„Pinocchio“ im Dschungel Wien – Fee erklärt Pinocchio Vorteile seiner hölzernen Existenz.
Ach, wie einfach wäre es doch, würden Fake News so deutlich erkennbar sein, wie die lang und länger werdende Nase des berühmten lebendig gewordenen Pinien-Holzstücks vulgo Pinocchio, bei dessen Lügen 😉 – die Erfindung von Carlo Lorenzini, besser bekannt unter dem Künstlernamen nach seinem Heimatort Collodi (Teil der Gemeinde Pescia in der Toskana, Italien) aus dem Jahr 1881. Diese Geschichte wurde und wird sehr oft auch in Dutzenden Theater- und Film-Versionen gespielt. Nun also – wieder – einmal als „Weihnachtsstück“ im Dschungel Wien, dem Theaterhaus für junges Publikum im MuseumsQuartier. Traditionell läuft hier einzig und allein in der Adventzeit ein Stück mehrere Wochen, laufen nur wenige Tage, so manche allerdings mit mehreren Wiederaufnahmen.
Passend zur Tischlerwerkstatt von Meister Geppetto ist ein Gutteil der Bühne im Holz-Design (Bühne, Kostüme: Alex Gahr); übrigens – wie aus dem (pädagogischen) Begleitmaterial hervorgeht, recycelt aus einem Bühnenbild in St. Pölten (Niederösterreich). Wobei anzumerken ist, dass auf Initiative des technischen Leiters im Dschungel Wien, Hannes Röbisch, der bei Pinocchio gemeinsam mit Christo Novak die Lichtstimmungen gestaltete, nicht selten bei Bühnenbilder Materialine wieder verwendet werden.
Sich an die Geschichte des Originals haltend, haben Lukas Schrenk und Nils Strunk diese spielfreudige Version, die vor dem ersten Adventsonntag Premiere hatte, geschrieben und Musik dazu gefunden; Henry Morales als Co-Autor steuerte vor allem italienische Passagen bei – eine Brücke zum Original (Regie: Leonard Dick). Neben Textpassagen in dieser Sprache setzt diese knapp mehr als 1¼-stündige Fassung auf viele italienische Elementen, nicht zuletzt Musik von Volksliedern über Pop-Songs bis zu Opernarien (Musikalische Leitung: Andrej Agranovski) des südlichen Nachbarlandes.
Der Tischler, der eigentlich nur mehr das letzte Bein für einen Tisch aus einem Holzblock hauen will, meint erst Stimmen im eigenen Kopf zu vernehmen, als er „Nein, bitte nicht schlagen!“ hört. Womit schon bald nach Beginn die Botschaft gegen Gewalt in der Erziehung mitschwingt. Es braucht wohl nicht extra lang ausgeführt werden, dass es nix wird mit dem Tischbein, Geppetto schnitzt nun zunächst eine Holzpuppe, die natürlich jetzt erst recht sprechen kann – und ein richtiges Kind werden will.
Dieses Kind, anfangs mit bewusst hölzernen Bewegungen, wird von Florian Klingler verkörpert – der einzige des kleinen Ensembles, der „nur“ eine Rolle spielt. Selbst der finanziell ums Überleben kämpfende nun alleinerziehenden Tischlermeister muss sich seinen Darsteller Wolfram Rupperti zumindest kurzfristig mit dem Puppenspieler MangiaFuoco im Marionettentheater, einer der Stationen von Pinocchios Weg ins Leben, teilen.
Die Fee aus dem Original ist hier „nebenbei“ der Geist der verstorbenen Ehefrau Geppettos. Sie wird – ebenso wie die Katze, eine Obstverkäuferin, eine Fischerin, eine Nachbarin und eines der den Tischler ärgernden Kinder namens Nico von Jasmin Weissmann gespielt. Den Fuchs, der gemeinsam mit der Katze Pinocchio mit einem bösen Trick diesen um seine Goldstücke bringt, gibt Lara Sienczak. Darüber hinaus tritt sie noch als zweite Fischerin, Nicos Kumpel Toni, eine Polizistin, aber vor allem als coole, in dem Fall auch singende, Grille Grillo Parlante (vom Italienischen parlare – sprechen, auf Korsisch – Insel Korsika – steht parlante übrigens für Lautsprecher) auf.
Auf und vor der sich immer wieder wandelnden, drehbaren Bühnenkonstruktion nehmen die vier spielfreudigen Darsteller:innen das Publikum abwechslungsreich mit zu den Abenteuern der „Holzfigur“ auf der Suche nach der ganzen Welt und seinem Platz in dieser. Auch wenn er mit seiner Existenz hadert: „Ich wünschte, ich wäre nicht aus Holz“. Die Fee verklickert ihm einen wesentlichen Vorteil seiner Materialität: „Im Wasser schwimmst du immer oben!“ So könne er nicht untergehen – und das nicht nur im Wasser, was sie mit anklingen lässt.
Und das mit der Nase – die hier ohnehin nur selten und das nur vorübergehend, einmal dafür uuuuurlange, wächst, sei auch ein Vorteil: „Dein Körper zeigt immer die Wahrheit! Man kann dir vertrauen! Du bist immer ehrlich, ob du willst oder nicht!“
Und dann bestärkt sie ich – und damit die Inszenierung die jungen Zuschauer:innen gleichermaßen: „Es reicht, wenn du einfach du selbst bist, Pinocchio! Credi in te!“
Was Pinocchio ein „Was?“ entlockt und die Fee erklärend anfügt: „Glaub an dich!“
Übrigens – ähnlich wie in Miguel Cervantes zweiteiligem Roman „Don Quijote“, wo die Windmühlen keine zwei der rund 1500 Seiten umfassen, hat sich das Lügen-Nasen-Wachstum von Pinocchio in den 150 Jahren überdimensional überhöht verselbstständigt. In Collodis Buch kommt das nur auf den sechs Seiten des 17. von 40 Kapiteln (insgesamt rund 270 Seiten, je nach Ausgabe) vor;)
Nach dem Roman von Carlo Collodi
von Nils Strunk und Lukas Schrenk
Schauspiel mit Musik; ab 6 Jahren; 80 Minuten
Idee, Text, Musik: Lukas Schrenk, Nils Strunk
Co-Autor + italienische Texte: Henry Morales
Schauspiel
Pinocchio: Florian Klingler
Geppetto / MagiaFuoco: Wolfram Rupperti
Toni / Polizei / Grillo Parlante / Fuchs / Fischer*in: Lara Sienczak
Nico / Obstverkäufer*in / Fee / Katze / Nachbar*in / Fischer*in: Jasmin Weissmann
Regie: Leonard Dick
Musikalische Leitung: Andrej Agranovski
Bühne, Kostüme: Alex Gahr
Regie-Assistenz: Emily Nagl
Licht: Hannes Röbisch, Christo Novak
Aufführungsrechte: Felix Bloch Erben GmbH & Co. KG, Berlin
Bis 4. Jänner 2026
Dschungel Wien: 1070, MuseumsQuartier
Telefon: 01 522 07 20-20
dschungelwien –> pinocchio
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