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Fatima Sajad bei ihrer Rede

„Lernt, jeden Moment zu schätzen, den wir mit denen verbringen, die wir lieben, bevor es zu spät ist“

Ich kenne nicht viele starke Menschen, aber eine Person, die ich sehr gut kenne, ist meine Mutter. Sie hatte und hat noch immer viele Schwierigkeiten im Leben, aber sie hat nie aufgehört zu lächeln.

Wer ist eine Mutter? Eine Mutter ist jemand, die dir alles gibt selbst dann, wenn sie selbst nichts hat. Sie ist diejenige, die dich nie im Stich lässt, die immer wieder die Kraft findet, dich zu lieben, dich großzuziehen, dir alles zu geben, um dich glücklich zu machen ohne jemals etwas im Gegenzug zu verlangen.

Fatima Sajad bei ihrer Rede
Fatima Sajad bei ihrer Rede

Meine Mutter, Nafisa, hat all das für mich und meine Familie getan von ganzem Herzen. Im Jahr 2014, als ich sieben Jahre alt war, veränderte sich mein Leben plötzlich. Es schien ein ganz normaler Tag zu sein, als Papa meine Schwester und mich von der Schule abholte. Zu Hause fanden wir meine Mutter auf dem Boden liegend. Sie zitterte, Speichel lief aus ihrem Mund, ihr Kiefer war verdreht, und sie konnte nicht sprechen. Ich verstand nicht, was gerade geschah. Papa rief sofort einen Krankenwagen. Wir erfuhren, dass sie einen Schlaganfall hatte.

Einige Monate später kam sie nach Hause, aber sie war nicht mehr dieselbe. Sie brauchte Medikamente, musste regelmäßig zum Arzt. Und trotzdem hörte sie nie auf zu lächeln. Und nie auf, uns zum Lächeln zu bringen.

2016 wurde mein Bruder geboren. Nur zwei Monate später erlitt meine Mutter einen weiteren, schwereren Schlaganfall. Diesmal war ihre linke Körperhälfte gelähmt.

Insert zu Fatima Sajads Rede
Insert zu Fatima Sajads Rede

Ich war nur neun Jahre alt und ich spürte, dass ich meinem Vater helfen musste. Ich übernahm den Haushalt, kümmerte mich um meinen kleinen Bruder und versuchte, meiner Schwester Halt zu geben. Es war nicht leicht ich lebte ständig mit der Angst, meine Mutter zu verlieren.

Ich fragte mich oft: Warum ich? Warum musste ich so früh erwachsen werden? Aber all diese Erfahrungen haben meine Sichtweise verändert.

Mein Name ist Fatima Sajad, ich bin 17 Jahre alt, und ich habe Ihnen heute meine Geschichte erzählt nicht, um Mitleid zu erregen, sondern um eine wichtige Lektion zu vermitteln: Das Leben kann sich in einem einzigen Moment verändern. Deshalb müssen wir jeden Moment unsere Liebsten schätzen.

Fatima Sajad bei ihrer Rede
Fatima Sajad bei ihrer Rede

Mein Traum?
Mein Traum ist es, in einer Welt zu leben, in der Eltern mehr Respekt und Liebe bekommen. Es macht mich traurig zu sehen, wie viele Menschen ihre Eltern vernachlässigen. Sie sind abgelenkt durch Handys, Schule, Arbeit und vergessen dabei, wie wichtig es ist, Zeit mit ihnen zu verbringen.

Ich spreche nicht davon, den ganzen Tag zusammen zu verbringen, aber wir können uns doch wenigstens zwei Stunden Zeit nehmen für die Menschen, die uns alles gegeben haben, und das, ohne je etwas zurück zu verlangen.

Ein Spaziergang, ein gemeinsamer Film, zusammen Abendessen oder einfach erzählen, wie der Tag war, das reicht oft schon.

Fatima Sajad bei ihrer Rede
Fatima Sajad bei ihrer Rede

Ich hatte oft Angst, meine Mutter zu verlieren. Und jedes Mal wurde diese Angst schlimmer. Diese Leere, dieser Gedanke, sie vielleicht nie wiederzusehen, nie wieder ihre Stimme zu hören oder ihre Umarmung zu spüren.

Ich glaube, wir haben nicht unbedingt Angst vor dem Tod selbst sondern vielmehr davor, diejenigen zu verlieren, die wir lieben: Mutter, Vater, Schwester, Bruder, Freund, Großeltern, Partner.

Fatima Sajad bei ihrer Rede
Fatima Sajad bei ihrer Rede

Warten wir nicht, bis es zu spät ist. Wir sollten nicht zögern, uns zu entschuldigen oder zu sagen: „Ich liebe dich“. Denn eines Tages könnte dieser Mensch nicht mehr da sein.

Am Ende frage ich mich: Wie wichtig sind unsere Eltern oder die Zeit mit den Menschen, die wir lieben? Wie viel geben wir ihnen wirklich zurück?
Es gibt Menschen, die würden alles dafür geben, auch nur eine Stunde mehr mit ihrer Mutter oder ihrem Vater oder einem anderen geliebten Menschen verbringen zu dürfen. Wir wissen nicht, was morgen passiert. Also bitte: Lernt, jeden Moment zu schätzen, den wir mit denen verbringen, die wir lieben, bevor es zu spät ist.

Denn keiner von uns ist für immer da.

Jugendliche melden sich mit Fragen an die ORF-TikTokerin

Live-Interview-Training mit ORF-TikTok-Star

Volkshalle im Wiener Rathaus, ein Ort für viel Veranstaltungen – nicht selten auch „nur“ Back-Stage für Künstler:innen, die ihre Auftritte auf der Bühne im gleich angrenzenden Arkadenhof haben. In den Sommerferien – meist in der vorletzten Woche gegen Ende August – gehört die Halle und der Hof Kindern für ihre eigene Stadt. Bei „Rein ins Rathaus“ üben sie alle Jobs aus, verdienen dabei Holli Cent, die hier gültige Währung, wählen täglich ihre eigene Regierung, stimmen über Gesetzesvorschläge ab – UND produzieren ihre eigenen Medien – vom Stadt-TV bis zur Tageszeitung.

Und hier schließt sich der Bogen zu einem Event knapp vor den Osterferien. Da gehörte ein Gutteil dieser Halle mehr als 200 Oberstufen-Schüler:innen aus dem privaten Gymnasium Sacre Coeur (Wien-Landstraße), in ihrer Funktion als Teilnehmer:innen der campus.a-Journalismus-Akademie.

Fakten statt Fake

campus a – sicher nicht ganz zufällig Namens-Ähnlichkeit mit der Edition, die ebenfalls „nur“ den ersten Buchstaben unseres Alphabets trägt – will einerseits Plattform für seriöse journalistische Beiträge sein; inspiriert vom legendären, jahrzehntelangen Journalisten Hugo Portisch (1929 – 2021). Und andererseits sollen über die genannte Akademie Jugendliche in Schulen Zugang zu diesem mittlerweile heftig umkämpften Gebiet gewinnen können.

Der aktuelle US-Präsident schleuderte schon in seiner ersten Amtszeit seriösen Medien wie CNN und anderen immer wieder „Fake News“ an den Kopf, sperrt nun in seiner neuen Machthaberschaft ernsthafte Medien aus seinen Medienterminen aus. Gleichzeitig geben sich (parteipolitische) eindeutige Propaganda-Kanäle als journalistische Medien aus, wollen dafür einschlägige Förderung, ein Politiker bezeichnete kürzlich ein österreichisches Qualitätsmedium als Sch… blatt verbunden mit der Drohung, die Medienförderung dafür einzustellen, wenn seine Partei an der Macht ist.

Mehrere Workshop-Anbieter

Fakten-Check, sorgfältiges Recherchieren, Fairness, Respekt, Wahrheit, sozusagen Fakten statt Fake, Trennung von Bericht und Kommentar… – das will die Akademie Schüler:innen vermitteln – durch professionelle Journalist:innen. Etwas, das übrigens auch die in mehreren U-Ländern arbeitende Initiative Lie Detectors mit Kurz-Workshops von Journalist:innen in möglichst vielen Schulen oder die ebenfalls EU-vernetzte Initiative Safer Internet, der Fake-Hunters-Tour des ISTA (Institute of Science and Technology Austria, Exzellenz-Uni Klosterneuburg) und nicht zuletzt die Demokratie-Werkstatt des Parlaments seit vielen Jahren machen.

Praxis-Lecture

Die campus a Akademie ist derzeit in sieben Schulen Wiens, Nieder- und Oberösterreichs am Werk. Mit der Veranstaltung in der Volkshalle des Wiener Rathauses war nicht nur die Präsentation in einer größeren Öffentlichkeit verbunden, sondern auch eine Praxis-Lecture. ORF-Redakteurin Ambra Schuster, die Nachrichten und Themen auf  TikTok für diesen Kanal artgerecht aufbereitet und damit jüngere Menschen mit seriösen Infos dort versorgt, wo sie „zu Hause“ sind, stellte sich – moderiert von campus a-Chefredakteurin Lara Wagner – Fragen von Schüler:inne. Anschließend gab sie Praxisbeispiele für gelungene Interviews mit drei der Jugendlichen, die sich gemeldet hatten. Auf der Bühne fanden nicht nur die Live-Interviews statt, sondern wurden auch die Vorgespräche dafür öffentlich – weil die überwiegende Mehrheit der Anwesenden das so wollte – für alle hör- und sichtbar.

Schachspieler

So war zu erfahren, dass der 17-jährige Leonhard gerne Sport betreibt, am allerliebsten Schach. Die Schule hat bei ihm „nicht so einen hohen Stellenwert“. In jenen Fächern, die ihn interessieren, sei er super gut, in die anderen stecke er ein bisschen Arbeit rein.
Seinen Bruder (14)  und ihn „unterscheide sehr viel, er ist sehr gut in Programmieren und Sprachen“.

Physik, Astronomie, Kunst

Leila (17) brennt leidenschaftlich für Naturwissenschaften, vor allem Physik und Astronomie, beschäftigt sich aber auch viel mit Kunst, malt und schreibt. Seit gut zehn Jahre wisse sie, dass sie erst Physik im Bachelor studieren wolle, um ein Masterstudium in Astronomie anzuschließen. Am liebsten würde sie danach in die Forschung gehen.
Derzeit aber zentriere sich alles um die Schule, „ich bin in der 8. Klasse und maturiere. Es geht nicht nur ums Durchkommen, sondern um gute Noten“.

Sie haben ein großes Zuhause – „mit neun Geschwistern und Eltern und wir verstehen uns alle sehr gut“.

Sport, Sprachen, Schreiben

Mit Elena hatte sich auch eine deutlich Jüngere für die Live-Interviews auf der Bühne gemeldet. Sie betreibe gerne Sport, ist an Sprachen interessiert – Englisch, Deutsch, Spanisch und schreibt gerne eigene Texte.

Im Gegensatz zu den beiden Mitschüler:innen davor ist sie Einzelkind, „auch sonst hab ich nicht wirklich eine große Familie“ Sie lebt „mit Eltern und einer Katze in einer Wohnung“.

kijuku_heinz

Screenshot der Homepage der Lie-Detectors
Screenshot der Homepage der Lie-Detectors

lie-detectors.org

Screenshot von der Safer-Internet-Homepage mit Angeboten für Jugendliche
Screenshot von der Safer-Internet-Homepage mit Angeboten für Jugendliche

saferinternet.at

Screenshot von der campus-a-Website mit Beiträgen von Schüler:innen
Screenshot von der campus-a-Website mit Beiträgen von Schüler:innen

campus-a.at

Screenshot der Parlaments-Website zur Demokratie-Werkstatt
Screenshot der Parlaments-Website zur Demokratie-Werkstatt

demokratiewebstatt -> demokratiewerkstatt

Thomas-Johanna Hauck bei seiner KiJuBu-Lesung im Foyer des ORF-Landesstudios NÖ im St. Pöltner Kulturbezirk

Mut machen fürs Anders-Sein

Was sein längstes Buch sei, wollte ein Schüler nach der Lesung von Thomas-Johanna Hauck wissen. Der hatte zuvor nicht nur Auszüge, sondern gleich das ganze Bilderbuch „Ich schenk dir ein A“ im Foyer des ORF-Landesstudios beim St. Pöltner KiJuBu (Kinder- und Jugendbuch-Festival) vorgetragen – Buchbesprechung hier unten verlinkt.

„Ungefähr 7 Meter und ein paar Zerquetschte“, antwortete Hauck. „Das war so ein Leporello, das wie eine Ziehharmonika gefaltet war. „Wenn du aber vielleicht meist, was das dickste Buch war, dann so 600 bis 700 Seiten – das ist das Drehbuch für einen Spielfilm, der gerade gedreht wird – in Tirol, auch in Südtirol (Italien). Der Film dreht sich um einen Geräuschesammler – von unerhörten Geräuschen (Buch: Graf Wenzelslaus, der Geräuschesammler, Bibliothek der Provinz).“

Verschiedene beliebteste Bücher

Die Frage nach dem beliebtesten Buch beantwortete der Autor, der auch Maler ist, als Schauspieler, Tänzer und im Zirkus aufgetreten ist und mehrere Filme gedreht hat, mehrfach: Am meisten verkauft sich „Die Sommersprosse“ (Bibliothek der Provinz), das immer wieder neue Auflagen hat. Aber er selbst hat immer sein jeweils jüngstes, aktuelles Buch am liebsten.

Sein allererstes war „Platschi, der Regentropfen“. Er sei ein Geschichtenerzähler. „Wenn mir wer zwei Wörter gibt, dann beginne ich sofort allen möglichen Sinn und Unsinn darüber und daraus zu erzählen“, verrät er selbstironisch den Schüler:innen. Und von Platschi habe er in jungen Jahren oft erzählt. Zu seinem 27. Geburtstag haben ihm Freunde ein Bilderbuch geschenkt. „Sie haben mich bei Erzählen aufgenommen und das abgeschrieben und dazu Zeichnungen gemacht. Und sie haben mir aufgetragen, ich müsse damit in die nahe gelegene Schule gehen und das vorlesen. Hätten die das nicht gemacht, vielleicht wäre ich nie Autor geworden.“

Persönliches

So wie das Buch rund um AdrianA haben auch viele andere seiner Geschichten viel mit ihm und persönlichen Erlebnissen zu tun. Und irgendwie schwingt immer mit: Mut, selber, auch anders als die meisten, zu sein bzw. sein zu dürfen!

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Foto aus der neuen ORF-Serie "Demokratino"

Demokratie (nicht nur) für Kinder erklärt

Während ein derzeit häufig gesendeter Werbespot auf allen Kanälen bösartige Streitereien zwischen Vertreter:innen politischer Parteien als „Kindergarten“ scheinbar lustig zeigen will, versuchen einige Programme im ORF-Kinderfernsehen sachlich und doch spannend zu erklären, wie wichtig Wahlen und Demokratie sind.

Beginnend mit Montag, 23. September erklären fünf ZiB Zack Mini-Spezialausgaben vor der Nationalratswahl am Sonntag (29. September 2024) vieles dazu. Zwei Tage später startet eine zehnteilige fiktive Serie mit Schauspiel und Animationsfiguren namens „Demokratino“, einem vorerst unbekannten Land, in das die drei Kinder-Protagonist:innen während eines Besuches im österreichischen Parlament gebeten werden.

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… durfte die erste Folge vorab sehen – und aus dieser hier schildern, sowie den Erfinder derselben, Thomas Brezina, per eMail einige Fragen stellen – dieses Interview in einem eigenen Beitrag – unten verlinkt.

Foto aus der neuen ORF-Serie
Fotos aus der TV-Serie „Demokratino“: Doro (Nora Riedl), Niko (Sam Göll) und Leopold (Matteo Haudeck) nehmen dich mit auf eine Entdeckungsreise durch das Parlament an der Wiener Ringstraße

Abenteuer

Zunächst sind Doro, Leopold und Niko mehr als unzufrieden. In ihrer Schulklasse hat die Lehrerin die Kinder in verschiedene Exkursions-Gruppen eingeteilt. Neben Team Tiergarten und Team Kanal gibt’s auch eine Spezialtour im Parlament. Die haben diese drei zugeteilt bekommen. Das stellen sie sich viel weniger abenteuerlich vor als das was ihre Kolleg:innen erkunden dürfen.

Natürlich kommt dann alles ganz anders. Aber mit diesem Trick startet die zehnteilige Serie im ORF-Kinder-Fernsehen. Mastermind hinter der Serie namens „Demokratino“ ist wie schon erwähnt der bekannte Autor, TV-Format-Erfinder und Ausdenker diverser Erlebniswelten Thomas Brezina. Für die drei Kinder, die durch die Geschichte führen, hat er drei unterschiedliche Rollen geschrieben. Doro (Nora Riedl) fotografiert alles – digital klarerweise. Ihr Kollege Leopold (Matteo Haudeck) schreibt die Notizen auf ein großes Tablet und Niko (Sam Göll) ist der Verträumte, der immer wieder da und dort stehen bleibt, sich Objekte in dem historischen Gebäude genauer anschaut. Und auf einmal etwas von einer bläulich schimmernden Lichtkugel erzählt. Die die anderen – natürlich – nicht sehen, du aber als Zuschauerin oder Zuschauer siehst sie sehr wohl 😉

Foto aus der neuen ORF-Serie
Foto aus der TV-Serie „Demokratino“: Magdalena Bönisch und Christian Dobler als Gurides durch das „Hohe Haus“, wie das Parlament in Wien oft auch genannt wird

Retter:innen gesucht!

Plötzlich beginnt’s aus der Kugel zu sprechen – eine animierte Zeichentrickfigur namens Max, die von ihren Kleidungsfarben ein wenig an Pinocchio erinnert -, versucht das Trio zu sich nach „Demokratino“ zu holen. Und so rasen sie wie durch eine Röhren-Rutsche in diese Welt.

Sie müssten dieses – für alle vorerst unbekannte – Land vor dem bösen Diktatos retten…

Einige dafür notwendige Informationen über das Parlament als Sitz der Demokratie in Österreich haben sie schon von den beiden Guides, gespielt von Magdalena Bönisch und Christian Dobler, erfahren. Andere werden sie in „Demokratino“ in den weiteren Folgen ausspielen können – die in Form von Rückblenden auch den Zuschauer:innen vermittelt werden – über Gesetze, Wahlen, politisch Parteien, Regierung, Abgeordnete, Opposition oder Steuern…

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Zum eMailigen Interview mit Thomas Brezina über „Demokratino“ geht es hier unten.

Foto aus der neuen ORF-Serie
Fotos aus der TV-Serie „Demokratino“: Leopold (Matteo Haudeck), Doro (Nora Riedl) und Niko (Sam Göll) sitzen auf den Stufen vor dem Parlamentsgebäude an der Wiener Ringstraße
Bildmontage aus einem Foto von Thomas Brezina bei der Vorstellung seines gereimten Buches über die Erde im Festsall der Universität Wien sowie einer Animation zur Serie "Demokratino"und das Logo dieser TV-Serie

„TV-Serie soll Demokratie erlebbar machen“

KiJuKU: Ging die Initiative zu Demokratino von dir aus oder wurdest du vom Parlament gefragt, dir etwas zum Thema einfallen zu lassen?
Thomas Brezina: Demokratino ist eine Geschichte, die ich schon vor vielen Jahren erfunden habe. Mir geht es darum, das Thema Demokratie auf eine Weise zu schildern und zu erklären, die nicht belehrend ist, sondern Demokratie erlebbar macht

KiJuKU: Wie bist du auf die Idee der „Entführung“ gekommen?
Thomas Brezina: Aus diesem Grund werden die drei Hauptpersonen in die Welt von Demokratino versetzt, wo ein Diktator versucht die Macht an sich zu reißen und sie ihre Erfahrungen von einem Besuch des Parlaments nun in diesem Land umsetzen müssen, damit es eine Demokratie bekommt und nicht Dikataturia wird. Ich freue mich, dass Demokratino jetzt auch auf den Bildschirm kommt.

KiJuKU: Wird ausgehend vom Konzipieren dieser Serie auch etwas in Buch-Form erscheinen?
Thomas Brezina: Dazu habe ich schon vor rund zehn Jahren ein Buch gemacht, es gibt aktuell Überlegungen, dass wir begleitend Demokratino auch in Buchform wieder zurückbringen – aber mehr kann ich dazu noch nicht sagen.

Einschub: Peinlich, gestehe als Journalist von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… – und davor eben schon beim Kinder-KURIER – habe ich dies offenkundig versäumt – und auf Nachfrage beim Management erfahren, dass dies auch nicht mehr verfügbar ist ;(

KiJuKU: Das Parlament hat seit mehr als 15 Jahren die Demokratie-Werkstatt – hast du mit diesen Workshops bei der Arbeit an „Demokratino“ Kontakt gehabt, Erfahrungen ausgetauscht?
Thomas Brezina: Die Zusammenarbeit mit dem Parlament war großartig. In der Vergangenheit habe ich persönlich schon mehrere Videos zu verschiedenen Themen für das Informationsbüro auf Social Media gemacht.

KiJuKU: Kommen in den Folgen demokratische Möglichkeiten direkt für Kinder vor – von Klassen- über Schulsprecher:innen, Mitbestimmungsmöglichkeiten in Gemeinden und Städten wie Kinder- und Jugend-Million in Wien …?
Thomas Brezina: In diesem Jahr habe ich die Drehbücher für eine TV-Fassung geschrieben. Im Sommer wurde im Parlament und im Studio gedreht. Derzeit werden die Folgen fertiggestellt, die eine Menge Aufwand an Animation haben, da die Demokratino-Welt gezeichnet ist, die drei Hauptdarsteller aber real. Die TV-Serie soll für alle eine Möglichkeit sein, das Thema Demokratie zu erleben und zu erfassen. Daraus ergeben sich viele Möglichkeiten und ich sehe es als Aufgabe von Schulen etc. darauf aufbauend mit Schülerinnen und Schülern zu erarbeiten, was alles im eigenen Umfeld in die Tat umgesetzt werden kann.

Da das Interview nicht live – weder telefonisch noch online-video-mäßig möglich war, weil der Autor derzeit in London weilt, und dort viel am Schreiben ist, sondern es nur möglich war, Fragen per eMail über das Management zu übermitteln und auf diesem Weg auch die Antworten kamen, konnte hier nicht nachgefragt werden, weil die letzte Antwort auf einen Teil der Frage nicht eingeht – und nicht alle Folgen zur Sichtung vorlagen/ vorliegen, sondern nur die allererste.
Im Folgenden undauch schon weiter oben übrigens einige Links zu Storys über Aktionen und Möglichkeiten, wo Kinder Demokratie wirklich selber (mit-)erleben können.

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Fotoschootings mit einigen der Preisträger:innen

Mehrsprachige Feier der Vielfalt im Wiener Rathaus

Ein vor allem sprachliches Fest der Vielfalt war auh diese 15. Preisverleihung des mehrsprachigen Redebewerbs „Sag’s Multi“. Schon die Moderatorin Ani Gülgün-Mayr, jahrzehntelange ORF-Moderatorin begrüßte vielsprachig. Das ging ihr als Mehrsprachlerin auch leichter über die Lippen als der Wiener Kultur- und Wissenschaftsstadträtin Veronica Kaup-Hasler, die sich aber immerhin Willkommensgrüße in mehreren Sprachen aufschreiben hatte lassen und sie bemüht ablas.

Sieben Champions

Die wahren Champions waren natürlich jene sieben Jugendlichen, die stellvertretende für die 168 Finalist:innen und die 35 Preisträger:innen daraus, gekürzte Versionen ihrer Finalreden vom Redepult im großen Festsaal des Wiener Rathauses hielten: Ukrainisch (Dymtro Muliar), Dari (eine der großen Sprachen Afghanistans, Sediqa Saeedi), Italienisch (Miriam Allegra Clari), Mandarin-Chinesisch (Zumin Jost), Brasilianisches Portugiesisch (Ana Maria Haas da Silva), Arabisch (Rawda Al Rawass) und Englisch (als erlernte Sprache, Zara Ağtaş); immer in Kombination mit Deutsch – dies ist eine Bedingung des Bewerbs; ihre Reden sind im schriftlichen Wortlaut auf KiJuKU nachzulesen – unten am Ende des Beitrages verlinkt.

Das neue Sag's Multi-Logo riesig eingeblendet
Das neue Sag’s Multi-Logo riesig eingeblendet

7000 Redner:innen, 91 Sprachen

Reden der Sag’s-Multi-Teilnehmer:innen sind meist aber nicht nur eine Art Redeübung, um die Kenntnisse der Sprachen unter Beweis zu stellen, sondern gedankliche und oft auch tief berührende und bewegende Erzählungen, Schilderungen und Statements. Die geben Einblicke in viele Kulturen – in den 15 Jahren des Bewerbs haben immerhin rund 7000 Jugendliche in 91 verschiedenen Sprachen Fenster zu für viele unbekannte Welten geöffnet. Teils mit Erlebnissen, die eigentlich keinem Kind oder Jugendlichen zugemutet werden sollten – Flucht vor lebensbedrohender Verfolgung etwa.

Künstlerische Auftritte

Hochrangig – und Leerstellen

Die Stadt Wien war mit drei Stadträt:innen (neben der schon Genannten noch Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr und der für Wirtschaft zuständige Peter Hanke) ebenso hochrangig vertreten wie der ORF, der den Bewerb seit 2020 hostet – Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz, Stiftungsrats-Vorsitzender Lothar Lockl, Hauptabteilungsleiter Pius Strobl – und Interessensvertretungen (Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderle, Wirtschaftskammer-Vizepräsidentin Carmen Goby, Industriellenvereinigungs-Bereichsleiterin Bildung & Gesellschaft Gudrun Feucht) sowie Unternehmen, die Sag’s Multi sponsern. Sie alle wissen um den Vorteil von Mehrsprachigkeit und sprachen sich auch für diese aus und gegen die oft noch vorhandene Abwertung derselben.

Hoppla, da hat doch was gefehlt

Der ORF habe vor vier Jahren mit der Übernahme des Bewerbs eigentlich erst so richtig gemerkt, dass dem öffentlich-rechtlichen Sender, der immer mit „für alle“ wirbt, die Vielfalt der Gesellschaft doch fehle. Über die eloquenten jugendlichen Redetalente wolle man unter anderem da auch diese Lücken zu schließen versuchen.

Video-Grußbotschaft des Bundespräsidenten, Alexander van der Bellen
Video-Grußbotschaft des Bundespräsidenten, Alexander van der Bellen

Höchstranging auch eine – fast schon traditionelle – sehr wertschätzende Video-Botschaft des Bundespräsidenten Alexander van der Bellen.

Wer fehlt(e): Für Integration zuständige Politiker:innen im Bund ebenso wie jene, die Mehrspachigkeit nicht als Wert schätzen!

Überraschung

Als die Preisverleihung schon zu Ende ging, kündigte die Moderatorin noch eine Überraschung an: Es gab eine der – neu gestalteten – Sag’s-Multi-Trophäe auch für einen Erwachsenen: Den Erfinder des Bewerbs, der auch in diesem Jahr den Vorsitz der Jury führte, alle Reden hörte und federführend jene sieben auswählte, die bei der Gala Kurzfassungen ihrer Finalreden halten konnten; Peter Wesely wird heuer 65, verabschiedet sich in die Pension. Etliche Alumni – vormalige Preisträger:innen – hatten Video-Botschaften aufgenommen, Pius Strobl hielt eine Würdigungsrede und er selbst musste spontan um Worte in einer Dankesrede ringen.

Follow@kiJuKUheinz

Schnappschüsse aus der und rund um die Sag’s-Multi-Gala 2024

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Gruppenfoto der (anwesenden) Preisträger:innen der ältesten Kategorie (11. bis 13. Schulstufe)

Preisträger:innen der Ältesten

Lassen Sie uns nicht in die Ignoranz verfallen, wo die Angst vor dem Anderen herrscht. Das 21. Jahrhundert, unser Jahrhundert, wird ein Jahrhundert der Vielfalt sein, oder es wird nicht sein.
Lernen wir, dass uns nichts und niemand fremd ist.“
Ferdinand Tschol, 16 Jahre; Lycée Francais de Vienne mit der erlernten Sprache Arabisch in Kombination mit Deutsch.

***

„Ich bin für jeden eine andere Person. Ärgerlich für den einen. Talentiert für den anderen. Ruhig für ein paar. Unbekannt für viele. Aber wer bin ich, für mich? Für mich selbst. Wer definiert, wer ich bin? Ich bin Europäer. Ich bin Weltbürger. Und wissen Sie, was wir zwei gemeinsam haben? Wir sind Menschen, ein wirres Konstrukt aus Gefühlen und Konflikten und diese Menschlichkeit, die kann uns keiner nehmen.“
Alejandro Dario Tomeniuc
, 17 Jahre; HTL Spengergasse (Wien), Spanisch (eine seiner Erstsprachen) und Deutsch (erlernt).

***

Insert zu den Almuni (vormalige Preisträger:innen), die Zitate aus Reden der
Insert zu den Almuni (vormalige Preisträger:innen), die Zitate aus Reden der „Ältesten“ (11. bis 13. Schulstufe) vortrugen

„Wissen Sie, was das Problem mit Zeit ist? Sie fragt nicht, welche Erinnerungen wir behalten wollen oder nicht. Sie fragt nicht, welche Details wir behalten wollen oder nicht. Sie beschließt es selbst und übrig bleibt nur ein Fragment jenes Glücks, das wir einmal verspürt haben. Aus diesem Grund will ich mit meiner Superkraft all jenen, die ihrer Jugendzeit nachtrauern, die Möglichkeit geben, den Geschmack ihrer Jugend erneut zu kosten.“
Arzu Akdemir, 18 Jahre; BRG Ettenreichgasse (Wien) mit Türkisch (Erst-/ Familiensprache und Deutsch.

***

„Ich habe keine österreichischen Verwandten, meine Eltern sind ein paar Jahre vor meiner Geburt nach Wien gezogen. Manchmal fühle ich mich wurzellos. Manchmal habe ich das Gefühl, nirgendwo so richtig dazuzugehören. Aber dann tröste ich mich mit Wien. In Wien kenne ich mich aus.
Große Teile des U-Bahnnetzes kenne ich auswendig, freundliche Kellner irritieren mich und im „Motschgern“ bin ich auch nicht schlecht. In Wien geboren und aufgewachsen – born and raised in Vienna. Ich werde immer eine besondere Verbindung zu dieser Stadt haben. Hier sind meine Wurzeln. Ich bin nicht wurzellos. Ich bin eine Wienerin, durch und durch.“
Juliette – Jette – Heritage, 18 Jahre; GRG Franklinstraße in Wien-Floridsdorf mit Englisch (Ersts- /Familiensprache) und Deutsch. 

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Alumni, die die
Alumni, die die „ältesten“ Preisträger:innen präsentierten: Fatima Kandil, Jonathan Zarifzadeh, Eidel Malowicki, Banan Sakbani, Kamila Iliasova, Melisa Mete, Tracy-Cindy Agbogbe und Asja Ahmetović

„Und da fragen Sie sich noch, warum Schüler und Schülerinnen schon mit 14 Jahren oder früher anfangen zu trinken und zu rauchen. Warum Depressionen, Angststörungen und ADHS immer weiter in den Vordergrund rücken. Das sind Kinder! Und diese Kinder werden jetzt schon mit Themen konfrontiert, die gar nicht erst sein sollten.
Es scheint, als ob die Gesellschaft vergisst, dass Kinder und Jugendliche Zeit brauchen, um zu wachsen, sich zu entwickeln und ihre Identität zu finden.“
Noemi (Helena Faye) Märzinger, 18 Jahre; Bildungsanstalt für Elementarpädagogik de la Salle in Wien-Strebersdorf mit Englisch (erlernt) und Deutsch.

***

„Jede Sprache ist wichtig, jedes Land ist besonders und alle sind gleich viel wert. Es wird höchste Zeit, dass Schulen die Vielfalt Europas besser abbilden und das Fremdsprachenangebot erweitern. Denn Europa besteht eben nicht nur aus Spanien, Italien und Frankreich, sondern umfasst viele weitere Länder und Sprachen. Durch die Freiheiten, die wir in Europa genießen, wachsen wir zusammen – politisch, aber auch in Wirtschaft, Kultur und Bildung. Die Brücke dafür ist die Sprache.“
Belma Bukva, 17 Jahre; Gymnasium Werndlpark, Steyr (OÖ) mit Bosnisch und Deutsch.

***

„Wir sind alle Menschen, egal ob Mann oder Frau. Und daher sollen wir alle gleich behandelt werden und die gleichen Rechte haben – nicht nur auf dem Papier.
Eltern: Achtet darauf was Sie Ihren Kindern beibringen. Denn Sie sind ein Vorbild.
Frauen erinnert euch, dass ihr alles werden könnt. Lasst euch nicht von der Gesellschaft beeinflussen und hinterfragt eure selbstgesetzten Grenzen.“
Maria Anastasia Anghel, 17 Schülerin; HAK (HandelsAkademie) Wiener Neustadt (NÖ) mit Spanisch (erlernt) und Deutsch.

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Stellvertretend für die Preisträger:innen der
Stellvertretend für die Preisträger:innen der „ältesten“ Kategorie (11. bis 13. Schulstufe) hielten sie gekürzte Versionen ihrer Reden: Rawa Al Rawass und Zara Ağtaş – ihre Reden in eigenen Beiträgen – ganz unten verlinkt

„Ich habe mich gefragt: Was kann ich, eine in Italien geborene Albanerin, tun, um zu einem positiven Wandel in beiden Ländern beizutragen?
Die Antwort ist einfach: sprechen. Ich bin bereit, über die Herausforderungen zu sprechen, mit denen Frauen in beiden Ländern konfrontiert werden. Ich bin bereit, meine Stimme für diejenigen zu erheben, die vom Schweigen und der Angst unterdrückt werden. Aber seid ihr auch bereit? Seid ihr bereit?“
Marissa Hoxha, 17 Jahre; Liceo Scientifico Evangelista Torricelli in Bozen (Südtirol, Italien) mit Albanisch und Deutsch.

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„Aber Frauen sind so viel mehr, mehr als nur Körper und Schönheit, nicht nur Liebe, sondern auch Talent und Ambition, Kreativität, wir haben wundervolle Köpfe und Herzen. Genau deswegen ist es mein Recht und meine Pflicht, Veränderungen zu verlangen. Ich verlange eine grundlegende Veränderung in unserer Gesellschaft, Veränderungen in der Medizin, Veränderungen in der Politik, Veränderungen in der Sprache, aber vor allem fordere ich eine Veränderung unserer Grundeinstellung.
Es braucht zweifellos eine grundlegende Veränderung in unseren Köpfen.“
Greta Lintner, 17 Jahre; Liceo Scientifico Evangelista Torricelli in Bozen (Südtirol, Italien) mit Italienisch und Deutsch.

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„Meine unmögliche Liebesgeschichte ist die mit der Nacht. Verliebt bin ich in sie. Unerreichbar bleibt sie für mich. Und eins ist mir mittlerweile klar geworden – ich und die Nacht sollen nichts miteinander zu tun haben. Denn ich bin ein Mädchen, eine junge Frau, und das bedeutet, dass die Nacht für mich nicht sicher ist, so sehr ich sie auch lieben mag.“
Sofia Elena Borghesi, 17 Jahre; Liceo Scientifico Evangelista Torricelli in Bozen (Südtirol, Italien) mit Italienisch und Deutsch.

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„Der Wald ist eine Generationensache, er geht uns alle etwas an. Denn in dem Wissen, dass aus einem einzelnen Sprössling, etwas so Mächtiges, Eindrucksvolles und Widerstandsfähiges entspringen kann, finde ich Sicherheit und finde ich Hoffnung.
Liebe Mitbewohner dieses Planeten! Bedenkt, dass alle heutigen Handlungen der Menschheit nicht morgen, auch nicht übermorgen, sondern erst in zwei bis drei Generationen wirksam werden.“
Katja Kronberger, 17 Jahre; BORG Deutschlandsberg (Steiermark heuer) mit Englisch und Deutsch.

***

„Wir denken so weit, manchmal über das Ziel hinaus. Aber nicht an das Wesentliche: Unsere vergessene Superkraft namens Verstand. Der Mensch ist blind für das Greifbare. Dennoch ich bin ich der Überzeugung, dass der Verstand des Menschen allein die notwendige Superkraft darstellt, um aus diesem Abgrund hinauszukommen.
Es geht nicht darum, dass es keine Auswege gibt. Keine Lösungsansätze. Wir wollen sie nur nicht annehmen, durch unsere Blindheit nicht sehen. Ignoranz ist bekanntlich eine gute Eigenschaft des Bösen.“
Luisa Muchitsch, 18 Jahre; BORG Deutschlandsberg (Steiermark) mit Englisch und Deutsch.

***

„Als Migrantin heißt es, mit meinem Opa durch die Stadt zu fahren und zu sehen das Funkeln in seinen Augen, und zu hören den Stolz in seiner Stimme, während er erzählt welches Gebäude er mitgestaltet hat. Wohin sein Blut und sein Schweiß geflossen sind.
Doch Migrantin zu sein heißt auch auf derselben Straße unsere Tränen fließen zu sehen, denn wir hören die Stimmen, die uns sagen, dass wir hier nicht hingehören. Und da stehen wir, auf der Straße wo hin geflossen sind sein Blut, sein Schweiß und seine Tränen.“
Nil-Zara Agtaş, 20 Jahre; Phoenix Realgymnasium (Wien) mit Englisch (erlernt) und Deutsch.

***

Ich möchte nicht im Herbst, nach dem ich mir die Ergebnisse der Nationalratswahl anschaue, feststellen, dass wir der Leitkultur, der Festung Österreich und dem Öxit näher gerückt sind. Meine persönliche Erfahrung zeigt mir, dass eine multi-kulturelle Gesellschaft eine Bereicherung für Europa ist, nicht eine Bedrohung.“
Fedir Bragar, 17 Jahre; Wiedner Gymnasium / Sir Karl Popper Schule (Wien) mit Russisch (Erstsprache) und Deutsch.

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„Meine Identität ist kein Mantel, den man beliebig an- und ablegen kann. Sie ist vielmehr ein Mosaik, zusammengesetzt aus tausend Splittern meiner Erfahrungen und Erinnerungen. Für mich ist es schwierig, diese Identität zu bestimmen. Ich weiß ganz genau, dass ich keine Österreicherin bin und keine werde. Ich weiß aber genauso, dass ich keine 100%ige Syrerin bin und keine werde.“
Rawda Al Rawass, 19 Jahre; GRG10 Laaerberg (Wien) mit Arabisch (Familiensprache) und Deutsch.

***

„Für eine Zukunft mit weniger Rassismus und Diskriminierung sollte jeder und jede von uns stolz auf seine Kultur sein und diese auch richtig präsentieren, damit jeder merkt wie viel schöner eine vielfältige Gesellschaft eigentlich ist. Ein Regenbogen mit nur einer Farbe wäre doch auch nicht so schön.“
Alwaled Alkoud, 18 Jahre; Bertha-von-Suttner-Schulschiff in Wien-Floridsdorf mit Arabisch (Familiensprache) und Deutsch.

Zara Ağtaş bei ihrer Rede im Festsaal des Wr. Rathauses

„Wir sollten niemanden das Gefühl geben, Vielfalt sei was Schlechtes“

Mein Name ist, meine Pronomen sind sie/ihr, ich habe einen türkischen Migrationshintergrund, meine Muttersprache ist Zaza (kurdisch). Und meine Sexualität, die ist nicht hetero. In dieser Welt ist es oft verwirrend und gruselig für mich, aber wisst ihr wie es sich wirklich anfühlt?

Do you know what it feels like being me in this world. I am afraid as a woman, constantly navigating a landscape where gender-based violence remains pervasive, with one in three women experiencing physical or sexual violence in their lifetime.
I am afraid as a migrant, my heart trembles with uncertainty, knowing that globally, migrants face discrimination in employment, housing, and education, often relegated to the margins of society despite their contributions.
I am afraid as a queer person, the shadows of fear loom large, with over 70 countries criminalizing same-sex relationships, subjecting LGBTQ+ individuals to persecution, imprisonment, and even death simply for being who they are.
Do you know what it feels like being me in Austria

Insert zu Zara Ağtaş und ihrer Rede
Insert zu Zara Ağtaş und ihrer Rede

Als Frau heißt es, jahrelang zu kämpfen damit wir Seite an Seite, Hand auf der Brust zusammen singen „Heimat großer Töchter und Söhne“ anstatt nur Söhne, aber jetzt mit anschauen zu müssen wie wir europaweit nicht mehr das Land der Berge, Äcker, Dome sind, sondern das Land der Femizide. 

Als Migrantin heißt es, mit meinem Opa durch die Stadt zu fahren und zu sehen das Funkeln in seinen Augen, und zu hören den Stolz in seiner Stimme, während er erzählt welches Gebäude er mitgestaltet hat. Wohin sein Blut und sein Schweiß geflossen sind. Doch Migrantin zu sein heißt auch, auf derselben Straße unsere Tränen fließen zu sehen, weil wir hören die Stimmen, die uns sagen, dass wir hier nicht hingehören. Und da stehen wir, auf der Straße wo hin geflossen sind sein Blut, sein Schweiß und seine Tränen.

Zara Ağtaş bei ihrer Rede im Festsaal des Wr. Rathauses
Zara Ağtaş bei ihrer Rede im Festsaal des Wr. Rathauses

Als queere Person heißt es, ganz genau zu wissen, wann und wo ich selbst sein kann. In Österreich, einem Land, das sich oft für Toleranz und Vielfalt feiert, bleibe ich dennoch oft im Schatten der Unsicherheit. Es ist ein ständiger Balanceakt zwischen Offenheit und Zurückhaltung, ich begebe mich auf den schmalen Grad von Angst und Akzeptanz.

But it’s not just me. The challenges I face are merely fragments of a larger narrative where diversity is systematically marginalized and erased. Instead of celebrating our differences as strengths, we live in a society where identities are dismissed, where voices are silenced, and where the vibrant tapestry of humanity is muted to shades of conformity. Our society should be a mosaic of colors, each shade contributing to the richness of our collective experience.

In einer Zeit, in der unsere Vielfalt von einigen als Bedrohung wahrgenommen wird, sollten wir sie als Quelle der Stärke und Inspiration betrachten. Wir sollten die Vielfalt nicht fürchten, wir sollten sie feiern. Wir sollten Vorurteile überwinden, wir sollten uns gegenseitig unterstützen. Wir sollten gemeinsam für eine gerechtere Welt kämpfen, wir sollten niemanden zurücklassen. Niemanden das Gefühl geben Vielfalt sei was Schlechtes. 

Um die Zukunft mitzugestalten und sie zu verändern, in eine Welt wo Vielfalt gelebt und gefeiert wird, müssen wir zuerst empört sein.
Jedes Mal, wenn das Wort „schwul“ beleidigend gemeint ist, müssen wir empört sein. 
Jedes Mal, wenn wir Rassismus erleben, müssen wir empört sein.
Jede Hand, die erhoben wird, jede Faust die geschlagen wir jeder Tritt der getreten wird, muss mit Empörung begegnet werden. 
Wir müssen aufhören diese Sachen als normal anzusehen.
Wo ist die Empörung, wenn Politiker in der Öffentlichkeit zu Schüler:innen sagen können, Wien wäre noch Wien ohne euch.
Wo ist die Empörung, wenn die Regierung nichts unternimmt gegen das Sterben von Frauen, gegen Gewalt an Frauen. 
Wo ist die Empörung?

Let us stand together in solidarity for diversity! For within our differences lies our greatest strength. Every background, every culture, every opinion enriches our world. By fostering and respecting diversity, we create a society where every individual has the opportunity to fulfill their potential.

Unsere Vielfalt ist das Schönste, was wir haben, aber auch nur solange wir sie noch haben.
Kämpfen wir zusammen für Vielfalt, Seite an Seite, Hand in Hand. 
Seien wir zusammen empört! Wir müssen zusammen empört sein!

Rawda Al Rawass bei ihrer Rede bei der "Sag's-Multi"-Abschluss-Gala 2024

„Österreich ist eine Vielfalt – keine Einfalt“

Vor zwei Wochen entbrannte eine hitzige Diskussion in meiner Umgebung. Eine Person versuchte, mir ihre Ansicht aufzudrängen, und behauptete mit Nachdruck, dass jede Person, die in Österreich geboren ist, auch eine Österreicherin oder ein Österreicher sei. Sobald man die Staatsbürgerschaft erhält, gehört man ihr zufolge nach Österreich und lässt automatisch seine Wurzeln hinter sich. Da habe ich mir die Frage gestellt: Wer oder was bestimmt über die Zugehörigkeit? Wer bestimmt über meine eigene Zugehörigkeit? Wer gibt jemandem das Recht, die Linien meiner Heimat neu zu zeichnen? Wer gibt jemandem das Recht, meine Wurzeln zu entwurzeln?

أعزائي المستمعين

Sehr geehrtes Publikum!

Meine Identität ist kein Mantel, den man beliebig an- und ablegen kann. Für mich ist es schwierig, diese Identität zu bestimmen. Ich weiß ganz genau, dass ich keine Österreicherin bin und keine werde. Ich weiß aber genauso, dass ich keine 100%ige Syrerin bin und keine werde.

لهذا السبب أجد نفسي بين متناقضات الثقافات والقيم، وكأنني ضائعة بين الأفكار المتضاربة، فأنا مزيجٌ لا يُمكن تصنيفه بسهولة

Insert zu Rawda Al Rawass und ihrer Rede
Insert zu Rawda Al Rawass und ihrer Rede

Ich, Rawda Al Rawass, wie ich gern angesprochen werden würde, ehemalige Schülerin des GRG10 Laaerberg Gymnasium, gehöre zu einer Generation, die es geschafft hat, dazwischen zu sein. Ich gehöre zu einer Generation, die einen kleinen Teil ihres Lebens in ihrem ursprünglichen Heimatland verbringen durfte, um dann hierher zu kommen und sich fremd zu fühlen. Um hierher zu kommen und in erster Linie aufgrund des Namens, meines Namens, nicht akzeptiert und gleich einer Kategorie zugeordnet zu werden. Aufgrund meines Aussehens, meiner Kultur, meiner Sprache, meines Glaubens. Aufgrund meiner Herkunft. Syrien.

من الطبيعي جدا أن نتوقع من بلاد الغرب التقبل التام، فإننا دائما ما نسمع عن تطور الإنسانية عندهم. ومن الطبيعي جدا أيضا ان نشعر

بالصدمة عندما لا نرى شيء من هذه الإنسانية

Ich weiß, dass wir hier nicht für alle willkommen sind. Ich weiß, dass es Syrer gibt, die sich hier unmenschlich verhalten und aufgrund ihres Verhaltens alle in einen Topf geworfen werden. Ich weiß, dass man damit nicht Unrecht hat. Ich weiß aber auch, dass das Bild dieser Bevölkerungsgruppe aufgrund einzelner Menschen nicht verallgemeinert werden darf. Denn: Es gibt die, die sich bemühen und integrieren wollen. Und daher auch die, die gekränkt sind, wenn sie das Gefühl bekommen, hier ungewollt zu sein.

مهما بذل المرء من جهد، مهما فعل، فإنه لا ولن يمكنه ارضاء الجميع. لأن هذا الجهد لا يكاد يرى بالمجهر حتى

Rawda Al Rawass bei ihrer Rede bei der
Rawda Al Rawass bei ihrer Rede bei der „Sag’s-Multi“-Abschluss-Gala 2024

Der syrische Flüchtling verspürt enorme Frustration, extreme Traurigkeit und den großen Wunsch, sich wie ein Mensch zu fühlen. Wie ein Mensch, nicht wie ein Flüchtling behandelt zu werden. Wussten Sie, ehrenwerte Zuhörerinnen und Zuhörer, dass der syrische Flüchtling nicht freiwillig in Ihr Land kam? Er würde Sie auf jeden Fall lieber als Tourist besuchen. Der syrische Flüchtling kam zu Ihnen auf der Suche nach Wärme. Nach Wärme, die er im Laufe der Geschichte jedem verliehen hat. Der syrische Flüchtling kommt aus Syrien, aus dem Land, das in der alten syrischen Sprache „Das Land der Sonne“ heißt. Doch leider ist es mittlerweile die Sonne, die ihre Wärme verloren hat.

هؤلاء السوريون اللاجئون.. هم لا يأتون بلدا ويأخذون حقوقها، هم لا يؤذون أهلها ويفسدون فيها، ولو فعلوا لكنت اول من عاداهم، إنما

هم هنا ليبنوا حياتهم من جديد

Stellen Sie sich vor, wie Sie von Ihrem eigenen Land, von Ihrem eigenen Besitz vertrieben werden. Wie Sie mit über 300 anderen Menschen Ihre Reise auf den Fluchtweg durch das Mittelmeer beginnen und zusehen, wie manche ertrinken. Nach vier Tagen kommen Sie endlich an der Küste Italiens an und dürfen im Gefängnis ausruhen. Eingesperrte Minderjährige. Ein bitteres Willkommen, nicht wahr?

هذا هو الموقف الذي لا يمكن أن ينسى، ابتسامة خفيفة وتوجيه إلى السجن ببرودة أعصاب

Die Reise wird fortgesetzt. Nach dem Ankommen im Zielland Österreich folgen die Schwierigkeiten der Integration. Doch was kann man tun? Denkt man an die Rückkehr, begegnen einem weitere Schwierigkeiten und viele Fragen. Wie viel ist dort noch übrig? Werde ich mein Land, meine Verwandten, meine Wohnung, meine Freunde, wiedererkennen? Existieren sie überhaupt noch?

هذا حالي وهذا حال أمثالي.. احلم باليوم الذي يأتي فيه طفل سوري ويسأل أمه: ماذا كان الحرب؟

Verehrtes Publikum: In den letzten Jahren habe ich gelernt, offen zu sein. Mit Menschen zu reden. Sie kennenzulernen, bevor ich sie in einer Schublade einordne. Ich habe gelernt, stark zu sein. Meine Ziele zu verfolgen. Spuren zu hinterlassen. Zu zeigen, wer ich bin.

In einer Woche erhalte ich mein Reifezeugnis. In einer Woche zeige ich, dass ich reif bin. Dass auch syrische Menschen reif sind. Dass sie trotz Schwierigkeiten weiterleben können. Ich habe vor, Pharmazie zu studieren. Ich habe vor, Österreich, dem Land, das uns aufgenommen hat, etwas zurückzugeben.

اشكر كل من استقبلنا من بلاد العالم.. اشكر كل من استضافنا بلطف واشكر كل من شعر بنا وحاول مساعدتنا

Ich erhebe somit meine Stimme für viele Menschen, die diese Möglichkeit nicht haben. Ich erhebe meine Stimme, weil ich nicht mehr schweigen kann. Denn: Worüber man nicht schweigen kann, darüber muss man reden. Die gesamte Menschheit muss begreifen, dass jede Person selbst bestimmen darf, wer sie ist, und nicht das ist, was andere aus ihr machen. Österreich ist eine Vielfalt – keine Einfalt.

شكرا لاستماعكم

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Großgruppenfoto (fast) aller Preisträger:innen, Ehrengäst:innen...

Ach, hätten diese Jugendlichen doch nur das Sagen!

„Lassen Sie uns nicht in die Ignoranz verfallen, wo die Angst vor dem Anderen herrscht. Das 21. Jahrhundert, unser Jahrhundert, wird ein Jahrhundert der Vielfalt sein, oder es wird nicht sein. Lernen wir, dass uns nichts und niemand fremd ist.“

Diese Sätze stammen aus einer der Reden der 35 Preisträger:innen, die Montag am frühen Nachmittag für die besten der besten mehrsprachigen Reden ausgezeichnet worden sind. Damit wurde der 15. Durchgang von „Sag’s Multi“ feierlich im großen Festsaal des Wiener Rathauses beendet.

Sieben Redner:innen der drei Alterskategorien (7./8., 9./10. sowie 11. bis 13. Schulstufe) durften vor rund 500 Gäst:innen – viele der 168 Finalist:innen, drei Wiener Stadträt:innen, hochrangige Vertreter:innen des ORF (seit 2020 Träger dieses mehrsprachigen Redebewerbs), von Kammern, Interessensvertretungen und Sponsor:innen – gekürzte Versionen ihrer siegreichen Reden nochmals halten.

Live-Reden im Festsaal des Wr. Rathauses

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… wird all diese sieben Reden veröffentlichen – beginnend heute mit den beiden aus der jüngsten Gruppe – von Dymtro Muliar und Sediqa Saeedi. Ersterer sprach seine Erstsprache Ukrainisch und verblüffte die Zuhörer:innen vor allem genauso mit seinem gediegenen Deutsch wie seine Kollegin, die Dari, eine der großen Sprachen Afghanistans mitgebracht hatte. Ersterer seit zwei, Zweitere seit drei Jahren in Österreich – beide nicht freiwillig. Krieg im einen bzw. bildungsfeindliche Diktatur im anderen Fall zwangen die damals noch Kinder zur Flucht.

In einem weiteren Beitrag veröffentlichen wir Auszüge aus allen Finalreden der Preisträger:innen (samt übersichtlicher Liste) – heute zunächst ebenfalls aus der jüngsten Kategorie.

Ganze Reden bzw. Auszüge aus den besten der besten Reden der beiden älteren Gruppen folgen in den nächsten Tagen.

Ach, noch schnell die Aufklärung: Das Eingangszitat stammt von Ferdinand Tschol. Der 16-järige Schüler des Lycée Francais de Vienne trat bei Sag’s Multi mit der erlernten Sprache Arabisch an – natürlich in Kombination mit Deutsch (das ist eine der Bedingungen des Redebewerbs vom ersten Jahr an.

Spoiler: Wer alle Reden bzw. die Zitate aus den Reden liest – oder auf ORF.on gar alle 168 Finalreden nachschaut und hört – könnte gut meinen: Dürften diese Jugendlichen nicht nur Reden halten, sondern hätten auch das Sagen im Lande, Vielfalt würde stärker sein als Einfalt, Weltoffenheit Festungsdenken an den Rand drängen…

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Gruppenfoto der Preisträger:innen der mittleren Altersgruppe (9. und 10. Schulstufe)

Preisträger:innen der mittleren Alterskategorie

„Meine Eltern sind in dieses Land gekommen, damit zuallererst sie und dann ihre Kinder sich eine Zukunft aufbauen können, damit ich ein Leben, eine Zukunft voller Bildung, Freude, Vielfalt und Akzeptanz habe, doch habe ich all das?
Wenn Menschen mit mir interagieren, sehen sie nur meinen Namen, mein Land oder meine Sprache, sie sehen nicht meine Geschichte, sie sehen nicht meine Erfahrungen, sie sehen nicht mich, sie sehen nur die Vorurteile, die sie gegenüber Migranten haben in mir.“
Jana Adamović, 16 Jahre; GRG Sachsenbrunn (NÖ) mit Serbisch und Deutsch.

***

„Wir alle wissen, dass die Menschheit dringende Probleme zu lösen hat, die sie nur gemeinsam lösen kann. Und gerade wir, die wir gewohnt sind, zwischen zwei Kulturen, zwischen zwei Sprachen zu leben, wissen genau, dass in solchen Konflikten keiner gewinnen kann, dass sie auf lange Sicht nur durch Sprache, durch Vermittlung gelöst werden können.
Ob es uns gefällt oder nicht: Wir sind die Sprecher, wir sind die Vermittler und wir werden jeden Tag mehr.
Die Welt wird jeden Tag kleiner und vernetzter. Kein Ort ist mehr zu weit weg, um uns zu interessieren. Wenn morgen in China ein Sack Reis umfällt, dann rollen uns hier die Reiskörner vor die Füße und wir rutschen auf ihnen aus!“
Zumin Jost
, 14 Jahre; Akademisches Gymnasium Salzburg mit Mandarin-Chinesisch und Deutsch.

***

„Als stolze Vertreterin meiner Sprache und meiner kulturellen Identität stehe ich heute vor Ihnen. Doch ich stehe nicht allein. Ich stehe auch hier in Vertretung für all jene, die noch immer mit Vorurteilen und Diskriminierung kämpfen. Ich stehe für die Hoffnung, dass wir gemeinsam eine Welt schaffen können, in der Vielfalt gefeiert wird und jede Person die Freiheit hat, ihr wahres Selbst zu sein.“
Miriam Allegra Clari
, 16 Jahre; BORG Innsbruck (Tirol) mit ihren Familiensprachen Italienisch und Deutsch.

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„Wir als junge Menschen haben die Pflicht, uns unseres eigenen Denkens zu bedienen. Wir haben die Pflicht und die Möglichkeiten – auch dank KI, dank ChatGPT, dank Tausender Medien – die Möglichkeiten, uns zu bilden, uns weiterzubilden, uns eine Meinung zu bilden. Gerade in Zeiten von Fake News ist die eigene unvoreingenommene Meinung wichtig! Ist es vielleicht die neue Währung. Ist es vielleicht das, worauf unsere Zukunft gebaut ist?“
Melina Böhmer
, 14 Jahre; BORG Innsbruck (Tirol) mit der erlernten Sprache Englisch sowie Deutsch.

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„Ich habe nie mit meinen Sprachen gelebt, ich habe immer meine Sprachen gelebt. Unsere Welt braucht jeden. Kinder, die alles in Frage stellen, Jugendliche, die kritisch denken können, Erwachsene, die von einer besseren Zukunft träumen und mehrsprachige Menschen, die wissen, dass dieser Traum wahr werden kann. Durch die Förderung unserer Mehrsprachigkeit können wir eine Welt schaffen, in der Vielfalt überall geschätzt und gefeiert wird.
Fördert man Mehrsprachigkeit, so fördert man auch Toleranz, Respekt und Offenheit gegenüber anderen Menschen, etwas das so wichtig ist und eigentlich selbstverständlich sein sollte.
Unsere Mehrsprachigkeit kann die Welt verändern.”
Ana Maria Haas da Silva
, 16 Jahre; Europagymnasium Auhof in Linz (OÖ) mit brasilianischem Portugiesisch und Deutsch.

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Es ist an der Zeit, dass wir uns als Gesellschaft verpflichten, sicherere Räume für alle zu schaffen. Räume, in denen jeder willkommen ist, unabhängig von seiner Herkunft, seiner Hautfarbe, seiner sexuellen Orientierung oder seiner körperlichen oder geistigen Fähigkeiten. Denn Sicherheit sollte kein Privileg sein, sondern ein grundlegendes Menschenrecht, das jedem zusteht.“
Sophie Klaffenböck, 16 Jahre; Theresianum Eisenstadt (Burgenland) mit Englisch (erlernt) und Deutsch.

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„Nehmt uns und unsere Probleme ernst. Wir leiden und das meist unbemerkt. Wir verdienen es genauso sehr wie ihr mit Respekt behandelt zu werden. Die Schule beeinflusst unsere Psyche mehr als sie sollte. Der Stress: zu viel. Der Druck: zu groß. Die Hilfe: zu wenig.
Es ist an der Zeit, dass wir uns als Gesellschaft ernsthaft mit dieser Problematik auseinandersetzen. Wir müssen unsere Schulen zu Orten machen, an denen nicht nur Wissen vermittelt wird, sondern auch Raum für Selbstentfaltung, Empathie und persönliches Wachstum geschaffen wird.“
Karlein Tasch, 16 Jahre; BG/BRG Mattersburg (Burgenland) mit Spanisch (erlernt) und Deutsch.

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„Stereotypen und Vorurteile waren schon immer Teil einer Gesellschaft. Aber haben wir uns jemals überlegt, wie viel Energie und Zeit in diese Vorurteile reingesteckt werden. Wie viel Zeit und Kraft wir verschwenden, um zu beweisen, dass eine Person doch in diesen Stereotyp reinpasst.“
Maab Hamoudah, 17 Jahre; Abendgymnasium Wien-Floridsdorf mit Englisch und Deutsch.

Ana Maria Haas da Silva bei ihrer Rede im Wiener Rathaus-Festsaal

„Fördert man Mehrsprachigkeit, so fördert man auch Toleranz, Respekt und Offenheit gegenüber anderen Menschen“

Ich kann mich noch genau an meinen ersten Schultag in Österreich erinnern. Es war der 12. September 2022 und ich zitterte am ganzen Körper, als ich meine neue Schule, das Europagymnasium Auhof in Linz betrat. Viele Gedanken schossen mir durch den Kopf: Hoffentlich sind alle nett zu mir, hoffentlich finde ich meine Klasse und hoffentlich kann ich alles verstehen. Alles war mir fremd, das Gebäude, die Lehrkräfte, die Mitschüler und Mitschülerinnen und ich dachte mir nur wie verrückt es eigentlich war, dass ich an diesem grauen Montag in der Schule war, da ich genau 2 Wochen zuvor noch in einem anderen Land gelebt hatte.

Meine sehr geehrten Zuhörer und Zuhörerinnen! Senhoras e Senhores! Mein Name ist Ana, ich bin 16 Jahre alt und vor fast 2 Jahren zog ich mit meiner Familie von Brasilien nach Österreich. Ehrlicherweise war der Anfang meines neuen Lebens in Linz schwer, Umzüge sind ja nie leicht. Aber ich hatte einen Vorteil, denn ich bin mehrsprachig.

Senhoras e Senhores, meu nome é Ana, tenho 16 anos e há quase dois anos atrás me mudei de Curitiba, no Brasil, para Linz na Áustria. Após somente duas semanas morando no novo país eu também tive que ir para a minha escola nova. Parece loucura, não? Mas tem um detalhe: Eu falo duas línguas, sou como dizem, multilíngue e eu consegui, mesmo sendo extremamente difícil. Senhoras e Senhores, das ist meine Geschichte und das ist meine Welt, essa é a minha história e esse é o meu mundo.

Meine Welt ist der Treffpunkt von zwei Sprachen: brasilianisches Portugiesisch und Deutsch. Und ich wusste schon immer, dass meine Mehrsprachigkeit meine größte Stärke ist. Seit ich klein bin, fühle ich mich mit zwei Kulturen verbunden, kann mich in zwei Sprachen ausdrücken und, ja, rede natürlich doppelt so viel. Aber ist das nicht wunderbar? Ich sehe unsere Welt, verschiedene Welten von mehrsprachigen Menschen, die sie auch so sehen wie ich. Die auch Hoffnung haben, sie zu einem besseren Ort zu machen, an dem alle, wirklich alle, sich respektieren und zusammenarbeiten. Daher ist es so wichtig Mehrsprachigkeit zu fördern. Fördert man Mehrsprachigkeit, so fördert man auch Toleranz, Respekt und Offenheit gegenüber anderen Menschen. Und eins ist klar: So können wir gemeinsam die Welt verbessern.

Minhas duas línguas, português e alemão se encontram, se misturam, se unem no meu mundo. Sempre soube que o meu multilinguismo era a minha maior qualidade. Cada dia as minhas línguas me fortalecem, me ajudam e enriquecem a minha vida. Foram elas que me ajudaram quando eu me mudei para o outro lado do oceano atlântico. Mas sabem, isso não é só sobre mim, isso é sobre todos nós. O nosso multilinguismo faz do mundo um lugar melhor, onde as pessoas se respeitam e trabalham juntas. Temos que continuar promovendo o nosso multilinguismo. Juntos. Por que somente juntos podemos mudar o mundo. Pouco a pouco.

Aber wie kann ich mir so sicher sein, dass wir es wirklich schaffen werden, die Welt zu verbessern? Weil es schon passiert. Vor 644 Tagen, vor ca. 1 Jahr 9 Monaten war mein erster Schultag in Österreich. Vor 644 Tagen schlug ich zittrig und ahnungslos ein neues Kapitel meines Lebens auf. Ich hatte Angst, Heimweh und fühlte mich unwohl. Und wissen Sie was? Heute, nur 644 Tage später, bin ich hier und halte eine Rede in meinen zwei Sprachen. Heute feiern wir alle die Mehrsprachigkeit. Wir verbessern somit die Welt. Zusammen. Und lasst uns sie weiterhin verbessern!  Alle mehrsprachigen Menschen in Österreich, in Brasilien, überall auf der Welt möchte ich bitten, dass wir zusammenhalten. Dass wir uns gegenseitig helfen und zusammenarbeiten. Stehen wir zu unserer Mehrsprachigkeit, zu unseren Wurzeln, zu unseren Farben, zu unserer Welt. Von unseren Eltern, Lehrern und Lehrerinnen wünsche ich mir, dass ihr unsere Mehrsprachigkeit weiterhin fördert. Unsere Zukunft gehört uns. O nosso futuro está em nossas mãos. Und ich glaube an uns. Eu acredito em nós. An unsere Zusammenarbeit. An unsere Zukunft. An unsere größte Stärke, o nosso Multilinguismo, unsere Mehrsprachigkeit. Muito obrigada! Vielen Dank!

Zumin Jost bei ihrer Rede im Festsaal des Wiener Rathauses

„Wenn morgen in China ein Sack Reis umfällt, dann rollen uns hier die Reiskörner vor die Füße und wir rutschen auf ihnen aus!“

Sehr geehrte Jury, liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer, Freunde der Mehrsprachigkeit!
Gestern ist in China ein Sack Reis umgefallen. Interessiert Sie nicht? Mich auch nicht. War ja nicht mein Sack. Und vor allem ist China echt viel zu weit weg, muss einen also nicht interessieren, oder? Mir gibt an der Sache eher zu denken, dass wir China in diesem Sprichwort einfach so als Inbegriff für etwas maximal Irrelevantes benutzen. In China leben 1,4 Milliarden Menschen, aus keinem Land der Welt importieren wir in der EU mehr Waren als aus China. Und außerdem komme ich zur Hälfte da her, habe fünf Jahre lang dort gelebt und natürlich spreche, denke und träume ich immer wieder gerne auf Chinesisch, auch heute, hier, vor Euch!

中国和欧洲之间相距万里,似乎毫不相关。但是真的是这样吗?中国有14亿人口,是欧盟最大的进口国。就我自己来说,我是半个中国人,在中国生活了五年,我说中文,用中文思考。今天,我也用中文演讲。

Insert zu Zumin Josts Rede
Insert zu Zumin Josts Rede

Ich freue mich immer sehr darauf, jedes Jahr ein paar Wochen in China zu verbringen, meine Verwandten zu treffen, das leckere Essen zu genießen und zu sehen, wie schnell sich dort die Welt verändert. In Europa gewinnt man aber oft den Eindruck, China sei die Hölle auf Erden. Wir hören und lesen von Umweltverschmutzung, der aggressiven Außenpolitik, einer katastrophalen Menschenrechtslage und so weiter… Manches stimmt natürlich schon und ich spüre auch, wie in China zum Beispiel die Regierung versucht, alles und alle zu kontrollieren, wenn ich nicht einmal meine eigenen Mails ohne VPN-Software abrufen kann. Doch immer wieder spüre ich selbst hier in Europa Augen auf mir, die fragen wollen „Wie könnt Ihr Chinesen nur so schlimm sein?“

可是,在欧洲,人们对中国的印象往往很差:环境污染、外交强硬、人权问题等等……我感觉有人瞪着我,问:“你们中国人怎么这样?“

Ich weiß, dass in China vieles schief läuft, gleichzeitig möchte ich manchmal einfach schreien: „Ich bin nicht 1,4 Milliarden Chinesen, ich bin nicht die chinesische Regierung. Steckt mich nicht immer in einen Sack! Ich bin nicht für alles verantwortlich!“

我知道中国有很多问题,但同时我真想大喊一声:“我不代表14亿中国人,我不是中国政府,我不需要负责!“

Eigentlich fühle ich mich aber doch in gewisser Weise verantwortlich. Ich sehe, dass es zwischen meinen beiden Welten immer mehr Probleme gibt. Je länger ich von beiden Seiten auf diese Probleme schaue, desto mehr wird mir klar, wie kompliziert sie sind und wie schwierig es ist, sie zu lösen. Ein Grund dafür ist, dass die Menschen, die die Entscheidungen treffen, in ganz unterschiedlichen Kulturen aufgewachsen sind und ganz selten in den gleichen Sprachen sprechen, denken und träumen.

但是,我觉得自己有责任。我可以看到,在我的两个世界之间存在着越来越多的问题,原因之一是这两个世界的人不能用相同的语言说话、思考和构想未来。

Ihr alle, die Ihr auch mit jedem Bein in je einer Welt steht, kennt das gut. Diese Probleme gibt es natürlich nicht nur zwischen Europa und China. Überall auf der Welt, oftmals sogar zwischen ganz nahen beieinander liegenden Ländern, lässt sich keine gemeinsame Sprache mehr finden und es funktioniert nur noch die Sprache der Gewalt und des Hasses! Der eskalierende Konflikt im Nahen Osten ist das jüngste, erschreckende Beispiel.

Zumin Jost bei ihrer Rede im Festsaal des Wiener Rathauses
Zumin Jost bei ihrer Rede im Festsaal des Wiener Rathauses

这些问题不仅仅存在于欧洲和中国之间,而是在世界各地,甚至在距离很近的国家之间,也常常找不到共同语言,只有暴力和仇恨,中东地区的冲突就是最新的例子。

Wir alle wollen nicht, dass die Welt im Chaos versinkt. Wir alle wissen, dass die Menschheit dringende Probleme zu lösen hat, die sie nur gemeinsam lösen kann. Und gerade wir, die wir gewohnt sind, zwischen zwei Kulturen, zwischen zwei Sprachen zu leben, wissen genau, dass in solchen Konflikten keiner gewinnen kann, dass sie auf lange Sicht nur durch Sprache, durch Vermittlung gelöst werden können. Ob es uns gefällt oder nicht: Wir sind die Sprecher, wir sind die Vermittler und wir werden jeden Tag mehr. Die Welt wird jeden Tag kleiner und vernetzter. Kein Ort ist mehr zu weit weg, um uns zu interessieren. Wenn morgen in China ein Sack Reis umfällt, dann rollen uns hier die Reiskörner vor die Füße und wir rutschen auf ihnen aus!

我们都不希望世界变乱。人类的问题只能共同解决。而在两种语言、两种文化之间生活的我们,知道在这种冲突中,没有人会赢,只能依靠语言、依靠调解。而我们是发言人,是调解人,而且我们的人数会越来越多。未来世界会变成什么样子,是我们的责任。

Liebe Mehrsprachler, liebe Wanderer zwischen den Kulturen, macht Euch klar, dass es gerade unsere Verantwortung ist, die Welt von morgen zu gestalten. Wir werden es sein, die die scheinbar Unversöhnlichen miteinander versöhnen, damit sie sich auf das Wesentliche konzentrieren können. Die Welt wird noch froh sein, dass sie uns hat!

Miriam Allegra Clari bei ihrer Rede während der Sag's-Multi-Gala 2024

„Ich habe das Glück, zwei Sprachen zu sprechen und die Ehre, eine Brücke zwischen zwei Ländern bauen zu dürfen“

Sehr geehrte Damen und Herren,

Stellen Sie sich vor, Sie stehen auf einem Hügel in Apulien, während das sanfte Rauschen des Ionischen Meeres in der Ferne zu hören ist. Die Sonne wärmt Ihre Haut, und die Luft ist erfüllt mit den Düften der mediterranen Küche. Il frinire delle cicale e le melodie della musica tarantella raggiungono le tue orecchie – un vero luogo da sogno, dove il sole splende senza fine.

Ich bin Miriam Clari, 16 Jahre alt, und besuche die 6. Klasse des BORG in Innsbruck. Als stolze Vertreterin meiner Sprache und Kultur stehe ich heute vor Ihnen, aber nicht nur für mich – ich stehe hier für all jene, die noch immer gegen Vorurteile und Diskriminierung ankämpfen. Ich stehe für die Hoffnung auf eine Welt, in der Vielfalt gefeiert wird und jeder Mensch frei sein wahres Selbst sein kann.

Miriam Allegra Clari bei ihrer Rede während der Sag's-Multi-Gala 2024
Miriam Allegra Clari bei ihrer Rede während der Sag’s-Multi-Gala 2024

La mia lingua madre, l’italiano, rappresenta molto di più di un semplice mezzo di comunicazione – è una componente fondamentale della mia identità. Mi connette alla mia famiglia, alla mia cultura e alla mia storia. Grazie ad essa, posso esprimere i miei pensieri, le mie emozioni e i miei sogni, e comunicare con gli altri in modo unico.

Deutsch, meine zweite Sprache, ist ebenfalls ein wichtiger Teil meines Lebens. Es ist die Sprache meiner Kindheit, meiner Bildung und meiner Freundschaften.

Über Sprachen zu sprechen, heißt auch, über Kultur und Geschichte zu sprechen. Bildungseinrichtungen lehren uns heute viele Sprachen, nicht nur für unseren persönlichen Nutzen, sondern auch, um uns tiefer mit den Kulturen anderer Länder zu verbinden. Doch trotz des Sprach- und Kulturunterrichts halten sich stereotype Vorstellungen hartnäckig.

Es gibt Momente, die uns tief berühren und uns zum Innehalten zwingen. Momente, die uns an unsere wahre Identität und unsere Ziele erinnern. Ich möchte heute eine solche Geschichte mit Ihnen teilen – eine Geschichte von Kampf und Überwindung, von Tränen und Triumph.

Miriam Allegra Clari bei ihrer Rede während der Sag's-Multi-Gala 2024
Insert zu Miriam Allegra Claris Rede

La mia storia personale non è stata sempre semplice. A causa del mio forte accento italiano, venivo spesso presa in giro. I miei compagni di scuola mi chiedevano: „Cosa sei?“, come se non appartenessi né all’Italia né all’Austria. Questa domanda mi ha fatto sentire insicura e mi ha messo in crisi, facendomi sentire come un foglio di carta bianco, senza sapere cosa scrivere sopra. Mi trovavo a cercare un’identità che sembrava sfuggirmi, incerta su chi fossi veramente e come definirmi.

Doch dann kam der Tag, an dem ein Lehrer meine Verzweiflung spürte und zu mir sagte: „Miriam, es ist nicht wichtig, was du bist, sondern wer du bist.“ Diese Worte trafen mich wie ein Blitz. Wer bin ich wirklich? Nach langer Überlegung fand ich die Antwort tief in meinem Herzen: „Ich bin Miriam Allegra, ein Mädchen, das das Glück hat, zwei Kulturen zu umarmen. Ich habe das Glück, zwei Sprachen zu sprechen und die Ehre, eine Brücke zwischen zwei Ländern bauen zu dürfen – zwischen Italien und Österreich.“

Miriam Allegra Clari bei ihrer Rede während der Sag's-Multi-Gala 2024
Miriam Allegra Clari bei ihrer Rede während der Sag’s-Multi-Gala 2024

Oggi, la pagina della mia vita, una volta bianca, è piena di colori, e ogni giorno aggiungo un nuovo capitolo.

Trotz aller Bemühungen, Diskriminierung zu überwinden, bleibt sie für viele eine schmerzhafte Realität. Ich habe selbst erlebt, wie Menschen wegen ihres Akzents oder ihrer Herkunft diskriminiert wurden. Einmal wurde mir in der Schule ein rohes Ei auf den Tisch geworfen, begleitet von beleidigenden Kommentaren über meine italienische Herkunft. Diese Erfahrung hat mich tief getroffen und mir die Tragweite solcher Vorurteile vor Augen geführt.

Ich komme aus einem Land, das von vielen Österreichern geliebt und als Sehnsuchtsort betrachtet wird. Ich bin hier in einer liebevollen italienischen Familie sicher aufgewachsen. Dennoch wurde ich wegen meiner Herkunft und Sprache beleidigt. Ich kann mir kaum vorstellen, wie es einem muslimischen Jugendlichen aus Tschetschenien geht, der ständig unter Terrorismusverdacht steht, oder einer jungen Somalierin oder Afghanin, die wegen ihres Kopftuchs und ihres Aussehens in der Öffentlichkeit angefeindet wird. La loro battaglia è più ardua, il loro dolore più profondo. Pertanto, desidero esprimere loro la mia completa solidarietà e la più profonda compassione.

Lassen Sie uns gemeinsam eine Welt erschaffen, in der jeder Mensch sein wahres Selbst zeigen kann. Eine Welt ohne Diskriminierung und Vorurteile. Eine Welt, in der jeder sein volles Potenzial entfalten und sein Leben nach seinen eigenen Idealen gestalten kann.

Mit den Worten des großen Dichters Rumi möchte ich schließen: „Du bist nicht nur ein Tropfen im Ozean, du bist auch der ganze Ozean in einem Tropfen.“

Che ognuno di noi trovi la forza di illuminare il proprio cammino e vivere autenticamente la propria verità.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Gruppenfoto der Preisträger:innen der jüngsten Gruppe (7. und 8. Schulstufe) und Preisüberreicher:innen

Die jüngsten Preisträger:innen

„Unsere Welt von heute ist voller falscher Information, aber wir haben die Macht, das zu überwinden, wenn wir uns nur die Mühe machen, zur Wahrheit zu gelangen. Lasst uns alle gemeinsam die Mühe machen, dass die Wahrheit ans Licht kommt, indem wir selber herausfinden, was wahr oder nicht wahr ist.“
Rupert Grischany, 14 Jahre;BG 8 / Wien-Josefstadt, mit seinen beiden Familiensprachen Englisch und Deutsch.

Insert mit den Namen aller Preisträger:innen der jüngsten Altersgruppe (7. und 8. Schulstufe)
Insert mit den Namen aller Preisträger:innen der jüngsten Altersgruppe (7. und 8. Schulstufe)

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Ich möchte nicht, dass wir auf dem Weg zum technologischen Fortschritt unsere Menschlichkeit, unsere Freundlichkeit, und unser Mitgefühl verlieren. Und ich möchte nicht in einer Welt leben, in der wir verlernt haben, kritisch zu denken, in der Maschinen anstelle von Menschen denken, in der wir Angst vor unseren eigenen Erfindungen haben.“
Marharyta Zaretska, 13 Jahre; GRG 11, Gottschalkgasse, Wien-Simmering) mit Ukrainisch und Deutsch.

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„Ich beschloss die deutsche Sprache zu erlernen…. und so war ich fit in drei Sprachen: Tigrinya, Englisch und Deutsch. Ich wurde stark, schaffte es zunehmend besser, mich nicht mehr über die rassistischen Äußerungen meines schulischen Umfeldes zu kränken. Klein beigeben, nur weil ich anders aussehe und aus einem anderen Land komme? Nein, das war nun keine Option mehr für mich. … Endlich konnte ich die Merci sein, die ich eigentlich tief in meinem Inneren schon immer war: Mehrsprachig, stark, mutig und lebensfroh.“
Merci Bekuretsion,14 Jahre; Mittelschule 12, Kneippgasse in Klagenfurt/ Kärnten; in zwei ihrer drei Sprachen – Tigrinya (Äthiopien) und Deutsch.

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Worauf warten Sie? Wir leben nur entweder in der Zukunft oder in der Vergangenheit. Die Zeit jetzt wird zur Vergangenheit. Und dann werden wir traurig sein. Wir können nicht zurück. Also müssen wir jetzt leben. Gestern war gestern. Morgen ist morgen. Jetzt leben Sie.
Warum rede ich darüber… Vor zwei Monaten ist meine Mutter gestorben. Trotz ihrer Krebserkrankung war sie immer glücklich mit dem Leben. Sie hat mir beigebracht, die kleinen Freuden im Leben wahrzunehmen und vor allem zu schätzen. In meinem Leben habe ich noch nie einen so fröhlichen Menschen getroffen wie sie. …
Ohne die Probleme des Lebens werden wir keine Leichtigkeit und kein Vergnügen erfahren.“
Milana Babii,14 Jahre; Mittelschule St. Peter in Klagenfurt (Kärnten) mit Ukrainisch und Deutsch.

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Was bedeutet das überhaupt Menschenrechte? Und was sind Menschenplichten? Ich habe dazu mit Freundinnen und MitschülerInnen gesprochen. Zuerst in Österreich: Meine MitschülerInnen haben gesagt: Weiss ich nicht, was das ist? Ich kenne das nicht.
Und dann habe ich meinen Freundinnen in Afghanistan geschrieben. Und die haben das sofort gewusst: Menschenrecht bedeutet, dass wir die gleichen Rechte wie Männer haben, dass wir in Freiheit, in Sicherheit und in Frieden leben dürfen, und dass wir zur Schule gehen dürfen.
Wissen wir und schätzen wir erst dann, was Menschenrechte sind, wenn sie unsnweggenommen werden?“
Sediqa Saeedi, 15 Jahre; MS (Mittelschule) Feuerbachstraße in Wien-Leopoldstadt Dari (Afghanistan) und Deutsch.

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Reden der jüngsten Kategorie (7. und 8. Schulstufe)
Reden der jüngsten Kategorie (7. und 8. Schulstufe)

„Um in SICHERHEIT leben zu können, bin ich mit meiner Familie im Jahr 2015 aus Syrien zuerst in die Türkei geflüchtet und ca. 5 Jahre später nach Österreich gekommen. Meine Familie musste mir sehr früh beibringen, wem ich NICHT vertrauen durfte und wo ich nicht in Sicherheit war. Das heißt der Begriff „Sicherheit“ ist für mich immer mit dem Gefühl der „Unsicherheit“ verbunden.
Kriege, politische und wirtschaftliche Missstände, Naturkatastrophen, fehlende Schulbildung und Rassismus nehmen den Kindern ihre Kindheit und ihre Sicherheit.“
Nawar Idlbi, 14 Jahre; MS Junior High School Carlbergergasse in Wien-Liesing mit Türkisch und Deutsch.

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Menschen werden bewundert und beneidet, wenn sie eine andere Sprache können – wie zum Beispiel Französisch oder Spanisch. Doch wenn es zu meiner Sprache kam, war dies nie so. Niemand würde jemanden bewundern, der Türkisch kann. Es schien mir so, als müsste ich es gar nicht erwähnen dass ich Türkisch kann, wenn mich jemand fragte wie viele Sprachen ich sprach.
Doch, heute habe ich den Wert meiner Sprache erkannt, denn es ist ein Teil von mir. Es ist eine Stärke von mir.“
Zeren-Rukiye Ekinçi, 13 Jahre; Phönix Realgymnasium in Wien-Simmering mit Türkisch und Deutsch.

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Die „Sag’s-Multi“-Alumni (vormalige Preisträger:innen) Fatima Kandil, Banan Sakbani, Jonathan Zarifzadeh, Berina Kulas, Kamila Iliasova , Eidel Malowicki präsentierten Zitate aus den Preisträger:innen-Reden der Jüngsten (7. und 8. Schulstufe)
Die „Sag’s-Multi“-Alumni (vormalige Preisträger:innen) Fatima Kandil, Banan Sakbani, Jonathan Zarifzadeh, Berina Kulas, Kamila Iliasova , Eidel Malowicki präsentierten Zitate aus den Preisträger:innen-Reden der Jüngsten (7. und 8. Schulstufe)

„Tradition statt Multikulti? Nein! Unsere neue Tradition wird es sein, multikulturell zu sein, indem wir mehrsprachig sind. Denn ich spreche, wir sprechen, also sind wir. Vor kurzem sagte man in Frankreich im Namen der Meinungsfreiheit: „Je suis Charlie“, „Ich bin Charlie“; also sage ich es, also sagen wir es heute laut und deutlich: „Ich bin Sag’s Multi“, „Je suis Sag’s Multi“. Multikulturell, multilingual, das ist unsere Stärke, unsere Macht.“
Vincent Pellegrini, 13 Jahre; Lycée de Francais de Vienne mit Französisch und Deutsch.

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„Wenn es auf der Straße zu Explosionen und Schüssen kommt und sie zu Hause sind, gehen Sie nicht an die Fenster. Wenn eine Raketengefahr besteht und Sie es nicht bis zum Luftschutzbunker geschafft haben, gehen sie in einen Raum ohne Fenster, so dass zwischen Ihnen und der Straße zwei Wände sind.
Ich möchte, dass alles was sie hören, in Ihrer Fantasie bleibt und nie einen Platz in ihrem wirklichen Leben findet.“
Dmytro Muliar
, 13 Jahre; Mittelschule Fels-Grafenwörth in Niederösterreich, mit Ukrainisch und Deutsch.

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„Wir müssen achtsam sein und genau hinsehen! Psychische Probleme, Depressionen, Essstörungen, und, und, und haben nicht nur die anderen: Es gibt unter uns viele Freundinnen und Freunde, die leiden, ohne dass wir es merken. Oft kommt die Erkenntnis, dass etwas nicht stimmt, ganz einfach zu spät. Öffnen wir also unsere Augen und Herzen!“
Lena-Sophie Romirer, 13 Jahre; Mittelschule Ebenfurth (NÖ), wechselte zwischen der erlernten Fremdsprache Englisch und Deutsch.

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„Es ist gut, dass wir Burgenlandkroaten Fernsehen, Radio, Zeitungen und auch den Unterricht in unserer Muttersprache zugestanden bekommen haben, doch leider kam das alles wegen der Assimilation in den 70er- und 80er-Jahren zu spät. Unsere Sprache stirbt also offenbar langsam aus.
Daher appelliere ich an alle Burgenlandkroatinnen und Burgenlandkroaten, die sich ihrer Sprache und ihrer Identität bewusst sind, von ganzem Herzen: Sprecht und bewahrt eure Sprache!
Und das Wichtigste: Seid stolz auf eure Sprache, denn sie ist der größte Reichtum, den euch niemand nehmen kann.“
Lorenz Palatin
, 13 Jahre; Zweisprachiges Bundesgymnasiums in Oberwart/Felsöör/Borta – im Burgenland mit Burgenlandkroatisch und Deutsch.

Alphabetisch sortierte übersichtliche Liste dieser Preisträger:innen in der Info-Box unten am Ende.

Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses

„Das ist eine schwierige Rede, aber es ist meine Mission“

Sehr geehrte Damen und Herren!

Mein Name ist Dmytro, ich bin 13 Jahre alt. Дуже дякую за ще одну можливість бути почутим.
Ich kam zu Beginn einer umfassenden russischen Invasion im Jahr 2022 von der Hafen-Stadt Odessa nach Österreich.

Jetzt möchte ich Ihnen erzählen, wie es ist, in meiner Heimatstadt zu leben, die unter Beschuss von Raketen und Drohnen steht. Я б не хотів щоб в мене був такий досвід військового часу. Ich habe viel Wissen über den Krieg gewonnen, über Maßnahmen, die unter Beschuss Leben retten können, über das Überleben – dieses Wissen würde ich am liebsten vergessen.

Ich möchte, dass alles, was Sie hören, in Ihrer Fantasie bleibt und nie einen Platz in Ihrem wirklichen Leben findet.

Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses
Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses

In Odessa waren bereits am Morgen des 24. Februar 2022 die ersten Explosionen von Fliegerbomben und Raketen zu hören. В нашому сонячному, південому місці люди зрозуміли, що прийшла смерть і війна. Я вперше бачив, що мої рідні, мої дорослі – НАЛЯКАНІ.  Весь час, як фон, твої думки супроводжує небезпека.

Alle versammelten sich, unser Volk und das Militär stoppten den russischen Angriff 100 km von Odessa entfernt und stoppten die Landung vom Meer aus. Було дуже небезпечно.Meine Mutter und ich kehrten erst im Sommer 2023 nach Odessa zurück, zu meinem Vater. Das Treffen war sehr emotional, da unsere Familie vor dem Krieg glücklich lebte und nie getrennt war!
Doch der Beschuss durch Raketen und Drohnen hörte nicht auf. Jeden Tag liefen wir zur Tiefgarage und saßen dort. Alarme traten 4 bis 5 Mal täglich für 1 bis 2 Stunden auf. Manchmal warteten wir nur auf zusätzliche Informationen darüber, WAS flog und WO wurde angegriffen.
WARUM fragen Sie sich vielleicht? Es ist logisch, sich zu verstecken, wenn Gefahr droht … Dazu gehört Erfahrung,

Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses
Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses

Der heftigste Beschuss findet meist nachts statt. Aber Sie verstehen, dass es unmöglich ist, JEDE NACHT wach zu bleiben. Der menschliche Körper hat seine Grenzen. Manchmal habe ich tief und fest geschlafen. Mein Vater legte sich neben mich und umarmte mich mit seinem Körper, als würde er mich mit einer Decke zudecken.

Kürzlich ereignete sich in meiner Stadt eine Tragödie – eine russische Drohne stürzte in ein Hochhaus. Als die Toten unter den Trümmern hervorgeholt wurden, lagen die Leichen so, dass die Eltern die Kinder mit ihren Körpern zudeckten. Damals starben 5 Kinder und 16 Erwachsene – normale, friedliche Familien.

Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses
Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses

Das ist eine schwierige Rede, aber es ist meine Mission, dass möglichst viele Menschen erfahren, wie die Ukrainer jeden Tag leben. In Odessa gibt es Flugabwehrmaßnahmen. Ohne diesen Schutz gäbe es meine Stadt nicht mehr. Es gibt viele Beispiele – als von ehemals blühenden Städten nur noch Ruinen übrig blieben.

Mein Vater bleibt in Odessa und hilft dem Militär, ich lerne online an der Schule in Odessa und sehe jeden Tag Informationen über Gefahren, Unterrichtsausfälle und Videos aus dem Luftschutzbunker der Schule. Die Situation wird von Tag zu Tag schlimmer. Die Russen bombardieren unsere friedliche Stadt mit Streubomben. Friedliche Menschen sterben, Familien sterben, Kinder sterben.

Diesen Sommer beschlossen meine Eltern, mich nicht mit nach Hause zu nehmen. Ich werde meinen Vater diesen Sommer nicht umarmen können.

Finalist:innen des zweiten Redeblocks am zweiten Tag im Wiener ORF-Zentrum - mit Juryvorsitzendem, ORF-Wien-Vertreterin, Moderatorin und einem Sponsor-Vertreter

Was wäre ein Regenbogen mit nur einer Farbe?

So junge und schon so tough – der erste und Gesamteindruck der Rede des erst 13-jährigen Vincent Pellegrini am zweiten Wiener Finaltag des 15. Durchgangs von „SAG’S MULTI!“, dem mehrsprachigen Redebewerb. Auf Französisch und Deutsch versprühte der Schüler aus dem Lycée Français zu Beginn des zweiten Rede-Blocks, dem Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… beiwohnte, im Hugo-Portisch-Atrium des ORF-Zentrums auf dem Küniglberg Energie, Freude, Lust am Sprechen und an Sprachen. Nicht nur den beiden, die er verwendete – Französisch und Deutsch (letztere müssen alle Teilnehmer:innen verwenden).

Vielfalt ist unsere Tradition

Er selbst spricht auch noch Englisch, da in den USA geboren, sowie Spanisch, die Sprache eines seiner Urgroßväter. Latein und Altgriechisch zählt er auch zu seinem Repertoire, „aber erst, wenn ich dann noch Italienisch gelernt habe, werde ich ich selbst sein.“ Er fühle sich als Sag’s Multi und liebe Wien gerade, weil es so ein Mosaik aus vielen Sprachen und Kulturen ist. In seiner mitreißenden Rede interpretierte er die biblische Geschichte vom Turmbau zu Babel um: Nicht Zwietracht hätte Gott mit der „babylonischen Sprachverwirrung“ unter die Menschen bringen wollen, sondern er wollte sie dazu bewegen, sich in ihrer Vielfalt verständigen zu lernen.

„Unsere neue Tradition wird es sein, multikulturell zu sein, indem wir mehrsprachig sind – ich spreche, wir sprechen, also sind wir!“

„Mitbestimmen, mitgestalten – Meine Stimme, mein Tun“…

… lautet das Thema des Bewerbs in diesem Schuljahr. 373 Schüler:innen – von der siebenten bis zur zwölften bzw. 13. (BHS) Schulstufe – hatten ihre Videos dazu eingesandt. Rund 100 Juror:innen – all der verwendeten Sprachen – sahen sich in Summe rund 40 Stunden der digitalen Reden an. Die besten 165 durften neue Reden im Finale und das live und analog (gleichzeitig digital gestreamt) halten. Seit der ORF Träger des Bewerbs ist (2020) und nach der Pandemie fanden/finden die Finalrunden jeweils in Landesstudios des öffentlich rechtlichen Rundfunks statt, in Innsbruck waren heuer erstmals auch Teilnehmer:innen aus dem benachbarten Italien, aus Südtirol mit dabei. Kassandra Steiner, Social-Media-Redakteurin im ORF Wien, moderierte die drei Finaltage auf dem Küniglberg, zitierte vor jeder Rednerin, vor jedem Redner Sätze aus deren Beiträgen in der Hauptrunde und führte danach kurze Live-interviews.

Wien – Prag – Paris

Ebenfalls von der französischen Schule in Wien kommt der 15-jährige Tobias Gross, liebe Deutsch und Französisch, Wien und Paris, die Donau und die Sein, aber genauso Prag und die Moldau – erzählte er blumig in seiner Deutsch-Tschechischen Rede. Sprachen sind Brücken für das Zusammenleben. Und mit jeder Sprache komme man der jeweiligen Kultur viel näher als beim Lesen von in die eigene Sprache übersetzten Texten. Ähnlich wie sein Vorredner beendete er seinen Beitrag mit einem aus Star Wars entliehenen Spruch: „Möge die Kraft und Macht der Sprachen mit Ihnen sein!“

Mitschüler:innen vertrieben seine Ängste

Bevor er mit acht Jahren das erste Mal in Wien in eine Volksschulklasse kam, habe er große Ängste gehabt, so gestand Alwaled Alkoud auf Arabisch und Deutsch. Doch binnen kürzester Zeit seien die völlig verflogen: Die Sitznachbarin habe etliches für ihn auf Arabisch übersetzt, seine Lehrerin – vom Balkan – und sein bester Freund, ein dunkelhäutiger Klassenkamerad, sowie andere Kinder mit weiteren Sprachen haben ihm die Integration leicht gemacht. Dies sei einer der großen Vorteile von Vielfalt, schlussfolgert der Schüler des Gymnasiums auf dem Bertha-von-Suttner Schulschiff in Wien-Floridsdorf (21. Bezirk).

Was er aber nicht verstehe, „dass so viele Kinder und Jugendlichen checken, dass Vielfalt schön und bereichernd ist, es aber Erwachsene gibt, die das noch immer nicht verstehen. Ein Regenbogen mit nur einer Farbe wäre doch auch nicht schön!“

Gefahr, in schlechten Nachrichten zu ertrinken

Die 17-jährige Theresia Čarnogurský aus dem Wiedner Gymnasium/ Sir Karl Popper Schule widmete sich in ihrer Rede (Slowakisch) der Flut von Nachrichten nicht zuletzt dank Internet und Social Media. Einerseits fände sie es sozusagen super, dass du ständig Informationen aus aller Welt verfügbar hast, andererseits können – insbesondere Nachrichten und Bilder über Kriege und Katastrophen dazu führen, dass diese wie eine Last auf eine/einen drücke. Sie sei sogar einmal fast in der Fülle solcher geistig und psychisch ertrunken. Da brauche es Pausen – und Konzentration auf angenehme, positive Meldungen und Gespräche im eigenen Umfeld. Damit wolle sie aber keineswegs für ein „Abschalten“ plädieren. Es sei sehr wichtig zu wissen, was in der Welt los ist.

Künftigen Generationen nicht die Zukunft stehlen

Florian Nehlich (16), auch aus dem Wiedner Gymnasium /Sir Karl Popper Schule, versuchte die Zuhörer:innen zu Beginn sich auf Perspektivenwechsel einzulassen. Wer im Raum sei die/der Wertvollste? Das käme wohl auf die Sichtweise an. Könnten Juror:innen sein, seine Mutter, genauso wie alle der jungen Redner:innen…

Den Hauptteil seiner Rede– auf Englisch und Deutsch –  widmete er kritischen Blicken auf eines der größten aktuellen Probleme, den Ressourcenverbrauch ohne oder jedenfalls mit zu wenig Rücksicht auf kommende Generationen.

Gegen Wissenschafts-Skepsis

Silvia Petrová (17) aus der Schule wie ihre beiden Vorredner:innen nahm die in Österreich weit verbreitete Skepsis gegenüber wissenschaftlichen Erkenntnissen aufs Korn – auf Bulgarisch und natürlich Deutsch. Als Beispiel führte sie Gentechnik an und sprach sich für – natürlich gut kontrollierten – Einsatz derselben an. Ohne diese hätte es beispielsweise bei Corona nicht innerhalb so kurzer Zeit den wirksamen Impfstoff gegeben.

Alwaled Alkoud aus dem Bertha-von-Suttner-Schulschiff sprach Arabisch und Deutsch
Alwaled Alkoud der schon viel hinter sich hat…

Weite „Reise“

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… sprach in der Pause nach dem Block dieser sechs Redner:innen kurz mit Alwaled Alkoud. Er erzählte: Ich bin in Abu Dhabi geboren und die ersten fünf Jahre aufgewachsen, dann kam ich mit meinen Eltern nach Syrien, wo wir schon nach einem Jahr wegmussten. Aber auch in der Türkei bin ich in eine arabische Schule gegangen, daher hatte ich dann in Österreich wie ich in meiner Rede berichtet habe, zuerst Angst vor der neuen Klasse. Ich dachte, ich wäre der einzige mit Arabisch oder überhaupt einer anderen Sprache als Deutsch. Die Vielfalt in der Klasse und die vielen Sprachen der Kinder haben mir sehr, sehr geholfen.“

Europäische Union

Neben ihm saß Julia Gapik (16), ebenfalls vom Bertha-von-Suttner Schulschiff. Und da sie schon im vorangegangenen Block dran war, fragte KiJuKu sie nach ihrem Thema und ihrer Rede. „Ich hab über Europa – die Zukunft braucht uns alle geredet (auf Polnisch und selbstverständlich Deutsch). Wir alle, egal wo wer herkommt, welche Hautfarbe oder Religion er oder sie hat – alle sind gefordert, an diesem gemeinsamen Europa zu arbeiten. Und es wird auch alle brauchen.“ Sie selbst habe sich durch einzelne herausragende junge Menschen zu ihrer Rede inspirieren lassen. Im Stream zum Nachhören beschreibt sie etwa Halin, die aus Indien kommt, auch Japanisch und Russisch kann, einen Buchklub auf die Beine gestellt hat, in einem Debattierklub ist, Psychotherapeutin werden will – und neben der Handelsschule samstags gearbeitet hat. Warum sollte so ein Mensch nicht an der Gestaltung Europas mitwirken? Und sie verweis auf das Motto der EU „In Vielfalt vereint!“

Gala im Wiener Rathaus am 17. Juni

Seit Anfang April hat es bereits sechs Sag’s Multi Veranstaltungstage in Graz, St. Pölten, Innsbruck, Linz und Eisenstadt gegeben. Am Freitag (26. April) findet – wieder im ORF-Zentrum auf dem Wiener Küniglberg der letzte Finaltag des diesjährigen Bewerbs statt. Und wie Jury-Vorsitzender und „SAG’S-MULTI!“-Erfinder Peter Wesely immer betont, „alle Finalist:innen haben schon gewonnen“, aber darüber hinaus kürt die Jury auch noch die Besten der Besten zu Preisträgerinnen und Preisträgern. Und diese werden bei der feierlichen Gala im großen Festsaal des Wiener Rathauses, zu der alle Finalist:innen eingeladen sind, geehrt – und auch erst dort bekanntgegeben. Diese steigt am 17. Juni 2024.

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Links zu den Streams der (meisten) bisherigen Finaltage des aktuelen, 15. Mehrsprachigen Redebewerbs „SAG’S Multi!“

tvthek.orf.at -> Wien, 25. April 2024

tvthek.orf.at -> Wien, 24. April 2024

tvthek.orf.at -> Burgenland

tvthek.orf.at -> Niederösterreich

tvthek.orf.at -> Oberoesterreich

tvthek.orf.at -> Steiermark, Teil 1

tvthek.orf.at -> Steiermark, Teil 2

tvthek.orf.at -> Tirol

sagsmulti.ORF.at

Die Alumnis, also vormalige Preisträger:innen, Tracy-Cindy Agbogbe, Arkadi Jeghiazarian, Melisa Mete, Sabiha Moradi und Banan Sakbani lasen Auszüge aus den Reden der diesjährigen Preisträger:innen – hier der mittleren Alters-Kategorie

Wenn ich Superkräfte habe, dann…

Zum 15. Mal bietet der mehrsprachige Redewettbewerb „Sag’s Multi!“ Jugendlichen die Chance, ihre Gedanken, Meinungen, Wünsche, Forderungen, Perspektiven in jeweils zwei Sprache – Deutsch und einer selbstgewählten, egal ob mitgebrachte Familien- oder erlernte Fremdsprache – zu Gehör zu bringen. Zum vierten Mal ist der ORF Host des Bewerbs, die Finalrunden finden in mindestens sechs der Landesstudios (Wien, Niederösterreich, Burgenland, Steiermark, Salzburg und Tirol) und möglicherweise in zwei weiteren statt – und werden dann live gestreamt.

Die Themen in diesem Schuljahr, zu denen die Reden Jugendlicher erwünscht sind:
* Mitbestimmen, mitgestalten – Meine Stimme, mein Tun
* Wir – unser(e) Leben, unsere Vielfalt, unsere Zukunft
* Wenn ich Superkräfte hätte, dann…
* Technologie und Digitalisierung – meine Welt von morgen
* Europa – die Zukunft braucht uns alle
* Menschenleben Menschenrechte Menschenpflichten
* Meine Sprache, meine Stärke, meine Welt
* Safer Spaces – Was gibt mir Sicherheit?

Ab sofort können Jugendliche – ab der 7. Schulstufe bis Ende der Schulzeit (12. Bzw. in BHS 13. Schulstufe) – sich für den Bewerb anmelden. Sowohl für die Vor- als auch die Hauptrunden senden die Jugendlichen – wie in den vergangenen drei Jahren – Videos ein, erst die Finalrunden finden analog und live statt. Die Preisträger:innen und alle Finalist:innen sind für den 17. Juni 2024 zur Abschluss-Gala im Wiener Rathaus eingeladen.

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