„Tür auf, Tür zu“ erstmals in Wien zu sehen und das in einer sehr spielfreudigen Version im Theater Spielraum.
Ein fahrbarer Tür-hoher Durchgang, drei Schauspieler:innen und ein fast 100-fachen „Tür (geht) auf“/ Tür (geht) zu“ in eineinhalb Stunden. Und keine Sekunde kommt auch nur der Ansatz von Langeweile auf. Dieses Kunststück zaubern Nicole Metzger, Johannes Sautner und Christopher Korkisch unter der Regie von Peter Pausz und in Kostümen sowie Ausstattung von Anna Pollack auf die Bühne des feinen, kleinen, leidenschaftlich engagierten Theaters Spielraum in der Wiener Kaiserstraße.
Das Stück „Tür auf, Tür zu“ (2012, nun erstmals in Wien zu sehen) von Ingrid Lausund hat fast was Absurdes. Alles spielt sich rund um, vor bzw. hinter der Tür ab. Ernster Hintergrund: Die – durchgängige – Hauptfigur Frau Annliz ist ca. 50 Jahre, knapp vor einem Meeting/Event des Unternehmens in dem sie jahr(zehnt)e lang kompetent und voller Einsatz gearbeitet hat. Kurz geht sie vor die Tür.
Und dann ist sie den Rest des Stücks – für sie – verschlossen. Nicht für viele andere. Diese Frau wird von Nicole Metzger, der Co-Leiterin des genannten Theaters in einem ehemaligen Kino, das drohte ein Supermarkt zu werden, grandios gespielt. Vom anfänglichen: „Ha, das ist sicher nur ein Scherz“ über „wenn mich die nicht reinlassen, dann gibt’s Ärger, die brauchen mich doch“ bis zum von Körperhaltung und Mimik mitzuerlebenden Ärger, dann Frust und schließlich fast Verfall über das nicht-mehr-gebraucht werden. Aus dem sie sich nur durch ein Aufraffen zu einem bitterbösen Brief – mit dem Tenor, ich sch… auf euch – wieder aus dem Sumpf reißt.
Kongenial ihre spielfreudigen Partner Johannes Sautner als Gustav, Erzähler, Chor in den Rollen vieler, denen Anneliz vor allem vor der Tür begegnet sowie Christopher Korkisch, der ebenfalls in viele der Small-Talk-Wegbeleiter:innen schlüpft und die personifizierte Tür spielt. Neben deren unterschiedlichen Körperhaltungen, Sprachfärbungen und Mimiken markiert Anneliz diese wechselnden Gegen-Figuren jeweils mit kleinen Stoff-Tier-Anhängern, die sie aus einer mehr als voluminösen „Tasche“ hervorholt, die sich später noch in eine Art Schlafsack verwandeln wird, aus der noch neue Kostüme für die letzten Minuten purzeln – die übrigens erst wenige Stunden vor der Premiere angekommen sind.
Das Thema der Aussortierung, Diskriminierung sogenannt älterer Mitarbeiter:innen, das gegenüber Frauen noch dazu Jahre früher einsetzt, ist schon vom geschriebenen Stück her recht sarkastisch, in der Inszenierung und der großen Verspieltheit des Trios sorgt das aufs Korn-nehmen des Ageismus immer wieder für kräftige Lacher im Publikum. Ja, und durch die immer wieder auf Rollen gedrehte Tür – samt Lichtspielen (Tom Barcal) stellt sich zusätzlich auch optisch die Frage, ist drinnen nicht draußen oder umgekehrt?
von Ingrid Lausund
Schauspiel; 1 ½ Stunden (keine Pause)
Inszenierung: Peter Pausz
Anneliz: Nicole Metzger
Gustav, Erzähler, Chor – und viele Personen: Johannes Sautner
Mayer, die Tür – und ebenfalls viele Personen: Christopher Korkisch
Bühne, Kostüme: Anna Pollack
Licht: Tom Barcal
Produktions-Assistenz: Hertha Pachl
Aufführungsrechte: Suhrkamp Verlag AG Berlin
Bis 6. Mai 2023
Theater Spielraum
1070, Kaiserstraße 46
Telefon: 01 713 04 60
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