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Preisträgerin Hanna Gugler
"Ohrenschmaus"-Preisträgerin Hanna Gugler
03.04.2021

Ich, mein Freund und das miese Coronavirus

Ich habe einen Freund. Er heißt Matthias und ist so süß und so romantisch, und manchmal ist er ein Kasperl, der immer nur Birne sagt, er sagt dann: Birne, Birne, Birne! Und das stört mich manchmal, aber was sich liebt, das neckt sich, und das neckt sich wirklich.

Ich habe meinen Freund 22 Wochen nicht gesehen, das ist eine echt lange Zeit für uns, weil die Liebe so ist, und das können wir nicht ändern, weil ich gehöre zu meinem Freund, und mein Freund gehört zu mir. Wir sind ein glückliches Liebespaar, und wir gehören immer zusammen, und wir machen auch viele gemeinsame Sachen gemeinsam. Aber nicht jetzt, weil wegen dem Scheiß-Coronavirus konnten wir uns nicht sehen, und das ist blöd, weil wir gehören zusammen.

Wir haben uns so lange nicht gesehen, weil es wichtig ist aufzupassen wegen dem Coronavirus. Seine Familie hat gesagt, sie wollen aufpassen, und meine auch, und wenn wir uns sehen, wollen wir knutschen, aber das geht nicht, weil wenn man sich küsst, kann man das Coronavirus bekommen, und deshalb konnten wir uns nicht sehen.

Mein Freund hat mich jeden Tag vermisst, und auch ich habe meinen Freund so sehr vermisst. Es war echt eine sehr lange Zeit, dass ich meinen Freund nicht knuddeln und auch nicht küssen konnte.

Ich war in Stephanshart und mein Freund in Allhartsberg, das ist wirklich nicht in der Nähe von mir. Ich wollte meinen Freund wiedersehen, und ich war immer so einsam und so alleine, wenn er keine Zeit für mich hatte, und dann war ich so traurig, dass er mir nicht zurückschreibt.

Ich habe meinen Freund nur über Skype und auf Whatsapp auf Video gesehen. Da sehe ich immer, ob es meinem Freund eh gut geht, und da bin ich so froh, dass ich meinen Freund wiedersehen konnte, und ich möchte ihn niemals alleine lassen, und ich schreibe immer über meinen Schatz, weil die Liebe schreibt immer die Wahrheit. Wir haben uns geschrieben, dass wir uns immer lieben, oder auch wann wir uns sehen können, und das hat mich auch so sehr gefreut, da habe ich immer geweint vor Freude. Da kam immer eine dicke Träne runter. Und das alles wegen dem Scheiß-Coronavirus.

Ich bin nämlich so froh, dass ich meinen Freund habe zum Knuddeln. Wir sind bald im Herbst, am 23. November, sieben Jahre zusammen, weil ich hab ihn kennengelernt und wir haben uns verliebt. Der erste Kuss war vor sieben Jahren, noch in Schüsselhub, da haben wir früher gewohnt, und da habe ich meinen ersten Kuss gekriegt von meinem Freund, und seitdem sind wir zusammen.

Er tanzt so gut wie ein Tänzer, und er küsst sehr gut, und er ist meine Kussmaschine, weil er schmeckt so gut wie ein Obstsalat und Nudelsalat, und ich vernasche ihn ziemlich. Er massiert mich so gut, und er ist mein Massagestudio, und er kann auch meine Füße massieren, weil ich liebe meine Fußmassage. Mein Freund kann viel besser klettern als ich, und ich mag ihn gerne, so wie er ist. Und er hat auch seine Schwäche beim Rechnen und ich auch. Manchmal kann er auch so stur sein, das mag ich nicht gerne, dass mein Freund so stur sein kann.

Er sagt auch, dass ich so süß bin und dass ich so schön bin wie eine rote Rose, und das mag ich so gerne, und er ist auch immer so schön, wunderschön wie ein Prinz.

Sonst haben wir uns öfters gesehen, aber jetzt können wir uns nicht sehen und nichts gemeinsam machen. Ich kann mit meinem Freund über alles reden, was er so im Tiefsten am Herzen hat, und er kann mir jederzeit schreiben. Manchmal schreibt er sogar, dass er mich heiraten will, und ich habe Ja gesagt, und er hat auch Ja gesagt, weil er so verliebt ist in mich. Ich möchte mit meinem Freund eine eigene Familie gründen, wirklich, und drum habe ich mich so verliebt in meinen Freund, und er ist auch so sehr verliebt in mich. Er bleibt für immer mein einziger Mensch und Freund auf der Erde und macht alles nur gut.

Am 14. 6. habe ich ihn wiedergesehen, und ich habe mich sehr gefreut und habe mich ziemlich sexy gemacht, ich habe verschiedene Klamotten angehabt, und ich war so froh, dass ich mein Schatzi wiedergesehen habe. Ich konnte ihn sehen, weil jetzt ist das mit dem Coronavirus nicht mehr so viel, und wir wollten uns so gerne sehen. Er ist zu mir gekommen, und wir haben zwei Stunden geknutscht und geredet, wie es ihm geht und was er macht. Wenn das Scheiß-Virus weg ist, dann sehen wir uns noch viel mehr, weil ich brauche mehr Liebe und mehr Küssen und mehr Knuddeln, wirklich.

Ich wünsche mir so sehr, dass das Coronavirus endlich aufhört, und das nervt so lange schon, und ich möchte meinen Freund wieder normal treffen und was unternehmen, und ich möchte so gerne meinen Geburtstag endlich nachfeiern, das vermisse ich auch so sehr, wirklich, mit Grillparty und auch mit Wodka trinken. Auch das brauchen wir nach diesen Scheiß-Virus-Zeiten.

Hanna Gugler
Eine Preisträgerin beim Literaturpreis „Ohrenschmaus“ 2020

INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Unter der Schirmherrschaft von Felix Mitterer wurde der Literaturpreis Ohrenschmaus nun zum 14. Mal vergeben. Ausgezeichnet werden stets Texte von Menschen mit Lernbehinderung und Schreibtalent. Dabei werden die Fähigkeiten und nicht die Defizite der Autor:innen in den Mittelpunkt gestellt.

Der Preis ist mit € 3.000,- dotiert und wird an 3 Hauptpreis-träger:innen verliehen. Zusätzlich gibt es auch die Schokoladenpreise: Heuer wurden 15 Texte ausgezeichnet und sind in der Banderole der Ohrenschmaus-Zotter MUT-Schokolade zu lesen: Ohrenschmaus -> Schokotexte

77 Autor:innen haben 2020 zum Ohrenschmaus eingereicht. Die prominente Jury setzt sich neben Schirmherr Felix Mitterer aus den Autor:innen und Kulturschaffenden Günter Kaindlstorfer, Vea Kaiser, Eva Jancak, Heinz Janisch und Ludwig Laher zusammen.

Der Literaturpreis Ohrenschmaus wurde von Dr. Franz-Joseph Huainigg ins Leben gerufen und wird seit 2007 jährlich verliehen. Die Autor:innen mit Lernbehinderung bieten authentische und einzigartige Einblicke in ihr Leben und Denken. Die ausgezeichneten Texte überzeugen ausschließlich durch ihre Qualität. Oder um es mit den Worten von Ohrenschmaus Jurymitglied und Schirmherr Felix Mitterer auszudrücken: „Kein Mitleidsbonus, keine Peinlichkeit – einfach Literatur!“

Viele Texte können – nach und nach – hier und später alle auf der Ohrenschmaus-Homepage nachgelesen werden: Ohrenschmaus.net/texte