Kommentar zu Fail-Stunde einer- und verschärfter integrationsmaßnahme andererseits.
Mit einem Lächeln im Gesicht zeigt sich die 12-jährige Lena im Interview über das nun fast schon das ganze Schuljahr gelaufene Projekt „Fail-Stunde“ ganz überschwänglich euphorisch: Begriffe wie „mega super lustig und spannend“ und noch etliche Lobesworte mehr sagen sie, und ihre Schulkollegin Amina in einem Video-Interview für Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… über diese Art Auszeit in der Schule. „Man kann alle Fehler machen und sagen und jeder wird’s akzeptieren“, ist ein weiteres Zitat aus den Aussagen der Schülerinnen.
„Hier haben wir gelernt, dass Fehler-Shaming so wie Body-Shaming nicht in Ordnung ist“, bringt es Sophia, eine weitere Schülerin – gegen Ende eines Lokalaugenscheins von KiJuKU.at in der ILB (Integrative Lernwerkstatt Brigittenau), einer der Schulen, die das Projekt in diesem Schuljahr ins Haus geholt haben (finanziert aus der Mut-Million), auf den Punkt.
Der Reportagen-Besuch – Link zum Bericht weiter unten – fand just rund um die Bekanntgabe neuer Integrationsmaßnahmen der Bundesregierung statt. Dabei hatte die dafür zuständige Ministerin Claudia Plakolm unter anderem verkündet: „Es wird auch Abschlussprüfungen (der Deutschkurse, Anmerkung der Redaktion) geben. Und wenn jemand einen Deutschkurs wiederholen muss, wird es einen Selbstbehalt geben.“
Übrigens, die 30-jährige Politikerin begann vor elf Jahren ein Studium der Wirtschaftspädagogik an der Universität Linz. Ob sie, sollte sie je eine Prüfung versemmelt haben, für eine Wiederholung Strafe zahlen musste? Und wie sie unterrichten würde, wenn sie einmal ihr Studium abschließt und aus der Politik ausscheidet?
Obwohl es – ausgehend von reformpädagogischen Ansätzen – schon seit Jahrzehnten auch im regulären Schulbetrieb immer wieder Pädagog:innen gibt, die Fehler nicht bestrafen, sondern als Ausgangspunkt für Dazu-Lernen betrachten, baut das System stark darauf auf, Fehler hervorzuheben. Allein schon rot anstreichen ist ein Ausdruck dessen.
Gut zweieinhalb Jahrzehnte war es möglich, in der Volksschule zuerst bis zur Mitte der dritten, dann sogar der vierten Klasse ohne Noten nur mit verbaler Beurteilung oder anderen Leistungsfeststellungen – etwa Pensenbüchern, Arbeitsmappen usw. – auszukommen. Unter der Türkis-blauen Regierung (Sebastian Kurz, heinz-Christian Strache) wurden zwangsweise wieder Noten eingeführt. Manche Schulen finden Wege, dies zu umgehen 😉
Schon vor vielen Jahren kam der damalige Universitätsprofessor Rupert Vierlinger (1932 – 2019), der jahrzehntelang an verschiedenen Universitäten zum Thema Leistungsbeurteilungen geforscht hatte, aufgrund empirischer Untersuchungen drauf, dass selbst ein und die selbe Mathe-Schularbeit verschieden benotet wurde. Zusammenfassend stellte er in einem Beitrag für „erziehung heute“ fest: „Die Schüler werden nicht ermuntert, um der Sache willen zu lernen, sondern um der Note willen. Außerdem erfüllt die ständige Sorge um den Rangplatz den Schüler mit Angst, die zu psychosomatischen Störungen und im Extremfall sogar zum Selbstmord führen kann. Darüber hinaus lässt die für die Notenfindung unabdingbare ständige Beobachtung die forschende Grundhaltung verkümmern.“ Daraus schlussfolgerte er pointiert, Ziffernnoten sind „feindliche Agenten im Reich des Lernens“. (Zitat aus Kinder-KURIER, 2018).
Und was sagte der damalige Bildungsminister Heinz Faßmann im November 2018 in einem ZiB2-Interview damit konfrontiert, dass die Forschung Ziffernnoten vor allem in den ersten Schuljahren für kontraproduktiv hält?
Sinngemäß meinte der Minister, der übrigens neben Schulen auch für Wissenschaft und Forschung zuständig war, die Wissenschaft solle sich nicht überall einmischen ;(
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