Eröffnung der 21. Kinderuni Wien; Schwerpunkt heuer – übergreifend an den sieben Hochschulen: Lehrveranstaltungen rund um Klima(schutz).
Um 10 Uhr soll’s endlich losgehen. Hunderte wissbegierige und lernfreudige Kinder – die meisten in den aktuellen dunkelblauen T-Shirts – warten schon, dass die Kinderuni 2023 startet. Gut ein Dutzend dieser Jung- und Jüngst-Studierenden halten das große orangefarbene Transparent mit der weißen Schrift; unter anderem dem Spruch, der nun im 21. Jahr an den beteiligten Hochschulen für Schmunzeln sorgt: „Wir stellen die uni auf den Kopf!“ Wobei das letztgenannte Wort tatsächlich sozusagen auf dem Kopf steht 😉
Nun kommt eine Herausforderung in der ersten Reihe hinzu: Ein rotes Band, das durschnitten werden soll, um den Start zu symbolisieren. Beim schon traditionellen Durchschneiden des Bandes helfen Lehrende sowie die Vizerektorin der Uni Wien ihren nunmehr für zwei Wochen jüngsten Student:innen.
Das ist für den Eröffnungsakt noch immer nicht alles. Denn einige der Fotograf:innen hätten jetzt noch gern, dass alle in einen Jubel ausbrechen und die Arme in die Höhe reißen. Womit dann natürlich das Transparent zu Boden sinkt. Aber es ist somit auch ein praktisches Lernen in Medienkunde – wie so manche Fotos inszeniert werden 😉
Weil sich ohnehin viele Kinder für Themen rund um Umwelt und Klima(schutz) interessieren, es das wohl weltweit brennendste (Zukunfts-)Thema ist, widmen sich mehr als ein Zehntel aller 317 Lehrveranstaltungen unterschiedlichsten Aspekten und Wissenschaftsdisziplinen Forschungsfragen dazu – markiert mit einem kleinen Windrad und dem Begriff „klimafit“. Dazu zählte auch die Auftakt-Vorlesung „Plastik überall!“
Die beiden Lehrenden Thilo Hofmann und Charlotte Henkel hatten zuvor einen Teil des Vortragstisches mit allerlei Zeugs vollgeräumt – von Turnschuhen über Spielzeug, einen Rad-Helm, einen Autoreifen und vieles mehr. Die beiden stellen so manche Schätzfrage an ihre Hörer:innen, die übrigens vom ersten Augenblick an – im Gegensatz zu so manchen erwachsenen Studierenden – voll aktiv mit dabei sind. Keine der Fragen vom Podium aus, wo nicht viele Arme in die Höhe schnellen. Umgekehrt kommen auch von den Kindern viele Fragen an die Vortragenden. Es ist eine sehr lebendige interaktive Vorlesung.
Nicht alles Plastik ist schlecht, erklärt Charlotte Henkel, die sich zu Zersetzung von Kunststoffen im Wasser forscht. Folien über Äcker beispielsweise bedeuten weniger Wasserverbrauch für die Bewässerung der Felder – und weniger Spritzmittel gegen Schädlinge.
Aber insgesamt und insbesondere im Meer – oder auch die fein zerstäubten Nano-Teilchen (noch kleiner als Mikroplastik) – richtet Plastik, das nicht biologisch abbaubar ist, viel Schaden an. Das wissen die meisten der Kinder schon vorher, aber so manche Fakten haben sie hier erfahren. Manche sind verblüffend: So gibt’s die höchste Konzentration von Plastik im Meer weder in den großen Müllinseln im Pazifik, auch nicht im Atlantik, sondern im Mittelmeer.
„Weil das ein wichtiges Thema ist, darum hab ich mir diese Vorlesung ausgesucht“, sagt die 8-jährige Leila nach der Lehrveranstaltung zu Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… und ergänzt auch noch, dass „ich drauf schau, nicht zu viel Plastik zu verwenden, das macht auch meine Familie. Wir kaufen zum Beispiel nur Äpfel, die nicht mit Plastik verpackt sind.“ Lisa-Marie findet’s „wichtig, weil zu viel Plastik der Umwelt schadet. Wir schauen darauf, dass wir Flaschen immer wieder mit Leitungswasser anfüllen.“
Die neunjährige Elena „fand es interessant zu wissen, wie viel Plastik überall auf der Welt verwendet wird. Wir schauen auch, dass wir Falschen immer wieder verwenden.“ Hatice (8): „Ich hab mir diese Vorlesung ausgesucht, weil ich mir gedacht habe, vielleicht wird das spannend. Und das war’s jetzt auch. Ich finde, dass wir alle viel mehr auf unsere Umwelt aufpassen und was tun müssen!“
Der von Hatice zuletzt genannte Aspekt war auch wichtiger Teil der beiden Vortragenden. In einer ihrer beiden Folien mit Pyramiden stand als Wichtigstes: „nutzen, was man hat“ als breites Fundament von nachhaltigem Konsum, gefolgt von „machen“ (womit gemeint ist, beispielsweise aus Kunststoffdingen neue, brauchbare Gegenstände basteln), dann tauschen, leihen, gebraucht und erst zuletzt (neu) kaufen.
Neben den Checker:innen in roten T-Shirts bevölkern viele Volunteers in gelben T-Shirts den Raum vor und in den Unis. Sie bringen die Kinder zu ihren Lehrveranstaltungen und wieder zurück. Bei Sammelpunkt halten sie Schilder mit den Titeln der jeweiligen Lehrveranstaltungen. Manche von ihnen waren schon als Kinder selbst Jung- und Jüngst-Studierende. Eine von ihnen ist Annamarie (17). Von KiJuKU gefragt, erinnert sie sich, „ziemlich viel an der MedUni besucht zu haben, Sachen vor denen ich mich gefürchtet habe, die aber doch lustig waren“. Da will der Journalist natürlich wissen, was die furchterregenden Dinge waren. „Naja, Blut, das kann ich auch heute noch nicht sehen, aber die Lehrveranstaltungen waren sehr spannend. Und ich hab auch viel mit Natur und Umwelt besucht.“ Sechs Jahre lang hat sie die Kinderuni besucht – womit sie vierfache „Magistra universitatis iuvenum“ multiplex ist.
Bei der Kinderuni-Sponsion nach den beiden Wochen werden die Titel Magister bzw. Magistra der Kinderuniversität verliehen. Wer zum zweiten Mal dabei ist, kriegt ein „zum Quadrat“ angehängt – was, darauf kannst du wetten, bei jeder der Sponsionen zu viel Lachen der erwachsenen Begleiter:innen führt. Und ab der dritten Kinderuni gibt’s eben den Zusatz „multiplex“.
Sie, die heuer maturiert hat, und ihre Kollegin, die in Niederösterreich eine berufsbildende Schule besucht, freuen sich nun bei ihrer freiwilligen Arbeit hier „so viele wissbegierige Kinder und das noch dazu in den Sommerferien begleiten zu dürfen“.
Zum 21. Mal öffnen Wiener Universitäten bzw. Hochschulen in den Sommerferien für insgesamt zwei Wochen ihre Hörsäle, Labore, Ateliers usw. für Kinder. Die Kinderuni Wien spielt sich an sieben Unis bzw. Hochschulen ab: Uni Wien, Medizinische, Technische, Veterinärmedizinische, Wirtschafts-Universität, Bodenkultur und FH Campus Wien.
An diesen bieten 515 Wissenschafter:innen 317 Lehrveranstaltungen an; 3.123 Kinder haben sich bzw. wurden angemeldet. Lehrveranstaltungen laufen in dieser, sowie der kommenden Woche, also der zweiten und dritten Woche der Sommerferien in Ost-Österreich.
Weil der Uni-Wien-Campus im sogenannten alten AKH (Allgemeines Krankenhaus) in Wien-Alsergrund für einen internationalen Kongress über Kleinstlebewesen vergeben wurde, spielen sich heuer alle Uni-Wien-Lehrveranstaltungen in der ehemaligen Wirtschaftsuniversität über dem Franz-Josephs-Bahnhof ab – gut erreichbar mit der U4 Spittelau, wo der Weg vom Ausgang Josef-Holaubek-Platz sehr gut mit Plakaten und gesprühten Wegweisern ausgeschildert ist.
Kinderuni Wien
Darüber hinaus läuft auch die kinderunikunst – schon seit der Vorwoche nun diese Woche, hauptsächlich an der Universität für Angewandte Kunst
… gibt es verschiedene Forschungscamps und Ferienprogramme – vom Ars Electronica Center in Linz bis zum Joanneum in Graz und viele mehr. Einen Überblick gibt es hier