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Szenenfoto aus "Elektra (The Show must go on)"
Szenenfoto aus "Elektra (The Show must go on)"
28.04.2024

Humorvoll gebrochene Blicke auf eine antike gewalttätige Familie

„Elektra – The Show must go on“ des Wiener Volkstheaters tourt durch die Bezirke.

Abseits von Kriegen ist Familie der gefährlichste Ort der Welt. Diese für viele (tödliche) Alltagserfahrung spiegelt sich auf Bühnen seit Jahrtausenden wider. Klassischer Fall sind antike griechische Dramen. Mit einem solchen Familien-Mord-Drama tourt das Wiener Volkstheater bis Ende Mai durch die Bezirke, meist in Volkshochschul-Sälen: „Elektra“, der Zusatz „The Show must go on“ verrät schon, dass nicht die antike Tragödie einfach 1:1 nachgespielt wird; abgesehen davon, dass es da schon verschiedene Versionen – Sophokles, Aischylos, Sophokles gab, ja sogar bei Homer kam die Hauptfigur damals noch unter dem Namen Laodike vor.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Elektra (The Show must go on)“

Die Story

Wie auch immer, zunächst die Grundgeschichte: Elektra, ihre Schwester Chrysothemis und ihr Bruder Orest beschließen, ihre Mutter umzubringen – aus Rache, weil die mit ihrem Liebhaber Ägisth den Vater der Geschwister, Agamemnon umgebracht hat. Und das wiederum dafür, dass dieser eine weitre Schwester der Kinder, Iphigenie den Göttern „geopfert“ hat, um Glück im Krieg zu haben. Ob er sie wirklich getötet hat oder den Göttern eine Hirschkuh unterjubelt hat, hängt von den antiken Versionen ab.

Wie auch immer, vor diesem Hintergrund startet das Geschehen auf der Wanderbühne – keine leichte Sache dank der unterschiedlich großen Bühnen und verschieden ausgestatteten Säle (Ausstattung: Jenny Theisen, Lichtkonzept und Musik: Max Windisch-Spoerk) mit dem Blick auf acht umgestürzte, fast wie riesige Mikado-Stäbe liegende Kunststoff-Nachgebilde griechischer Säulen. Also Zerstörung und Chaos gleich zu Beginn bevor noch die/der erste aufgetreten ist.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Elektra (The Show must go on)“

Mit einem Schuss Anklang an Clownerie

In knallgelben, ein wenig an Clown-Kostüme erinnernden Gewändern und lila Perücken, spielen Isabela Knöll (Elektra), Alina Schaller (Chrysothemis) und Til Schindler (Orest) aber nicht nur die mörderische Story selbst. Immer wieder treten sie aus ihren Rollen heraus, sprechen auch das Publikum an, zweifeln an dem, was sie spielen sollen. Und in den Rollen selbst, agieren sie als drei unterschiedliche Charaktere: Der Bruder versucht sich ganz rauszuhalten, haut für längere Zeit ab. Die titelgebende Figur drängt auf Durchziehen des Racheplans und ihre Schwester zweifelt, ob das letztlich was bringt, und nicht die Spirale der Gewalt nur fortgesetzt würde.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Elektra (The Show must go on)“

Was wohl – aus der Situation – zu vermuten, Jahrtausende zurückblickend sich bewahrheitet hat. Und dennoch lässt das Schauspiel-Trio das Publikum in das fast ausweglos erscheinende Dilemma eintauchen. Aber auch sich immer wieder erholen und gar nicht zu wenig lachen – über Situationskomik ebenso wie Wortwitz (Fassung und Regie: Felix Krakau nach wie es in der Ankündigung heißt ein bisschen Euripides, Sophokles und Hofmannsthal.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Elektra (The Show must go on)“

Heftige Brüche

Mitunter brechen sie humorvolle Szenen in null komma nix durch heftige Momente. Etwa, wenn die Schauspieler:innen von der Bühne in den Saal springen, Zuschauer:innen durch direktes Ansprechen fast schocken, zum Opfer auffordern – gut, klar, ist gespielt. Aber die Passagen, wo sie ihren Geschwisterstreit und vertrackte Lage ihrer problematischen Familie wegrücken von der antiken Ausgangs-Tragödie, hin auf allgemeinere leider zeitlose familiäre Gewaltspiralen, lässt schon mitunter heftig schlucken. Da kommt wohl das Heimito von Doderer zugeschriebene Zitat in den Sinn: „Wer sich in Familie begibt, kommt darin um“.

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INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Elektra (The Show must go on)

Volkstheater in den (Wiener) Bezirken

Von Felix Krakau nach (ein bisschen Euripides, Sophokles, Hofmannsthal)

Elektra: Isabela Knöll
Chrysothemis: Alina Schaller
Orest: Til Schindler

Regie: Felix Krakau
Ausstattung: Jenny Theisen
Lichtkonzept und Musik: Max Windisch-Spoerk
Dramaturgie: Lisa Kerlin

Wann & wo?

Bis 28. Mai 2024
volkstheater.at -> elektra