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Szenenfoto aus "Stereo-Typen - From Zero to Hero"
Szenenfoto aus "Stereo-Typen - From Zero to Hero"
07.03.2024

Rausgeflogen – und doch gelandet ;)

Zwei musizierende Schauspieler tauchen ein in die Welt zweier Buben und stärken solche, Mut zu Gefühlen zu haben.

Vor der Garderobe mit einigen Jacken und Kappen treffen sie zufällig aufeinander. Robert Suter, der lieber nur Robi heißt. Wieder einmal aus der Klasse geschmissen, weil er so schnell denkt und das auch lautstark zum Besten gibt. Freut die Lehrer:innen gar nicht. „I bin dus, rausgeflogen“ beginnt er halblaut vor sich hin zu dichten und das noch dazu rhythmisch – es wird zum Song.

Da landet auch Rico Hernandez auf dem gemeinsamen Gang – er aus einer anderen Klasse und weil er als Neuankömmling wenig bis nichts versteht, voll verzweifelt ist.

Beide sind Außenseiter. Und nicht nur das. Beide haben wenig, naja ehrlicherweise jeweils gar keine Freund:innen. Und noch etwas verbindet sie: Liebe zur Musik – und zwar nicht nur solche zu hören, sondern auch selber zu machen.

Und das tun Gustavo Nanez (Rico) und Dominik Blumer (Robi) auch live – mit E-Gitarre (Letzterer), E-Bass bzw. Schlagzeug der zuerst Genannte. Mehrmals im Verlauf des rund einstündigen Stücks für Menschen ab 8 Jahren beim Theaterfestival „jungspund“, dieses Stück im FigurenTheater St. Gallen (Schweiz), die meisten finden in der umgebauten ehemaligen Lok-Remise neben dem Bahnhof statt. Der Stücktitel von „Kolypan und Teatro Lata“ sei hier erst – aus guten Gründen – gegen Ende verraten.

Freundschaft mit Mutproben

Die Liebe zum Musikmachen (neben Computerspielen) ist die beste Voraussetzung, die andere Gemeinsamkeit der beiden zu beenden: Sie werden Freunde. Sogar durch Dick und Dünn. Heimlich schleichen sie sich in den Proberaum der Schule, der ohnehin praktisch nie genutzt wird. Außerdem schwänzen sie einen Tag die Schule und weil sie nach der Übernachtung im Proberaum hungrig sind, klaut Robi – Rico steht Wache, „weil mich aus Ausländer haben sie ohnehin immer im Auge – Lebensmittel im Supermarkt.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Stereo-Typen – From Zero to Hero“

Intensiv üben sie Songs für das Abschlusskonzert in der Schule – und machen groß Werbung für die nun von ihnen gegründete Band. Deren Namen (der auch der Stücktitel ist – Geduld noch!) sprayen sie groß unter anderem auf die Turnsaalwand. Das allerdings gibt Zoff. Vorladung in die Direktion.

Verrat, Bruch und …

Ärger aber noch als der Zusammenschiss und die Kosten fürs Entfernen des Schriftzuges sind die nun auftauchenden gegenseitigen Schuldzuweisungen. Die neue Freundschaft zerbricht.

Natürlich doch nicht. Bei der Wendung (Regie: Meret Matter; Textmitarbeit neben den beiden Spielern: Julia Kubik) zu einem doch noch Happy End schlüpfen die musizierenden Spieler in die Rollen ihrer beiden Väter – leicht anderes Gewand, andere Körperhaltung, veränderte Sprachfärbung. Doch so glatt geht’s dann doch nicht.

Wenn der Ton von beiden Seiten kommt 😉

Sehens- und vor allem hörenswert sind die entfesselten Band-Auftritte zwischendurch und vor allem am Ende. Noch spannender – und wichtiger – ist die Entwicklung der beiden Protagonisten wie es im Untertitel heißt „From Zero to Hero“ (Von Null bis zum Helden). Und die immer wieder recht witzige Zerlegung klassisch männlicher/bubenhafter Klischees, denn heldenhaft ist unter anderem sich zu entschuldigen. Genialer Einfall für den Band- und Stücktitel: Stereo-Typen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Stereo-Typen – From Zero to Hero“

Game-Figuren werden lebendig

Hervorzuheben ist auch die recht einfallsreiche Ausstattung (Ausstattung: Sara Giancane; Bühne: Gustavo Nanez) und da wiederum vor allem die gepimpten Bikes – die hier auf der kleinen Bühne allerdings nicht ausgefahren werden konnten. Die stärksten Emotionen im vollbesetzten Publikumsraum löste die Übernachtung im Proberaum aus. Im Traum versinken beide in ihre Lieblings-Computerspiele und tauchen verwandelt als Art Zombie-Ritter auf, die einander heftig bekämpfen. Hier spielt aber auch Angst der ach so starken Jungs eine nicht unerhebliche Rolle.

Blickfeld ;(

Einziges Manko – das für viele Stücke in vielen Theater gilt: Wenn Spieler:innen ganz nah am Bühnenrand sehr bodennah – hier liegend – agieren: Zuschauer:innen in den hinteren Reihen sogar dieses schräg ansteigenden Publikumsraums mit – einzigartig – höhenverstellbaren Sitzen sieht dennoch (fast) nichts davon.

Follow@kiJuKUheinz

Compliance-Hinweis: Die Berichterstattung kann nur erfolgen, weil das Festival „Jungspund“ Kinder I Jugend I Kultur I und mehr … für fünf Tage nach St. Gallen eingeladen hat.

KiJuKU-Interview mit der Festival-Leiterin –
aber schon bei der vorigen „jungspund“-Ausgabe

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INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Stereo-Typen – From Zero to Hero

Kolypan und Teatro Lata Zürich
Ab 8 Jahren; eine Stunde

Spiel, Musik: Gustavo Nanez, Dominik Blumer
Regie: Meret Matter
Assistenz: Salome Messmer
Textmitarbeit: Julia Kubik
Choreos: Manel Salas Palau
Ausstattung: Sara Giancane
Bühne: Gustavo Nanez
Assistenz Bühne: Aymara und Leona Sanders

Technik: Rafael Haldenwang
Outside Eye (dramaturgische Beratung): Sara Giancane, Angela Sanders
Produktion, Diffusion: Angela Sanders
Produktion: Teatro Lata & Kolypan
Koproduktion: Fabriktheater Rote Fabrik Zürich, Schlachthaus Theater Bern

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Jungspund – Theaterfestival für junges Publikum

Bis 9. März 2024
St. Gallen, Schweiz
jungspund