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Aktion der BundesJugendVertretung gegen Kinderarmut im Dezember 2021

Kinderarmut abschaffen: 285 € für jedes Kind + bis zu 587 Euro

285 Euro für jedes Kind plus – je nach Einkommen aber allerhöchstens noch 587 € – und Kinderarmut wäre in Österreich (fast) gänzlich beseitigt. Das sind die jüngsten, aktualisierten, Zahlen zum Thema Kindergrundsicherung, die Volkshilfe und Europäisches Zentrum für Sozialpolitik und -forschung (EZfS) am Dienstag in einem Mediengespräch im Kindermuseum Zoom vorstellten.

Mehr als ein Fünftel der rund eineinhalb Millionen Kinder und Jugendliche – genau 353.000 – lebten im Vorjahr in einer von Armut – und damit oft Ausgrenzung – bedrohten Familie. 40.000 Kinder mussten sogar in Familien verbringen, die ihre Wohnung nicht heizen konnten.

Kein Hilfs-Dschungel

Seit Jahren gibt es daher die Forderung nach einer Kindergrundsicherung. Mit dieser soll kein Kind in Österreich mehr in Armut aufwachsen. Und sie sollte automatisch – je nach Einkommensgrenzen berechnet – auf dem Familienkonto landen. Damit würden alle anderen Unterstützungen ersetzt, also statt Familienbeihilfe, -bonus, Mehrkinder-Zuschlag, Altersstaffelung, Schulstartgeld… Also auch zu beantragende Hilfen fielen weg – womit sich Familien ersparen in die Rolle von nicht selten auch demütigenden Bittsteller:innen zu schlüpfen. Als einziger Zusatzbetrag soll aber natürlich der Zuschlag für Kinder mit Behinderungen im Rahmen der Familienbeihilfe bleiben.

Über die 285 Euro für jedes Kind kommen aus den von den Forscher:innen berechneten Kosten für Miete, Energie, Nahrung, Gesundheit, Bildung (u.a. Nachmittagsbetreuung) auch solche für kulturelle und soziale Teilhabe hinzu. Daraus ergeben sich durchschnittlich 872 Euro pro Kind.

Hanna Lichtenberger, Forschungsteam Kinderarmut abschaffen der Volkshilfe Österreich
Hanna Lichtenberger, Forschungsteam Kinderarmut abschaffen der Volkshilfe Österreich

Zwischen 25.000 und 40.000 Jahreseinkommen

Jene Familien, deren Haushaltseinkommen unter 25.000 € jährlich liegen bekämen den vollen Betrag – also die 285 Euro plus die oben schon angeführten 587 Euro. Als rechnerische Überlegung dazu legten für die Volkshilfe Hanna Lichtenberger und Erich Fenninger sowie für das European Centre for Social Welfare Policy and Research Michael Fuchs und Felix Wohlgemuth dar: Die Schwelle zur Armutsgefährdung für Alleinlebende liegt – laut EU-SILC (Community Statistics on Income and Living Conditions/ Gemeinschaftsstatistiken zu Einkommen und Lebensbedingungen) bei 16.452 Euro, für zwei Erwachsene bei 24.678 €.

Als Obergrenze berechneten die Wissenschafter:innen ein Jahreseinkommen von 40.000 Euro. Bis dahin würde als das Plus aus der Kindergrundsicherung zu den 285 Euro für alle gegen Null sinken.

Kosten: Plus 2,2 Milliarden €

Ach ja, und was kostet das: Darum drückten sich die beiden Organisationen nicht herum. In Summe 4,6 Milliarden Euro, allerdings müssen bei der Berechnung ja bisher bezahlte Familienunterstützungen abgezogen werden, netto bleiben 2,2 Milliarden Euro. Dafür gäbe es praktisch keine armen Kinder und Jugendlichen mehr – den Berechnungen zufolge blieben doch 2,8 % an der Armutsgrenze übrig, was auf KiJuKU-Nachfrage auch ein rein statistischer Ausreißer sein könnte. Damit aber gäbe es weniger kranke (u.a. aus kalten Wohnungen, schlechter Ernährung, sozial-psychische Folgen von Ausgrenzung), möglicherweise auch weniger Schulabbrecher:innen und andere Folgewirkungen von Armut und Ausgrenzung. Zudem würde ein Gutteil des zusätzlichen Familieneinkommens sofort wieder in den Wirtschaftskreislauf fließen.

Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich
Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich

Optimistisch

Auf eine mögliche Umsetzung angesprochen, zeigte sich Volkshilfe-Direktor Fenninger fast optimistisch: Die Grünen seine dafür, alle drei Bewerber:innen um den SPÖ-Vorsitz, die NEOS zeigen sich der Forderung gegenüber offen – in der Vorwoche verkündete der Wiener Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr im eigenen Wirkungsbereich eine deutliche Entlastung bei Essens- und Besuchs-Beiträgen in Schulen, Kindergärten und Horten an. „Und viele aus der Wirtschaft signalisieren auch eine Zustimmung zu unseren Forderungen, weil dadurch auch viel mehr Jugendliche fit fürs Leben würden.“

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Volkshilfe -> Kinderarmut abschaffen

Europäisches Zentrum für Sozialpolitik und -forschung

Kundgebung "Wien sind wir alle" auf dem REumannplatz, 6. Februar 2023

Kundgebung für Vielfalt und Zusammenhalt: Wien sind wir ALLE!

„1645 Menschen – 57 Nationen – BHAK 10 sind wir ALLE!“ steht auf einem der vielen Plakate Montagabend auf dem Wiener Reumannplatz vor dem Amalienbad. Der Direktor der Schule hält es in der eisigen Kälte mehr als eine Stunde hoch. Rund um ihn dicht gedrängt Menschen nicht nur aus Favoriten, dem 10. Bezirk der Bundeshauptstadt.

Anlass für die Kundgebung für Vielfalt und Zusammenhalt sowie gegen Rassismus und Ausgrenzung waren die Aussagen des niederösterreichischen FP-Landesrates Gottfried Waldhäuls in einer TV-Sendung, wo er Schüler:innen aus dem Laaerberg-Gymnasium ins Gesicht sagte, dass Wien schöner wäre, wenn sie und ihresgleichen mit Migrationshintergrund nicht da wären.

Kundgebung
Das Plakat mit den Zahlen aus der Handelsakademie in der Pernerstorfergasse

Dem hielt eine Teilnehmerin ein bunt-handgeschriebenes Plakat entgegen: „Wien war noch nie so schön wie heute!“ Die Kundgebung wurde von einem breiten Bündnis über Parteigrenzen hinweg getragen. Ursprünglich hatte neben Grünen, SPÖ, NEOS, Links/KPÖ, Bier-Partei und SÖZ sowie Initiativen wie „Omas gegen Rechts“ auch die Bezirks-ÖVP die Aktion unterstützt, aber diese wieder zurückgezogen. Aus der Wiener Stadtpolitik waren zwei Stadträte (Peter Hacker und Jürgen Czernohorszky) sowie Gemeinde- und Bezirksrät:innen bei der Kundgebung an der mehr als 1000 Menschen teilnahmen.

Zwischenzeitlich versuchten zwei Identitäre mit einem Pro-Waldhäusl-Transparent und Feuer vom Zwischendach eines Hauses neben dem Amalienbad die Kundgebung zu stören. „Wir sind mehr“, reagierte Daniel Landau, Mitgründer von „Yes we care!“ und Bildungskoordinator der Bundesregierung für junge ukrainische Schutzsuchenden während seiner Rede, in der er jegliche Form von Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit kritisierte.

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Doppelseite aus dem Bilderbuch "Geburtstag ohne mich?"

Fantasie-Geschichte als Hilfsmittel

Nach der Schule sind alle Kinder zu einer Geburtstagsparty eingeladen. Alle? Nein, Traurig steht Mark zwischen allen anderen, den fröhlichen Kindern. Er dafür als einziger mit buntem Haaren. Nachdem alle beim Fest sind, steht er allein im Park. Doch nicht lange. Auch ein Mädchen mit roter Brille namens Jara ist nicht eingeladen und bald kommt noch der rotblonde Adrian. Und der bringt eine aufs erste für die beiden anderen unverständliche Idee mit. Aber sie machen mit, sie klettern auf einen der Bäume.

Und tauchen im Bilderbuch „Geburtstag ohne mich?“ von Susanna Isern (Text) und Adolfo Serra (Illustration) eine abenteuerliche Geschichte ein, in der viel Wasser, ein Wal und eine Reise in ein fantastisches Dorf mit bunt gewandeten Tieren im Zentrum stehen. Und schon ist die Nicht-Einladung kein Thema mehr.

Im echten Leben wird es wahrscheinlich doch nicht immer reichen, in eine Fantasiegeschichte auszuweichen, um den Schmerz darüber wegzustecken, von den anderen ausgeschlossen zu werden – wie die Autorin, die auch Psychologin ist, auf der letzten Seite den „Wal mit Hut“ sagen lässt.

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Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Geburtstag ohne mich?“
Szenenfoto aus "Wutschweiger" im Vestibül des Wiener Burgtheaters

Schweiger und Schwätzerin sagen aus Protest nichts mehr

Das Bühnenbild erinnert mit seinen kleinen Fenster- und Türlöchern ein bisschen an ein überdimensionales Puppenhaus. Und das passt sehr gut zum Eingangsmonolog von Ebeneser. „Kleiner, kleiner, kleiner … Ich hasse das Wort ’kleiner’“, beginnt er.

Nicht etwa, weil ihn alle „Kleiner“ nennen würden. Nein, alles muss immer kleiner werden. Die Wohnung, in die sie umziehen müssen. Aber sagen dürfe er das außerdem nicht. Durch den Schlitz an der Wand fallen Briefkuverts. Die meisten bleiben ungeöffnet. Vater – und mittlerweile auch der Sohn – weiß: Unbezahlte Rechnungen und darauf folgende Mahnungen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Wutschweiger“ im Vestibül des Wiener Burgtheaters

Im – oder besser vor dem – neuen Wohnblock trifft Ebenser auf Sammy. Die Top-Torfrau der Schule kennt Armut ebenfalls. Sie beide sind auch die einzigen der Klasse, die nicht mit auf die Skiwoche – in der Version im Burgtheater-Vestibül nach Südtirol – mitfahren können (Gag: Der Bus kurvt als kleines ferngesteuertes Fahrzeug auf der Bühne herum.) Die 593 € sind einfach in den Budgets beider Familien nicht drin.

Ausgegrenzt

Trotz starker Gegensätze – Sammy ist eine Vielrednerin, Ebeneser eher das Gegenteil – vereint sie das Schicksal, in ärmere Familien geboren worden zu sein. Und wegen ihrer Armut von den anderen in der Klasse und Schule ausgegrenzt zu werden. Da hilft Sammy selbst ihre fußballerische Spitzenleistung nicht viel.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Wutschweiger“ im Vestibül des Wiener Burgtheaters

Humor im Ernst

Um nicht nach der Skiwoche den nervenden Erzählungen und Fragen der anderen ausgesetzt zu sein, beschließen die beiden aus Protest das Reden einzustellen. „Wutschweiger“ heißt das Stück von Jan Sobrie und Raben Ruëll (Übersetzung aus dem Flämischen: Barbara Buri), das vom Burgtheater-Studio im Vestibül noch (mindestens) bis Mitte Jänner zu sehen ist.

Nils Hausotte und Lenya Marie Gramß, beides Schauspiel-Studierende am Max-Reinhardt-Seminar, verkörpern die beiden Protagonist:innen. Von der Gesellschaft an den Rand gedrängt, sind sie im Stück ja praktisch die einzigen, jedenfalls die Hauptpersonen. Die Annäherung in ihren unterschiedlich gezeichneten Persönlichkeiten, die gegenseitige Offenheit, ihre Solidarisierung und ihr – trotz Schwierigkeiten – durchgezogener Protest ist trotz des ernsten Themas immer wieder mit Humor und Witz aufgelockert. Und von den beiden mit viel Spielfreude umgesetzt.

Siebener-Reihe?

Einzig die altersmäßige Verortung bereitet – aber auch schon im Stück selbst – ein wenig Unstimmigkeiten. Die beiden Figuren – und die Schauspielerinnen – wirken wie junge Jugendliche, sind aber in der vierten Volksschulklasse angesiedelt – wo es übrigens kaum Skikurse gibt. Und auf der anderen Seite die Siebener-Reihe wie sie am ersten Tag nach dem Skikurs vorkommt in der Regel gut zwei Schuljahre zurückliegt.

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