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Die drei Hauptpreisträger:innen: Barbara Müller, David Tritscher und Christian(e) Kargl
Die drei Hauptpreisträger:innen: Barbara Müller, David Tritscher und Christian(e) Kargl
23.03.2023

„eine idee schleicht sich aus dem kopf und geht spazieren“…

Zum 16. Mal wurden die Literaturpreise „Ohrenschmaus“ für Menschen mit Schreibtalent und Lernbehinderung vergeben. Mehr als 100 Fotos, zwei Videos.

„Vor einigen jahren ist eine idee geboren. sie schleicht sich aus den kopf raus und geht spazieren… sie nannte sich: geisti. … geisti war immer in den köpfen der urwesen, die sich menschen nannten, und christian kargl eingesperrt gewesen. er wollte raus, frei sein und sich selbst verwirklichen. …“ Dies ist ein kurzer Auszug aus dem knappen, fantasievollen, schrägen Text mit einem Schuss Witz von Christian(e) Kargl. Er/sie wurde von der namhaften Jury, der unter anderem Felix Mitterer, Eva Nagl-Jancak, Heinz Janisch oder Barbara Rett angehören unter die aktuellen drei Hauptpreisträger:innen des Literaturpreises „Ohrenschmaus“ eingereiht – von 142 Autor:innen, die Beiträge eingereicht hatten.

Bei der 16. Preisverleihung gewannen weiters Barbara Müller und David Tritscher die mit je 1000 € dotierten anderen beiden Hauptpreise. Müller hatte ein berührendes Gedicht über den tod ihres Vaters eingereicht, den sie mit „Dann war ́s zu Ende./ Danke!/ Baba, Papa.“ beendete.

David Tritscher, der vor fünf Jahren zum ersten Mal einen der Hauptpreise gewann und damit zum jüngsten aller Preisträger:innen geworden war (da war er 17) hatte dieses Mal mit einem kritischen Text in Sachen Werkstätten gewonnen. „warum machen sie nicht mal was kreatives mit uns“, nannte er sein Gedicht, in dem er stupide Arbeiten beschreibt, zu denen Menschen mit Behinderungen herangezogen werden – überschrieben mit dem Titel „kreativwerkstatt“: „dann darf man doch diese werkstatt nicht kreativwerkstatt nennen, sondern werkstatt für dumme!/ es ist so traurig, was sie mit uns tun.“

Zu einem Interview mit David Tritscher geht es hier unten

Frieden

Seit vielen Jahren begleitet eine Doppelschokolade diesen Literaturpreis. Josef Zotter sucht zwei Schoko-Sorten aus und lässt die Papierschleife dieser Labooko mit Gedichten bedrucken. Der „Ohrenschmaus“-Verein gibt dazu ein Thema vor. Im Vorjahr hatte sich „Frieden“ aufgdrängt. Eines der drei Gedichte – jenes von Martin Kogler – hatte es am Poesie-Tag sogar in die ZIB2 geschafft – alle drei Texte, auch die von Agnes Zenz und Johanna Veith, finden sich hier auf dieser Homepage – im Bereich „Einfach“, weil die Autor:innen es schaffen, in einfacher oder leichter Sprache mitunter sehr Kompliziertes auf den Punkt zu bringen. Die Texte in voller Länge gibt es in einer Anthologie – siehe Info-Block am Ende des Artikels.

Ehrenliste

Auszüge aus den oben schon genannten Hauptpreis-Texten finden sich dort ebenso wie aus jenen elf Beiträgen, die es auf die Ehrenliste geschafft haben. Da spannt sich der Bogen von Lebensberichten, die nicht selten die Situation des Ausgegrenzt-Werdens, aber zum Glück auch das Gegenteil von Inklusion treffsicher beschreiben bis zu allgemeinen Betrachtungen mit persönlicher Not über Liebe, Zusammenleben, Sexualität, sterben und grundsätzliche Abhandlungen über „normal“ und „behindert“.

„Normal“?

So nannte Micha Zeiger seinen Text „Wer oder was ist normal?“ und startet mit den Fragen: „Warum werden Menschen, die anders sind, von vielen als „nicht normal“ bezeichnet? Kann „anders sein“ nicht auch „normal“ sein? Heißt „normal“ so viel wie „gleich“? Müssen alle Menschen gleich sein, sich gleich verhalten? Ist hier alles gleich? Wo und wie wir leben? Wo wir gerade sind?… Was macht Euch sicher, dass Ihr „normal“ seid? Was macht Euch sicher, dass Ihr „normal bleibt“?

Um – sicher nicht nur – seinen Wunsch so zu formulieren: „Wäre es nicht schön, wenn sich jeder Mensch, jede Pflanze und jedes Tier auf dieser Welt wohlfühlen und geborgen fühlen könnte und eine aufrichtige, wertschätzende und wohltuende Wärme untereinander herrscht?!“

„Behinderung“

Gitti Zettl beschreibt knapp aber treffend, was – nicht nur – ihr nicht selten passiert: „Wie mein Name ist, ist egal. Aber ich bin ein „Mensch mit einer Behinderung“, wie die Leute sagen.“

Schauspieler:innen und Tanz

Die Texte wurden auch bei dieser, der 16. Preisverleihung von einem prominenten Schauspiel-Duo teils theatralisch vorgetragen und damit noch mehr zum Leben erweckt; wie seit vielen Jahren wieder Chris Pichler und Gregor Seberg.

Und um eine weitere Kunstsparte in die Preisverleihung zu integrieren, gibt’s jährilich entweder musikalische oder tänzerische Beiträge. Diesmal berührten Sophie Waldstein und Alexander Stuchlick von den inklusiven Tanzstudios „Ich bin O.K.“ mit einer experimentellen Ballett-Aufführung von „Enamorado“. Die beiden hatten übrigens schon am Vormittag gemeinsam mit rund 60 ihrer Kolleg:innen das knapp mehr als eineinhalb-stündige Stück „Der Goldene Faden“ getanzt.

Initiator

„Ohrenschmaus“ 2023 wurde am Welttag der Poesie, dem 21. März (übrigens auch der Welt-Down-Syndrom-Tag) zum 16. Mal vergeben, diesmal im Raiffeisenhaus am Wiener Donaukanal. Ins Leben gerufen hatte ihn Franz-Joseph-Huainigg, aktuell im ORF u.a. für Inklusion zuständig und auch Initiator der Inklusiven Lehrredaktion, die unter Mithilfe vom Kinder-KURIER in diesem Medienhaus gegründet worden und dann hinausgekickt worden war, allerdings vom ORF übernommen wurde.

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Auszüge aus den Hauptpreis-Texten

Die drei Friedens-Gedichte für die Schoko-Schleife

Auszüge aus den elf Ehrenlisten-Texten

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Ohrenschmaus-Preisverleihung 2017 – > noch im KiKU

Ohrenschmaus-Preisverleihung -> noch im KiKu

Ohrenschmaus-Preisverleihung 2016 -> noch im KiKu

Ohrenschmaus-Preisverleihung 2015 – noch im KiKu

Ohrenschmaus-Preisverleihung 2014 – > noch im KiKu

INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Ohrenschmaus

Literatur von Menschen mit Schreibtalent und Lernschwierigkeiten
Schreibwerkstätten, Lesungen Literatur-Bootschaft
Literaturpreis seit 2007: Der Literaturpreis Ohrenschmaus ist mit insgesamt € 3.000,- dotiert und wird an drei Haupt-preisträger:innen verliehen. Zusätzlich werden herausragende Texte durch eine Nennung auf der Ehrenliste ausgezeichnet, sowie im Zuge des Schokopreises prämiert. Der Literaturpreis Ohrenschmaus wurde von Dr. Franz-Joseph Huainigg, der mit Elektroroll-stuhl und Beatmungsgerät lebt, initiiert und wird seit 2007 jährlich verliehen.

142 Autor:innen haben 2023 bei Ohrenschmaus eingereicht (zum 16. Mal). Die Jury setzt sich neben dem Schirmherren Felix Mitterer aus den Autor:innen und Kulturschaffenden Eva Nagl-Jancak, Heinz Janisch, Ludwig Laher, Günter Kaindlstorfer und Barbara Rett zusammen.

Nächste Runde: Für den nächsten „Ohrenschmaus“ können Texte vom 1. Juni bis 30. November 2023 eingereicht werden.

Buch-Infos

Wenn Ideen spazieren
Anthologie der ausgezeichneten Texte 2023 des Literaturpreises „Ohrenschmaus“
* Die Texte der drei Hauptpreisträger:innen sowie Auszüge aus den Begründungen der Juror:innen
* Die elf Texte der Autor:innen, die damit auf die Ehrenliste gekommen sind
* Die drei Friedensgedichte für die Papier-Schleife der Spezial-Schokoladen-Doppelpackung
56 Seiten
Selfpublishing Verlag Buchschmiede
10 €
buchschmiede -> Wenn-Ideen-spazieren

Wo is de Zeit hinkemma?
Die besten Texte des Literaturpreises „Ohrenschmaus“ 2017 bis 2022
90 Seiten
Verlag Bibliothek der Provinz
19 €
bibliothekderprovinz -> Wo is de Zeit hinkemma?

Zu zweit ist weniger allein
Die besten Texte des Literaturpreises „Ohrenschmaus“ 2012 bis 2016
140 Seiten
Verlag Bibliothek der Provinz
20 €
bibliothekderprovinz -> Zu zweit ist weniger allein