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Szenenfoto aus "Komm her!"

Staunen in einer dunklen, magischen (Unter-)Welt voller Schatten und Licht

Der große Saal im Pförtnerhaus am Ill-Ufer, in dem bei den vorangegangenen Vorstellungen eine große Tribüne stand, ist es an diesem letzten Nachmittag ziemlich dunkel, wenn die Zuschauer:innen hereinkommen. Höchstens mit ein bisschen Licht von dezenten Taschenlampen führen zwei Puppenspieler in schwarzen Overalls die Gäste in ein aus schwarzem Stoff abgehängtes Theaterzelt – nur knapp mehr als 70m² klein – und doch werden sich hier große Welten öffnen. Der Stücktitel „Komm her!“ (im Original Kom hier) wird sozusagen schon live vorweggenommen – oder sinnlich erfahrbar eingeleitet.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Komm her!“

Welt des Staunens

Dieses „Zelt“ beherbergt eine nicht ganz halbrunde Publikumstribüne und gegenüber stehen ein paar, teils filigran wirkende, Objekte, aber auch ein paar recht massive. Hier versetzten Sven Ronsijn und Rupert Defossez vom Ultima Thule aus Gent (Belgien) ihr Publikum immer wieder mit ihrem Puppen- und vor allem Objektspiel immer wieder in fast ungläubiges Staunen mit so manchen „Aaahs“, „Ooohs“ und manchmal auch so etwas wie „Huchs“. Die Grundstory, die sie in der nicht ganz einen Stunde spielen: Zwei Kinder-Figuren – dem Programmheft zufolge Marco und Kubo (im Stück fällt kein Wort und damit auch kein Name) spielen mit einem rot-weiß-gestreiften Ball, irgendwann landet dieser unerreichbar in den Ästen eines winterlichen Baumes ohne Blätter. Nicht nur der Ball – auch die beiden Freunde verlieren sich – aber nur räumlich. In Gedanken und Herzen bleiben sie verbunden.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Komm her!“

3D-Figuren und laser-ge-cuttete Häuser

Zwischen ihnen liegen aber Welten – ober und unter der Erde, von dort raucht es etwa auch durch die Häuser und ihre Rauchfänge raus – mit Hilfe einer kleinen Theater-Nebelmaschine. Letztere ist übrigens das einzige, das die Theaterleute gekauft haben. Alles andere haben sie selber nicht nur ausgedacht, sondern auch entworfen und hergestellt – vor allem tat dies Gestalterin Griet Herssens, die die meisten der bisherigen 200 Vorstellungen von „Komm her!“ auch gespielt hat – gemeinsam mit Rupert Defos. Sven Ronsijn spielte – nach kaum mehr als zwei Tagen Probenzeit – in Feldkirch das erste Mal. Allerdings hat er diese Produktion schon zuvor gecoacht und dramaturgisch begleitet – gemeinsam mit Kobe Chielens.

Szenenfoto aus
Szenenfotos aus „Komm her!“…

Inspirationsquelle aus der Literatur

Zu diesen Welten – Häuser und Objekte wie Strommasten, Schiffe, Vögel und vieles mehr aus Karton bzw. Holz per digital gesteuertem Leser ge-cuttet (ausgeschnitten), Skelette und Köpfe der Puppen 3D-gedruckt – ließ sich die Gruppe durch Italo Calvins Kurzgeschichtensammlung „Unsichtbare Städte“ anregen. Ein Abschnitt daraus findet sich auch im pädagogischen Begleitmaterial für Schulen und so manche Bilder entsprechen den Schilderungen Marco Polos über Städte und Gegenden in Kublai Khans Reich, das der Herrscher offenbar nicht selber erkunden konnte oder wollte. Weil der all das, das er in für ihn unverständlichen Sprachen gehörte hatte, nicht in einer für den Kahn wiederum unverständlichen Sprache erzählte, sondern „nicht anders als durch Gesten, Sprünge, Ausrufe der Bewunderung und des Entsetzens, Bellen und andere Tierlaute ausdrückte, oder durch Gegenstände, die er aus seinen Doppelsäcken hervorholte – Straußenfedern, Blasrohre, Quarze –, um sie dann wie Schachfiguren vor sich auszubreiten“, fand der eine Verständigungsebene mit dem Herrscher des Reiches im Osten. „Der Großkhan entzifferte diese Zeichen, doch die Verbindung zwischen ihnen und den besuchten Orten blieb ungewiss: Er wusste nie, ob Marco ein Abenteuer darstellen wollte, das ihm unterwegs widerfahren war, eine Tat des Gründers der betreffenden Stadt, die Weissagung eines Astrologen, ein Bilderrätsel oder eine Charade, um einen Namen zu nennen.“ (Italo Calvino, „Die unsichtbaren Städte“, übersetzt aus dem Italienischen von Burkhart Kroeber, Hanser Verlag).

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Komm her!“ – hier rechts Griet Herssens in Aktion

Vielfältige Szenerie

Das Duo, das fallweise trotz der Dunkelheit auch selber zu sehen ist, aber sich stets im Hintergrund hält – „es geht um die Figuren und Objekte, sie sind im Zentrum, auch wenn sie ohne uns nichts können“ – spielt mit klitzekleinen Objekten, von denen es so manches deutlich größere Ebenbild gibt, ebenso wie mit echt massiven. Beispielsweis betätigt Rupert Defossez mehrmals einen metallenen Kran- samt dreizackigem Greifarm – auch knapp über den Köpfen von Zuschauer:innen.

Natürlich kommen die beiden Freunde am Ende auch wieder physisch zusammen – das darf durchaus verraten werden, wenngleich dazwischen so manch durchaus gruselig anmutendes Abenteuer gespielt wird. Zum Spiel gehört noch Musik (Griet Pauwe) und nicht zuletzt dasjenige mit Licht und Schatten. So kommst du erst nach der Vorstellung, als die Puppenspieler dies erwähnen, drauf, dass die beiden Figuren keine Augen haben – sondern lediglich der Schatten den der obere Teil der beiden Löcher im Gesicht wirft, die Zuschauer:innen (!) Augen sehen lassen, weil sie dies in ihren eigenen Köpfen zusammen-Puzzlen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Komm her!“

Langer, kreativer Prozess

Rund ein Jahr lang hat die Gruppe an der Entwicklung dieses Stücks gearbeitet, erzählt das Spieler-Duo im anschließenden Gespräch mit dem Publikum. „Was ihr hier auf der Bühne sehen konntet, ist ein Viertel, höchstens ein Drittel von dem was wir gebaut haben. Aber vielleicht können wir das eine oder andere ja einmal bei einem späteren Stück verwenden.“ Auch viele dramaturgischen Ideen wurden verworfen, weil die ausgedachte Szene im weiteren Verlauf nicht schlüssig gewesen wäre. Und so fantasievoll wie sie selber „Komm her!“ erarbeitet haben, so wollen sie im Idealfall, dass auch ihr Publikum nach Hause oder in die Schule geht. Sie verstehen – dem schon erwähnten Begleitmaterial zufolge – ihre Arbeit nicht nur, aber ganz besonders dieses Stückes, als Impuls fürs fantasievolle Weiterspinnen vor allem ihres jungen Publikums.

Szenenfoto aus

Ultima Thule

Nicht von ungefähr nannte sich die Gruppe bei der Gründung (1993 aus einer Fusion des Puppentheaters Joris Jozef und Wannepoe) „Ultima Thule“ (ab 2008 in Gent, davor in Antwerpen), weil dies schon in der Antike der Name eines Ortes war, der die Fantasie anregte. „Dichter, Philosophen und Weltreisende gaben mit Ultima Thule dem nördlichsten Land einen Namen. Die am weitesten entfernte Insel.“ (zitiert aus der Homepage der Gruppe).

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Szenenfoto aus „Komm her!“

Auf Wikipedia ist unter dem Begriff auch zu finden: „Am 26. Juli 2008 entdeckte ein Team, bestehend aus Brian Beatty, Friederike Castenow, Heinz und Lindy Fischer, Jörg Teiwes, Ken Zerbst und Peter von Sassen, eine Insel an der Position 83° 41’ 20.7” N, 31° 5’ 28” W. Sie war etwa 100 m lang, äußerst schmal und etwa 5 m hoch. Das Team errichtete einen Steinhaufen… Aus einem 2019 veröffentlichten Artikel von Ole Bennike und Jeff Shea geht hervor, dass seit 2008 offenbar keine Untersuchung der Geisterinseln vor der Küste mehr stattgefunden habe. Sie bewerten die Forschungssituation als mangelhaft, um feste Aussagen zur Beständigkeit der Inseln machen zu können, wofür vor allem genauere Beschreibungen und Untersuchungen von Gestein und Vegetation auf den Inseln nötig wären. Sie halten fest, dass die Inseln nicht dauerhaft an derselben Position liegen können, und vermuten anhand der Beobachtungen aus den letzten Jahrzehnten, dass vermutlich keine der bis 2008 beobachteten Inseln noch existiert.“ Womit der Begriff wieder der Fantasie gehört 😉

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Compliance-Hinweis: KiJuKU wurde von Luaga & Losna zur Berichterstattung nach Feldkirch (Vorarlberg) eingeladen.

Szenenfoto aus
Szenenfotos aus „Komm her!“…
Szenenfoto aus "Die Entdeckung der Langsamkeit" nach dem gleichnamigen Roman Sten Nadolny

Wenn die vermeintliche Schwäche zur Stärke wird

Ein großer, leicht scheinender doch gewichtiger Tisch, eine Lichterkette mit subtilem Anklang an eine solche auf einem Segelboot. Zwei Leute betreten von hinten durch den Vorhang die Bühne im Theater am Saumarkt im Vorarlberger Feldkirch. Hier steht im Rahmen des aktuellen „Luaga & Losna“-Festivals die einzige Vorstellung auf dem Programm, die sich nicht an junge Kinder richtet. Ab 12 und nicht zuletzt für Erwachsene lassen hier Friederike Schreiber und Günther Henne von „TheaterGrueneSosse und Theaterhaus Ensemble (Frankfurt, Deutschland) einen Wesenszug der Hauptfigur in Sten Nadolnys Kult-Roman „Die Entdeckung der Langsamkeit“ lebendig werden.

Titelbild des ErläTitleseite des Romans von Sten Nadolny
Titelbild des ErläTitleseite des Romans von Sten Nadolny „Die Entdeckung der Langsamkeit“ – Details siehe Info-Box am Ende des Beitrages

Originaltext

„John Franklin war schon 10 Jahre alt und noch immer so langsam, dass er keinen Ball fangen konnte. Er hielt für die anderen die Schnur. Vom tiefsten Ast des Baumes reichte sie herüber bis in seine empor gestreckte Hand. Er hielt sie so gut wie der Baum, er senkte den Arm nicht vor dem Ende des Spiels…“

Die echten ersten Sätze des Buches – so wie viele andere Passagen über diesen britischen Seefahrer und leidenschaftlichen Polarforscher – gepaart mit von Nadolny durchaus ausgedachten Szenen las das Duo – scheinbar, in Wahrheit hatten sie den Text – gemeinsam mit dem szenischen Spiel verinnerlicht.

Vor sich die Blätter in den ersten Minuten und immer wieder auch zwischendurch, machen sie aus dem Tisch ein Schiff (Bühnenbau: Detlef Köhler), ein Ventilator hilft bei der Darstellung von Stürmen, in die das Segelboot gerät.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Die Entdeckung der Langsamkeit“ nach dem gleichnamigen Roman Sten Nadolny

Langsamkeit

Kernaspekt aus dem Roman, von dem sicher viiiiiel mehr Menschen den Titel und als Inhalt oder den Text kennen, ist die Langsamkeit, die vom lange Zeit den Titelhelden in seiner Kindheit und Jugend begleitendem Nachteil zu einem Vorzug aufgrund bedächtig gefällter Entscheidungen führt(e). Nadolny, der vieles, unter anderem Geschichte studierte und sogar unterrichtet, hatte viele Unterlagen über den historischen John Franklin (1786 – 1847) durchgeackert, zu weniger bekannten Phasen dachte er sich einiges aus. Den Charakterzug der Langsamkeit, „den der wirkliche Franklin nach Auskunft der Quellen möglicherweise hatte, aus dem er aber wohl nicht systematisch eine Tugend gemacht hätte“ (Stefan Munaretto, Die Entdeckung der Langsamkeit von Sten Nadolny. Textanalyse und Interpretation. Königs Erläuterungen und Materialien, Band 427 – siehe Info-Box am Ende) rückte der Autor ins Zentrum.

Titelbild des Erläuterungsbandes zu Sten Nadolnys
Titelbild des Erläuterungsbandes zu Sten Nadolnys „Die Entdeckung der Langsamkeit“ – Details siehe Info-Box am Ende des Beitrages

Spürbar

Und diese verkörpern die beiden Schauspieler:innen, ohne sie je übertrieben zu zelebrieren. Selbst wenn sie einigermaßen hektisch durch die Gegend – in dem Fall die Publikumsreihen wandern, über Sitze klettern, strahlen sie keine Hektik aus (Regie: Leandro Kees, der auch mit den beiden die Textfassung aus dem Roman destilliert hatte).

Hin und wieder schlüpfen sie doch in verteilte Rollen auch anderer Protagonist:innen in John Franklins Leben, vor allem stellen sie ihn und seine Haltung, seine Suche – unausgesprochen nach dem Horizont als Fixpunkt – dar. Und selbst in den heftigen Sequenzen einer Seeschlacht mit einem Schiff der französischen Marine oder in wildesten Stürmen, strahlen sie aus: Der Typ steht zu sich und seiner damit in die Außenseiterrolle gedrängten markanten Eigenschaft. Das Schauspiel von Schreiber und Henne lässt sowohl die anfängliche Ausgegrenztheit als such die spätere Stärke spüren.

Was – so erzählen die beiden im abendlichen Inszenierungsgespräch mit Teilnehmer:innen des Symposions „Theater & Bild & Ton“ (und anderen Interessierten) – nach den ersten Vorstellungen in Frankfurt durchaus auch gegenteilige Jugendliche ge- und bestärkt habe, etwa solche bei denen ADHS – also eher Hektik – diagnostiziert wurde.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Die Entdeckung der Langsamkeit“ nach dem gleichnamigen Roman Sten Nadolny

Gegen den „Zeit“geist

Der vor knapp mehr als 40 Jahren erschienene Roman (mit einem Kapitel daraus hatte Nadolny drei Jahre zuvor den Ingeborg-Bachmann-Preis gewonnen – und sein Preisgeld auf alle Teilnehmer:innen verteilt) wurde immer wieder auch als Art Statement gegen übertriebene und vor allem ungesunde Hektik, Missachtung der Lebenszyklen von Natur und Mensch interpretiert. Die Hauptfigur, die noch auf Segelschiffe setzt, während andere schon mit Raddampfer unterwegs sind. Hier bog auch Nadolny eine späte Expedition John Franklins ein wenig zurecht, dessen reale Schiffe schon maschinell ausgestattet waren.

Auch schon Michael Endes „Momo“ – zehn Jahre vor Nadolnys bekanntestem Roman erschienen – hielt ein Plädoyer für das reale Leben im hier und jetzt und gegen die grauen „Zeitdiebe“. Die Welt hat sich zwar „nur“ in der gleichen Geschwindigkeit weitergedreht, die Hektik der (allermeisten) Menschen, Zeitdruck, hat um ein Vielfaches zugenommen. Das was schon vor 50 und 40 Jahren beklagt worden war, dass damit nicht nur menschliche Beziehungen beeinträchtigt, sondern oft die Wahrnehmung der Wirklichkeit zunehmend verloren gehen könnte, hat sich potenziert. Hektische Bild- und Schnittfolge in Videos und Filmen – da setzt diese Version der Dramatisierung des Romans durch ihre Spielart viele Momente entgegen, sich auf das Loblied der Langsamkeit einzulassen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Die Entdeckung der Langsamkeit“ im Theater Spielraum (Wien)

Traum einer Expedition

„Wie dem – wie immer im „Spielraum“ umfangreichen, hintergründigen – Programmheft (wahrscheinlich den besten der Stadt) zu entnehmen ist, hatte das Schicksal der bei ihrer letzten Expedition im ewigen Eis verschollenen Forscher, namentlich John Franklins, Sten Nadolny schon als Schüler interessiert. Das schreibt er im Einleitungsabsatz eines Artikels für die deutsche Wochenzeitung „Die Zeit“ Anfang 2023 anlässlich des 40. „Geburtstages“ dieses Romans. Damals träumte er davon, selber eine Expedition zu leiten, um die verschollenen Schiffe bzw. eventuelle Überreste zu finden. Um viel später daraus einen Roman zu schreiben.“ (KiJuKU, November 2023)

Follow@KiJuKUheinz

Compliance-Hinweis: KiJuKU wurde von Luaga & Losna zur Berichterstattung nach Feldkirch (Vorarlberg) eingeladen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Die Entdeckung der Langsamkeit“ nach dem gleichnamigen Roman Sten Nadolny
Szenenfoto aus "Tagebuch eines hässlichen Entleins" nach Hans Christian Andersen von Factory compagnia transadriatica (Italien)

Schwan, geh deinen Weg – trotz Anfeindungen

Der leicht schillernde Vorhang zu Beginn vermittelt ein bisschen den Eindruck einer spiegelnden Wasseroberfläche – vielleicht aber auch nur, weil demnächst das Stück „Tagebuch eines hässlichen Entleins“ über die Bühne im Pförtnerhaus gehen wird. Damit eröffnete das internationale Theaterfestival für ein junges Publikum im Vorarlberger Feldkirch seine 36. Ausgabe.

Story der Vorlage

„Diario di un brutto anatroccolo“ der Factory compagnia transadriatica aus Lecce (Halbinsel Salento in Apulien, Italien), kommt ohne Worte aus. Natürlich lehnt es sich an das berühmte Märchen von Hans Christian Andersen „das hässliche, junge Entlein“ an. Für jene, die dies nicht kennen kürzest die Story: Unter den Eiern, die eine Entenmutter ausbrütet ist auch ein fremdes. Dieses Küken ist – im Gegensatz zu seinen vermeintlichen Geschwistern nicht niedlich gelb, sondern grau. Es entpuppt sich letztlich als ein Schwan. Die werden in der Regel für sehr schön gehalten. Ein wunderbares Märchen, wie das so ist mit Vorurteilen und Ausgrenzung von Außenseiter:innen!

Tanz und Schauspiel

Die Gruppe aus dem Stiefel-Absatz ziemlich nahe der Schuhsohle erzählt in wortlosem Tanz und Schauspiel aber oft mit Originalmusik von Paolo Coletta, der Tschaikowskys „Schwanensee“ zusammen mit der Choreografie von Annamaria De Filippi neu interpretiert. Stationen des Schwanen- und damit anfänglich gemobbten Außenseiter-Lebens werden nicht so sehr als Märchen, sondern als für von vielen (Kindern) erlebte Situationen, wenngleich im Schwimmvogel-Kostüm gespielt und getanzt.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Tagebuch eines hässlichen Entleins“ nach Hans Christian Andersen von Factory compagnia transadriatica (Italien)

Allein schon durch hier Tänzerin Francesca De Pasquale und da die schauspielenden Entleins Antonio Guadalupi, Luca Pastore, Benedetta Pati ergeben sich zwei Theaterwelten, die doch deutlich Unterschiede zeigen. Mobben sie das „fremdartige“ Kind schon gleich nach der Geburt, so zieht sich dies in einer auf uralt gemachten Schulszene weiterhin fort. Da wird die Schwänin zur „Streberin“, die mit Papierkugeln beschossen wird.

Großstadt-Straße

Später schlüpfen die drei Schauspieler:innen in die Rollen unterschiedlichster Passant:innen auf einer hektischen Straße in einer Großstadt – was die Geräusche verraten. Halbtot liegt Schwänin als Obdachlose (?) auf dem Gehsteig, alle hasten vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen, teils steigen sie über sie drüber. Irgendwann wirft ein edel erscheinender Mann, von seiner noch edleren Begleiterin gedrängt, dem Wesen auf dem Boden ein paar Münzen hin… Diese Szenen bergen viel Situationskomik und Humor in sich – mitunter aber Lächeln und Lachen, das im Halse stecken bleibt, angesichts der Parallelen zur echten Menschen-Welt.

(Zu) heftige Jagd-Szene

Heftig – wohl für junge Kinder (das Stück ist ab 5 Jahren angegeben) durchaus möglicherweise ängstigend (im Publikum im Pförtnerhaus waren nur sehr wenige junge Besucher:innen) ist die doch recht lange Szene, die es auch im Märchen gibt, wenn Jäger auf Enten und Gänse schießen. Schüsse, Kriegslärm, blutrot gefärbte Bühne – und das eine gefühlte Ewigkeit lang.

Inklusiv

Aber abgesehen davon, überzeugt diese Version der Verallgemeinerung des zu-sich-Stehens, des Widerstehens von Anfeindungen, des Auf und Abs an Ablehnung und Zuwendung – eine berührende Szene von Freundschaft und Liebe zwischen Schwänin und Enterich – durch die nonverbale, sehr poetisch getanzte und gespielte Performance der vier genannten Darsteller:innen; übrigens wie auch andere Produktionen der Factory compagnia transadriatica inklusiv. Und weil es in der Qualität der Darstellung keine Unterschiede gibt, wird hier auch nicht genannt, wer ohne und wer mit Behinderung agierte.

Hinter den Kulissen

Schon noch erwähnt werden sollen die Regie von Tonio Nitto, der auch die Bearbeitung des Andersen-Märchens vorgenommen hat sowie Roberta Dori Puddus Bühnenbild – teils mit Hintergründen im Stile kolorierter Ansichtskarten mit umrahmten Schrift-Inserts wie in alten Schwarz-Weiß-Filmen sowie die Kostüme von Kostüme: Lapi Lou Lichtspiele von von Davide Arsenio.

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Compliance-Hinweis: KiJuKU wurde von Luaga & Losna zur Berichterstattung nach Feldkirch (Vorarlberg) eingeladen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Tagebuch eines hässlichen Entleins“ nach Hans Christian Andersen von Factory compagnia transadriatica (Italien)
Sakteboarden für Einsteiger:innen

Friedliche sportliche Wettkämpfe als Beispiel gelungenen Zusammenlebens

Junge Männer – und auch Frauen, davon deutlich weniger – kickten am Wochenende bei brütender Hitze auf den verschiedenen Fußballfeldern. Vom großen Feld über mittlere und kleinere – diese mit hölzernen Banden – bis zu einem Mini-Feld mit aufpumpbarer Begrenzung für die Allerjüngsten liefen sie sich oft sozusagen die Seele aus dem Leib, um den jeweiligen Ball im Tor des anderen Teams unterzubringen.

Volleyball - mehrere Matches gleichzeitig in der Halle
Volleyball – mehrere Matches gleichzeitig in der Halle…

In der Halle, die fast einer Sauna glich, beförderten Teams gleichzeitig auf vier Feldern die Bälle über Netze im Volleyball-Turnier.

Mixed Teams kicken auf einem mittelgroßen Feld
Mixed Teams kicken auf einem mittelgroßen Feld…

Begegnungen

Diese Ballspiele sind seit dem ersten Mal Bestandteil des Integrationsfestivals „Von Kabul bis Wien“, organisiert vom Verein „Neuer Start“. Zum elften Mal – nur unterbrochen durch die Pandemiejahre – zeigen Hunderte Menschen vor allem solche, die in den vergangenen Jahren aus Afghanistan geflüchtet sind, wie friedliches, gleichberechtigtes Zusammenleben funktioniert. Wobei gerade an den Sportbewerben bunt zusammengesetzte Teams teilnehmen, was das Festival eben zu einer Begegnungsstätte unterschiedlichster Kulturen macht.

Riesiger Topf voller Reis
Riesiger Topf voller Reis

Riesen-Reis-Topf

Zum zweiten Mal hintereinander spielte sich das vom Verein „Neuer Start“ organisierte bunte Treiben auf dem Gelände der ASKÖ-Sportanlage samt Halle in der Hopsagasse in Wien-Brigittenau (20. Bezirk) ab. Die besagte Halle, in der sich die Volleyball-Matches abspielten, diente am Samstagabend auch für Musik- und Tanzdarbietungen sowie Auftritte in Trachten verschiedener Regionen Afghanistans. Natürlich durfte auch – wie alle Jahre – Kulinarik nicht fehlen – traditionelle Gerichte aus diesem Land. Gewaltig der Riesen-Topf mit Reis!

Sakteboarden für Einsteiger:innen
Sakteboarden vor allem für Einsteiger:innen

Skateboards vor allem für Anfänger:innen

Das diesjährige Festival brachte aber auch eine neue Aktivität. Unterstützt von Mitarbeiter:innen der Initiative „Skate 4 Fun“ konnten Skateboards – natürlich samt Helm, Knie- und Ellenbogen-Schützern – ausgeborgt und erste Schritte auf die rollenden Bretter gemacht werden. Was vor allem sehr junge Kinder, darunter sehr viele Mädchen, nutzten. Anna erzählt Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…: „Ich hab im Internet Skateboard-Videos gesehen, das wollte ich auch machen. Hier kann ich das ausprobieren.“ Sie und ihre Freundin Roxana standen das allerallererste Mal auf Skateboards. Anfangs noch an der Hand von erwachsenen Helfer:innen des Vereins, kamen sie eine halbe Stunde später schon ganz allein nach einer Runde um den Fußballplatz auf den Reporter zu. Und bedrängten den Journalisten: „Du musst das auch probieren, ich helf dir“, meinten beide abwechselnd. Was blieb mir anderes übrig. Aber angstfrei waren die ersten Roller nicht gerade 😉

Der Spruch zur Gleichberechtigung auf einigen T-Shirts
Der Spruch zur Gleichberechtigung auf einigen T-Shirts

Barabari – Gleichberechtigung

Neu waren auch die T-Shirts einiger der Mitarbeiter des Festivals. Männer in schwarzen Leiberln mit der Aufschrift „Barabari“ / Gleichberechtigung auf dem Rücken und dem Zusatz: „Das Patriarchat schafft sich nicht von selbst ab!“

Auftritt in regionaler Tracht aus Afghanistans Provinzen
Auftritt in regionaler Tracht aus Afghanistans Provinzen…

Neben dem jährlichen großen Wochenend-Festival mit Sport, Kultur, Essen und Begegnungen organisiert „neuer Start“ seit fast zehn Jahren Workshops nicht zuletzt für Männer, ihre eingelernten, traditionellen Rollen zu hinterfragen – Frauen übrigens ebenso – Link zu einem Bericht eines Workshops für Männer weiter unten; ein weiterer Link zu einer Reportage über sportliche Angebote auch unter dem Jahr.

Hier zählt der Mensch, nicht der Pass -
Hier zählt der Mensch, nicht der Pass – „Pass-Egal-Wahl“…

Pass-Egal-Wahl

Gemeinsam mit SOS Mitmensch fand beim Festival auch die „Pass-Egal-Wahl“ statt. Menschen, die schon lange in Österreich leben, aber nicht wählen dürfen, haben dabei die Möglichkeit wenigstens symbolisch auch ihre Stimme abgeben zu können. „Das Festival hat sich als bedeutendes Symbol für erfolgreiche Integration und den Abbau von Vorurteilen etabliert. Wie viele andere Projekt, die aus den Communities selbst kommen, zeigt es, wie Geflüchtete durch gezielte Unterstützung und aktives Engagement einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leisten können“, findet Shokat Walizadeh, Projektleiter von „Neuer Start“.

Unterm hölzernen Dach wartet nicht nur Essen, sondern auch Information an verschiedenen Ständen
Unterm hölzernen Dach wartet nicht nur Essen, sondern auch Information an verschiedenen Ständen…

Männer mit Fluchthintergrund

Ali Rezae, Obmann des Vereins ergänzt: „Männer, die im Krieg geboren und aufgewachsen sind und es nach einem schweren Fluchtweg hierhergeschafft haben, brauchen von Beginn an Unterstützung. Aus unserer eigenen Erfahrung wissen wir, wie wichtig es ist, Inklusion von Anfang an zu fördern. Genau deshalb setzen wir uns intensiv für die Integration und das Wohlbefinden dieser Menschen ein.“

Beide bedauern, dass derartige Initiativen allerdings nicht jene Unterstützung bekommen, die sie bräuchten, um ihre Workshops noch stärker und breiter anbieten zu können. Und so „nebenbei“ würden diese positiven Beispiele mindestens so viel Öffentlichkeit verdienen wie Beispiele einzelner Gewalttäter oder gar Deals mit den radikal-islamistischen Machthabern Afghanistans, die Mädchen Bildung und vieles mehr verbieten.

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Zwei Mädchen - ein fußballerisches Vorbild - Messi auf dem T-Shirt-Rücken
Zwei Mädchen – ein fußballerisches Vorbild – Messi auf dem T-Shirt-Rücken

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Mehr Informationen

Neuer Start -> Von Kabul bis Wien

Szenenfoto aus "Tiébélé"

Live-Musik, Gesang, Malerei führen in den Süden von Burkina Faso

Zwei Frauen, drei Schüssel, ein großer Kreis auf der Bühne, ein wenig im Hintergrund stehen durchsichtige Kunststoffplatten auf rollbaren Metallgestellen. Aus dem Off kommt Gesang in einer melodiösen afrikanischen Sprache – es ist nicht das in Burkina Faso weit verbreitete Mòoré (Sprache der Mossi), sondern Tiébélé. Das Stück „Tiébélé“ der Gruppe Le Théâtre de la Guimbarde (Regie: Gaëtane Reginster) aus Belgien führt das Publikum in diesen westafrikanischen Staat, genauer ins Titel-gebende Dorf in Kassena, einer Region im Grenzgebiet zum südlichen Nachbarland Ghana – rund 250.000 Menschen, fast gleich aufgeteilt auf die beiden Staaten.

Musik, Gesang, Malerei

Vier Mal spielte die Gruppe beim aktuell laufenden Kinder- und Jugendtheaterfestival spleen*graz in der steirischen Landeshauptstadt. Auf der Bühne des KNOPFtheaters im Kindermuseum #frida & freD spielt die großgewachsene Bérénice De Clercq eine N‘goni – ein Saiteninstrument mit dem Klangkörper eines ausgehöhlten Kürbisses (Musikalisches Arrangement: Zouratié Koné). Ihre Bühnenkollegin Nadège Ouédraogo nimmt die scheinbar leere Schüssel – und siehe da, sie holt daraus so etwas wie Sand hervor, bläst ein bisschen davon in die Luft – eine Staubwolke fliegt über die Bühne. Sie dreht die Schüssel um und spielt mit dem, was sich als feiner Lehm-Sand herausstellen wird, taucht die Hände ein wenig in eine zweite Schüssel – mit Wasser, beginnt ein bisschen zu gatschen, scheinbar herumzu „kritzeln“ mit Lehmsand und Wasser, holt schließlich aus der dritten hölzernen Schüssel in Farbe getauchte Schwämme.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Tiébélé“

Fast in sich versunken wie ein kleines Kind – wären da nicht immer wieder die gemeinsamen Gesänge mit der Kollegin – und natürlich Blicke ins Publikum. Und alles nicht auch „nur“ Vorbereitung dafür, dass die beiden Frauen eine der oben schon erwähnten durchsichtigen, unterschiedlich geformten, Kunststoffwände (Bühnenbild: Laurence Jeanne Grosfils) nach vor in die Mitte des Kreises geschoben, bemalen. Flächige, kreisig, in wilden Handbewegungen, dann wieder klein, zart, exakt Farbe wegkratzen – womit sozusagen Fenster in der Farbfläche entstehen…

Aus der Wirklichkeit „ausgeborgt“

Dieses Spiel ist der Wirklichkeit in der genannten Gegend zwischen den beiden Ländern nachempfunden. Jedes Jahr malen Frauen aller Generationen gemeinsam die Hauswände neu an – flächig und darauf meist geometrische Muster. Sie singen dabei und erzählen Geschichten und Geschichte aus ihrer Kultur und geben sie so von Alten an die Jungen weiter. Unterstützung holten sich die belgischen Künstler:innen für dieses Projekt von Laure Guiré und der Wéléni-Vereinigung in Burkina Faso.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Tiébélé“

Die fünf bemalten Wände ergeben nun eine Häuserzeile im Hintergrund – und werden noch weiter, dieses Mal digital, bemalt – Video-Animation: Mathieu Georis, bis der ebenfalls virtuelle Regen alles überdeckt.

Der poetische, verspielte Mix aus Live-Musik, Gesang und Malerei verzaubert – und bringt so „nebenbei“ eine den meisten Besucher:innen unbekannte Welt näher. Und passt wunderbar zu vielen weiteren (sehr) verspielten Programmpunkten bei diesem Jubiläumsfestival – das alle zwei Jahre über die Bühnen – und immer mehr auch Outdoor gehende „spleen*graz“ findet nun zum zehnten Mal statt.

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Compliance-Hinweis: Das Festival spleen*graz hat Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … für drei Tage zur Berichterstattung nach Graz eingeladen.

Besprechung von Stücken, die beim 10. spleen*graz gezeigt werden, KiJuKU aber schon davor andernorts gesehen hat

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Tiébélé“
Szenenfoto aus "Sei kein Mann"

Versuch, tanzend Rollenbilder zu hinterfragen

Unbeschwert, voller Leichtigkeit spielen sich die drei Tänzer durch den Raum und mit ihren Papierfliegern. Da sind Petr Nedbal, Emanuel Rüfenacht und Flamur Shabanaj sehr junge Buben, einfach Kinder, die (noch) nicht auf Rollen fixiert, in Schubladen gesteckt, wurden. Doch damit ist’s recht bald vorbei.

Schnell und stark sein, obendrein immer mehr und besser als die anderen… – Konkurrenz als patriarchalisches Prinzip noch immer mit Männlichkeit engstens verbunden. Und das trotz jahrzehntelanger intensiver Diskussionen, in mehreren Wellen erstarkter Frauenbewegung und davon ausgelöst doch auch Debatten um neue Männerbilder, insgesamt Rollen jenseits altbackener Klischees…

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Sei kein Mann“

Kollektiv F Bern ließ sich von dem Buch „Sei kein Mann“ von JJ Bola für das jüngste Stück inspirieren. Unter dem selben Titel zeigte es das Tanzstück am Abend des internationalen Frauentages beim „jungspund“ Theaterfestival für junges Publikum. Der (lyrische) Schriftsteller in Kinshasa (Demokratische Republik Kongo) geboren und ab seinem 6. Lebensjahr in London aufgewachsen, arbeitete nach seinem Masterabschluss in Kreativem Schreiben einige Jahre als Sozialarbeiter für Jugendliche mit psychischen Problemen. Doch schon als Jugendlicher hatte er sich in Tagebüchern und Gedichten mit männlichen Rollen-Zuschreibungen auseinandergesetzt.

Recherchen bei Jugendlichen und den eigenen Tänzern

Von dem 2019 (auf Deutsch ein Jahr später) erschienenen Buch ausgehend, arbeitete Kollektiv F Bern einerseits mit Jugendlichen in der eigenen Stadt und andererseits mit den drei Tänzern an der Verarbeitung eigener Erfahrungen sowie deren Reflexionen. Konzept, Recherche und Vermittlung stammen von Luzius Engel, die Choreografie von Vanessa Cook. Luz Gonzàlez als Live-Musikerin im seitlichen Bühnen-Vordergrund treibt sozusagen das Tanz-Geschehen an. Mirjam Berger steuerte nicht nur das Lichtkonzept zur rund einstündigen Performance bei, sondern agiert ebenfalls seitlich im Vordergrund der Bühne und setzt den jeweiligen Fokus.

Das Tanz-Trio „erinnert“ sich teils an eigene Jugend-Szenen, so bekennt einer sich schuldig, gegenüber seiner Schwester bevorzugt worden zu sein…

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Sei kein Mann“

Me Culpa, Konkurrenz und Kampf, Reflexionen, Versprechen zur Besserung, Ansätze diese auch im Umgang miteinander zu versuchen… – noch immer ein Minderheitenprogramm. Vielleicht aber auch nicht der ideale Ansatz, um Jungs oder Männer zu einem Umdenken bzw. noch wichtiger einer Änderung von Verhalten zu bewegen?

Neu definieren

Möglicherweise ist schon der Titel nicht ideal, lautet die wörtliche Übersetzung des englischen Originals doch „Maske ab: Männlichkeit neu definiert“, und selbst der deutsche Untertitel (Übersetzung: Malcolm Ohanwe) gibt weit mehr her als der Stück- und Buchtitel, nämlich „Warum Männlichkeit ein Albtraum für Jungs ist“.

Und das ist vor allem JJ Bolas Ansatz, eigenes Erleben, Erkenntnis in der Arbeit mit männlichen Jugendlichen und der Tenor des Buches: Klassisch männliche Rollenbilder als gewaltige Einschränkung für Buben und Männer – kaum bis keine Gefühle zulassen dürfen … – das kommt in so manchen der Szenen zwar ansatzweise vor – aber insgesamt wirkt die Performance ein wenig stark pädagogisch durchzogen von erhobenem Zeigefinger.

Da hätte wenigstens ein Spur vom Zugang zur „Greulichen Griselda“ des Vorstadttheaters Basel ganz gut getan – Rollenklischees mit einem kräftigen Schuss Humor zu durchbrechen und damit in Frage zu stellen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Sei kein Mann“

Blicke weiten, öffnen

Wobei es auch einen kulturell eingeschränkten Blick gibt, verblüfft doch Bola in seinem Buch schon im Vorwort mit folgender Frage, die er aus eigenen Erfahrungen ableitete: „Wie konnte es sein, dass es in einem Teil der Welt völlig normal war, wenn zwei Männer sich an den Händen hielten, während die Menschen in einem anderen Teil der Welt stehen blieben und starrten?“

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Compliance-Hinweis: Die Berichterstattung kann nur erfolgen, weil das Festival „Jungspund“ Kinder I Jugend I Kultur I und mehr … für fünf Tage nach St. Gallen eingeladen hat.

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Mehr Informationen

KiJuKU-Interview mit der Festival-Leiterin –
aber schon bei der vorigen „jungspund“-Ausgabe

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Sei kein Mann“
Szenenfoto aus "Greuliche Griselda" vom Vorstadttheater Basel (Schweiz)

„Bääääh, sicher nicht!“ – ein bärinnenstarkes Mädchen pfeift auf Regeln

In die Schlussphase des diesjährigen (vierten) „jungspund“ Theaterfestivals für junges Publikum im Schweizer St. Gallen fiel der internationale Frauentag am 8. März. Den fulminanten Schluss- und für viele sogar Höhepunkt setzte anderntags „Greuliche Griselda“ vom Vorstadttheater Basel. Ausgehend von dem Bilderbuch gleichen Namens von Edna Mitchell Preston (1973) entwickelten Regisseurin (Gina Durler) und Spieler:innen gemeinsam eine lustvolle und spielfreudige Version dieser „greulichen“ Variante einer Art Pippi Langstrumpf, also eines bärinnenstarken Mädchens – und einer ebenfalls sehr selbstbewussten schrägen Tante. Etliche Stücke beim Festival thematisierten andere Buben- und Männerbilder – alle von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… besprochenen Stücke am Ende des Beitrages verlinkt, „Sei kann Mann“, das direkt am Abend des Frauentages getanzt wurde, folgt erst noch.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Greuliche Griselda“ vom Vorstadttheater Basel (Schweiz)

Regeln sind dazu da, um gebrochen zu werden. Da können die Eltern noch so bemüht, liebevoll sein und versuchen, auf die Wünsche der Tochter einzugehen. „Bääääh! Sicher nicht!“ schallt es ihnen entgegen. Viel mehr noch als Ohnmacht und Verzweiflung bereitet ihnen Sorge, dass die reiche Tante des Vaters, nach der sie aus Erbschleicher-Gründen ihre Tochter benannt haben, sei enterben könnte. Da wollen sie Vanillje, das nette Mädchen aus der Nachbarschaft, beim Tante-Besuch als ihr eigenes Kind ausgeben. Doch die durchschaut den Trick und will die echte junge (Namens-)Großnichte sehen. Und genau deren aufmüpfiges, freches, unbekümmertes Wesen gefällt ihr – sehr sogar!

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Greuliche Griselda“ vom Vorstadttheater Basel (Schweiz)

Not- wurde Super-Lösung

Erst aus der Not der abhanden gekommenen Schauspielerin geboren, wie Dramaturgin und Produktionsleiterin Ronja Rinderknecht im Inszenierungsgespräch verriet, erwies sich die Entscheidung die junge Griselda mit einer Puppe (erstmals in dieser Theatergruppe) zu besetzen als absoluter Glücksgriff. In ihrem auf hässlich designten, gleichzeitig große Sympathie ausstrahlenden Gesicht (Puppenbau und -spiel: Priska Praxmarer) be- und verzaubert sie das Publikum, zumindest den Großteil 😉 Außerdem kann sie als Puppe Dinge, die eine menschliche Spielerin nicht so leicht zustande brächte – etwa auf einem Luster turnen.

Praxmarer, die die Puppe führt, schlüpft anfangs in die Rolle einer Bediensteten in Livree. Ihr Partner als „Personal“ ist Tobias Schulze, der allerdings vor allem in der Rolle der Tante Griselda auf andere Art aber doch „griseldisch“ wirkt.

Szenenfoto aus
Szenenfotos aus „Greuliche Griselda“ vom Vorstadttheater Basel (Schweiz)…

Grandioses Ensemble

Den Reiz dieser nicht ganz 1 ¼-stündigen Produktion macht nicht zuletzt das bewusst disharmonische und doch in seiner Spielfreude harmonische Ensemble aus. Neben den schon Genannten agieren Bea Nichele-Wiggli als liebe- wie verständnisvolle, aber doch verzweifelte Mutter ebenso wie Florian Müller-Morun als gleichwertiger Vater – mit kleinen doch eher klischeehaft zugeordneten Tätigkeiten. Beide schlüpfen aber noch in andere Rollen. Sie wird zur lieblichen, oberg‘scheiten, superbraven Vanillje. Er verschwindet in einem Fell, das zu Beginn ein Mammut im Museum, später einen Teppich „spielt“ und schließlich zu einem Monster namens Gruselfies wird, pardon Griselfuß wie Griselda es gezähmt nennt.

Abgerundet wird diese Inszenierung nicht zuletzt durch die Bühne (Fabian Nichele), auf der die meisten Einrichtungsgegenstände zunächst irgendwo weit oben unter der Decke hängen, von den Spieler:innen im Bedarfsfall per Seilzug heruntergeholt und auch wieder nach oben verfrachtet werden. Ebenso überzeugen die jeweiligen Kostüme (Benjamin Burgunder).

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KiJuKU-Interview mit der Festival-Leiterin –
aber schon bei der vorigen „jungspund“-Ausgabe

Szenenfoto aus
Die Puppe und ihre Spielerin – und Schöpferin
Szenenfoto aus "Spring doch"

Zum Trotz ein Mut-Anfall mit Zweifeln

„Ich gump hüt vom grosse Schprungbrätt!“ – auf Hoch- oder Standarddeutsch „ich spinge heute vom großen Sprungbrett!“ Und zwar von 3 Metern. Darum dreht sich das knapp mehr als ¾-stündige Tanzstück.

Eine Schülerin – ziemlich einsam auf dem Spielfeld. Zwölf große Kunststoff-Kanister mit jeweils rund einem Fünftel Wasser befüllt, eine Kreide und ein Handtuch. Mit den beiden Objekten „zaubert“ sie Licht bzw. Musik herbei. Ansonsten sind kurzzeitig – aus dem Off – Kinderstimmen zu hören, wen sie jeweils für ein Teamspiel wählen; viele Namen fallen. „Natürlich“ bleibt unsere Protagonistin als Allerletzte übrig.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Spring doch“: Tanz auf und mit Objekten

Und wie Tina Beyeler (Tanz und Choreografie) tänzerisch, von der Körperhaltung und mimisch agiert, sicher nicht zum ersten Mal, wahrscheinlich immer wieder.

Denen wird sie’s zeigen – und sie tätigt den oben zitierten Spruch in einem der Deutsch-Schweizer Dialekte in „Spring doch“ von Kumpane Schaffhausen (Text, künstlerische Mitarbeit: Andri Beyeler; Komposition: Sandro Corbat). Zum ersten Mal fährt sie, die offenbar sehr jung ist, allein mit dem Bus. Ziel: Schwimmbad.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Spring doch“

Aber so easy ist das alles doch nicht. Da schwingen ganz schön viel Bammel, Angst und Zweifel mit – neben dem Trotz und Mut. Und genau dieses Hin und Her lässt die Tänzerin – in ihren teils akrobatischen Bewegungen – ob mit oder ohne die Objekte, vor allem die genannten 12 Kanister spüren, miterleben – wenngleich es vor allem jüngeren Kindern ein wenig zu lang wurde bei der Aufführung im Rahmen von „jungspund“, dem Theaterfestival für junges Publikum in der Lok-Remise von St. Gallen (Schweiz).

Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Rita“ von Heinz Janisch (Idee und Text) und Ingrid Godon (Illustration)

Rita: Ein anderer Mut am 3-Meter-Brett

Ein wenig erinnert die Geschichte an das Bilderbuch von Heinz Janisch (Illustration: Ingrid Godon; Verlag: Bloomsbury K & J), das vor elf Jahren mit Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet worden ist.

Rita, ein Mädchen mit roter Badekappe, schickt sich an, vom 3-Meter-Brett zu springen. Schaut hinunter. Lange. Kehrt dann aber um, und steigt die Leiter hinunter – zum 1-Meter-Brett. Doch auch da springt sie nicht. Was ein Junge im Schwimmbad lautstark mit „Feigling“ kommentierte.

„Fische springen nicht von Türmen“, konterte Rita schlagfertig, schwamm davon und tauchte dazwischen. Das beeindruckte einen anderen Jungen, der am Beckenrand saß und überlegt hatte, welch beeindruckende Dinge und Menschen er schon in seinem Leben gesehen hatte. Doch nichts von dem, das vor seinem geistigen Auge dahinhuschte reichte an diesen Mut Ritas heran!

In „Spring doch“ endet die Geschichte dann doch anders – das sei aber nicht gespoilert.

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KiJuKU-Interview mit der Festival-Leiterin –
aber schon bei der vorigen „jungspund“-Ausgabe

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Spring doch“
Szenenfoto aus "Urknall"

Neue Stücke: Wie geht’s der Erde und den Menschen auf ihr?

„Erde, wie geht’s dir?“ fragen Nora Vonder Mühll & Stefan Colombo (Theater Sgaramusch) die Kugel, die sie an einem langen von der Decke baumelnden Seil aufgehängt haben. Zuvor haben sie per Schnur und Kreide einen großen Kreis auf den Boden gezeichnet, aus einer Tasche verschieden große Bälle und so manch anderes Zeugs herausgeholt – ein Universum „erschaffen“. In und mit diesem spielen sie in „Urknall“. Das heißt eigentlich zeigten sie nur zehn Minuten daraus. „Schaufenster“ nennt sich das Format, das am „jungspund“-Abschlusstag des Theaterfestivals für junges Publikum im Schweizer St. Gallen einen Einblick in aktuelle – teils erst entstehende – Produktionen für Kinder bzw. Jugendliche geben will.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Wir sind dann mal weg“

Ebenfalls – aber auf ganz andere Art und Weise laden Bharathi Mayandi Franaszek, Stephanie Müller, Matthias Nüesch von pulp.ooo auf eine Zeitreise zum Beginn wenigstens des Lebens auf der Erde ein: „Wir sind dann mal weg“ ist ein Wechselspiel zwischen menschlichen Schauspieler:innen, Figuren und der Zeitmaschine Solveig, einer Art Licht-Puppe, sowie physikalischen Experimenten mit Wasser, flüssigem Stickstoff und vielem mehr (Letzteres bei der Präsentation als Video-Einspielungen). Und der Titel deutet an, dass vielleicht auch die Frage verhandelt wird, wieweit die Menschheit mit ihrem Tun oder Unterlassen an ihrer eigenen Abschaffung und der so manch anderer Arten arbeitet.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Bestiarium – Varieté der vergessenen Tiere“

Sehr großen Anklang fand die Performance von Annina Mosimann über das Zusammenleben von anfangs nur als Hände oder Füße auftauchenden menschlichen Körperteilen aus kleinen Klappen einer großen senkrecht aufgestellten Kiste mit Tieren wie einer Fliege, Ratte, Spinne usw. und dazu noch der Bedienung einer Loopstation und eines kleinen Tasteninstruments. „Bestiarium – Varieté der vergessenen Tiere“, nennt sie ihre Show.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Echo Echo“

An Beppo, den Straßenkehrer in Michael Endes Momo, erinnert der erste Moment in „Echo, Echo“ von theater salto&mortale. Doch hier geht’s um das Zusammenleben in einem abgeschiedenen Dorf – und das als „Eindringen“ empfundene Auftauchen eines Fremden sowie um Warnungen der Raben vor einem drohenden Bergrutsch – und das nicht-zuhören der Einheimischen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Giraffenblues“

Apropos Aufkehren und Putzen – in „Giraffenblues“ (kuckuck-Produktion) entert ein Reinigungstrupp das Museum (entstanden in Kooperation mit dem Zoologischen Museum der Universität Zürich) oder den jeweiligen Spielort. Eigentlich sollte hier ein Theaterstück stattfinden, aber… – ein Trick, den so manche Theatergruppe schon angewandt hat: Die Putzbrigade spielt einfach ein, nein DAS Stück. Und dieses nimmt Anleihe bei einer wahren Begebenheit: 1935 wurde eine in Giraffe  damals in Tanganjika (heute Region zwischen Tanzania und Kenia) gefangen und in die Schweiz transportiert, wo sie in den Züricher Tiergarten kam.

„Giraffenblues“ (Regie: Roger Nydegger) rückt allerdings den Einreiseversuch unter die Lupe: Giraffe keein Problem, die lassen Mira Frehner und Andreas Peter als Grenzbeamt:innen durch. Doch den menschlichen Begleiter und Betreuer Mokassa, gespielt von Robert Achille Gwem, den wollen sie nicht reinlassen. Was vielleicht heute nicht viel anders sein könnte, oder?!

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Red“

Natürlich spielen Themen wie Umgang mit Social media, Influencer:innen-(Möchtegern-)Dasein usw. in so manchen Stücken eine wichtige Rolle. Red von Merge Dance Collective ist so ein (Tanz-)Stück – noch dazu mit viel Humor. Linda Heller & Audrey Wagner tauchen in typische TikTok-Posen ein: Zack, Boom, Bäm – 100.000 Follower – oder doch nicht. Nein, wir sind doch ganz anders, wir sind ehrlich, authentisch und so weiter – oder auch das wiederum nur ein Marketing-Gag?

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Szenenfoto aus „Das ist die Moral der Geschichte, Liebling“

Noch krasser – selbstironisch und doch fast nichts anders als die Wirklichkeit so mancher TV- und Online-Shows aufnehmend, agiert Linda Hügel (Text: Fiona Schreier; Regie: Johanna Benrath) in „Das ist die Moral der Geschichte, Liebling (netzwerk wildi blaatere). Erst mit Riiiiesen-Mikro über die Auflösung der Moral philosophierend, wandelt sie sich zur Show-Masterin, die das Publikum auf Teufel-komm-raus animiert – und manipuliert.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Unter Drachen“

Auf ganz andere Art animiert Nadja Rui als Kind Ira das Publikum – durch die Reihen spazierend, einzelne Zuschauer:innen ansprechend verwandelt sie diese beispielsweise abwechselnd vor allem in ihren Opa. „Unter Drachen“ (Text: Hanna Röhrich; Regie: Patricija Bronić) ist eigentlöich konzipiert, um in einem eigenen großen Kuppel-Zelt gespielt zu werden – auf engem Raum mit dem Publikum. Und es geht um den Tod des Großvaters bzw. die Erinnerung an ihn und seine nach und nach verloren gegangenen Erinnerungen als er noch gelebt hat.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Die Geschichte von Lena“


Um (analoges) Mobbing, vor allem im Zusammenhang mit dem Vertrauensbruch einer engen Freundin dreht sich „Die Geschichte von Lena“ (Theater Spielfeld/theater fabula!), gespielt von Lisa Gartmann und Eliane Blumer.

Szenenfoto aus
Foto zu „Encylopedia“

Den humorvollen Abschluss des Schaufensters – die echte Reihenfolge unten im Info-Block (nicht hier in diesem Beitrag) performten (abwechselnd Tanz und Sprache) Lucia Gugerli und Christophe Rath von der Cie Nicole Seiler, von der auch das Konzept und die Choreografie stammt. „Encyclopedia“ versteht sich als eine solche – von Gesten, Begriffen und Bezeichnungen. So wird die eine zum Strich, Winkel, einer Statue, gleich danach zu einer gestürzten Statue, der andere zum Äffchen, einem Disco-Move on repeat, einem Hochhaus und Godzilla, der ein solches zerstört…
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KiJuKU-Interview mit der Festival-Leiterin –
aber schon bei der vorigen „jungspund“-Ausgabe

"Drehereien" - die diesjährige hölzerne Installation von Kollektiv hochhinaus fürs jungspund-Festival

Drehereien nach Loichtgehoier

Künstlerisch verspielte Gebilde erinnern an eine Art von Zahn-, andere an Spinnräder. In Sonnenstrahlen- und anderen Formen, teils aus bunt bemalten Holzstäben sind sie neben dem Schriftzug des Festivals vor der „Lok-Remise“ angebracht. Mit Schnüren verbunden lassen sie sich an zwei verschiedenen Kurbeln zum Drehen bringen. Andere stehen in dem Halbrund der einstigen Garage für Lokomotiven.

Seit vielen Jahren beherbergt die Lok-Remise gleich neben dem Bahnhof St. Gallen (Ost-Schweiz) Zwei Theater- bzw. Veranstaltungssäle, ein Kino, einen Restaurantbetrieb. Dort gehen die meisten der Stücke beim vierten „jungspund“-Festival (nicht nur) für Kinder und Jugendliche über die Bühnen.

Die hölzernen Installationen stammen vom „Kollektiv hochhinaus“. Bei der vorigen Ausgabe, zu der Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… ebenfalls für einige Tage eingeladen war, werkten Künstler:innen des Kollektivs an einem (Leucht-)Turm und luden Besucher:innen dazu ein, mitzubauen. Dieses Mal nennen sie ihr Werk „Drehereien“ und baute dafür die eingangs getriebenen „Maschinen“-Teile.

Junge Bastler, die an einem hölzernen
Junge Bastler, die an einem hölzernen „Roboter“ bauen…

Mit echtem Werkzeug!

An einem Tag – Pech, es war jener an dem es schneite – durften Besucher:innen aus Holz und Schrauben bzw. Nägel „Roboter“ bauen. Die beiden Buben Liam und Joel ließen sich von dem nicht einladenden Wetter nicht abhalten, unter einer Zeltplane erfreuten sie sich daran, mit echtem, ungehobeltem Holz zu arbeiten und mit einem Akku-Schrauber Leisten zusammenzubauen. Beide verraten, dass „wir gerne basteln, aber bisher nur mit Papier oder Karton. Das hier ist das erste Mal mit Holz und richtigem Werkzeug.“

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„Drehereien“ – die diesjährige hölzerne Installation von Kollektiv hochhinaus fürs jungspund-Festival…
Szenenfoto aus "Was macht ds Wätter?"

Bezaubernde, verspielte Wetter-Show

In der sehr verspielten Art einer „Wettershow“ verschafft der Schauspieler Moritz Alfons dem Publikum – ob sehr jungen Kinder oder Erwachsenen – viele Wowh-Momente. Staunen. Verzauberung.

Zu Beginn im zweiten Raum der Lok-Remise in unmittelbarer Nähe des Bahnhofes St. Gallen (Schweiz), dem Hauptspielort des Festivals „jungspund“, liegt er schlafend auf dem Boden unter einer dunklen Decke. Der Morgen naht, die Decke zieht sich zurück. Komm bleib noch ein bisschen, liebe Nacht, sagt er in etwa – auf Bern-Deutsch. Weshalb der Rezensent es nur erahnen kann 😉

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Was macht ds Wätter?“

Schlafenszeit für die Nacht

Aber bald ist’s dann doch Zeit aufzustehen, er verstaut die „Nacht“ in einem Schrank und wünscht ihr angenehme Schlafenszeit. Er selbst zieht sich hektisch an, das Radio schaltet sich ein. Der Wetterbericht für diesen Tag hält alles bereit – vom strahlend blauen Himmel mit Sonnenschein über bewölkt bis Regen und sogar Schnee.  Also notiert sich der Spieler in „Was macht ds Wätter?“ alles, um die entsprechenden Kleidungsstücke vorzubereiten.

Sonne aus dem Koffer

So liebevoll wie er die Nacht in Form der dunklen Decke zur Ruhe legt, so überraschend holt er aus einem metallenen Koffer einen gelben Sitzball und pumpt ihn auf, um daraus zunächst mit der Sonne zu spielen bevor er sie hoch oben auf der Leiter platziert. Einer Kiste lässt er eine große blaue Decke entsteigen, die in seinen Händen zur Tänzerin wird und dann auf der Wäscheleine als der strahlende Himmel erscheint.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Was macht ds Wätter?“

In ähnlicher Manier und doch immer wieder verblüffend erweckt der Spieler Objekte zu lebendigen Elementen verschiedener Wettersituationen – bis hin zu Sturm, Blitz und Donner. Watteähnliche Dinge schweben als Mobile an Angel-ähnlichen Stäben als Wolken über dem Geschehen. Nur der Regen, der will – obwohl im Radio angesagt – nicht in Erscheinung treten. Da scheint die Heimat des Regens, eine Gießkanne Schabernack mit dem Spieler zu treiben, zieht ihn kreuz und quer über die Bühne, verwandelt sich in eine Spritzkanne und … – nein alles sei nicht verraten – vielleicht, ja hoffentlich landet diese wunderbare, be- und ver-zaubernde 3/4 -stündige Show ja auch einmal in deiner Nähe – es gibt, so wurde Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… anvertraut – auch eine standard- oder hochdeutsche Version. Das verrieten Emily Magorrian und Luzius Engel nach der vielumjubelten Show.

Gemeinsam entwickelt

Die beiden hatten die Idee und auch Regie geführt. Entwickelt haben die beiden das Stück gemeinsam mit dem oben schon genannten Schauspieler, der auch für die Musik(auswahl) sorgte. Den immer wieder auch verspielten Text steuerte Matto Kämpf bei. In die Passagen mit den Wetternachrichten baute er immer wieder skurrile scheinende Werbespots ein wie „das Wasser widmete ihnen…“ Nach der Vorstellung wurde dem Reporter versichert, solche seien „nur“ aus der Wirklichkeit Schweizer Privatradios entliehen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Was macht ds Wätter?“

Als wär’s ein Kinder-Spiel

Bühne und Objekte, die anfangs wie eine Art unaufgeräumtes Zimmer wirken und zu einem ganzen Tag im Freien mit unterschiedlichsten Witterungen werden, schuf – ebenso wie die Kostüme – Linda Rothenbühler. Fast die ganze Dauer hindurch lässt das Stück die Zuschauer:innen in ein Spiel eintauchen, wie es Kinder sich durchaus auch ausdenken können, wo aus Laden, Kisten, Tüchern ganze Fantasiewelten entstehen.

PS: Als hätten die Festival-Organisator:innen einen „Draht nach oben“ gab’s am ersten Tag als gespielt wurde Sonnenschein und am zweiten Schneefall!

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KiJuKU-Interview mit der Festival-Leiterin –
aber schon bei der vorigen „jungspund“-Ausgabe

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Was macht ds Wätter?“
Für tanzbare, ausgelassene Festivalstimmung sorgten vier Musiker von „Trubači Austrija“

Von der Roma-Hymne über ein hebräisches Volkslied bis zu Bella Ciao

Verdienter heftiger, langanhaltender Applaus als Belohnung für die zuvor erlebten 1 ¼ Stunden „Land ohne Land“. Mit diesem Stück eröffnete das nunmehr dritte „E Bistarde/ Vergiss mein nicht“-Festival. Theater und Musik, von Roma-Künstler:innen geschaffen, ist – diesmal im Dschungel Wien – noch bis zum 9. November 2023 zu erleben.

Riesen-Applaus nach dem Eröffnungsstück
Riesen-Applaus nach dem Eröffnungsstück „Land ohne Land“

Die Internationalität dieser Volksgruppen brachte nicht zuletzt der sich an die erwähnte Stück-Premiere – Besprechung in einem eigenen Link am Ende dieses Beitrages – anschließende mitreißende musikalische „Wander“-Auftritt des Quartetts von „Trubači Austrija“ zum Ausdruck. Erst im Theater-Foyer und dann im Hof spielten die Musiker auf drei Blasinstrumenten und einer Trommel so auf, dass viele richtiggehend zum Mittanzen mitgerissen wurden. Die Bandbreite reichte unter anderem von der Roma-Hymne „Djelem Djelem“ über das hebräisch/jüdische Volkslied „Hava nagila“ bis zum besonders durch italienische Partisan:innen im antifaschistischen Widerstand berühmt gewordene „Bella Ciao“ – die allesamt, wie auch die anderen Musikstücke Freude am Leben ausstrahlen.

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Simonida Selimović eröffnete das 3. EBistarde-Festival inhaltsstark
Simonida Selimović eröffnete das 3. EBistarde-Festival inhaltsstark…