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Zwei Avatare - kleine, handliche Roboter
Zwei Avatare, über die chronisch kranke Kinder mit ihrer Schulklasse verbunden sind
29.03.2021

Warum Elisa und Leo ihre Avatare in die Schule schicken

Was durch Corona praktisch alle mitbekommen haben – wie sich fehlende Klassengemeinschaft und Isolation durch Home-Schooling auf viele Kinder und Jugendliche negativ auswirkt, erleben Tausende chronisch kranke Kinder auch in Normalzeiten. Pilotversuch mit technischen Hilfsmitteln, einem kleinen Roboter.

Elisa steht mit bunter Halskette, auch sonst farbenfroh dekoriert und aufgeklebten urlangen Wimpern, auf einem der Tische in der Klasse. Keine 30 Zentimeter groß ist sie. Naja, es handelt sich nicht wirklich um die leibhaftige Schülerin gleichen Namens, aber über diesen kleinen Avatar ist sie doch so ziemlich mitten in der Klasse. Sie sieht und hört alles, kann sich zu Wort melden, mitmachen in einer Gruppenarbeit, sich umschauen im Raum. Aber auch anzeigen, ob sie sich freut, ärgert oder ihr langweilig ist.

Warum Elisa – oder Leo, auch von diesem Avatar gibt es ein Foto – „nur“ über diesen kleinen Roboter da sind?
Diese kleinen Kommunikations-Roboter sind für Kinder bzw. Jugendliche gedacht, die eine chronische Krankheit haben, die es ihnen – zumindest längere Zeit – nicht möglich macht, höchstpersönlich in die Schule zu gehen. Das kann sein, dass sie für eine lange Behandlung in einem Krankenhaus sind, aber auch wenn sie eine Immunerkrankung haben, wo sie möglichst jeden direkten Kontakt vermeiden sollen.

Großer Bedarf

Und davon gibt es immerhin rund 17.000 Kinder und Jugendliche in. Und das hat nichts mit Corona zu tun. Die Pandemie mit ihren Lockdowns, komplettem oder wenigstens zeitweisem Home-Schooling hat viele – sowohl den Schüler*innen als auch Eltern und Lehrer*innen erleben lassen, was es bedeutet, keinen oder nur sehr eingeschränkt an Präsenzunterricht teilnehmen zu können.

Die Avatare wurden schon lange davor entwickelt. Erfunden – und auch produziert – wurden/werden sie in Norwegen, der Name des Unternehmens ist Programm: No Isolation. Dort, sowie in Schweden, Großbritannien und Deutschland, weltweit insgesamt sind derzeit rund 1600 solcher Avatare – AV1 – im Einsatz. Einige wenige, knapp zweieinhalb Dutzend, sind seit einiger Zeit auch in Österreich in Klassenzimmern. Nun wurden sie in Wien von Martin Röhsner und vor allem Sabrina Sakrowsky (die Berater) der Öffentlichkeit vorgeführt.

Studie

Eine Studie der Medizin-Uni Wien (Kinder- und Jugendheilkunde, Thomas Pletschko) und der Uni Klagenfurt (Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung, Agnes Turner) wird – federführend in Schulen koordiniert von der Heilstättenschule Wien (Gerda Rockenbauer) -, gefördert von der Innovationsstiftung Bildung (Jakob Calice) wird den Einsatz über drei Jahre hinweg beobachten, begleiten, Interviews führen und damit evaluieren.

Gerda Rockenbauer von der Heilstättenschule Wien, die wiederum das Kompetenzzentrum für den Einsatz von Telepräsenz-Systemen in ganz Österreich ist, berichtete, dass derzeit elf Geräte in sechs Bundesländern im Einsatz sind. Erste Rückmeldungen: Kinder sind fröhlicher, motivierter zu lernen, kriegen mehr vom Unterricht mit, werden schnell in die Klassengemeinschaften aufgenommen und fühlen sich auch wohl, weil sie in den Pausenhof oder wo auch immer hin mitgenommen werden. Die Avatare, so Rockenbauer, sind ein therapeutisches Hilfsmittel zur sozialen Teilhabe, aber kein Ersatz für Unterricht durch Heilstäten-Lehrer*innen, sondern ergänzend.

Überall dabei sein

Der Avatar ist gedacht für Normalzeiten, wo alle in der Klasse sind, das eine oder andere Kind aufgrund einer chronischen Erkrankung mit den schon angerissenen Folgen nicht präsent sein kann. Über den Avatar und ein mit ihm verbundenes I-Pad – und nur genau über diese eine datengeschützte Verbindung – kann Elisa, Leo oder wer auch immer sich dann in die Klassengemeinschaft einklinken. Dazu zu gehören und nicht ausgeschlossen bleiben ist aber nicht nur eine wichtige soziale Auswirkung dieser Technologie. Sie wirkt sich damit natürlich auch auf die Lern- und Lebensfreude aus.

Wobei den Entwickler*innen in Norwegen, aber auch jenen, die jetzt pilothaft den Einsatz in Österreich orchestrieren und begleiten, die soziale Komponente am wichtigsten erscheint. So sollen Kinder der Klasse das handliche „Alter ego“ des abwesenden Kindes auch in die Pause, auf Schulausflüge oder zu Geburtstagsfesten mitnehmen. Fällt er einmal runter oder wird sonst wie beschädigt, so die Beteuerung, wird das Gerät sofort ausgetauscht.

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Privatsphäre geschützt

Ach ja, das jeweilige Kind steuert über das Tablet, wohin es schaut, ob es sich meldet, aber kann auch Gefühle sichtbar auf die Oberfläche des kleinen Kerls „zaubern“, bleibt selbst aber unsichtbar. Bei vielen solcher Erkrankungen ist es mehr als unangenehm im jeweiligen Zustand gesehen zu werden. In einer ersten Version, so „die Berater“ habe es die Möglichkeit gegeben, wenn gewünscht, so doch sichtbar zu werden. Um zu verhindern, dass dies unabsichtlich passiert, wurde die Option in der neuesten Version ge-cancelt.

Follow@kiJuKUheinz

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