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Mathias Kopetzki als Sergeant Toomey
Mathias Kopetzki als Sergeant Toomey
06.03.2024

„Er sieht einen Sinn darin, brutal zu sein – um Leben zu retten“

KiJuKU-Interview mit Mathias Kopetzki – er spielt Sergeant Tommey, den einerseits sadistischen andererseits freundlichen Kommandanten der Truppe.

Sergeant Toomey, gespielt von Mathias Kopetzki: Ich hab im Vorjahr bei „Moby Dick“ den Captain Ahab gespielt, vielleicht hatte das etwas damit zu tun, weil ich da ja auch schon der Böse war und eine Crew angeführt und ins Verderben gebracht habe. 

KiJuKU: Ist das deine Spezialität, der Böse zu sein?
Mathias Kopetzki: Ich bin 26 Jahre im Beruf, hab in mehr als 80 Inszenierungen gespielt – da war alles darunter – Bösewichter genauso wie ganz Nette. Aber der Tomey ist ja nicht nur böse, er ist ja eigentlich eine ganz arme Sau.

KiJuKU: Das sind ja vielleiht viele Bösewichte – auch im echten Leben?
Mathias Kopetzki: Das mag sein, aber es wird halt hier sehr gezeigt. Einer, der eine sadistische Freude daran hat, die Leute zu quälen, zu erniedrigen, zu demütigen, zu brechen.

KiJuKU: Das kommt ja auch direkt im Stücktext vor, wo Epstein das anspricht: „Er versucht, meinen Willen zu brechen.“
Mathias Kopetzki: Ja, aber er will damit ja auch seinen Leuten das Leben retten. Am Ende wo es um die Wette geht sagt der Sergeant, wenn er noch eine Woche zu leben hätte, dann würde er den schlimmsten, schwächsten, rebellischsten, unfähigsten Soldaten zu einem disziplinierten, guten, gehorsamen Rekruten machen – nicht zu brechen.

KiJuKU: Was ja eigentlich ein Brechen ist, oder?
Mathias Kopetzki: Er sieht das nicht so. Er will keine Individuen, er will, dass die Leute gehorchen, weil er meint, das ist die einzige Möglichkeit, den Krieg einigermaßen heil zu überstehen. Seine wir doch einmal ganz ehrlich: Wenn da lauter so Zivildiener rumrennen und der Vorgesetzte sagt: Rückzug! Und keiner macht’s – dann hat keiner eine Chance da rauszukommen. Das ist sein Denken. Wenn einer renitent ist, dann gilt’s den zu disziplinieren.

Der Sergeant macht abwechselnd alle zu Opfern seiner Schikanen
Der Sergeant macht abwechselnd alle zu Opfern seiner Schikanen

KiJuKU: Hin und wieder schwenkt er ja auf Freundlichkeit um. Ist das dann nur ein Mittel zum Zweck – um die Leute dazu zu bringen, das zu tun, was er anordnet. Oder ist das ein Widerspruch in ihm selber?
Mathias Kopetzki: Er sagt’s ja, er hat ja diese Metallplatte im Gehirn, weil er den anderen Teil im Kampf eingebüßt hat. Dieser Verletzung ist es zuzuschreiben, dass er auch ein wohlmeinender, gutmütiger, verständnisvoller Lehrer sein kann, oder aber der sadistischste, brutalste und verrückteste Hund.

KiJuKU: Klar, die Aufgabe von Schauspieler:innen ist es, die jeweiligen Figuren glaubhaft zu verkörpern. Aber ist es innen drinnen unangenehm, so arsch zu den anderen zu sein?
Mathias Kopetzki: Also mir?

KiJuKU: Ja, dir als Mathias.
Mathias Kopetzki: Vielleicht auch. Aber er sieht es ja nicht so. Natürlich weiß er, dass er brutal ist, aber er sieht einen Sinn darin.

KiJuKU: Aber der Typ merkt, der Rekrut muss dringend aufs Klo und er schikaniert ihn.
Mathias Kopetzki: Das hat er sich zu verkneifen. Wenn er im Einsatz ist und er muss aufs Klo, kann es sein, dass ihm das Gehirn weggepustet bekommt. Das gehört dazu, sich selber zu disziplinieren. Das ist jetzt nicht die Freude daran, ein Arschloch zu sein, sondern ich hab einen Grund, warum ich zu dir fies bin. Du musst verdammt noch mal lernen, diese Dinge zu unterdrücken – Hunger, essen, Schlaf, pissen, kacken. Und solange du nicht die Terminologie der Armee kennst, hast du sowieso keine Chance. Das ist das System.
Als Schauspieler musst du Momente finden, wo du dir selber etwas verkneifst, weil es jetzt so sein muss.

Wenn ich seh, wie diese Gurkentruppe da ankommt, dann muss ich zu deren und unser aller Überleben, Disziplin reinbringen. Das angenehme an der Figur ist, dass sie nicht wie in vielen Army-Filmen nur herumbrüllt, sondern der Seargent auch hin und wieder ganz freundlich ist – Hauptsache, ihr macht die Sachen, die ich euch sage. Was eigentlich ja noch perfider ist.

Nachtrag

Mathias Kopetzki schickte eine nachträgliche (7. März 2024) Klarstellung, weil seine Antworten möglicherweise missverstanden werden könnten: „Das ist selbstverständlich nicht meine private Ansicht. Ich verteidige hier lediglich die Figur, die ich spiele. Das ist ja die Aufgabe und der Reiz des Schauspielens, sich das „System“, die „Logik“ einer Rolle anzueignen, so „oarsch“ sie auch sein mag. Denn im echten Leben sagt ja kein „Arschloch“ von sich: „Ich bin ein Arschloch“. Das sagen immer nur die anderen..“

Follow@kiJuKUheinz