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Regisseur Folke Braband
Regisseur Folke Braband
06.03.2024

„Es geht darum, wie verhalten wir uns in einem autoritären System“

KiJuKU-Interview mit Folke Braband, der bei „Biloxi Blues“ nach 32 Jahren wieder Regie führt – damals in Berlin, jetzt in Wien für das Theater der Jugend.

KiJuKU: Waren Sie bei der Auswahl des nun ersatzweise eingeschobenen Stücks „Biloxi Blues“ anstelle der auf die kommende Saison verschobenen „Johanna“ mit dabei, involviert?
Regisseur Folke Braband: Als ich erfahren habe, dass ich hier übernehmen soll, haben wir schon überlegt, welches Stück wir machen sollen, aber Thomas (Birkmeir, Direktor des Theaters der Jugend, Wien) kam auf die Idee. Er hat auf meiner Website geschaut, was ich schon gemacht hatte.

KiJuKU: Hast du das Stück schon einmal inszeniert?
Folke Braband:Das hab ich vor 32 Jahren schon einmal gemacht, das eine meiner ersten Produktionen – damals in Berlin, 1992 am Ku-Damm in Berlin mit in der Zwischenzeit relativ bekannt gewordenen Kollegen.

KiJuKU: Und du hattest es damals ausgesucht oder wurdest auch dazu geholt?
Folke Braband: Wir haben damals das Studiotheater des Ku-damm-Theaters gehabt, ein kleines 99-Plätze-Theater. Das Spannende war, dass damals gleichzeitig im großen Haus, also dem Theater am Kurfürstendamm der erste Teil der Trilogie, die Brooklyn-Memoiren von Neil Simon lief. Der René Heinersdorff hat in diesem Stück den Eugene gespielt – um 20 Uhr und dann um 23 Uhr bei uns im Magazin in Biloxi Blues, oder sonntags um 16 Uhr.

KiJuKU: Was war damals der Grund für die Wahl dieses Stückes?
Folke Braband: Neil Simon, weil der ja zu den großen angelsächsischen Theaterautoren neben Alan Ayckbourn gehört. Und wir haben eben versucht, Unterhaltungstheater zu machen mit sehr ernstem Hintergrund – wo der Witz immer aus der Not heraus entsteht. Biloxi ist einer seiner härtesten Stoffe, aber durch diesen jüdischen Witz imGrauen ist es sehr, sehr unterhaltsam.

KiJuKU: Was ist für dich der große Unterschied zwischen 1992 und heute bei der Art wie du es inszenierst?
Folke Braband: Es sind 32 Jahre vergangen. Themen wie Homophobie und Rassismus stehen heute ganz anders im Fokus als es damals war. Ich weiß zwar, dass es historisch falsch ist – es gab in der US-Army ja noch Segregation, also getrennte weiße und schwarze Kompanien -, dass wir eine Person of Colour im Ensemble haben – hatte ich damals interessanterweise auch. Und das Thema Homophobie wird in der jetzigen Inszenierung nochmal deutlicher ausgestellt als damals.

Hin und wieder kommt der Regisseur nahe an die Szenerie und erklärt, wie's vielleicht besser gespielt werden könnte
Hin und wieder kommt der Regisseur nahe an die Szenerie und erklärt, wie’s vielleicht besser gespielt werden könnte

KiJuKU: Wobei dies, gerade in der Kulturszene in unseren Breitengraden sicher deutlich offener und weniger diskriminierend oder Tabu ist als vor 32 Jahren.
Folke Braband: Ja, aber es findet immer noch statt. Und natürlich ist das Thema Krieg heute näher dran an uns als damals. Aber im Zentrum steht, was passiert mit jungen Menschen in einem autoritären System wie es Armeen sind. Das ist gerade für Jugendliche auch interessant zu sehen, wie verhalten wir uns in so einer Situation.

Es ist nicht nur eine Coming-of-Age-Geschichte eines jungen Mannes, der auch seine erste große Liebe kennenlernen möchte, der nicht sterben, sondern Schriftsteller werden will. Und wir erleben ihn und seine Kameraden in diesem System. Eine Armee ist kein Ponyhof – und Krieg und damit Militarisierung rückt näher.

KiJuKU: Ich sehe in dem Stück ja nicht nur autoritäre Systeme wie es eine Armee ist. Solche Elemente erleben Kinder und Jugendliche ja immer wieder beispielsweise auch in Schulen. Das führt dort ja oft auch zu dieser Haltung oder dem Gefühl: Hoffentlich trifft die aggressive Wut einer Lehrerin/eines Lehrers wen anderen und nicht mich.
Folke Braband: Klar, Militär ist vielleicht ein Paradebeispiel für ein autoritäres System, aber Elemente davon finden in Schule, in Familie, im Beruf, auch im Theater. Das ist das Spannende an dem Stück. Und dazu das Tolle, wie diese Figur immer wieder diese vierte Wand zum Publikum hin durchbricht. Und aus seiner Erinnerung heraus die Sache dann auch leichter macht, darüber zu lachen, obwohl er unter großem, großem Druck steht.

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