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Doppelseite aus "Finja und der Riese"

Finja und der „kleine“ sowie der große Riese und noch viel mehr

Finja hat einen liebevollen Vater. Auch wenn er König ist, nimmt er sich täglich Zeit fürs gemeinsame Frühstück und am Ende des Tages, um der Tochter vorzulesen.

Allerdings macht er sich so große Sorgen um die Sicherheit – des Landes und seiner Tochter -, dass er sie in ihrem Zimmer nachts einsperrt und die Fenster vergittert sind. Da hilft auch der Humor von Finja nichts: „Papa, ich hole gleich ein Bügeleisen und bügle deine Sorgenfalten glatt.“

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Finja und der Riese“

Gefangene Geheimnisse

Überhaupt ist dem Autor (auch Puppenspieler und Sonderpädagoge) Stefan Karch, der sein Buch „Finja und der Riese“ auf fast jeder Seite mit einer meist feingliedrigen Zeichnung versah, in praktisch jedem der kurzen, leicht lesbaren 19 Kapitel mindestens eine spannende, oft blumige Formulierung eingefallen. Beispiele gefällig?

„Der Kummer windet sich um seinen Hals wie ein Schal. Der wird sich noch verknoten! …“
Unten (im Keller, Anmerkung der Redaktion) angekommen, fühlt sich die Luft schwer an. „Voller gefangener Geheimnisse“, flüstert Finja. Hier ist der Sohn des Riesen in einem Käfig eingesperrt.

Angst vor Fremden

Die Riesen im Wald würden das Land bedrohen – geht das Gerücht um. Und um das Land und sein Volk zu schützen hat der König den genannten jungen Riesen gefangen nehmen und einsperren lassen. Denn dann, so der Sicherheitsglaube…

Doch das geht Finja gegen den Strich. Noch dazu, wo sie es geschafft hat, mit dem gefangenen Buben zu reden. Eben ein Kind einzusperren, das ist nicht fair, nicht gerecht – (emp-)findet sie und so ersinnt sie einen Trick, um aus ihrem Hochsicherheits-Zimmer zu entkommen, macht sich auf in den Wald und … – nein, das große Spannungsmoment sei hier nicht verraten.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Finja und der Riese“

Listig gegen Vorurteile

Nur so viel, sie hat sich eine List ausgedacht, ihren Vater dazu zu bewegen, umzudenken. Auch wenn ihm das nicht leicht fällt, weil viele seiner Untertan:innen gar nicht einverstanden sind, dass er dem Rat seiner Tochter folgt, und den jungen Riesen menschlich behandelt… „Kuckuckskind“, „Riesenbalg“ oder gar „dreckige Kakerlake“ beschimpfen sie ihn.

Märchen mit ernstem Hintergrund

Märchenhaft angelegt, erzählt und sehr szenisch geschrieben (schreit fast nach einer Theaterversion!), verpackt der Autor und Illustrator durchaus aus dem (gesellschafts-)politischen Alltag bekannte Phänomene – ohne dass diese aufgesetzt oder gar überstülpend wirken.  

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Titelseite des Buches
Titelseite des Buches „Finja und der Riese“
Doppelseite aus dem Bilderbuch "Mizzi tanzt mit"

Ob dünn oder dick, stehend oder sitzend… alle tanzen mit

Als Mizzi mit Papa, der sie vom Kindergarten abholt, nach Hause geht, bleibt sie an einem Haus stehen. Fasziniert lauscht sie der Musik, die daraus erschallt und lugt durch die Fensterscheiben – auf tanzende Kinder. Das möchte sie auch.

Im Foyer des Tanzstudios wird sie zu einer Schnupperstunde eingeladen und lädt begeistert am nächsten Morgen ihre Freund:innen Nala, Linus und Charlotte ein, da mit ihr hinzugehen. Doch anderntags folgt die große Enttäuschung: Die eine will nicht, weil sie rosa nicht mag, der andere, weil er glaubt, dort der einzige Bub zu sein und die dritte findet sich nicht schlank genug – bzw. meint das ihre Mutter…

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Mizzi tanzt mit“

Weg mit Vorurteilen

Natürlich räumt das Bilderbuch „Mizzi tanzt mit – Ballett und Tanz für alle“ (Text: Rebekka Rom; Illustration: Anna Horak) mit den angesprochenen Vorurteilen auf – ergibt ja schon der Untertitel. So nebenbei wird Mizzi dann nicht nur Ballett, sondern auch Hip*Hop tanzen.

Obendrein sind in diesem Bilderbuch Erklärstücke über wichtige Tanzschritte und -haltungen im Ballett eingebaut und schon viele der Bilder vermitteln die Vielfalt, die in diesem Studio möglich ist – bis hin zum Rollstuhl-Tanz.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Mizzi tanzt mit“

Eines mehr…

Somit ein weiteres schönes Buch, das deutlich macht, ob Ballett oder andere Tänze – jede und jeder darf und kann mitmachen. Auch wenn „Mizzi tanzt mit“ – samt Untertitel „Ballett & Tanz für alle“ so tut, als wäre das etwas ganz Neues und müsste erstmals erklärt werden: Es gab / gibt schon eine Reihe von Bilder- und Jugendbüchern zu diesem Thema – siehe Links unten zu einigen solcher Buchbesprechungen sowie Umsetzung in Theaterstücken.

Übrigens: Seit mehr als 40 Jahren gibt es „Ich bin O.K.“, ein Projekt, in dem Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam tanzen und immer wieder Tanztheater auch auf großen Bühnen aufführen – siehe Link zur Reportage über einen der Teile der diesjährigen großen Performance „Aus dem Rahmen tanzen“.

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Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Mizzi tanzt mit“
Szenenfoto aus "Kalaschnikow - mon amour"

Tanzen verleiht ihm Flügel, aber…

Unser Ballettsaal hatte diesen ganz speziellen Geruch. Vielleicht von dem Putzmittel, mit dem der Boden gewischt wurde, vermischt mit einer kleinen Prise Turnhalle (Schweiß, Deo, muffige Trikots). Die Mädchen beschwerten sich ständig, dass es stank. Aber für mich war es der beste Geruch der Welt. Es roch nach Tanzen.“

Und das letztgenannte ist die Leidenschaft des 12-Jährigen, die ihm sozusagen auch Flügel verleiht, wie auch schon Anne Beckers Buchtitel „Milo tanzt“ aufdrängt. Diese Freizeitbeschäftigung, die er sich auch als seinen Beruf vorstellen kann, hält Milo aber in der Klasse geheim. Er ahnt oder weiß wohl, dass die Mobber vom Dienst namens Lennie und Bo ihn als unmännlich ärgern und einen Gutteil der Mitschüler:innen damit auf ihre Seite bringen würden. Seine jüngere Schwester Dana eifert ihrem großen Bruder nach und sein bester Freund Maxim ist eingeweiht.

Freund bringt Opfer

Als ein neuer Schüler in die Klasse kommt, der offenbar etwas in Tanz-Sachen wittert und Milo offensichtlich nachspioniert, aber Teil der Mobber-Gang wird, wirft sich Maxim voll ins Zeug für seinen Freund. Mit einem Ablenkungsmanöver, bevor Milo zum Training radelt, bringt er Luca auf die falsche Fährte. Auch wenn Maxim sich mit seinem Manöver und damit einem Fehlschluss Lucas, der hier aber nicht verraten sei, selbst zum Gespött macht.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Milo tanzt“

Und obwohl Maxim dieses Opfer bringt, muss Milo ihn enttäuschen. Die gemeinsamen fixen Montagnachmittage überschneiden sich mit einer erweiterten Trainingsmöglichkeit noch dazu bei einem Tanz-Idol. Das und noch ein weiteres Ziel traut sich Milo aber lange nicht seinem Freund zu eröffnen. Was natürlich erst recht zu einem Vertrauensbruch führt…

Ballett-Moves genannt und beschrieben

Viel mehr sei über den Plot nicht gespoilert, soll doch Leser:innen dieses Buches die Spannung nicht gestohlen werden – von denen die nicht ganz 200 Seiten doch etliche bereithält. Schon verraten werden kann, dass etliche Spezialausdrücke aus dem Bereich von Ballett-Tanz samt Beschreibung der Bewegungen und Sprünge im Text eingebaut sind. Und natürlich Vorurteile und das Durchbrechen solcher Teil der Geschichte um Freundschaft, Leidenschaft, Konflikte, Gewalt und Mobbing sind.

Szenenfoto aus
Szene aus „Klaschnikow – mon amour“

Etliche Buben-Tanz-Geschichten

Tanzen und Buben, Burschen, Männer ist trotz vieler toller Tänzer noch immer für viele etwas, das sie dafür nutz(t)en, um sich über die Betreffenden lustig zu machen. Genau deswegen gibt es eine Reihe von Jugendlektüre und (Tanz-)Theaterstücken – oft auf diesen Büchern aufbauend -, die einen tanzenden Jungen ins Zentrum der Geschichte rücken. Am bekanntesten sind vielleicht „Jo im roten Kleid“ von Jens Thiele und David Williams‘ „Kicker im Kleid“ (Stück- und Buchbesprechungen in einem der Links am Ende des Beitrages). Im Theaterhaus für junges Publikum im MuseumsQuartier, dem Dschungel Wien, inszenierte die langjährige künstlerische Leiterin unter anderem Stücke dazu mit teils akrobatischen Tanzkünstlern – „Boy’s don’t cry“ sowie „Kalaschnikow – mon amour“ – links zu Stück-Besprechungen am Ende des Beitrages.

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Besprechung von „Boys don’t cry“ <- damals noch im Kinder-KURIER

Titelseite von
Titelseite von „Milo tanzt“
Szenenfoto aus "Die Schöne und das Biest", Theater der Jugend (Wien)

Herzliche, hilfsbereite Schöne sieht mit dem Herzen

Zwei verwöhnte, nur den Luxus genießende Schwestern und eine dritte, die für die ganze Familie arbeitet, niedere Dienste verrichtet aber dafür mit einem Prinzen belohnt wird – klingt nach Aschenputtel. Ein Kuss für den Frosch – der zum Prinzen wird: Froschkönig. Ein hässliches Entlein, das beim Heranwachsen zum Schwan wird… Viele Märchen transportieren gleichsam pädagogische Botschaften. Nicht arrogant und hochnäsig sein. Fleißig arbeiten. Hilfsbereitschaft. Und nicht (nur) auf das Äußere achten – innere Werte sehen, spüren, lieb sein…

Viele dieser Elemente verknüpft das aus Frankreich stammende Märchen „Die Schöne und das Biest“. Eine Version, die vor allem auf die französischen Versionen zurückgreift, ist derzeit in einer opulenten, märchenhaften Fassung im Wiener Renaissancetheater zu sehen, die ins Jahr 1920 verlegt wurde.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Die Schöne und das Biest“, Theater der Jugend (Wien)

Die Story knappest gefasst

Die reiche Familie – die pflanzen-forschende Mutter der drei Töchter ist im Dschungel von Borneo verschollen – wird plötzlich arm. Villa brennt ab, Schiffe mit Stoffen aus Fernost saufen ab. Vater und die Töchter müssen aufs Land in eine abgefuckte Hütte ziehen, in der er aufgewachsen ist. Die jüngste Tochter schuftet für alle, ihre beiden Schwestern weinen nur dem verlorenen Reichtum nach. Da kommt die Nachricht aus Paris, eines der Schiffe sei doch nicht gesunken und am Hafen gelandet. Vater fährt nach Paris – die kostbare Schiffsfracht wurde aber beschlagnahmt, um aufgelaufene Schulden zu begleichen. Auf dem Rückweg ins Dorf landet der Vater im Wald in einem geheimnisvollen Schloss – bewohnt vom Biest, einem monsterartigen Wesen. Vater tauscht seine Freiheit gegen das Versprechen, seine Tochter würde kommen. Die kommt tatsächlich, fürchtet sich zwar, sieht in ihm aber „kein Scheusal“…

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Die Schöne und das Biest“, Theater der Jugend (Wien)

Rückgriff auf ursprüngliche Versionen

Seit Kurzem wird im Renaissancetheater, dem großen Haus des Theaters der Jugend in Wien diese Geschichte in einer Fassung von Henry Mason, der auch Regie führte, gespielt. Diese Version greift auf jene von Jeanne-Marie Leprince de Beaumont (1711 – 1780), die „La Belle et la Bête“ 1757 veröffentlichte zurück, die wiederum auf der ausführlicheren Geschichte von Gabrielle-Suzanne Barbot de Vielleneuve aufbaute – aus der im Programmheft zitiert wird. Laut dem Online-Lexikon Wikipedia kamen portugiesische und britische Forscher kamen jedoch mit phylogenetischen Methoden zu dem Schluss, dass das Märchen mit großer Wahrscheinlichkeit etwa 2500 bis 6000 Jahre alt ist.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Die Schöne und das Biest“, Theater der Jugend (Wien)

Scheusal – als er noch Mensch war

Wie auch immer: Das Biest, gespielt von Valentin Späth, der wie alle anderen außer Belle (Shirina Granmayeh) in viele andere Rollen schlüpft, bzw. im geheimnisvollen Spiegelschloss (märchenhaftes Bühnenbild – sowohl die anfängliche Villa als auch dieses Biest-Schloss oder die alte Landhütte: Rebekah Wild) Gegenständen seine Stimme leiht, verhält sich zuvorkommend, freundlich, ja fast unterwürfig. Er war – damals noch in Menschengestalt – ein Scheusal, ein despotischer, herrschsüchtiger Gutsherr, der vielen Menschen das Leben zur Hölle gemacht hat. Seine neue Gestalt ist die Strafe dafür.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Die Schöne und das Biest“, Theater der Jugend (Wien)

„Wunder“-Pferd

Fleur (Benita Martins) und Florence (Violetta Zupančič), Belles Schwestern, sind in ihrer arroganten Bösartigkeit vielleicht ein wenig zu dümmlich angelegt. Daniel Große Boymann als Vater erfüllt immerhin den Herzenswunsch der jüngsten Tochter nach einer Rose, hadert dann doch damit, Belle zum Biest ziehen zu lassen. Die überraschendste Figur des Stücks ist das „Wunder“-Pferd in Gestalt eines Hochradfahrers mit Rosskopf und-gebiss (Kostüme: Anna Katharina Jaritz), gespielt von Stefan Rosenthal, der auch einen humorvollen Chauffeur – und wie seine Kolleg:innen unsichtbare Diener und mehr gibt.

Mason lässt aber auch die verschollene Maman (als Anklang an die französischen Märchenversionen) immer wieder der jüngsten Tochter, die ebenfalls Blumen und Pflanzen liebt, erscheinen. Maria Fliri ist aber auch in und ums alte, halb verfallene, Bauernhaus als Magd Madeleine allgegenwärtig – und einstiges Opfer der mehr als unguten Behandlung des vormaligen Biestes.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Die Schöne und das Biest“, Theater der Jugend (Wien)

Vorurteile

„Es gibt viele Menschen, die schlimmere Ungeheuer sind, als du eines bist! Ich mag dich mit deinem Aussehen lieber als die, die in menschlicher Gestalt ein falsches, verdorbenes und undankbares Herz besitzen“, heißt es in der Übersetzung der Märchenversion von Jeanne-Marie Leprince de Beaumont. Auch wenn das in einem Märchen natürlich doch leichter ist als in der Wirklichkeit sehender Menschen, die sich von optischen Eindrücken stark leiten lassen. Das können blinde Menschen besser ausblenden.

Und natürlich drängt sich beim Biest der millionenfach zitierte Spruch „man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar“ aus „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry auf.

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Screenshot aus dem Film

Einfach als Frau frei sein wollen

 „Wir sprechen viel über unsere Träume – was es heißt frei zu sein als Frau…“ So beginnt der Film, der nun im großen Urania-Kino, dem Kinder- und Jugendkino cinemagic seine umjubelte Premiere gefeiert hat.

Und genau darum geht es in den nicht ganz zehn folgenden Minuten von „Mein Kopf – Mein Kopftuch – Meine Entscheidung“. Mindestens genau so viel aber auch um Freundschaft, die Träume junger Frauen – und dass ihnen genau niemand irgendwelche Kleidungsvorschriften machen dürfe. Zumindest sollte das wohl ein legitimes Ziel sein.  

Rahima Nasir Hersi als Leyla und und Fariza Bisaeva als Nour bringen auf den Punkt, was nicht nur sie, sondern einerseits unzählige und andererseits ganz konkret rund ein Dutzend junger muslimischer Frauen dieses Projekts oooooft erlebt haben und erleben: Die einen mit und die anderen ohne Kopftuch.

Viel zu oft geht es genau fast nur um dieses Stück Stoff, das sie tragen oder nicht (mehr). Nicht darum, was sie im Kopf haben, was sie können, was sie denken, meinen, wie sie handeln…

Idee

Vor mittlerweile drei Jahren hatte Ishraq Al-Ibraheem die Idee, dazu etwas, eventuell einen Film zu machen. Zu oft hatte sie bei Bewerbungsgesprächen – obwohl sie den Unterlagen ein Foto mit Hijab beigefügt hatte – gehört, sie könne den Job bekommen, aber…

Abstimmung

Sie nahm damals an einer Bildungsmaßnahme von Interface Wien teil. Aus ihrer Idee wurde ein Filmprojekt – eingereicht für die erste Kinder- und Jugendmillion (knapp mehr als eine Woche läuft die Online-Abstimmung über Projekte für die zweite Million – Link zu einem Beitrag dazu am Ende dieses Artikels). Und so viele Kinder und Jugendliche voteten für das Projekt, dass es in Angriff genommen werden konnte.

Screenshot aus dem Film
Screenshot aus dem Film

Realisierung

Kontakt wurde aufgenommen zu BOJA (Bundesweites Netzwerk Offene JugendArbeit), Eşim Karakuyu übernahm die Projektleitung. Immer ging es darum – wie bei der Filmpräsentation in der Urania mehrfach betont wurde, die Jugendlichen selbst einfach bei der Umsetzung ihres Vorhabens zu unterstützen. Die beteiligten Mädchen diskutierten, was sie aussagen wollten. Die Profis von suna films – Susanne Knöbel und Folashade Lena (Kamera und Schnitt) halfen bei der Umsetzung und zeichneten für den Dreh sowie die Montage verantwortlich – immer aber in enger Absprache mit den Beteiligten. Dazu gehörte etwa auch, wer wie im Film zu sehen sein sollte und wer etwa das eigene Gesicht verbergen wollte – mittels Blumen – wie in der letzten Szene, die auch zum Plakat für den Film wurde.

Alles Gesprochene wird gleichzeitig als Untertitel eingeblendet – womit auch Menschen mit Gehörbeeinträchtigung die Aussagen mitverfolgen können. Außerdem sind den Filmemacherinnen viele verspielte grafische bei der Gestaltung eingefallen.

Screenshot aus dem Film
Screenshot aus dem Film

Von der „Heldin“ zur „Verräterin“

Zurück zum Film: Die eine Protagonistin mit und die andere ohne Kopftuch schildern und spielen Szenen, in denen sie diskriminiert werden – die beiden Filmnamen stehen auch dafür, dass es die Geschichten vieler anderer der Mitwirkenden und darüber hinaus sind. Die einen werden angestänkert, belästigt, nicht wahrgenommen, weil sie Kopftuch tragen., Die anderen wurden einst mit Kopftuch von der Community für ihren Mut, ihre Wortgewandtheit usw. gefeiert. Und gelten dort nun nach dem Ablegen des Stückes Stoff über den Haaren als Verräterinnen. (Link zum ganzen Film in der Info-Box ganz unten.)

Durch die Filmpräsentation mit kurzen Diskussionsrunden mit einigen der Beteiligten führte Anahita Neghabat. Munira Mohamud, studierte Politikwissenschaften und internationales Recht, Young European 2024 der Schwarzkopf-Stiftung, sowie im Vorstand der Doku-Stelle Islamfeindlichkeit & antimuslimischer Rassismus, ordnete die „Kopftuchfrage“ in den globalen Zusammenhang (u.a. Kolonialismus) ein.

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Kiku-on-the-blog -> brille-zahnspange-rote-haare-kopftuch…

Szenenfoto von "Die Geggis" nach Mira Lobe vom Theater Asou aus Graz

Sumpf gegen Berg – ach wie blöd sind doch die Vorurteile

Für jene – wahrscheinlich wie bei der Premiere der jetzigen Wien-Serie – ganz wenigen, die die Geschichte nicht kennen, hier kürzest zusammengefasst: Die grünen Geggis leben im Sumpf, die roten auf den Bergen. Sie sind – seit „ewig“ verfeindet. Bei beiden gibt es je ein neugieriges Kind: Gil bzw. Rokko (die Anfangsbuchstaben der Farben!) und diese treffen zufällig aufeinander, beschimpfen sich, wie sie’s gelernt haben, kommen im Kampf aber drauf, stinken nicht und sind auch nicht blöd. Verkleidet als die/der andere gehen sie zu ihrem „Stamm“, um ihre Erkenntnisse zu verbreiten.

Szenenfoto von
Szenenfoto von „Die Geggis“ nach Mira Lobe vom Theater Asou aus Graz

Kürzest: Die Story

Wie auch das Schmetterlinge-Kindertheater wendet Theater Asou in der Inszenierung den Trick an, dass die Darstellerin des verbohrten Sumpf-Geggi-Onkels Babo den kletternden Berg-Geggi Rokko spielt (Birgit Unger). Und wechselseitig schlüpft Ursula Litschauer sowohl in die Rolle des neugierigen Sumpf-Geggi-Kindes Gil (hier wie Chill ausgesprochen) sowie der schimpfenden Berg-Geggi-Tante Odumei. Deren rot-weiß-kariertes Kostüm (Katharina Krois, Barbara Häusl) nimmt übrigens Anleihe bei dem vielleicht noch bekannteren Mira-Lobe-Bilderbuch „Das kleine Ich Bin Ich“.

Szenenfoto von
Szenenfoto von „Die Geggis“ nach Mira Lobe vom Theater Asou aus Graz

„Theater Asou“ hat für seine verspielte, rhythmische Version mit einiger Live-Musik (Gitarre, Melodica, Pfeiferln, Percussion: Ursula Urban) eine kurze Vorgeschichte erfunden: Tante Odumei und Onkel Babo waren – wie alle anderen Geggis – ursprünglich schon alle befreundet. Ein nichtiger Anlass hätte zum Streit und zur Feindschaft geführt…

Szenenfoto von
Szenenfoto von „Die Geggis“ nach Mira Lobe vom Theater Asou aus Graz

Viele Einfälle

Dass Leitern die Berge der kraxelnden roten Geggis darstellen, ist fast „aufgelegt“, aber Sumpf und See als Luftballone auf Steckerln in verschiedensten Blau- und Grün-Tönen, zwischen denen die Spielerinnen auch eintauchen können, ist ein gelungener Bühnenbild-Einfall (Christian Heuegger) wie auch die klingende Hutblume, die die singende Erzählerin über der Sumpf-Geggin schweben lässt, weshalb die ja doch hinaufklettern will. Und erst der Mond als leuchtender großer kugelrunder Lampion, der auch einige „aaahs“ und „oooohs“ im Publikum auslöst. Apropos Publikum: Sonniger, sehr warmer Sonntagvormittag – und die Hütte war voll! Rokko und Gil auf ihrer Entdeckungstour wandern auch hinein auf die Tribüne der Zuschauer:innen und entdecken dort Grottenolme, Fledermäuse und Uhus.

Nicht unerwähnt sie die Szene des heftigen Streits der beiden jungen Geggis in Zeitlupe, die damit den Kampf zur Karikatur werden lassen.

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Szenenfoto von
Szenenfoto von „Die Geggis“ nach Mira Lobe vom Theater Asou aus Graz
Doppelseite aus "Auf der anderen Seite lauert was"

Mauern trennen jede der Buch-Doppelseiten – lange Zeit

Mitten auf den Doppelseiten dieses Bilderbuchs steht ein Mauer – auf jeder; naja fast. Aber dazu später. Links ein kleiner Ritter, rechts einige Tiere wie Tiger, Affe, Nashorn… Der kleine Ritter ist auch nicht allein. Erst mit Leiter und einem Ziegelstein unterwegs, um die Mauer zu stabilsieren. „Auf dieser Seite ist es sicher“, lässt ihn der Autor und Illustrator, der US-Amerikaner Jon Agee, sagen; oder denken. Ein paar Seiten später: „Wenn der Oger mich zu fassen kriegt, frisst er mich auf.“ Da reißt hinter ihm im Wasser – auf seiner Seite der Mauer – ein Krokodil das Maul auf. Aber es schnappt sich „nur“ das Schwimmvögelchen.

„Nur gut, dass mitten im Buch eine Mauer steht“, ist links beim Ritter zu lesen, während auf der anderen Seite der Riese ganz sanft und zärtlich auf ein kleines Tier schaut…

Und dann…

Klar, dass es dabei nicht bleibt. Schon zu erwarten, dass es da zu einer Änderung kommt. Und als das Ritterlein in Gefahr gerät… – nein, hier wird nicht gespoilert. Höchstens so viel, dass zumindest die letzte Doppelseite ohne Mauer auskommt, dafür weitgehend leer ist, nur umrahmt von Bäumen, Blättern und einem wunzigkleinen Tier – Platz für deine Zeichnungen. Wie du dir vorstellst, dass die Geschichte weitergeht oder für auch ganz was anderes.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Auf der anderen Seite lauert was“

Erste Veröffentlichungen in der Schulzeit

„Meine frühen Zeichnungen waren sehr animiert: viele herumflitzende Dinge, Flugzeuge, Rennautos, Fußballspieler. Kein Wunder, dass meine erste veröffentlichte Zeichnung ein Rattenrudel war, das über eine Autobahn lief (The Rat Race). Ich habe das für die Op-Ed-Seite der New York Times gemacht, als ich noch in der High School war“, schreibt der 1959 geborene in New York geborene Autor und Illustrator über sich auf seiner Homepage.

„Auf der anderen Seite lauert was“ dürfte – soweit im Netz zu finden – das einzige auf Deutsch übersetzte seiner rund drei Dutzend bisherigen, darunter einigen wort- und sprachverspielten sein. Es wird von Amnesty International empfohlen. So einfach und schon für so junge Kinder geeignet wird da der Bau von Festungen und Mauern gegen Fremde und Unbekanntes zum Einsturz gebracht.

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Titelseite von
Titelseite von „Auf der anderen Seite lauert was“
Szenenfoto aus "Pleasant Land" - von einer früheren Aufführung mit einer Schauspielerin, die dieses Mal nicht dabei war

Raus aus den Schubladen…

Das „angenehme Land“ spielt sich als TV-Show zwischen Regalen mit mehr als vier Dutzend Kartons ab. Die zwei „Lagerarbeiter“, die zu Beginn die Show betreten, entpuppen sich als Live-Musiker. Ivan Stott und Roman Lukać liefern den Sound-Track sowohl zu den Show-Auftritten der bald danach hinter Boxen in den Regalen auftauchenden drei Moderatorinnen Tajá Luegáèzor Christian, Linh Huynh und Josie Morley als auch den zu jenen Szenen, in denen das Trio über sich und Schlaglichter auf ihr Leben erzählend spielt.

„Pleasant Land“ war eines der internationalen Gastspiel beim Puls-Festival im Dschungel Wien, bei dem Stücke gezeigt wurden, die in Kooperation Theaterschaffender mehrerer Länder entstanden sind (ConnectUp, unterstützt durch das Creative Europe Programm der EU). „Angenehmes Land“ brachte das Derby Theatre aus England und das Teatro Elsinor aus Italien zusammen. Thema: Identität(en).

Input aus Schul-Workshops

Das englische Theater und Regisseurin Sarah Brigham hatten zunächst über neun Monate hinweg mit vielen Schülerinnen und Schülern zu diesem Thema in Workshops gearbeitet. Was und wie sie eingebracht haben ist in die Entwicklung des Stücks eingeflossen. Und so „prüfen“ die drei Moderatorinnen zunächst einmal das Publikum ein wenig in Sachen Zuordnungen – welche Musik und anderen Dinge sie wem der drei Schauspielerinnen zuordnen würden. Diversität – unterschiedlichste Backgrounds des Trios (Schwarz, Weiß, Vietnam) – erzeugen nicht selten „Einsortieren“ in Schubladen. Die Vielfalt des Qintetts erweitert einer der Musiker (Roman Lukać) mit dem Anstimmen der Roma-Hymne „Dzelem Dzelem“.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Pleasant Land“ – von einer früheren Aufführung mit einer Schauspielerin, die dieses Mal nicht dabei war

Publikum aktiviert

Das Spiel rund um Klischees und ihr Durchbrechen wird so in dieser Stunde zum lockeren Spiel, womit sich vielleicht sogar leichter verfestigte Bilder im Kopf lockern lassen können. Nicht zuletzt durch das aktivierende Ende – mit verteilten Buntstiften und Zetteln, auf die die Zuschauer:innen sich selbst in eine Box zeichnen können, wie sie sich und ihre Zugehörigkeit definieren. Außerdem laden die beiden Musiker das Publikum ein, mit ihnen und den drei Schauspielerinnen einen Song der Hoffnung – auf englisch – zu singen (Text auf der Rückseite des verteilten Zeichenblattes). Der beginnt mit „einem Schlüssel zum Unbekannten“ und endet mit, dass dieser „in meiner Hand liegt“. Ein „Schlüssel“ zum Entsperren von vorurteils-Schubladen sozusagen. Und ein weiter Weg bis dahin.

Weiter, langer Weg…

Einen „sehr, sehr langen Weg“ beschreibt auch der Text der oben schon angesprochenen Roma-Hymne, heißt doch die erste Liedzeile „Djelem djelem lungone dromesa“ (Auf meinem sehr, sehr langen Weg) und setzt sich fröhlich und optimistisch fort: „djelem djelem lungone dromesa/ Maladilem bachtale romenza“ (auf diesem sehr, sehr langen Weg/ Begegneten mir viele glückliche Roma).

Kleine Anmerkung – selbst die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Identitäten samt Vorurteilen und Aufbrechen von Schubladen hat offenbar nicht verhindert, dass im ausgeteilten Blatt mit den Songtexten Roma mit dem englischen Pendant zum deutschen Z-Wort übersetzt wurde – einem Begriff, den Angehörige der Roma, Sinti, Jenischen usw. spätestens seit der ersten internationalen Roma-Konferenz 1971 (!)ablehnen.

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Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Pleasant Land“ – von einer früheren Aufführung mit einer Schauspielerin, die dieses Mal nicht dabei war
Foto aus "Der Talisman" von Utopia Theater

Rot, schwarz, blond, grau  – sollte doch egal sein!

Es ist sozusagen der Theatersommer der Rothaarigen! Nach der jugendlichen Musicalversion von „Anne of Green Gables“ von teatro im Stadttheater Mödling tourt nun nach der Juli-Pause seit 10. August 2023 wieder das Utopia-Theater mit DEM Klassiker in Sachen Vorurteile – anhand des Beispiels roter Haare – vor allem durch Wiener Gemeindebauten und Plätze. Gespielt wird im Freien – bei freiem Eintritt: Der Talisman von Johann Nepomuk Eduard Ambrosius Nestroy. Ursprünglich wollte dieser großartige Theaterdichter (1801 bis 1862), der in seine sehr witzigen, komödiantischen Stücke immer ziemlich viel bitterböse Gesellschaftskritik einbaute, dieses Stück „Titus Feuerfuchs oder Die Schicksalsperücken“ nennen.

Die Story

Für jene, denen die Story nicht bekannt ist, knapp zusammengefasst: Titus Feuerfuchs – hier gespielt von Andreas Seidl mit gefärbten Haaren, ist rothaarig und damit ein Außenseiter. Als Dankeschön für eine Hilfe bekommt er eine schwarze Perücke. Und alle, die ihn vorher ablehnten, mies behandelten, reißen sich förmlich um ihn – ob das die Gärtnerin (Natalie Obernigg), Constantia, die Kammerfrau der Gräfin (Johanna Meyer) ist. Ähnlich geht’s ihm mit einer blonden Perücke bei der Frau von Cypressenburg selbst (Helga Grausam). Viel Komödiantik ergibt sich daraus, dass er aufzufliegen droht, weil jene, die ihn schwarz sahen nun blond vorfinden. Er selbst ist nicht nur armes Opfer, stößt er doch die einzige, die ihn zu mögen scheint, Salome Pockerl (Stefanie Elias, die auch der Gräfin Tochter Emma spielt), ebenfalls rothaarig (Perücke), zurück, als er sich mit den Perücken auf dem aufsteigenden Ast befindet.
Twist: Ein reicher Onkel (Thomas Bauer, der auch in die Rolle des Gärtnergehilfen Plutzerkern schlüpft) taucht auf, und will ihm wenigsten mit einem Geschäft und Startkapital eine Lebensgrundlage verschaffen, wenngleich er ihn wegen seiner roten Haare auch ablehnt. Nun mit grauer Perücke – aus Kummer – will er ihn sogar zum Universalerben einsetzen. Da plagt Titus schlechtes Gewissen, mit dem Geschäft würd er sich zufrieden geben. Gleichzeitig fliegt die Sache auf. Mit der Aussicht auf dessen reiches Erbe meinen die genannten Damen, na so schlimm seien rote Haare auch nicht…
Doch jetzt besinnt sich der Titelheld und kehrt zu Salome zurück.

Leidenschaftlich

Das Utopia-Theater spielt mit wenigen Utensilien, ein paar Kostümen und viel Schauspiel-Leidenschaft – und lässt, abgesehen davon, dass es gleich zu Beginn angesprochen wird – die ganzen 1 ¼ Stunden mitschwingen, dass, wie es auch Nestroy gemeint hatte, die roten Haare in dem Fall „nur“ für jedwede Art von Vorurteilen steht. Sicher, heute sind – zumindest in den Städten – rote Haare kaum mehr Ausschließungsgrund. Aber was ist mit Hautfarbe, Religion, sexueller Orientierung oder – wie jüngst aufgepoppt – allem was angeblich „nicht normal“ sein soll!

Aktuelle Kommentare

Diese und andere etliche aktuelle Anspielungen kommen vor allem in den von Nestroy’schen Stücken bekannten „Couplets“ (Liedern, Songs, in denen er auch zu seiner Zeit immer wieder aktuell Zeitkritisches eingebaut hatte). Und hier leben diese Gstanzl’n (wie die Bühnenfassung, Regie und Organisation: Peter W. Hochegger)

übrigens nicht zuletzt von der musikalischen Begleitung durch den Live-Akkordeonisten Edi Kadlec, der übrigens schon lange bevor das Stück beginnt, mit seiner „Quetschn“ das Publikum einstimmt.

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Doppelseite aus "Die Hochhaus-Detektive"

MIA – Mesut, Isha und Anton – die neuen Jung-Detektiv:innen

„Heute war Freitag, 33. Tag der Sommerferien … und mittlerweile kam Anton jeder Ferientag vor wie einer dieser runden, bunten Kaugummis … Am Anfang dachte man noch: lecker! Aber dann schmeckten sie einfach nur öde und langweilig.“

So steht’s in der Mitte von Seite 2 des Kinderromans „Die Hochhausdetektive“. Auch wann die Autorin Johanna Lindemann im obigen Zitat fad sozusagen gleich einmal verdoppeln muss, werden die restlichen Ferientage natürlich alles andere als das. Eh kloar!

Schluss mit fad

Der Trick viele Kinder- und/oder Jugendbücher mit der gleichen Thematik – meist allerdings schon zu Beginn der Ferien: Neue Spielgefährt:innen tauchen auf. In dem Fall ist es Isha, die neu in dieses Stadtviertel zieht, eine Ansammlung hoher und noch höherer Häuser meist von Familien mit geringem Einkommen. Und bei vielen anderen in der Stadt – und den Medien – irgendwie verrucht, sozusagen „sozialer Brennpunkt“. Und dann gibt’s a noch Mesut, den langjährigen Mitbewohner Antons in dieser Wohnsiedlung, den aber bisher meist als Art „babysch“ abgetan hat, weil der – um rund ein Jahr jünger ist.

Die drei finden dennoch zueinander und werden zu einer verschworenen Detektiv-gemeinschaft – wie ja schon der Titel des Buches vermuten lässt 😉

Zufällig entdeckt

Und das kam zufällig: Anton zockt gern Detektivspiel am Computer oder Handy und hat die Idee, am Dach des Hochhauses ein Detektivbüro einzurichten. Mesut bringt das heimlich ausgeborgte Fernglas seines Opas mit – und sie beobachten zufällig, naja nicht ganz, die Autorin hat sich’s ja so ausgedacht, einen Trickdieb in einem der Reichen-Häuser beim Park in der Nähe.

Aber der Polizei wollen sie nix sagen, sie möchten natürlich den Fall alleine lösen – was zwischendurch zu Problemen führt – immerhin sollen ja 180 Seiten spannend mit Auf und Abs gefüllt werden 😉

Doppelseite aus
Erste Doppelseite aus „Die Hochhaus-Detektive“ mit Charakterisierung der drei Hauptfiguren und Inhaltsverzeichnis

So „nebenbei“

In die Krimigeschichte verpackt die Autorin immer wieder auch das Thema Vorurteile – nicht nur die Polizei verdächtigt den vorbestraften Bruder Mesuts, der mögliche Dieb zu sein, die Nichte der bestohlenen findet sowieso alle „Ausländer“ suspekt und die Kinder-Detektiv:innen sowieso. Aber auch soziale Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten kommen eingebettet in die – mit einigen Zeichnungen von Elli Bruder aufgelockerte – Geschichte. Die beiden genannten Themen wirken jedoch nicht verkrampft und aufgesetzt, sondern kommen so „beiläufig“ eingestreut daher.

Stärken und Schwächen

Obendrein hat Lindemann das Trio so „gebaut“, dass jede und jeder von den drei Kindern etliche Stärken, aber auch Schwächen, hat und sie einander – trotz mancher Wickel – im Wesentlichen positiv motivieren und vor allem letztlich immer wieder zusammenhalten.

Isha ist ein viellesendes, logik-kombinierendes Super-Hirn, Anton ein Internet-Auskenner und genialer Bastler und Mesut neben seinen Schachkenntnissen ein überzeugender Schauspieler im Alltag, der bald wen überzeugen kann.

42 😉

Die Autorin dürfte auch noch etwas in den sehr flott zu lesenden Roman, sozusagen einen Page-Turner, das bei Computerprogrammen Easter-Egg genannt wird, einen kleinen Gag am Rande – der sicher eher für erwachsene Leser:innen gedacht ist: Die Hochhausdetektiv:innen nennen sich HD 42 – nach der Hausnummer. Die hat sich natürlich die Autorin ausgedacht. Und 42 ist die Antwort auf alle Fragen des Lebens nach der Romanreihe „Per Anhalter durch die Galaxis“ von Douglas Adams.

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Titelseite des Kinderromans
Titelseite des Kinderromans „Die Hochhaus-Detektive“
Mathias lässt sich von Benya dessen Tallit genanntes Gebetstuch um die Schultern legen

Lern Fremde(s) kennen – das hilft gegen Vor-Urteile

Warum tragen Burschen und Männer ein Kapperl auf dem Kopf? Warum verhüllen Frauen ihr Kopfhaar? Warum und wie oft beten die einen oder die anderen? Warum sind so viele gegen euch/uns? Wie heißen die Gotteshäuser in eurer Religion? Stimmt es, dass…?

Welches Kind, welche/r Jugendliche hat nicht viele Fragen? Erwachsene auch – viele von ihnen sind aber oft zu schüchtern, feig, zurückhaltend, die eine oder andere Frage, die sie vielleicht brennend interessiert, direkt an Menschen zu stellen, von denen oder über die sie wenig wissen bis nichts.

Aus der Unwissenheit werden aber oft bekannte Vorurteile immer und immer wieder weiter geteilt, nicht selten wird daraus auch Vor-Verurteilung, Aggression, Hass, mitunter sogar Gewalt.

Aufeinander zugehen

Vorurteile fallen dort am besten auf fruchtbaren Boden, wo es kein Wissen gibt, wo Menschen der jeweiligen Gruppe kaum leibhaftig bekannt sind. Das zu ändern ist eines, nein eigentlich DAS Ziel der Initiative „Zusammen:Österreich“. Jugendliche bzw. junge Erwachsene aus verschiedensten Kulturen besuchen dabei als „Integrations-Botschafter:innen“ Schulen, um offen auf alle Fragen von Schüler:innen einzugehen, über sich und ihre (Herkunfts-)Kultur, die Vielfalt usw. gemeinsam zu reden.

Kürzlich besuchten Mridula Sharma (Leiterin der Abteilung Digital Engineering bei Siemens, Wurzeln in Indien), Zaker Soltani (Künstler sowie Trainer für Deutsch als Zweitsprache, Wurzeln in Afghanistan) und die beiden Likratinos Benya und Mendi (die aus Sicherheitsgründen nur mit diesen Vornamen aufscheinen) die Mehrstufenklasse in der Mittelschule Grundsteingasse (Wien-Ottakring). Die beiden zuletzt Genannten sind Juden, der eine in Österreich aufgewachsen, der andere in Usbekistan.

Das hebräische Wort „Likrat“ steht für „aufeinander zugehen“ – und genau darum geht’s bei diesem Projekt der Israelitischen Kulturgemeinde Wien, das im Rahmen der oben genannten Initiative des Österreichischen Integrationsfonds Jugendliche besucht. Wer die/den anderen kennt oder kennenlernt, weiß warum sie oder er das eine oder andere Ritual abhält, woran sie/er glaubt, was ihr/ihm wichtig ist…

Tanach – Bibel – Koran

Apropos Hebräisch – in dieser Sprache bzw. einer alten Version davon ist die heilige Schrift der Jüd:innen verfasst. Sie wird übrigens genauso wie Arabischemit dem es auch verwandt ist – von rechts nach links geschrieben. Und ähnlich wie manche Muslime erging es Benya auch in der Kindheit: „Da konnte ich noch nicht Hebräisch lesen, aber ich hab die Verse im Tanach auswendig gekonnt. Ein Freund von mir konnte die Schrift lesen, aber konnte die Aussprache nicht so gut – so haben wir uns ergänzt“, schildert er den Schüler:innen in der Grundsteingasse. Tanach ist übrigens die Bezeichnung für die heilige Schrift im Judentum so wie Bibel im Christentum und Koran im Islam.

Die Kippa – Mehrzahl Kippot -, die Männer zumindest beim Beten, andere auch immer, auf dem Kopf tragen, ist ein Zeichen der Ehrfurcht vor Gott. Gebete sind für Benya „eine Art von Selbstreflexion“, also Nachdenken über sich und die eigenen Handlungen, „damit man nachher ein besserer Mensch ist“.

Übrigens: Wie im Islam bedecken auch im Judentum viele Frauen ihr Haar – was allerdings oft nicht so ersichtlich ist, weil sie statt eines Tuches eine Perücke über dem eigenen Haar tragen.

Erlebte Diskriminierungen

Gefragt, ob er selber schon antisemitische Beschimpfungen, Diskriminierungen usw. erlebt habe, schildert Benya u.a., er und seine Familie seien in ihrer Wohnung mit ebenerdigem Balkon von Jugendlichen beschimpft, der Balkon und die Scheiben mit Steinen und Stöcken beworfen worden. Und das über Tage hinweg. Die herbeigerufene Polizei sei immer zu spät gekommen. Beenden konnten sie die Attacken erst, als er mit seinem großen Bruder, der von einem Auslandsaufenthalt zurückgekommen ist, über das Balkongeländer gesprungen seien, um die Burschen zur Rede zu stellen. Die sind zwar in alle Richtungen davongelaufen, er aber konnte einen stellen, der bereitwillig Namen und Adressen bekanntgab. „Seither grüßen die mich höflich, wenn sie mich auf der Straße sehen!“

Sein Rat an die Schüler:innen: „Es ist ganz egal, welche Religion man hat und woher man kommt. Man muss die Leute kennen lernen.“ Sein Kollege Mendi ergänzt: „Wenn Unwissenheit aufgeklärt wird, werden Vorurteile aufgeklärt.“

Künstler und Deutschlehrer

Zaker Soltani, der vor elf Jahren als jugendlicher Flüchtling allein in Österreich angekommen ist, Kunstgeschichte sowie Deutsch als Zweit- und Fremdsprache studierte, hat übrigens im Winter drei Monate lang an der staatlichen Wirtschaftsuniversität von Taschkent, der Hauptstadt Usbekistans, Deutsch unterrichtet – und in einem zusätzlichen Projekt österreichische Kunst und Kultur vermittelt.

Er sagte den Schüler:innen unter anderem: „Es ist immer gut, sich selbst und alles zu hinterfragen“, aber auch zu fragen, ob alles stimmt, was in Medien zu sehen, lesen oder hören ist. „Deshalb reise ich gerne! Ich besuche die Menschen und versuche mir selbst ein Bild zu machen“ und so schildert er bei der Frage nach dem Nahost-Konflikt zwischen Israel und Palästinenser:innen: „Ich hab mir das selber auch in Jerusalem angeschaut, wo heilige Stätten für die drei großen Weltreligionen so nah beieinander liegen – für Juden, Muslime und Christen, weshalb diese Stadt eben für Gläubige dieser drei Religionen so wichtig ist.“

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Mehr Informationen

Mehr Sprachen

Mridula Sharma empfahl den Kindern und Jugendlichen „mehr Sprachen zu lernen, damit man sich unterhalten und verständigen kann.“ Aus ihrer beruflichen Praxis schilderte sie: „Vorurteile im Berufsleben nehme ich schon persönlich. Aber: Ich arbeite dann daran, um zu zeigen, dass sie nicht stimmen!“

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