Wenn sie vor ihren Auftritten nervös sein sollten, so überspielen die 15 (sehr) jungen Darsteller:innen von „Nein, natürlich nicht“ dies gekonnt. Bis kurz vor Stückbeginn wuseln sie quietschvergnügt durch die Gänge der Kinderkultur im WuK (Werkstätten- und Kulturhaus) in der Wiener Währinger Straße. Sie, das sind Kinder der Ganztags-Volksschule Neubau (Zieglergasse; 7. Bezirk), die in einem mehrmonatigen nachmittäglichen Freizeitkurs diese Aufführungen erarbeitet und geprobt haben.
Frei nach George Orwells Klassiker „Farm der Tiere“ erheben sich die Tiere gegen die Diktatur der Menschen und nach erfolgter Revolution spielen sich einige von ihnen erst recht wieder zu Herrscher:innen über die anderen auf. Der Autor hatte sein Buch 1945 als Parabel auf einstige Revolutionäre in der Sowjetunion, die sich zu Diktatoren mauserten (Josef Wissarionowitsch Dschugaschwili, vulgo Stalin) gedacht. Die Tiere standen für Menschen, noch nicht für den ausbeuterischen Umgang von Menschen mit Tieren.
Rund um Mauern aus Karton-Boxen agieren Alexandra, Anna, Ariadni, Ava, Ava, Bruno, Doris, Elisa, Florentina, Kyliane, Lorena, Lotti, Marlene, Mei, Mia, Olivia äußerst spielfreudig (Idee, Regie, Leitung: Florian). Immer wieder steigen einige aus den Szenen aus, um sich andere Rollen zu wünschen; oder zu erklären: Wir spielen zwei Bäume… oder – mit Verweis auf Wiedergeburt – nun zwei Büsche.
So manches zitieren die Kinder, deren Spiellust sich auf das Publikum überträgt auf der Bühne direkt aus dem (übersetzten) Original, nicht zuletzt die sieben Gebote: 1. Alles, was auf zwei Beinen geht, ist ein Feind; 2. Alles, was auf vier Beinen geht oder Flügel hat, ist ein Freund bis zu 6. Kein Tier darf ein anderes Tier töten und schließlich 7. Alle Tiere sind gleich.
Sie verjagen die tyrannische Frau DoktorDoktor vom Hof und freuen sich nun ihrer Freiheit und Selbstbestimmung. Obwohl sie nach wie vor, Menschen als ihre Feinde betrachten, wollen sie sich offenbar auf gefinkelte Art an ihnen rächen: Der Bauernhof wird zur touristischen Attraktion, um der reichste seiner Art zu werden 😉
Die Gleichheit aller Tiere beginnt zu wackeln, als sich eines der Tiere zur Lehrerin als eine Art neuer Herrscherin aufschwingt.
Eingebaut haben die Kinder mit ihrem Regisseur mediale Berichterstattung. Die Moderatorin von ORF 76835 kündigt Live-Einstiege eines Reporter:innen-Teams vom Geschehen in diesem Bauernhof an.
Die ¾-stündige von Spielfreude und -witz der Kinder gekennzeichnete Aufführung ist auch mit fast einem Dutzend Songs untermalt (Liste in der Info-Box). Gegen Ende, wenn „Komet“ von Udo Lindenbergs und Apache 207 erklingt, singen so manche der Kinder im Publikum den Text mit, in dem es unter anderem heißt „Und wenn ich geh, dann so, wie ich gekommen bin / Wie ein Komet, der zweimal einschlägt / Vielleicht tut es weh, doch will auf Nummer sicher geh’n / Dass ich für immer leb, lass uns nochmal aufdreh′n…“
Lorina und Gabriel waren die ersten beiden Kinder, die vor ihren Bildungscampus – Ganztags-Volksschule plus Kindergarten – an der Simmeringer Rappachgasse kamen, wenige Minuten später gesellten sich Ahnef, Nefeli, Anna, Seline, Miriam und Juno dazu. Vor ihnen wurde ein breites rotes Band aufgespannt, hinter sie stellten sich etliche in Wien für Bildung zuständige Menschen wie Bildungsstadtrat, Bildungsdirektor, Magistrats-Verantwortliche und die beiden Leiterinnen von Volksschule und Kindergarten. Medien-Auflauf, denn der Bildungscampus, seit einem Monat in Betrieb, wurde offiziell eröffnet. Also schnitten Kinder und einige der Erwachsenen – wer gerade eine Schere ergatterte – das Band durch. Somit ist der Bildungscampus offiziell „eingeweiht“.
Im Endausbau werden hier 825 Kindern bis 10 Jahre lernen und spielen. Das neue Bildungsgebäude das sich mit seinen drei Geschoßen wie ein Schiff mit Landungsbrücken in die Umgebung einpasst, umfasst 12 Gruppen im Kindergarten, eine 17-klassige Ganztagesvolksschule und 4 Sonderpädagogik-Klassen für Kinder mit Behinderungen. Es wird aber erst nach und nach „besiedelt“, derzeit gibt es außer den vier genannten sonderpädagogischen nur wenige Klassen und Kindergartengruppen. Im Echtbetrieb wurden sie vor dem großen Andrang vieler Kameras und noch mehrerer Erwachsener geschützt, weshalb nur die oben genannten Kinder beim Band-Durchschneiden fotografiert und gefilmt werden durften und sich aus jenen Räumen – beispielsweise auf weitläufige Terrassen zurückzogen als der Besuchs-Tross antanzte.
Dafür schnappte sich die Leiterin der für Kindergärten zuständigen Magistratsabteilung 10, Karin Broukal, Stift und Papier, um sich an eine der Kinderstaffeleien zu setzen und „das einzige zu malen was ich kann – eine Katze von hinten“.
Dieser – wie jeder andere Bildungscampus – löst auch die Barrieren an den Schnittstellen zwischen Kindergarten und Volksschule praktisch auf. Und er ist nach Heidemarie Lex-Nalis benannt. Diese vor fünfeinhalb Jahren verstorbene langjährige Leiterin der damals noch BAKiP (BundesAnstalt für Kindergarten-Pädagogik) genannten (Aus-)Bildungsstätte für angehende Kindergärtner:innen war eine der Vorkämpfer:innen in der Elementarpädagogik in Österreich. Es geht ja nicht um „Betreuung“, sondern um die erste Stufe in der Pyramide des Bildungssystems. Kinder haben ein Recht darauf, dass dies von professionell ausgebildeten Fachkräften bewerkstelligt wird, sind Pädagog:innen und keine (Bastel-)Tanten – was noch immer nicht in allen auch verantwortlichen Köpfen angekommen zu sein scheint.
Über ihre Arbeit in der Elementarpädagogik (mittlerweile heißen die Schulen auch BAfEP – BundesAnstalt für ElementarPädagogik) hinaus war Lex-Nalis als Fachbereichsleiterin beim PSD-Psychosoziale Dienste Wien sowie in der Beratung, Aus- und Weiterbildung in Einrichtungen für behinderte Menschen tätig.
Ihr Witwer, Johannes Maria Lex, der die Plattform „Bildung ist Zukunft für alle Menschen in Österreich“ weiter betreibt (Facebook), überreichte den beiden Leiterinnen von Volksschule, Gabriele Kapeller, und Kindergarten, Barbara Tryfoniuk, ein Bild, das Kunst-Professor:innen der BAKiP Ettenreichgasse anlässlich der Pensionierung ihrer langjährigen Leiterin gemalt hatten. Es stellt Heidemarie Lex-Nalis umgeben von einem bunten Schmetterling, Blumen, einer Mandorla (Glorie und Aura rund um eine ganze Figur) sowie von chinesischen Schriftzeichen dar. Letztere stehen für Himmel, Freiheit, Weite, grenzenlos. Dazu in lateinischer Spiegelschrift der Satz: „Nimm den Schatten in deine Mandorla! Das Feuer und die Rose sind eins – Herzmüde, Grenzerfahrung, Langsamkeit: Damit war eine leise Veränderung, eine sanfte Bewegung, unerschöpfliches Leben – wie Wasser unter dem Karst für DICH. Nimm den Schatten in die Mandorla – unerschöpfliches Leben für dich, Heidemarie!“
Wenige Minuten später hing es schon an einer der (vielen) hölzernen Wände im Schuleingangsbereich.
Das Siegerprojekt des Architekturbüros „POS Architekten“ wurde im 18.500 m² großen Areal in den ehemaligen Donauauen entlang der Rappachgasse errichtet. Das Team verfolgte dabei einen ganzheitlich nachhaltigen Ansatz: das Gebäude fügt sich mit seinen drei Geschoßen wie ein Schiff mit Landungsbrücken in die Umgebung ein. Auf den „Landungsbrücken“ finden Spielplätze, Kletterparcours und sogar ein Rodelhügel Platz. Eine Besonderheit sind die vielfältigen Grünverbindungen entlang und quer zum Gebäude. Diese gehen auch durch das Gebäude hindurch.
Das neue Bildungsgebäude besteht aus sechs Bildungsbereichen („BIBER“) und umfasst zusätzlich einen Therapiebereich, ein vielfältiges Angebot an Kreativräumen, eine Bibliothek und einen Veranstaltungssaal. Multifunktionale Arbeitsbereiche tragen dazu bei, dass sich die Vernetzung von Kindergarten, Schule und Freizeit einfach umsetzen lässt. Den Kindern stehen dabei 13.780 m² an Freiflächen zur Verfügung – davon können rund 4.250 m² auch von Anrainer:innen genutzt werden.
In der Zwischenzeit bahnt sich auch eine Lösung des Verkehrsproblems vor der Schule an, wo beim Kreisverkehr fünf Straßen zusammenkommen. Für die Rappachgasse ist eine 30er-Zone schon beschlossen, in der Bezirksvertretung sprachen sich kürzlich alle anwesenden Mandatar:innen auch für die gleich Geschwindigkeitsbeschränkung vom und zum Kreisverkehr bis zur Unterführung in der Haidestraße aus. Auch das übrigens erst nach vielfacher Initiative von Johannes Maria Lex, der sich auch für die Benennung des Bildungscampus nach seiner Frau stark eingesetzt hatte.
Unter der Projektleitung der der Abteilung Bau- und Gebäudemanagement der Stadt Wien wurde der neue Bildungscampus ist als Niedrigst-Energie-Gebäude geplant: Sowohl die Fotovoltaik-Anlage am Dach als auch das Grundwasser und das Erdreich liefern die notwendige Energie.
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