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Szenenfoto aus "Kill my Phantomes"
Szenenfoto aus "Kill my Phantomes"
08.03.2025

Schütze mich vor dem, was ich möchte

In einem Pavillon der Baumgartner Höhe, vormals Psychiatrisches Krankenhaus, spielt ein Stationen-Theater ein „sozialökologisches“ Therapiezentrum für Menschen bevor sie in Pflanzen übergehen.

In einem Raum mit riesigem Bett und glänzendem roten Überwurf für dieses spielt Angie (Alice Peterhans) intensive fiktives Unboxing, preist die unsichtbaren Waren für ihre Follower an mit Fingerzeig, wo sie Likes oder Comments hinterlassen könnten. Das war ihr Leben bevor sie hier ins „sozialökologische“ Therapiezentrum kam.

Im Raum daneben massiert Enzo (Phillipp Laabmayr) Blätter einer schon groß gewachsenen Topfpflanze, spricht mit ihr. Sie ist ebenso wie der legendäre Karl, der später im großen Gruppentherapieraum Gesprächsthema sein wird, „übergegangen“.

Wer zu viel CO2 verbraucht, bekommt zuerst Flecken und verwandelt sich dann in eine Pflanze. Insbesondere Bäume sind „Maschinen gegen den Klimawandel“ wie es schon vor rund 20 Jahren die von Kindern ausgehende Initiative „Plant for the Planet“, die weltweit Millionen von Bäumen gepflanzt bzw. deren Pflanzung initiiert hat, auf den Punkt brachte.

Wer tut mehr für die Menschheit?

Neurowissenschafterin Jutta (Julia Schranz), die schon als Kind davon getrieben war, Gutes für die Menschen zu tun, kriegt sich bei einem Tischtennisspiel mit Angie in die Haare. Das via Social Media-Kanäle Anpreisen von Waren, die meist weit mit dem Flugzeug transportiert werden, schade doch dem Klima extrem. Wahrscheinlich in den Frachträumen jener Flieger, mit denen die Wissenschafter zu Kongressen, Tagungen usw. reise. Außerdem würde sie ja ihren Followern Glücksmomente verschaffen…

Vierter im Bunde der Klient:innen ist Marcel (Martin Hemmer) an seinem ersten Tag. Er habe sich sozusagen selber eingeliefert, weil er zu viel Energei verbrauche – und zwar ausgerechnet durch Gadgets an jedem seiner elektrischen und elektronischen Geräte, die den Stromverbrauch drosseln sollen 😉

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Kill my Phantomes“

Mini-Waschung

Hier in der Klinik – übrigens spielt die Performance in einem Pavillon der Baumgartner Höhe, die früher Lungen sowie psychiatrische Abteilungen beherbergte – sollen die Klient:innen ressourcenschonenderes Verhalten in ihrem Leben erlernen. Weshalb sie in der Waschzeremonie üben, mit einer kleinen Spritze Wasser aufzunehmen und mit wenigen Tropfen den Körper reinigen lernen. Andernfalls sie „verbaumt“ oder „verpflanzt“ werden.

Das Publikum kann in „Kill my Phantoms“ (bis Mitte März 2025 – siehe Info-Box am Ende des Beitrages) von Raum zu Raum wandern, sozusagen Einzeltherapiesitzungen beobachten, hin und wieder ruft die Leiterin Britta (Birgit Stöger, die bei jener Vorstellung, die KiJuKU gesehen hat, erkrankt und von der Regisseurin Veronika Glatzner – lesend – ersetzt wurde) alle in den Gruppen-Therapieraum, wo’s zugeht wie in Parodien solcher Sitzungen in Kabarettprogrammen und Filmen. Momente, die zum Lachen einladen, ja fallweise fast zwingen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Kill my Phantomes“

Neben- oder Nachwirkung

Glatzner hat die rund eineinhalbstündigen Performance (Produktion von TEMPORA – Verein für vorübergehende Kunst in Koproduktion mit WUK performing arts) konzipiert und leitet sie auch künstlerisch. Mit an Bord ist als „medizintechnischer Assistenzarzt“ Barry b. fleischmann, der über seinen Laptop Musik, Sounds und Geräusche erklingen lässt. Auf ihrem krankenhaus-grünen Gewand (Nina Samadi) tragen die Klient:innen übrigens den Spruch „Protect me from what I want“ (Schütz mich vor dem was ich möchte/will)!

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Kill my Phantomes“

Eine humorvoller „Wander“-Abend von Station zu Station, Szene zu Szene, der nicht nur unseren Umgang mit Ressourcen, sondern auch den zwischenmenschlichen gar nicht besonders plakativ thematisiert und (möglicherweise) in den Köpfen nachhallt – sozusagen eine „Nebenwirkung“ der Therapie-Persiflage.

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INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Kill my Phantomes

TEMPORA – Verein für vorübergehende Kunst in Koproduktion mit WUK performing arts

Konzept, künstlerische Leitung, Regie: Veronika Glatzner
Von und mit
Barry: b. fleischmann
Marcel: Martin Hemmer
Enzo: Phillipp Laabmayr
Angie: Alice Peterhans
Jutta: Julia Schranz
Britta, Therapie-Leiterin: Birgit Stöger (bei jener Vorstellung, die KiJuKU gesehen hat, erkrankt und von der Regisseur – lesend – ersetzt)

Sounddesign: b. fleischmann
Musiker:innen: Martin Hemmer, Alice Peterhans
Szenografie, Licht: Manuel Biedermann, Laura Malmberg und Paul Sturminger
Kostüme: Nina Samadi
Outside Eye (dramaturgische Beratung): Alina Hainig
Dramaturgische Mitarbeit und Recherche: Julia Schranz
Regieassistenz: Cintia Sepp
Produktion: Magdalena Stolhofer / dieKulturtanten
Grafik Heike Schäfer

Wann & wo?

Bis 15. März 2025, jeweils 19.30 Uhr
Otto Wagner Areal, Pavillon 24
1140, Baumgartnerhöhe 1
tempora.org

wuk -> kill-my-phantoms