbietet. Leider gibt es von österreichischer Seite nicht bis kaum Angebote. Zum Glück haben wir jedes Jahr eine Praktikumsstelle hier an der Wirtschaftsuniversität in Taschkent.

KiJuKU: Du hat ja auch schon in Österreich Deutsch als Zweit- bzw. Fremdsprache unterrichtet, was ist der Unterschied.
Zaker Soltani: Hier läuft vieles sehr frontal. Die Idee von mir war, alle Methoden, die wir in unserem Studium gelernt haben, hier auch zu praktizieren. Gerade das Kunst- und Kulturprojekt war für die Studierenden eine Möglichkeit, auch eine gewisse Autonomie bei ihrem Lernen zu spüren, selbstständig Texte lesen, verfassen, mit der Kunst und Kultur auseinander zu setzen und auch die Veranstaltung selbst mitzuorganisieren.

Wirtsschafts-Student:innen, die Deutsch als neue Fremdsprache lernen
Wirtsschafts-Student:innen, die Deutsch als neue Fremdsprache lernen

KiJuKU: War das für die Studierenden schwierig?
Zaker Soltani: Das war natürlich eine Herausforderung. In den ersten Wochen habe ich hospitiert und mir gedacht, so will ich nicht unterrichten. Ich habe auch das Gefühl gehabt, dass sich Studierende auf diese Art ein bisschen langweilen, wenn alles frontal unterrichtet wird. Aber sie haben mir, als ich sie motiviert habe, sehr selbstständig zu arbeiten, nicht alles hinzunehmen und Lehrenden kritisch zu begegnen, gesagt, dass sie das halt weitgehend vom Kindergarten an so kennen. Das hat dann auch einige Zeit gebraucht, bis sie darauf eingestiegen sind.

KiJuKU: Eine ganz andere Frage. Du hast mir kurz erzählt, dass du hier – im Gegensatz zu Österreich – nicht als fremd wahrgenommen wirst. Wie, wodurch, wir wirkt sich das auf dein Befinden hier aus?
Zaker Soltani: In Österreich bekomme ich oft diese Frage: Woher kommst du wirklich oder ursprünglich. Hier bin ich wahrscheinlich der erste Praktikant mit – für Österreich – Migrationshintergrund. Das war für einige Studierende eine Überraschung als ich gesagt habe, ich komme aus Österreich. Ich habe eben mehrere Heimaten – Afghanistan und Österreich. Das war dann für mich auch eine spannende Aufgabe, zu vermitteln, dass Österreich vielfältige Kulturen in sich birgt und nicht alle blond und weiß sind. Wir haben zum Beispiel im Herren-Fußball-Nationalteam David Alaba, der in Österreich geboren ist. Oder in der Präsentation hat beispielsweise einer der Studierenden einen Text von Dimitre Dinev vorgetragen, der nicht in Österreich geboren aber ein österreichischer Schriftsteller ist, der auf Deutsch schreibt.
Unterwegs oder auf der Straße ist es hingegen viel einfacher. Afghanistan liegt neben Usbekistan, beide gehören zu Zentralasien. Vom Aussehen her gibt es viele Ähnlichkeiten, auch was die Esskultur betrifft. Speisen, die wir hier gegessen haben, haben mich an meine alte Heimat und Kindheit erinnert. Auch die Gastfreundlichkeit der Menschen ist ähnlich. Die meisten glauben, ich sei ein Usbeke. Hier werde ich nicht als Tourist oder Ausländer wahrgenommen, was in Österreich schon noch oft der Fall ist – egal wie gut ich integriert bin.

KiJuKU: Dabei warst du jetzt hier drei Monate lang ein Botschafter für Österreich, vor allem seine Kunst und Kultur und die Sprache – auch mit seinen Unterschieden zwischen Deutsch-Deutsch und Österreichisch-Deutsch.
Zaker Soltani: Auch wenn ich mich als Teil der österreichischen Gesellschaft fühle, können noch immer viele das in meiner zweiten Heimat nicht oder noch nicht annehmen. Aber hier kann ich das auch fühlen, dass ich ein Vermittler von Sprache und Kultur Österreichs bin. Mit diesem Projekt und dem Kurs habe auch den Eindruck, dass es gelungen ist, einen positiven oder überhaupt einen Beitrag zu leisten, dass Studierende etwas von Österreich wissen und erfahren.

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