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Sujetbild fürs Festival 2023

Suche nach (Aus-)Wegen im Labyrinth jugendlicher Gefühle

Drei große Säcke mit und für Gewand stehen auf dem Boden. Mona sortiert aus – beschriftet nach Müll, Spenden und in der Mitte Jasha. Als sie eine Jacke in Händen hält stutzt sie. Wohin damit. Anruf… „Lifejacket“ (Rettungsweste) war/ist einer der Filme, die am Eröffnungsabend der – mittlerweile 27. – Video- und Filmtage gezeigt wurden. 66 Filme – alle von Kindern und/oder Jugendlichen ausgedacht, gedreht und geschnitten/montiert – gehen bis einschließlich Sonntag im Wiener Urania-Kino über die Leinwand.

Filmgespräche, Vernetzung…

Das wienXtra-Medienzentrum organisiert dieses Festival, das nicht nur Leistungsschau, sondern mindestens genauso Diskussions- und Vernetzungsplattform ist. Denn die VFT zeichnen sich – seit Anbeginn dadurch aus, dass Profis aus der Filmbranche eine Live-Jury bilden, die im Kino – seit Jahren das Cinemagic Kinder- und Jugendkino – nach jedem Block einiger Filme Feedback gibt, das Publikum genauso Fragen, Anregungen und Kritik üben kann. Und es immer wieder dazu kommt, dass sich junge Filmschaffende vor Ort vernetzen und zu neuen Produktionsgemeinschaften zusammenfinden. Heuriges Festival-Sujet: Ein Labyrinth.

Rettungsweste

Zurück zur „Rettungsweste“ – anhand dieses Kleidungsstücks wird in knapp mehr als einer Viertelstunde die wechselvolle Beziehung der beiden Mädchen als Erinnerung Monas geschildert – auch mit unterschiedlichen Reaktionen erwachsener Verwandter darauf. Der Film ist Ergebnis eines Projekts im Medienkulturhaus Wels (Oberösterreich). In einem Workshop entstanden drei Drehbücher, jenes von Oliver Parsch wurde genommen – und in einem weiteren Workshop gefilmt, Robin Reininger führte Regie, Betül Karataş spielte Jasha, Barbara Rettig schlüpfte in die Rolle von Mona. Die vier Genannten waren auch nach Wien gereist. „Wir haben alle unsere eigenen Ideen eingebracht und konnten uns fix die Rollen selber aussuchen“, vertrauen sie – vor dem Screening – Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… an.

Übrigens, die Mona-Darstellerin Barbara Rettig ist auch Mitglied der Steuerungsgruppe Jugendlicher, die – neben der Junior-Festivalleitung (Leonie Wimmer & Brandon Viardo) Projektleiterin Marija Milovanović beratend zur Seite steht.

Musikvideos

Eröffnet wurde das diesjährige Festival der jungen und jüngsten Filmemacher:innen – außer Konkurrenz – vom Musikvideo „Kids N’Cats: Go“, das im Frühjahr bei einem speziellen Workshop für Musikvideos im wienXtra-Medienzentrum entstanden ist.

Wie dicht auch nicht einmal eine Minute sein kann, zeigte die „Video-Collage Wien“ aus Hunderten Fotos aus Wien, vor allem auf dem Weg von seiner Wohnung zur Schule des 14-jährigen Leonhard Kofler.

Top-Star sehr persönlich

Ein Stammgast der Video- und Filmtage, Alex Lazarov, der seit rund einem Jahrzehnt jedes Jahr (mindestens) mit einem Film beim Festival vertreten war, konnte aufgrund des Alterslimits (22 Jahre) zum letzten Mal eine Arbeit zeigen (mit Clemens Hillinger und Moritz Löwy) Und was für eine: „Straight Outta Vienna“ ist eine sehr dichte, intensive Doku über Dejan Nikolić, vielen besser bekannt a.k.a. Nik Dean. Dieser junge Wiener Musikproduzent hat es mit seinen Beats für weltberühmte Rapper bis an die Spitze der US-Charts geschafft – aus seinem zum Studio umgebauten Zimmer in einem Gemeindebau. Die nicht ganz zehn Minuten zeigen einen Star abseits aller Klischees und nicht zuletzt seine Verletzlichkeit. Was für ihn gilt – „ich bin Teil der Musik und Musik ist Teil von mir“ – prägt auch den jungen Filmemacher, der mittlerweile als Selbstständiger mit eigener Videoproduktion arbeitet.

Als er via Instagram den Nik Dean angeschrieben hat war der, wie er im Filmgespräch im Kino sagte, „anfangs skeptisch. Dann hab ich mir angeschaut, was der so gemacht hat, das hat mich überzeugt“. In einem intensiven 15-Stunden-Drehtag entstand das Material, das Lazarov dann sehr rhythmisch passend zu den Beats geschnitten/montiert hat.

Mental Health

Mental Health, psychische Verfassung, Auseinandersetzung damit – das sind befeuert durch die Pandemie sehr wichtige Themen, mit denen sich viele Jugendliche auseinandersetzen. Sehr intensiv, persönlich, filmisch spannend und mit dem einen oder anderen Schuss Humor ist dies Tilo Schott in „Downplaying“ gelungen – eine totale Ein-Personen-Produktion: Dreh, Schauspiel, Schnitt, Musik alles aus einer Hand.

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Screenshot der Homepage zu den Video und Filmtagen 2023
Screenshot der Homepage zu den Video und Filmtagen 2023
Ballspiel nun von der Rückseite ;)

Kopf-Ball im wahrsten Sinn des Wortes

Efekan hält einen Fußball in Händen, spielt damit. Neben ihm auf der Couch in einem der Filmstudios des Medienzentrums von wienXtra sitzen Randy und Furkan. Vor ihnen steht eine Leinwand. Davor baut Udo, ein Mitarbeiter des Medienzentrums eine Kamera auf, daneben greift Regine vom Programm AFit Potenzial Jugend bei T.I.W. – Verein für Training, Integration & Weiterbildung – zum Handy und telefoniert mit Radmila. Die ist unterwegs, um einen leichten Ball zu kaufen, nachdem es – derzeit noch – keinen Wasserball in den umliegenden Geschäften gibt. In der Zwischenzeit kommt auch Olivera. „Ich schnupper heute nur und schau zu“, stellt sie sich vor und verrät, dass sie am liebsten in einer Hotelrezeption arbeiten würde.

Die Jugendlichen sind alle zwischen Schulabschluss und Suche nach ihren weiteren Bildungswegen. Randy wird eine weiterführende Schule für Tierpflege besuchen, die beiden anderen Jungs wollen Lehren im Bereich KFZ-Mechanik machen und Radmila würde lieber heute als morgen eine Lehrstelle als Bürokauffrau, vielleicht mit Buchhaltung, antreten. Neben Praktika in diversen Partnerfirmen des Vereins steht jedes Jahr für jene, die das wollen, auch die Produktion von (Trick-)Filmen im Medienzentrum auf dem Programm. Hier dreht es sich darum, die kreativen Potenziale ins Zentrum zu rücken.

Ideen-Findung

Für jenen Film, bei dessen Entstehung Kinder I Jugend I Kultur I und mehr… zuschauen und fotografieren darf, haben sich die genannten Jugendlichen eine Geschichte mit einem Ball ausgedacht. Grundsätzlich. Noch ist nicht (ganz) klar, was mit dem Ball wirklich passieren soll. Im Zimmer neben dem Studio, sozusagen dem Regie- und Ton-Raum, sitzen alle im Kreis, Ideen werden einge- und wieder verworfen. Bis eine sich verfestigt. Randy und Efekan schupfen den Ball hin und her. Irgendwann trifft der Ball auf Efakans Kopf. Der fliegt weg – der Kopf, nicht der Ball wohlgemerkt. Landet in Randys Händen. Die Idee mit „la lü la lü“ und Rettung wird gleich wieder beiseite geschoben. Nein, der Kopf wird wieder zurückgeworfen, landet auf Efekans Hals. Ende gut, alles gut! Nur mit Verblüffung, Erstaunen.

Umsetzung

Gesagt – nun geht’s um die Umsetzung in die Tat. Udo holt Kartons, Stifte und Messer, klebt den Karton an die Rückseite der Leinwand. Efekan stellt sich davor, Olivera und Regine zeichnen die Umrisse des Schattens, den sein Kopf auf den Karton wirft, nach und schneiden den Papier-Kopf danach aus. Udo, Furkan und Efekan kleben eine durchsichtige Anglerschnur an eine lange ausziehbare Teleskopstange und an den anderen Enden den Ball. Das Gleiche passiert mit dem ausgeschnittenen Karton-Profil.

Nun stellen sich Randy und Efekan hinter die Leinwand, das Saal-Licht wird ab- und dafür eine starke Lichtquelle hinter der Leinwand aufgedreht. Furkan und Regine halten an den Stange Ball bzw. Kopf. Udo gibt Tipps – auch für die eine oder andere Wiederholung mit Varianten. Vor der Leinwand nimmt Radmila hinter der Kamera Platz. Klick, klick, klick. Die ausgedachte und beschriebene Szene wird gespielt. Die Schatten fotografiert.

Vertonung

Eine halbe Stunde und 300 Fotos später sitzen alle im Regie-Raum, schauen einige der Bilder an – und überlegen gemeinsam, welche Geräusche und/oder Ausrufe zu welcher der Szenen passen würden. Mehr oder weniger mutig, stellen sich die Jugendlichen ans Mikro, um die Vertonung des Trickfilms vorzunehmen. Noch bleibt einiges zu tun, bevor der Trickfilm geschnitten werden kann – das steht beim nächsten Nachmittagstermin im Medienzentrum auf dem Programm. Einige der jährlich hier von diesen Jugendlichen gestalteten Filme werden übrigens für die Video- und Filmtage, die das Medienzentrum seit mehr als zwei Jahrzehnten ausrichtet – Einreichungen für Kinder und Jugendliche (bis 22 Jahre) bis zum 28. August; Festival 5. bis 9. Oktober 2023) gezeigt, andere im Sommer auf ORF III im Format „Kunstraum – Kurzfilmbühne für benachteiligte Jugendliche“ ausgestrahlt.

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