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Doppelseite aus dem Bildband "sieben die schöpfung"

Sieben mal sieben – eine bildreiches Kunstwerk der (jüdisch-christlichen) Schöpfungsgeschichte

Sieben – Zwerge, Berge, Geißlein… Tage – also eine Woche. Und was für eine. Die am Beginn der Schöpfung, also eigentlich der von Menschen ausgedachten Geschichte – nach der christlichen Religion; die diese wiederum aus dem Judentum übernommen hat.

Linda Wolfsgruber, die vielfach preisgekrönte Illustratorin, die immer wieder nicht nur andere Texte bebildert, sondern eigene Bücher erfindet, hat zu dieser Schöpfungsgeschichte das Buch „sieben – die schöpfung“ geschaffen. Sieben mal sieben Doppelseiten. Vom eher dunkel gehaltenen Chaos bis zur hellen Vielfalt von Pflanzen, Tieren und Menschen.

Doppelseite aus dem Bildband
Doppelseite aus dem Bildband „sieben die schöpfung“

Verschiedene Techniken

Die Collagen sowie Monotypien und in Kratztechnik (wie sie viele aus der Schule mit Wachsmalstiften kennen) und die in späteren Phasen im Stil an Höhlenmalereien erinnern, illustrieren die Evolution. Daneben stehen am Rand Sätze für die sich die Autorin und Illustratorin in Personalunion aus Bibel-Übersetzungen (1980 und 2016) inspirieren hat lassen.

Mystische Zahl

Als Menschen noch nicht wussten, wie sich das Universum, die Erde und das Leben auf ihr wirklich entwickelt haben, dachten sie sich Geschichten aus, wie das gewesen sein hätte könnte. In verschiedensten Gegenden und Kulturen die unterschiedlichsten Mythen, Legenden und Religionen. Wobei interessanterweise sieben in vielen eine große Rolle spielt. Oft wird sie auch als Glückszahl angegeben; andere wiederum (etwa in Ostasien) halten sie für eine Unglückszahl.

Ein Erklärungsversuch wird oft – auch auf der wikipedia-Seite zu dieser Zahl – mit der Zahl der mit freiem Auge sichtbaren großen Himmelskörper angegeben: Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn.

Doppelseite aus dem Bildband
Doppelseite aus dem Bildband „sieben die schöpfung“

Ein andere könnten die sieben Öffnungen in unserem Gesicht sein, mit denen wir die Welt um uns wahrnehmen: Zwei Augen, zwei Ohren, zwei Nasenlöcher und ein Mund.

Selbst wer nicht daran glaubt (wie der Schreiber dieser Zeilen), dass ein höheres Wesen – wobei Wolfsgruber auf eine Bibelübersetzung zurückgreift, die „Gott“ geschlechtsneutral schreibt – in sechs Arbeitstagen Erde und Weltall „geschöpft“ hat und den siebenten Tag zum Ruhen verwendete, kann sich an den detailverliebten großflächigen Bildern erfreuen – und sich den wichtigen Grundsatz zu Herzen nehmen, den Wolfsgruber an den Beginn stellt: „… weil sie uns anvertraut ist“. Und das steht in der sonnenhellen Doppelseite vor dem düster-dunklen Tag 1.

Bei sieben mal sieben drängt sich die seit Generationen bekannte Scherzfrage mit der entsprechenden Antwort auf, was das ergibt: „feinen Sand!“

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Titelseite des Bildbandes
Titelseite des Bildbandes „sieben die schöpfung“
Szenenfoto aus "Kreise" von Helios Theater

Am Anfang – schwebt ein Stein…

Am Anfang ist – ein Stein. Der hängt an einem Haken an einer Schnur in den Händen des Theatermachers. Damit kommt er aus dem Saal im Pförtnerhaus an der Ill im Vorarlberger Feldkirch beim internationalen Theaterfestival für junges Publikum „Luaga & Losna“, tänzelt durch die Reihen der wartenden Zuschauer:innen. Insbesondere vor Kindern lässt Michael Lurse vom Helios Theater im deutschen Hamm diesen kleinen Stein baumeln, mit kleinem Anstoß zieht der Kreise.

Dieses Rund ist auch der Titel der folgenden rund halbstündigen Performance im Saal mitten zwischen dem Publikum, das im Viereck um den Tanzboden auf Bänken sitzt. Erst lässt der Solo-Performer einen Stein pendeln, später tänzelt er zwischen drei hin und her schwingenden Steinen hindurch. Der Techniker (Malte Kochanek), der die langen Schnüre, an denen die Steine baumeln, auch schon mal hochzieht, versorgt das Bühnengeschehen mit wenig, dafür umso wirkungsvolleren Lichtspielen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Kreise“ von Helios Theater

Sand und Spuren in diesem

Noch kreisen die Steine nicht, aber bald kommt ein Metallkübel ins Spiel, Klappe im Boden geöffnet und raus rieseln winzig-zerkleinerte Steine, besser bekannt als Sand. Ein Schubs, und schon kreist der Kübel über dem gesamten Tanzboden, womit sich Kreis um Kreis runde Sandspuren ergeben. Irgendwann beginnt der Schauspieler in diese seine Fußspuren zu setzen, malt dabei das eine oder andere Bild damit, hüpft, tritt nur mit Ferse oder Zehen auf, und schon sehen wir andere Spuren.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Kreise“ von Helios Theater

Obwohl allein spielend, erschafft der Co-Leiter des Theaters, das nach Sonnengott benannt ist, sozusagen nicht nur das Universum, die Welt, sondern lässt – in Form von wild gebauten Papier-Figuren Tiere und Menschen ins Spiel kommen, verleiht ihnen Geräusche und Stimmen – um schon gegen Ende das Publikum spielerisch ins Geschehen einzubeziehen und nach dem Schluss die Bühne als Spielfläche freizugeben – mit Figuren und Sand.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Kreise“ von Helios Theater

Schöpfungsgeschichte

Das sehr poetische bildstarke, beeindruckende und gleichzeitig berührende Spiel mit fast meditativen Momenten schon für Besucher:innen ab 2 Jahren, kann von älteren Zuschauer:innen vielleicht sogar als eine Art metaphorische Schöpfungsgeschichte gesehen/gelesen werden, ist jedenfalls ein Vergnügen es zu erleben. Und offensichtlich auch, es zu spielen. Wie zu sehen, zu spüren, und wie Michael Lurse im abendlichen Nachgespräch erzählt. Genau deshalb habe sich Helios Theater auf den Bereich für die Allerjüngsten verlegt. Die seien noch wenig von „pädagogischer Bewertung“ von Bildern und/oder Musik verdorben, könnten sich noch am Betrachten und Lauschen erfreuen – „und wir können dadurch künstlerische Freiräume ausleben“.

Und – so erzählt er: Am Anfang stand tatsächlich das Bild eines über der Bühne hängenden, schwebenden Steins gewesen, das er mehrmals abends vor dem Einschlafen hatte. Steine genommen, ausprobiert und Schritt für Schritt sei so die Performance entstanden.

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Compliance-Hinweis: KiJuKU wurde von Luaga & Losna zur Berichterstattung nach Feldkirch (Vorarlberg) eingeladen.

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Szenenfoto aus Gi3F (Gott ist drei Frauen)

Humorvolle Demaskierung vom Glauben an höhere Wesen

Wäre die Welt eine andere/bessere, wenn sie nicht von Gott, sondern einer Göttin, oder sogar mehreren weiblichen höheren Wesen erschaffen worden wäre? Diese Frage drängt sich beim Stücktitel „Gi3F“ (Gott ist drei Frauen) auf. Das Stück von Miru Miroslava Svolikova hat rund um den feministischen Kampftag vulgo Welt- oder internationalem Frauentag im Theater Drachengasse die österreichische Erstaufführung (nachdem es schon in etlichen deutschen Theater lief) erlebt – und ist dort (Wiener Innenstadt) bis 1. April 2023 zu sehen (Regie: Sandra Schüddekopf).

Szenenfoto aus Gi3F (Gott ist drei Frauen)
Szenenfoto aus Gi3F (Gott ist drei Frauen)

Tanz um den Vulkan

Lange verharren die Göttinnen – Maddalena Hirschal, Julia Posch und Dolores Winkler – im Dunkeln rund um einen Berg, der sich als eine Art Vulkan und gleichzeitig die ganze Erde entpuppen wird. Als möglicherweise aus dem Meer entstiegene Wesen mit Tentakeln, die an Oktopusse erinnern, philosophieren sie über Anfang und Ende. Von allem. War das jetzt schon alles, oder beginnt es erst.

Wie auch immer, irgendwann meldet sich die Erde, die sich aus dem Inneren des Vulkans erhebt, in dem Elisabeth Halikiopoulos zuvor offenkundig fast eine halbe Stunde zusammengekauert verbracht hat. Sie habe mit den ersten vier Milliarden Jahren erst die Halbzeit erreicht und daher nochmals so viele vor sich, aber… Das Karussell, zu dem der Vulkan (Bühne, Kostüme: Lisa Horvath) wird, dreht sich immer schneller, die Zeit verfliegt, sind die Milliarden Jahre jetzt gar nur mehr Stunden?

Szenenfoto aus Gi3F (Gott ist drei Frauen)
Szenenfoto aus Gi3F (Gott ist drei Frauen): Die Erde

Mensch und Einhorn

Ach ja, spät aber noch früher als in der echten Erdgeschichte, taucht ein Mensch auf – mit Sebastian Thiers ein Mann. Muss das sein? Als Abhilfe erklärt er sich zu „das Mensch“ und spricht in seiner langen Monolog-Passage über Errungenschaften von Frauen und Männern. Aber auch von Kriegen, die Mensch angezettelt, Verderben für viele seinesgleichen und die Erde insgesamt angerichtet hat. Allerdings habe Mensch sich zu besinnen begonnen – „vegan bin ich geworden…“

Als Rache für die Bösartigkeiten von „das Mensch“, senden die Göttinnen das Böse auf die Erde – ein teils glitzer-funkelndes Einhorn 😉
Apropos Funkeln – eine ganze Wand voller spigelnder Folien bewirkt gleichzeitig eine Erweiterung des Geschehens samt eben Spiegelung der Handelnden;)

Nicht nur das Einhorn, sondern viele der Dialoge, ja selbst der Monolog ist schon vom Text der Autorin her mit Ironie durchzogen, Spiel, Ausstattung und nicht zuletzt auch Musik und Sound (Rupert Derschmidt) unterstützen, unterstreichen, betonen die humorvolle Auseinandersetzung in dieser Schöpfungsgeschichte und irgendwie aller anderen auch ernster gemeinten Erzählungen, die sich Menschen zurechtgezimmert haben, wie Kosmos, Erde, Natur und letztlich auch Menschen entstanden sein könnten – jenseits aller längst bekannten naturwissenschaftlichen Fakten.

Szenenfoto aus Gi3F (Gott ist drei Frauen)
Szenenfoto aus Gi3F (Gott ist drei Frauen): Das Mensch

Göttliche Fehler

Vielleicht der größte Unterschied dieser hier weiblich gelesenen höchsten Wesen zu ihren männlich verfassten Kollegen: Die drei grübeln über mögliche eigene Verfehlungen. Irgendwie scheint ja einiges schief gelaufen zu sein.

War die eine jetzt schuld, dass sie die Orange auf dem Schreibtisch zu stark gerollt und damit den roten Knopf ausgelöst hat? (Dazu ertönt die Stimme des bekannten Ex-US-Präsidenten, der sich im Bewerb mit dem nordkoreanischen Diktator rühmte, den größeren Knopf zu haben.) Die Zweite erinnert sich an Bleistifte, die Wolken durchbohrt und in der Folge Brände ausgelöst hätten und die Dritte fürchtet, selbst das Wasser der Meere zum Kochen gebracht zu haben.

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letzte menschen, letzte worte

montag
wie wird es aussehen, das ende der welt? wird uns die erde vermissen? oder trauert sie selber schon, kreist sich selbst schon traurig um sich, seit sehr langer zeit. vielleicht weiß sie ja schon länger bescheid, länger bescheid als wir, oder länger, als wir überhaupt sind.

dienstag
im 20. jahrhundert haben wir die erde das erste mal von außen betrachtet. wir haben uns
selbst in den spiegel geschaut. war das schön? ich war ja nicht dabei, aber ich habe viel
davon gehört.

mittwoch
da laufen lauter letzte menschen herum, vielleicht, was sind ihre letzten worte, habt ihr
hingehört? ich hatte grad selber was besseres zu tun, ich hab ja auch noch ein leben.

donnerstag
wenn sich der letze mensch hinstellt und eine rede hält, dann werden so viele andere noch
immer keine stimme gehabt haben. wird jedeR etwas gesagt haben, bevor die letze person
dann spricht?

freitag
geht sich das aus? darfs ein bisschen mehr sein? sind überhaupt schon alle da? es ist
gleich vorbei mit der welt, hab ich gehört? sind überhaupt schon alle da? es beginnt gleich,
es endet, das ende, die welt. sind schon alle auf die welt gekommen, sind jetzt alle da?

samstag
es ist da, wer auch immer da ist, sonst ist keiner da. freitagsreden sind immer leicht
beduselt, tut mir leid, ich hatte noch was zu tun. die anderen sind entweder schon tot oder
nicht da, ganz einfach ist das. wohl bekommts.

sonntag
es geht zu ende, will irgendjemand noch irgendetwas sagen, oder haben jetzt alle endlich
gesprochen? hat wirklich schon jedeR etwas gesagt? ich hab wieder mal gar nichts gehört.
vielleicht fragen wir am besten die erde selbst, auf ein letztes, auf ein letztes wort. ich habe
gehört, sie ist da, sie ist dort, sie ist da irgendwo, überall, und bekommt alles mit, immer
schon. kann das sein? nein? ja? nein?

© Miru Miroslava Svolikova, Text für das Presseheft