Theater der Jugend eröffnete Rumpf-Saison mit Adaptierungen alter, bekannter Romane und Stoffe.
Mit zwei hauseigenen Zeitreise-Adaptierungen klassischer Roman startete das Wiener Theater der Jugend seine Nach-Corona-Rumpfsaison sowohl für Jugendliche als auch für Kinder – und Erwachsene.
Der junge britische Regisseur Jethro Compton, der schon einige Jahre regelmäßig fürs Theater der Jugend klassische Stoffe bearbeitet, hat H.G. Wells‘ „Krieg der Welten“ ins hier und heute übertragen. Der brutale Angriff der Marsianer wollte im Kern schon seinerzeit (veröffentlicht am Ende des 19. Jahrhunderts) die Erde vor der Zerstörung durch Menschen retten. Diese Facette wird in der aktuellen Inszenierung noch verstärkt. Das Trio jugendlicher Mädchen, das Compton (Deutsch von Birgit Kovacsevich) den männlichen Ich-Erzähler bei Wells ersetzt, überlebt auf der Flucht letztlich nur dadurch, dass sie Orchideen bei sich tragen – davor schrecken die Angreifer zurück.
Zweites Überlebens-Elixier von Amira (Soffi Povo), Julia (Johanna Hainz) und Laura (Maria Astl) ist ihr Zusammenhalt. Nur gemeinsam schaffen sie’s. Dabei war ihre Ausgangs-Situation genau das Gegenteil. Laura riss Amira das Tuch vom Kopf. Julia als Möchtegern-Vermittlerin fühlte sich immer und überall als die moralisch Überlegene.
Diese Inszenierung ist rundum gelungen: Vom Setting, in dem die Aktualisierungen inklusive Erinnerungen Amiras an ihre eigene Flucht aus Syrien sich organisch in die Geschichte einfügen, über das Schauspiel (auch in den Nebenrollen: Enrico Riethmüller, Valentin Späth und Uwe Achilles) die Laubblätter-Bühne (Diana Zimmermann), Kostüme (Andrea Bernd) Licht (Lukas Kaltenbäck) und Musik (Jonny Sims).
Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … durfte schon bei einer Probe-Aufführung das Schauspielerinnen-Trio und den Regisseur sowie den Dramaturgen interviewen. Zu diesen Berichten geht es hier unten:
Mark Twains Klassiker über die Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn sind in einer Bearbeitung samt Zeit- und Personen-Versetzung im größeren der beiden Häuser des Theaters der Jugend zu sehen. Regisseur Felix Metzner und Dramaturg Clemens Pötsch lassen die Geschichte rund 100 Jahre später, in den 1960ern spielen – für Kinder genauso weit weg wir für deren Eltern das Original-. Für Letztere, oder viel mehr die Großeltern Erinnerungen an die eigene Jugend: Elvis Presley, Wettlauf ins Weltall und Atomkraft.
Die noch viel größere – und von Kindern lichter nachvollziehbare Änderung: in Tom & Huck ist letztere Finnea, also ein Mädchen. Ein zwar durch väterliche Gewalt verletztes, aber auch eine sehr selbstständige Jugendliche (Victoria Hauser). Tom (Stefan Rosenthal) ist der Streiche spielende Lauser, der am ehesten dem original nahekommt. Denn auch die zugewanderte Tochter des neuen Sheriffs, Becky (Runa Schymanski) erfährt eine kräftige Wandlung. Sie bringt aus der Stadt die in den 1960ern aufkommende Bürgerrechtsbewegung mit, tritt gegen Diskriminierung und für Menschenrechte ein und auf.
Die Kriminalhandlung wegen deren Beobachtung das Trio untertauchen muss, ist in dem Fall der Mord des AKW-Bosses (Wolfgang Seidenberg), der die Abfälle illegal und gefährlich entsorgt, an einer Journalistin (Isabelle von Stauffenberg). Und zu guter Letzt müssen die drei Kinder noch die Welt vor einem fürchterlichen AKW-Unfall bewahren – mit Anklängen an Tschernobyl – das sich allerdings mehr als 20 Jahre später abspielte.
Das Spiel des Trios Tom/Huck/Becky überzeugt – vom Widerstand in der Schule gegen die Lehrerin, eine Protopypin schwarzer Pädagogik, über wechselnde Eifersüchteleien bis zum Zusammenraufen und dem Agieren als Team bei der Rettung der Welt.
Vielleicht wollte das Autorenduo ein wenig zu viel Themen in das Stück verpacken, auf der Strecke bleib dabei vielleicht die Arbeit an einigen Nebenfiguren, die zu klischiert – warum der Böse ein italienischer Mafioso sein muss/soll (?) daherkommen.
Berichte über einen Probenbesuch von KinderI Jugend I Kultur I und mehr … samt Interviews mit Finnea-Darstellerin Vicotria Hauses sowie den Autoren, die auch für Regie und Dramaturgie verantwortlich zeichnen, hier unten
nach H.G. Wells
von Jethro Compton
Deutsch von Birgit Kovacsevich
Amira: Soffi Povo (Schweighofer)
Julia: Johanna Hainz
Laura: Maria Astl
Adam: Enrico Riethmüller
Soldat: Valentin Späth
Botaniker: Uwe Achilles
in weiteren Rollen: Ensemble
Regie: Jethro Compton
Bühne: Diana Zimmermann
Kostüme: Andrea Bernd
Licht: Lukas Kaltenbäck
Musik: Jonny Sims
Dramaturgie: Sebastian von Lagiewski
Assistenz und Teilinspizienz: Charlotte Morschhausen
Teilinspizienz: Eva Maria Gsöllpointner
Hospitanz: Lisa Rodlauer
Bis 21. Juni 2021
Theater im Zentrum: 1010 Wien, Liliengasse 3
nach Mark Twain
von Clemens Pötsch und Felix Metzner
ca. 2 Stunden, ab 6 Jahren
Tom Sawyer: Stefan Rosenthal
Finnea Huckleberry, genannt „Huck“: Victoria Hauer
Becky Thatcher: Runa Schymanski
Tante Polly: Henriette Heine
Sheriff Thatcher: Jürgen Heigl
Joseph Nadini: Wolfgang Seidenberg
Muff Potter / Pfarrer: Frank Engelhardt
Miss Harper / Dorothy Robinson / Ingeneurin: Isabelle von Stauffenberg
Alfred Temple / Wachmann: Jasper Engelhardt
in weiteren Rollen: Ensemble
Regie: Felix Metzner
Bühne: Andreas Lungenschmid
Kostüme: Andrea Bernd
Licht: Lukas Kaltenbäck
Dramaturgie: Clemens Pötsch
Assistenz und Inspizienz: Simone Tomas
Hospitanz: Viktoria Klampfl
Aufführungsrechte: Theater der Jugend, Wien
Wann & wo?
Bis 27. Juni 2021
Renaissancetheater: 1070, Neubaugasse 36