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Werner Mössler bei einigen der musikalischen Schwingungen für Gehörlose

Musikalische Schwingungen für Gehörlose

Die Lehrerin Sarah Harvey Porter (1856-1922) brachte zusammen mit anderen Lehrkräften Musik in die Gehörlosenpädagogik ein. Porter lehrte u.a. an der Gallaudet University in Washington D.C., der einzigen Universität der Welt für Gehörlose, an der Vorlesungen in Gebärdensprache gehalten werden.

Berühmt wurden Sarah Harvey Porters „Musikalische Schwingungen für Gehörlose“. Bei fast jeder Übung für die gesamte Klasse werden in jedem Unterrichtsraum des New Yorker Instituts für Gehörlosenbildung folgende Elemente verwendet: Rhythmus der Augen, der Ohren, des Körpers und der Bewegung, sie werden gebraucht als Lehrbehelfe im Unterricht. Insbesondere wird dabei vom musikalischen Rhythmus Gebrauch gemacht.

1912, am rechten Ufer des Hudson im großen liberalen Staat New York in hübschen, perfekt ausgestatteten Gebäuden, umgeben von einer attraktiven und wunderschönen Landschaft, leben und lernen täglich rund 500 gehörlose Buben und Mädchen und stimmen sich – im wahrsten Sinne des Wortes – „rhythmisch auf ihr Leben ein“.

Diese „musikalischen Schwingungen für Gehörlose“ werden am diesjährigen internationalen Frauentag video-gestreamt. Der gehörlose Schauspieler Werner Mössler und sein hörender Kollege Markus Rupert, der auch die Gebärdensprache beherrscht, spielen diese Aufführung, die Herbert Gantschacher (Gesellschaft für Musik und Theater) für die Friedenswerkstatt des Visuellen Theaters inszeniert (und auch vom Englischen ins Deutsche übertragen) hat.

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Die Vorstellung wird am 8. März 2024 um 20 Uhr online gestreamt; Link zum Stream hier

Markus Rupert, Rita Luksch und Werner Mössler in Aktion

Besondere Salzburger Festspiele Nummer 3: „Dududerdudu“ als visuelles Musiktheater

Am Samstag, 22. Juli, steigen im Turnsaal der Volksschule Hüttschlag in Salzburg besondere Salzburger Festspiele. Am Tag der Eröffnung der großen, weltberühmten Festspiele in der Landeshauptstadt, findet zum dritten Mal ein visuelles Konzert mit Übersetzung in Österreichische Gebärdensprache statt.

Nach „Störung“ bei der Premiere im Jahre 2021 und „In Ewigkeit amen“ von Anton Wildgans als bilinguale Inszenierung in Österreichischer Gebärdensprache und Deutscher Lautsprache, organisierte „Arbos – Gesellschaft für Musik und Theater“ für dieses Jahr „Dududerdudu“ als visuelles Musiktheater in Österreichischer Gebärdensprache. Es sind dies Kompositionen von Otto M. Zykan – Details was gespielt wird, wann und wo in der ausführlichen Info-Box unten.

Markus Rupert, Rita Luksch und Werner Mössler in Aktion
Markus Rupert, Rita Luksch und Werner Mössler in Aktion
Szenenfoto aus dem Minidrama "Die Einen und die Anderen" von Dževad Karahasan

Als Tribut für Dževad Karahasan: Die Einen und die Anderen beim Visual-Festival

„Ich bin zum Scheiterhaufen verurteilt und folglich werde ich verbrennen. Aber das ist nur ein Ereignis, kein Argument. Wir werden uns also in der Ewigkeit wieder begegnen und dort die Diskussion fortsetzen.“ Diesen Satz lässt Dževad Karahasan in seinem Minidrama „Die einen und die Anderen“ den in einem Calvinistenprozess in Genf Verurteilten sagen. Anlässlich des am Samstag bekannt gewordenen Todes des 70-jährigen Schriftstellers aus Sarajevo, der Hauptstadt Bosnien-Herzegovinas hob „Visual 2023, das 24. Europäische und Internationale Visuelles Theater Festival“ dieses kurze so aussagekräftige auf den Punkt gebrachte und so aktuelle Stück ins Programm.

Szenenfoto aus dem Minidrama
Szenenfoto aus dem Minidrama „Die Einen und die Anderen“ von Dževad Karahasan

Werner Mössler, Markus Pol, Rita Luksch und Markus Rupert setzten den Text in Szene, die beiden zuletzt Genannten in deutscher Lautsprache; Ersterer in österreichischer Gebärdensprache, die dann als „Echo“ vom Zweitgenannten im Hintergrund verstärkt wurde. Alfred Aichholzer, Gregor Narnhofer und Thomas Trsek spielten – ebenfalls im Hintergrund – begleitende, unterstützende Musik zu dem Stück um einen seines Glaubens wegen Verurteilten. Auf der Seite der Eine – und andererseits jene, die meinen, im Besitz der Wahrheit zu sein und sich damit das Recht herausnehmen über das Leben anderer zu entscheiden, heißt es doch unter anderem bei Karahasan: „Diese Situation ist sehr kennzeichnend für die Politik (und leider auch für die Geschichte) als Theater: auf der einen Seite stehen jene als Figuren beziehungsweise Protagonisten, die über die Macht verfügen, Ereignisse hervorzurufen und zu gestalten, auf der anderen stehen als Antagonisten beziehungsweise Gegenfiguren jene, die an die Wahrheit glauben und über Argumente verfügen. Zwischen Ihnen – als Basis ihrer Beziehung – steht der Tod. Der Tod verknüpft diese Figuren in zweifacher Weise:
1. dadurch, dass erstere ihn den Zweiten zufügen (sie töten)
2. dadurch, dass er beider gemeinsames Kennzeichen ist, denn zum Glück sind beide sterblich.“

Szenenfoto aus dem Minidrama
Szenenfoto aus dem Minidrama „Die Einen und die Anderen“ von Dževad Karahasan

Dževad Karahasan …

… hatte Romane, Dramen, Essays und theoretische Schriften verfasst, mit denen er sich immer wieder als Vermittler zwischen Kulturen und Religionen verstand. Geboren 1953 in eine muslimische Familie in Bosnien, besuchte er eine christliche Schule (Franziskaner). Er studierte in Sarajevo Literatur- und Theaterwissenschaft, lehrte auch dort an der Akademie für szenische Künste. Als Sarajevo belagert wurde, konnte er flüchten – nach Österreich und wurde Gastdozent an verschiedenen europäischen Universitäten u.a. in Salzburg.

Zu seinen wichtigsten Werken zählen „Sara und Serafina“ (2000), „Der Trost des Nachthimmels. Roman in drei Teilen“ (2016) und 2019 der Erzählungsband „Ein Haus für die Müden“. Vor wenigen Monaten erschien „Einübung ins Schweben: Eine ethische und existentielle Grenzerfahrung vom literarischen Chronist Sarajevos“. Nach Ende der Kriege im vormaligen Jugoslawien wurde Karahasan Dramaturg am Nationaltheater von Sarajevo. Zugleich fand er in Graz eine zweite Heimat, wo er von 1996 bis 2003 als Stadtschreiber tätig war. Dabei empfing ihn die neue Heimat auch mit entsprechenden Auszeichnungen. So erhielt Dzevad Karahasan etwa 1995 für „Tagebuch der Aussiedlung“ den Bruno-Kreisky-Preis, 1999 den Wiener Herder-Preis, 2017 den Grazer Franz-Nabl-Preis. Und 2020 wurde Dževad Karahasan mit dem Goethepreis der Stadt Frankfurt geehrt.

Szenenfoto aus dem Minidrama
Szenenfoto aus dem Minidrama „Die Einen und die Anderen“ von Dževad Karahasan

Karahasan – ARBOS

Weniger in der breiten Öffentlichkeit bekannt ist, dass Dževad Karahasan ist seit seiner Flucht vor dem Krieg auch Dramaturg und Dramatiker von „ARBOS – Gesellschaft für Musik und Theater“ war. „Ich werde nie vergessen, wie er im Feber 1993 in Klagenfurt vor dem Probenraum stand nur mit den Sachen, die er bei sich trug. Also hab ich die Tür aufgemacht … Und daraus wurde eine sehr schöne Zusammenarbeit, die den Tod überdauert“, schreibt Herbert Gantschacher, der „Vater“ von ARBOS in einer eMail an Kinder I Jugend I Kultur I und mehr… Er führte bei vielen Stücken, die Karahasan für ARBOS schreib, Regie und übersetzte viele seiner Theatertexte. Dem oben genannten Monodrama „Die Einen und die Anderen“ fügte die Gruppe aus gegebenem Anlass einen Satz am Ende hinzu: „Wir werden uns in der Ewigkeit wiedersehen und die Diskussion dort fortsetzen“.

Kain

Nach dem aktuellen Einschub begann das Festival Visual 2023 wie geplant mit einer Inszenierung von Anton Wildgans‘ „Kain“. In der Regie Herbert Gantschachers spielten Werner Mössler, Markus Pol, Rita Luksch, Alfred Aichholzer, Markus Rupert, Gregor Narnhofer und Thomas Trsek.

In „Kain“ verbindet Anton Wildgans die biblischen Geschichten von der Vertreibung aus dem Paradies (Adam und Eva) und den bekannten Brudermord (Kain und Abel). Bei ihm ist die Titelfigur gehörlos. Damit war aufgelegt, diese Figur in der ARBOS-Version mit einem gehörlosen Schauspieler zu besetzen – und natürlich bilinguale zu inszenierne und spielen – Laut- und GebärdenspracheInszenierung.

Festival

Das 24. Europäische und internationale visuelle Theater-Festival läuft noch bis 17. Juni – live und analog im Theater Spielraum in der Wiener Kaiserstraße (siehe Info-Bos) UND vieles auch als Online-Streams – siehe Info-Box.

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Der Schauspieler Werner Mössler gebärdet - in drei Bildern - die drei Worte: Vergangenheit und Zukunft

Mit vier Sinnen über „Die Vergangenheit und die Zukunft“

Sie ist – wie viele Frauen (nicht nur) in der Kultur – in Vergessenheit geraten: Die Dichterin Mary Ann Moore (1843-1918). Sie verfügte über Tast-, Geruchs- und Geschmackssinn. Ihr vierter Sinn, das Hören, war beeinträchtigt. Und sie hat nichts gesehen. Zu ihrer Zeit war sie als Dichterin recht bekannt. Ihren literarisch größten Erfolg landete sie als Autorin des Buches „Musings“, ins Deutsche zu übersetzen mit „Träumereien“ oder „Grübeleien“ oder „Nachsinnen“ oder „Überlegungen“ oder „Sinnieren“.

Um sie der heutigen Vergessenheit zu entreißen, inszenierte Arbos, die Gesellschaft für Musik und Theater eine Performance auf der Basis des eben genannten Buches. In dieser spielen der gehörlose Schauspieler Werner Mössler und sein hörender Kollege, der auch die Gebärdensprache beherrscht, Markus Rupert Texte der genannten Dichterin (Regie und Produktion: Herbert Gantschacher).

Gedicht „Die Vergangenheit und die Zukunft“

Vergangen, Vergangenes ist vorbei für immer,
Ob mit Bedacht verbracht oder nicht;
Die Zukunft ist nicht, vielleicht nie,
Gebunden an unser irdisch Leben.

Vergangenes war voller Eindrücke
Gedacht zum Erneuern;
Die Zukunft, sollten wir sie erleben,
Kann uns Benachteiligten das beweisen.

Vergangenes war durchsetzt Freud und Leid,
Gut und Böse, Hoffnung und Furcht;
Die Zukunft wird gleich vermischt
Mit anderen Änderungen da.

Vergangenes können wir nicht mehr zurückholen,
Unser Tun können wir jedoch bereuen;
Die Zukunft kann Geschehenes nie ersetzen,
Fehler aus der Vergangenheit bleiben.

Vergangenes ist vorbei, und vorbei für immer,
Verbunden mit verbrauchter Macht;
Die Zukunft ist für uns unsicher,
Die Gegenwart allein ist unser.

(Ins Deutsche übertragen von Herbert Gantschacher)

Die Musiker:innen der Wiener Tschuschenkapelle am Foto links und Szenenaufnahme aus dem Puppenspiel "Der Kaiser von Atlantis (rechts) plus Schriftzug, dass es mehr als nur das eine bekannte Naujahrskonzert gibt

„Mir san net nur mir“ und Antikriegs-Oper

Neujahrskonzerte gibt es mehrere – nicht nur das berühmte der Wiener Philharmoniker aus dem Musikvereinssaal, das in rund 100 Länder übertragen wird. Im Volkstheater spielen Slavko Ninić und die Wiener Tschuschenkapelle unter dem Titel „Mir sann et nur mir“ im Wiener Volkstheater (18 Uhr). Und ARBOS – Gesellschaft für Musik und Theater überträgt ab 20 Uhr live und online „Der Kaiser von Atlantis oder die Tod-Verweigerung“ in der Inszenierung für Puppentheater aus dem Museum Grad Kromberk in Nova Gorica (Slowenien).

Über das Philharmoniker-Konzert, heuer dirigiert von Franz Welser-Möst, mit fast nur Strauß-Nummern, die zuvor noch nie beim Neujahrskonzert gespielt worden sind, braucht nicht viel geschrieben zu werden – praktisch alle Medien sind voll damit (gewesen).

Die Wiener Tschuschenkapelle
Die Wiener Tschuschenkapelle

Balkanmusik aus Österreich

Das Repertoire der „Wiener Tschuschenkapelle“ mit Band-Leader Slavko Ninić als Moderator, die mittlerweile auch schon zum 23. Mal zum frühabendlichen Neujahrskonzert im Wiener Volkstheater einladen, umfasst traditionelle sowie selbstkomponierte Lieder aus Balkanländern, Serenaden des Mittelmeeres, türkisch-arabisch-orientalen Weisen, griechischen Rembetiko, bosnische Sevdalinka und vieles mehr. Und bringt immer wieder (neue) Gäste dazu, Bühne und Saal zum Schwingen zu bringen – Details siehe Info-Box.

Die Tod-Verweigerung

Auch nicht zum ersten Mal überträgt ARBOS – Gesellschaft für Musik und Theater am Abend des 1. Jänner die Oper „Der Kaiser von Atlantis oder die Tod-Verweigerung“ live und online in einer Inszenierung für Puppentheater aus dem Museum Grad Kromberk im slowenischen Nova Gorica. Anlass: die 125. Widerkehr des Geburtstages von Viktor Ullmann, der diese Oper geschaffen hat – Im Konzentrationslager Theresienstadt.

In diesem Haus in der Berggasse wurde Viktor Ullmann am 1. Jänner 1898 in der Stadt Teschen geboren. Sein Vater Maximilian Ullmann war Berufsoffizier und zu dieser Zeit in Teschen stationiert. Zu dieser Zeit war die Stadt Teschen der Ort des Armee-Oberkommandos der k.u.k. Wehrmacht der Vielfachmonarchie des Herrscherhauses Habsburg. Heute ist die Stadt Teschen eine geteilte Stadt entlang des Flusses Olsa zwischen der Republik Polen, Cieszyn, und der Tschechischen Republik, Český Těšín.
In diesem Haus in der Berggasse wurde Viktor Ullmann am 1. Jänner 1898 in der Stadt Teschen geboren. Sein Vater Maximilian Ullmann war Berufsoffizier und zu dieser Zeit in Teschen stationiert. Zu dieser Zeit war die Stadt Teschen der Ort des Armee-Oberkommandos der k.u.k. Wehrmacht der Vielfachmonarchie des Herrscherhauses Habsburg. Heute ist die Stadt Teschen eine geteilte Stadt entlang des Flusses Olsa zwischen der Republik Polen, Cieszyn, und der Tschechischen Republik, Český Těšín.

Viktor Ullmann wurde als Soldat im Ersten Weltkrieg Zeuge des Giftgasangriffs an der Isonzofront am 24. Oktober 1917. Als Person jüdischer Herkunft wurde er von den Nazis erst ins KZ Theresienstadt verfrachtet – wo er trotzdem die Antikriegsoper schreiben und komponieren konnte. Am 16. Oktober 1944 wurde er ins Vernichtungslager Auschwitz gebracht, wo er zwei Tage später mit dem Giftgas Zyklon B – wie viele andere – ermordet wurde.

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