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Szenenfoto aus "Der geheime Garten" im Renaissancetheater (Theater der Jugend, Wien): Jonas Graber als Colin und Fabia Matuschek als Mary
Szenenfoto aus "Der geheime Garten" im Renaissancetheater (Theater der Jugend, Wien): Jonas Graber als Colin und Fabia Matuschek als Mary
17.10.2023

Außenseiterkinder finden in einem verboten Stück Natur zu sich und zueinander

„Der geheime Garten“ nach dem Roman von Frances Hodgson Burnett in einer Neuinszenierung der Stückfassung von vor 18 Jahren im Theater der Jugend (Wien).

Drei rund zehnjährige Kinder entdecken den geheimen, ja sogar verbotenen Garten im weitläufigen Anwesen von Lord Craven. Es wird ihr verschworener Treffpunkt, in dem sie aufblühen – und mithelfen, den seit Jahren vernachlässigten Garten auch wieder zum Blühen zu bringen.

Das ist kürzest zusammengefasst der Kern des seit wenigen Tagen im Renaissancetheater, dem großen Haus des Theaters der Jugend in Wien, laufenden Stücks „Der geheime Garten“. Es basiert auf dem gleichnamigen Roman von Frances Hodgson Burnett (1911 erstmals veröffentlicht als The Secret Garden). Und recycelt die Stückfassung des Direktors aus der Saison 2005/06, allerdings unter neuer Regie (Nicole Claudia Weber), die den Fokus noch stärker auf die gewandelte Mary legt – überzeugend stark gespielt von der noch sehr jungen Fabia Matuschek.

Verpflanzt, verboten

Der Garten ist geheim – und verboten. Niemand darf ihn betreten, so will’s Lord Craven. Es war der Lieblingsort seiner vor zehn Jahren verstorbenen Ehefrau. Gleich alt ist sein Sohn Colin, dem eingeredet wird, dass er sterbenskrank ist und nur im Bett liegen muss/darf.

Zu diesem Lord wird nun die zehnjährige Nichte Mary Lennox nach Misselthwaite Manor „verpflanzt“. Sie ist in Indien aufgewachsen, wo die britischen noblen Eltern nie Zeit für die Tochter hatten. Nun sind sie außerdem gestorben – im Roman an Cholera, im Film sowie der Version im Theater der Jugend bei einem Erdbeben.

Rascher Wandel

Wie auch immer, sie wurde in Indien von Hausangestellten vorne und hinten bedient, nicht einmal selber anziehen musste/konnte sie sich. Mit sanftem, liebevollem Druck durch ihre nunmehrige englische Bedienstete Martha Cunningham (sehr herzlich und überzeugend Christine Tielkes) vollführt sie rasch Schritte in Richtung Selbstständigkeit. Ihre frühere zickige Sturheit scheint hingegen das richtige Gesundungsmittel für den ständig ins Bett und in ein Korsett verbannten Colin (Jonas Graber) zu sein. Er ist der zehnjährige Sohn des Lords, den der Sohn aber fast nie zu Gesicht bekommt. Bei Colins Geburt starb dessen Mutter, für die der besagte Garten der Lieblingsort war. Weshalb Craven (Valentin Späth) – hier differenzierter als im Roman dargestellt – an einer Art gebrochenem Herzen leidet, den Sohn nur nachts, wenn dieser schläft, besucht und an den Garten nicht erinnert werden will.

Der mit den Tieren spricht

Dritter im Bunde der Kinder ist Dickon (Haris Ademovic), Marthas jüngerer Bruder (und nicht wie hier zunächst irrtümlich gestanden ist, Kindern). Er ist DER Freund aller Pflanzen und vor allem Tiere sowie bei (fast) allen Menschen sehr beliebt. Er hilft Mary, die ihn als erstes ins Vertrauen zieht, bei der Restaurierung des Gartens, in den sie später auch Colin, anfangs im Rollstuhl bringen. Die frische Luft, das Wachsen und Gedeihen im Garten lässt auch Colin schnell gesunden.

Gegenspielerin ist die hier noch heftiger als im Roman hartherzig und autoritär gezeichnete Chefin des Lord’schen Personals, Mrs. Medlock Karoline-Anni Reingraber (die im Übrigen auch die indische Ayah, das Kindermädchen Marys in den allerersten Szenen spielt). Die droht Mary angesichts deren Widerständigkeit mit Abschieben ins Erziehungsheim. Worauf ihr Colin „Asyl“ unter seinem Bett gewährt. Medlock droht übrigens auch dem Gärtner Ben Weatherstaff (Frank Engelhardt), der erst heimlich und dann offen zum Verbündeten der Kinder wird, mit Kündigung.

Eingebauter Wickel

Aber natürlich gibt’s ein Happy End. Weil aber offenbar die von der Autorin Frances Hodgson Burnett angelegte rein positive Entwicklung der Figuren zu wenig dramatisch erschien, baute Thomas Birkmeir, Autor der Stückfassung, einen Konflikt ein – Dickon verliebt sich in Mary und es kommt, obwohl Colin ja ihr Cousin ist, zu einer Eifersuchts-Rauferei im Garten. Wobei sie beide nicht auf Mary hören, die klipp und klar sagt: „Ich gehöre nichts und niemandem!“

Den Wickel hätte es gar nicht gebraucht, das Ensemble – zu dem noch Uwe Achilles (Soldat bzw. Diener) zählt, spielt derart spannend, dass auch die Jüngsten im Publikum durchgehend – zwei Stunden (eine Pause) drangeblieben sind. Eine Vierjährige (angesetzt ab 6) meinte zu Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… „mir hat alles gefallen“, besonders beeindruckend in Erinnerung geblieben ist ihr eine der allerersten Szenen, als „das Bett von Mary so gewackelt hat und zusammengebrochen ist“ (beim Erdbeben).

Bühnenbild und Kostüme beeindruckten

Pauline (12) fand das Stück „sehr toll, besonders gefallen haben mir die Bühne (Judith Leikauf, Karl Fehringer) und die Kostüme (Nina Holzapfel, Julia Klug). Erstaunt war ich, dass nur so wenige Leute gespielt haben.“ Das fand auch die elfjährige Filis: „Wirklich so wenige Leute – das hat sich nach viel mehr angefühlt. Und die Kostüme waren echt urcool!“

Eine bisher nicht genannte Figur ist das Rotkehlchen Robin, das Mary den Weg zum Schlüssel – und zu Gefühlen für ein Lebewesen – zeigt. Robin wird als Stabpuppe von unter dem Boden aus geführt und hüpft so am Bühnenrand manchmal auf und ab. Wobei es da leider für einen Großteil des Publikums nicht zu sehen ist. Wenn Robin fliegt, dann als Lichtspiele über die Kulissen.

Julia (6) holt sich ihr erstes Autogramm - von Fabia Matuschek, die großartig di Mary Lennox spielt
Julia (6) holt sich ihr erstes Autogramm – von Fabia Matuschek, die großartig di Mary Lennox spielt

Erste Autogramme

Nach der Premiere wartete die 6-jährige Julia, der „alles gefallen“ hat, geduldigst auf das Auftauchen der Schauspieler:innen, um sich von diesen Autogramme am Programmheft zu holen. „Ich war vorher noch nie in so einem großen Theater, nur in Schwechat im Theater Forum.“ Sie war so beeindruckt, dass sie fast sprachlos war, als sie dann Fabia Matuschek gegenüberstand. Die Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… verriet, „das ist auch erst mein zweites Autogramm, das ich gebe!“

Foto aus dem Kinofilm
Foto aus dem Kinofilm „Der geheime Garten“ (1993)

Übrigens demnächst: Verfilmung (1993) beim KinderFilmFestival

„Der Geheme Garten“ wurde auch mehrfach verfilmt. Die Us-amerikanische-britische aus dem Jahr 1993 wird in einer deutschen Synchronfassung beim diesjährigen KinderFilmFestival gezeigt (13., 15. und 19. November 2023 – siehe Info-Box)

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THEATER-, FILM- und BUCH-INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Der geheime Garten

nach Frances Hodgson Burnett
von Thomas Birkmeir
Ab 6 Jahren; 2 Stunden

Regie: Nicole Claudia Weber

Mary: Fabia Matuschek
Colin / Erster Junge: Jonas Graber
Dickon / Zweiter Junge: Haris Ademovic
Lord Craven / Stimme des Majors: Valentin Späth
Mrs. Medlock / Ayah: Karoline-Anni Reingraber
Martha Cunningham / Mädchen: Christine Tielkes
Ben Weatherstaff / Eisenbahnbeamter: Frank Engelhardt
Soldat / Diener: Uwe Achilles

Bühnenbild: Judith Leikauf und Karl Fehringer
Kostümbild: Nina Holzapfel und Julia Klug
Licht: Barbara Zukal
Dramaturgie: Sebastian von Lagiewski
Assistenz und Inspizienz: Eva Maria Gsöllpointner
Hospitanz: Loren Kertsman

Aufführungsrechte: Österreichischer Bühnenverlag Kaiser & Co., Wien

Wann & wo?

Bis 11. November 2023
Renaissancetheater: 1070, Neubaugasse 36
Telefon: 01 521 10-0
tdj.at -> der-geheime-garten

Der Film – beim 35. Internationalen KinderFilmFestival

Der Geheime Garten
Regie: Agniesszka Holland
Mit unter anderem: Kate Maberly, Heydon Prowse, Andrew Knott, Maggie Smith
USA, Großbritannien 1993
Deutsche Fassung

Wann & wo?

Montag, 13. November 2023
9 Uhr; Cine Center: 1010, Fleischmarkt 6

Mittwoch, 15. November 2023 (schulfrei!)
10 Uhr; Votiv Kino: 1090, Währinger Straße 12

Sonntag, 19. November 2023
15 Uhr; Cinemagic: 1010, Uraniastraße 1

kinderfilmfestival -> der-geheime-garten

Das Buch

Text: Frances Hodgson Burnett
(Neu-)Übersetzung (2013) aus dem Englischen: Angelika Beck
Der geheime Garten
150 Seiten
Anaconda Verlag/ Insel Verlag
Gebundenes Buch: 4,95 €
Taschenbuch: 9.90 €
eBook: ab 1,99 €
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