Ohrenschmaus 2024, Ehrenliste: Auszüge aus dem Text von Julian Messner.
Die Freiheit, von der ich lange geträumt habe, wird es für mich nie geben. Ich habe Trisomie 21 oder das Down-Syndrom. Das ist keine Krankheit, das lässt sich nicht heilen, das geht nicht weg, die Behinderung ist da, ob ich will oder nicht. Das habe ich nach und nach eingesehen und akzeptiert.
Die Vorstellung von Freiheit ändert sich mit der Zeit. Mit fünfzehn, sechzehn Jahren habe ich geglaubt, von daheim ausziehen bedeutet Freiheit. Mit Einwilligung meiner Mutter habe ich mich in die Warteliste des Wohnheimes eintragen lassen und habe gewartet. Was bin ich doch froh, dass nicht schnell ein Platz frei geworden ist, denn ich habe bald gemerkt, ich kann wohl nirgends freier leben als daheim. …
Meinen Arbeitsplatz habe ich selber gewählt, nach einem Probeschnuppern habe ich mich für das Integrierte Kunstatelier entschieden. Aus dem Kunstatelier ist 2011 die Kunstwerkstatt der Lebenshilfe geworden. Dieser Arbeitsplatz ist genau richtig für mich, ich habe diese Wahl nie bereut. Freiheit?
Ja! Dennoch gibt es einen Wermutstropfen. Ich muss dafür zahlen, dass ich dort arbeiten darf, und zwar doppelt so viel wie ich verdiene. Zudem muss ich auch noch an Arbeitstagen 10 € für das Mittagessen in der Mensa zahlen. Wenn ich nicht eine bescheidene Hinterbliebenenrente von meinem verstorbenen Vater bekäme, könnte ich mir die Arbeit in der Kunstwerkstatt nicht leisten. Dabei arbeite ich so gerne und male schöne Bilder. …
Die wichtigste Freiheit ist für mich die Gedankenfreiheit. Die nehme ich mir, ich lasse mir von niemanden vorschreiben, was und wie ich denke.
gedanken tanzen durch meinen kopf
blubbern aus meinem mund
formen sich zu einem gedicht
zu einem text
ich darf zeichnen
darf malen
darf theater spielen
kann singen und trommeln
werde gut versorgt
fühle mich umsorgt
werde geliebt
darf lieben
das ist meine FREIHEIT
Ich bin glücklich und zufrieden mit meinen Freiheiten.