Bevor Kinder – bei Familienvorstellungen unterstützt von erwachsenen Begleitpersonen – angeleitet mit Materialien (Batterie, Motor, Drähte, Büroklammern als Schalter) der Puppenspielerin und gelernten Elektrotechnikerin, eigene fantasievolle Roboter bauen dürfen, hören und sehen sie das Theaterstück „Stina und der Tentakelarm-Verkäufer“ von „Robotheater“ aus dem deutschen Bochum.
Die Puppenspielerin und Schnellst-Sprech-Erzählerin Yvonne Dicketmüller führt das Publikum ab 5 Jahren in eine komplexe Geschichte (die sie und die Zeichnerin Vera Keitmeier sich ausgedacht und getextet haben) in der Welt von (fast) nur Roboter:innen. In Robo-City, wo sie immer wieder Stücke ansiedelt, geht’s beim in Feldkirch (Vorarlberg) gezeigten Stück im Rahmen des internationalen Theaterfestivals „Luaga & Losna“ (Schauen und Hören) um einen Krimi. Die uniformierten und alle gleich aussehenden gezeichneten Robo-Cops lechzen bei der morgendlichen Besprechung über die zugenommene Kriminalität in ihrem Universum vor allem aber erst einmal nach Kaffee-Öl. Das Schmiermittel, damit sie überhaupt gut funktionieren können. Dieses aber wurde zur Mangelware.
Neben dem übermächtig als riesige Kartonfigur mit Alu-Schnauzbart auftauchenden Polizei-Boss, fällt natürlich vor allem die titelgebende Hauptfigur durch anderes als das gleichförmige Aussehen auf: Stina. Als Kaffeemaschine programmiert, will nichts sehnlicher als Polizistin werden, wird aber von den möglichen Kolleg:innen sowie deren Chef in ihrem Wunsch so gar nicht ernst genommen.
Und klar, sie wird es schaffen, indem sie die Hintergründe der Verbrechenswelle aufklärt. Und dabei – eh kloar, wozu sonst der Titel – spielt ein Tentakelarm eine große Rolle, sogar mitunter eine riesengroße. Denn so wie der große Ober-Polizist und Stina sowie der kleinsten Polizistin POL 101 taucht der Tintenfisch-Arm mit seinen Saugnapf-Noppen nicht nur in den Zeichnungen auf, sondern wird von der Puppenspielerin auch in dreidimensionaler Form (teils 3D-Drucke) außerhalb des beleuchteten Guckkastens be- und gespielt; der Tentakelarm sogar in Klein und riesig, sogar den Polzei-Boss überragender Form
Der überwiegende Teil des verwickelten Krimis – Polizei gegen Ersatzteil-Gang – mit komplexen Wendungen samt Ausflügen über die Feuermauer hinweg in die analoge, natürliche Welt mit richtigem Gras – solches das auf Wiesen wächst und kein Fall für die Polizei ist – wird von der Spielerin in dem genannten Guckkasten stets weitergekurbelt (daher Crankie-Puppentheater; das englische Crank steht für Kurbel).
Zu oft doppelt die Spielerin in zu langen Stück – „aber die Komplexität soll erhalten bleiben“ (so Dicketmüller) Text und Bilder, gesteht in diesem Nachgespräch, dass sie „vielleicht zu wenig den Bildern vertraut“ hätte. Solches aber würde dem Publikum auch Zeit zum Durchatmen und mehr Raum geben, sich auf die comic-artigen Bildern auch zu konzentrieren bzw. selber im Kopf Text und Bild, die gemeinsam ein Ganzes ergeben könnten, zusammenzufügen.
Vielleicht würde sich auch anbieten, einen „Trick“, das Publikum ein wenig mehr bei der Stange zu halten, aus dem ersten Drittel ein paar Mal zu wiederholen: Da bittet die Puppenspielerin und Roboterbauerin die Zuschauer:innen mittels Klatschen, Stampfen usw. für die musikalische Untermalung zu sorgen, denn dafür sei sie gar nicht gebucht worden. Mit Ausnahme dieser einen Passage spielt sie dann aber doch immer wieder Musik ein.
Compliance-Hinweis: KiJuKU wurde von Luaga & Losna zur Berichterstattung nach Feldkirch (Vorarlberg) eingeladen.
Mit Putzwagen, Wasserkübel und Wischmop reinigt der „Straßenkehrer Emillio“ den Bühnenboden, hält immer wieder Ausschau nach dem Schauspieler und Musiker, der eigentlich schon da sein sollte… Und obwohl da schon klar ist, dass er selbst in Wahrheit der Akteur für die kommende Stunde sein wird, nimmst du ihm auch die eher schüchterne, zaghafte, verspielte Annäherung an die Gitarre, das Akkordeon, die Laute … ab.
Der Vielfach-Musiker Andreas Paragioudakis ist beim internationalen Theaterfestival für junges Publikum „Luaga & Losna“ (schauen und hören) im Vorarlberger Feldkirch für das kurzfristig wegen eines Todesfalls in der Familie ausgefallene Teatro Distinto (Italien) mit dem geplanten Stück „Solitarium“ eingesprungen. Und verzauberte das Publikum durch die wenigen erzählten Geschichten und die vielfältige Musik, die er aus den genannten und noch weiteren Instrumenten wie u.a. einer Concertina oder Zungentrommeln „zauberte“. Vor allem aber gelang es ihm das Publikum sanft und sehr entspannt zum Mitsummen, trommeln, stampfen zu animieren. Dazwischen verteilte er Rasseln, Shaker, Glöckchen, Kalimbas und schaffte es so, ein gemeinsames Konzert zu erschaffen.
Seine kleinen, kurzen Erzählungen knüpften an einem realen Straßenkehrer in seiner ersten Heimat Rethymno auf Kreta (Griechenland) an. Für viele ein Außenseiter, sei er im Haus seiner Oma immer willkommen gewesen, zwischen ihm und dem späteren Musiker sei gleich eine inspirierende, ja freundschaftliche Brücke entstanden. Ihm wollte Paragioudakis mit diesem musikalischen Stück, theatralen Konzert eine Art Denkmal setzen. Und sofort kommt Beppo aus Michael Endes „Momo“ in den Sinn und dessen Draht zur Hauptheldin gegen die Herren in Grau, die die Zeit stehlen wollen, und den anderen Kindern.
Und so baut der Musiker, der auch früh schon von Schauspielerei angefixt war, und seinen „Straßenkehrer“ irgendwie auch clownesk anlegt, auch die Traurigkeit der Figur ein über jene Jahre, in denen er fast nie Kinder traf, weil sie das Haus kaum verlassen, ja nicht einmal in die Schule gehen durften. Doch dann endlich…
Für die Entwicklung seines Stückes habe er – so erzählt Paragioudakis im Nachgespräch – auch viel mit Straßenkehrern in seiner jetzigen Heimatstadt Bregenz gesprochen und deren philosophischen Betrachtungen der Welt schätzen gelernt. Ganz beglückt lächelt er noch jetzt, wenn er von der Situation berichtet, wo er mit seinem Fahrrad und dem Anhänger nicht sicher war, ob er zwischen zwei eng geparkten LKW durchkommen würde und den zufällig anwesenden Straßenkehrer fragend anschaute, worauf der gelassen aussprach: „Wenn du willst, kommst du überall durch!“
„Der Straßenkehrer“ ist ein Konzert/Theaterstück, das viel positive Stimmung durch die von Andreas Paragioudakis mit „nebenbei“ Leichtigkeit erzeugte Gemeinsamkeit und Freude über „kleine“ Momente versprüht und eine kräftige Portion Optimismus mit hinaus aus dem Theaterraum nehmen lässt.
Compliance-Hinweis: KiJuKU wurde von Luaga & Losna zur Berichterstattung nach Feldkirch (Vorarlberg) eingeladen.
Am Anfang ist – ein Stein. Der hängt an einem Haken an einer Schnur in den Händen des Theatermachers. Damit kommt er aus dem Saal im Pförtnerhaus an der Ill im Vorarlberger Feldkirch beim internationalen Theaterfestival für junges Publikum „Luaga & Losna“, tänzelt durch die Reihen der wartenden Zuschauer:innen. Insbesondere vor Kindern lässt Michael Lurse vom Helios Theater im deutschen Hamm diesen kleinen Stein baumeln, mit kleinem Anstoß zieht der Kreise.
Dieses Rund ist auch der Titel der folgenden rund halbstündigen Performance im Saal mitten zwischen dem Publikum, das im Viereck um den Tanzboden auf Bänken sitzt. Erst lässt der Solo-Performer einen Stein pendeln, später tänzelt er zwischen drei hin und her schwingenden Steinen hindurch. Der Techniker (Malte Kochanek), der die langen Schnüre, an denen die Steine baumeln, auch schon mal hochzieht, versorgt das Bühnengeschehen mit wenig, dafür umso wirkungsvolleren Lichtspielen.
Noch kreisen die Steine nicht, aber bald kommt ein Metallkübel ins Spiel, Klappe im Boden geöffnet und raus rieseln winzig-zerkleinerte Steine, besser bekannt als Sand. Ein Schubs, und schon kreist der Kübel über dem gesamten Tanzboden, womit sich Kreis um Kreis runde Sandspuren ergeben. Irgendwann beginnt der Schauspieler in diese seine Fußspuren zu setzen, malt dabei das eine oder andere Bild damit, hüpft, tritt nur mit Ferse oder Zehen auf, und schon sehen wir andere Spuren.
Obwohl allein spielend, erschafft der Co-Leiter des Theaters, das nach Sonnengott benannt ist, sozusagen nicht nur das Universum, die Welt, sondern lässt – in Form von wild gebauten Papier-Figuren Tiere und Menschen ins Spiel kommen, verleiht ihnen Geräusche und Stimmen – um schon gegen Ende das Publikum spielerisch ins Geschehen einzubeziehen und nach dem Schluss die Bühne als Spielfläche freizugeben – mit Figuren und Sand.
Das sehr poetische bildstarke, beeindruckende und gleichzeitig berührende Spiel mit fast meditativen Momenten schon für Besucher:innen ab 2 Jahren, kann von älteren Zuschauer:innen vielleicht sogar als eine Art metaphorische Schöpfungsgeschichte gesehen/gelesen werden, ist jedenfalls ein Vergnügen es zu erleben. Und offensichtlich auch, es zu spielen. Wie zu sehen, zu spüren, und wie Michael Lurse im abendlichen Nachgespräch erzählt. Genau deshalb habe sich Helios Theater auf den Bereich für die Allerjüngsten verlegt. Die seien noch wenig von „pädagogischer Bewertung“ von Bildern und/oder Musik verdorben, könnten sich noch am Betrachten und Lauschen erfreuen – „und wir können dadurch künstlerische Freiräume ausleben“.
Und – so erzählt er: Am Anfang stand tatsächlich das Bild eines über der Bühne hängenden, schwebenden Steins gewesen, das er mehrmals abends vor dem Einschlafen hatte. Steine genommen, ausprobiert und Schritt für Schritt sei so die Performance entstanden.
Compliance-Hinweis: KiJuKU wurde von Luaga & Losna zur Berichterstattung nach Feldkirch (Vorarlberg) eingeladen.
So klein der Kreis des rundum sitzenden Publikums, so groß und weit die Perspektive, die Solo-Performerin/-tänzerin Tilde Knudsen in dieser Stunde eröffnet. Und das hängt nicht nur am Stoff, der schon die vielleicht längste seit mehr als 2 ½ Tausend Jahren weltberühmte Reise mehr als anklingen lässt. In „My Odyssey“ der dänischen Theatergruppe Asterions Hus spannt die tanzende, spielende, fast durch Raum und Zeit fliegende Performerin den Bogen noch viel weiter als die rund 20-jährige sprichwörtlich gewordene Odyssee – die von Homer in Verse gegossenen Abenteuer des griechischen Helden auf der Rückkehr nach dem Krieg gegen Troja. Gleich zu Beginn, über den sie mit dem Publikum im Zwie- und Gruppengespräch darüber philosophiert, wo diese, ja überhaupt eine oder vielmehr jede Geschichte wirklich startet, erweitert sie durch die gesummte, gebrummte Intonierung der auch sehr bekannt gewordenen Filmmelodie die Reise auf den Weltraum (der 1968 erschienene Science-Fiction Roman Arthur Clarkes und die Verfilmung Stanley Kubricks im selben Jahr: 2001 Odyssee im Weltraum).
Auch wenn sie sich entlang der groben Storyline der Odyssee (Regie: Peter Kirk) durch die Stunde hantelt, so springt die fast artistisch in dem Rund, der fast einer Manege gleicht, assoziativ zu verwandten Themen. Ebenso wie zu Erfahrungen aus ihrem Leben. So spielt sie auf ein kreatives EU-Projekt an, in dem im Laufe von vier aufeinander folgenden Sommern (darstellende) Künstler:innen aus elf europäischen Ländern in einem eigens aus Holz gebauten Schiff von den baltischen Staaten bis Griechenland und Malta gereist sind. Voller hoffnungsvoller Erwartungen auf diesen künstlerischen Austausch – untereinander ebenso wie mit Publikum jeweils vor Ort. Samt großen Enttäuschungen, dass das Projekt voll nicht das gebracht hat, sondern sehr oft bei Fragen, „wer putzt nun das Klo an Bord“ hängen geblieben sind. Aber immerhin so manche Kontakte zwischen Beteiligten dauerhaft geblieben sind…
Ebenso baut sie die Enttäuschung ihrer Theatergruppe ein, dass sie auf der dänischen Insel Møn, wo sie und ihr Mann ihre (künstlerische) Heimat gefunden haben, von dem seit Jahrzehnten hier etablierten Theater aus öffentlichen Subventionen gemobbt worden sind. Worauf sie sich nach wie vor auf Tour-Theater und das oft mit wenigstens Mitteln konzentrieren, „so dass wir mit unserem Campingbus anreisen und fast aus diesem und rund um diesen spielen können“, wie sie in einer Gesprächsrunde mit Teilnehmer:innen des Symposions „Bild & Ton & Bild“, das parallel zum internationalen Theaterfestival „Luaga & Losna“ in Feldkirch (Vorarlberg) läuft, berichten. Das diesjährige, 20. Symposion – das Festival feierte sein 35-Jahr-Jubiläum – steht übrigens unter dem Motto „Die abhanden gekommene Konzentration und ihre Rückgewinnung“.
Tilden und Kirk schilderten, sie würden in Dänemark erleben, dass Kinder im Publikum mit abstrakten Performances heute weniger anfangen könnten als vor 20 Jahren, „sie brauchen heute viel mehr konkrete Geschichten, deren Sinn sie gleich verstehen“.
Beim Festival waren bei Tilde Knudsens doch streckenweise eher abstrakter, assoziativer „Alice im Wunderland“ aber doch auch recht viele sogar junge Kinder am Geschehen geblieben. Ihre „Odyssey“ verfolgten allerdings – obwohl ab 12 Jahren angegeben – ausschließlich und meist auch nicht ganz junge Erwachsene. Die sich doch auf ihr Spiel einlassen konnten, obwohl sie im Laufe der Stunde mehr oder minder fast jede Einzelne/ jeden Einzelnen im Publikum direkt in ihre Erzählung verstrickte.
Hin und wieder wechselte Knudsen die Perspektive von Odysseus zu seiner zu Hause (Ithaka) – das in dieser Version in Dänemark liegt – wartenden Frau Penelope und dem heranwachsenden Sohn Telemachos, in der Odyssee vernachlässigte Charaktere. Und sie erzählte – wie recht oft sehr sprudelnd (englisch) einen angebliche ganze andere Interpretation: Penelope wäre eine Eizelle, Odysseus jenes Spermium, das es als einziges ans Ziel geschafft habe – Ergebnis: Telemachos, ihrer beider Sohn 😉
Compliance-Hinweis: KiJuKU wurde von Luaga & Losna zur Berichterstattung nach Feldkirch (Vorarlberg) eingeladen.
Zwischen Publikum (ab 3 Jahren) und Spielfeld der Theaterleute spannt sich im Viereck ein roter Teppich. Danach kommen Schienen für große Spielzeugzüge. Doch um die geht’s vorerst – für manche Kinder zu laaaaaange – nicht. Minju Kim und Michael Lurse vom Theater Helios aus Hamm (Nordrhein-Westfalen, Deutschland) lassen zuerst einmal Wasser aus gläsernen Behältern in Gläser fließen, beginnen dann auf dem Boden zu stampfen, klopfen, auf Lampenschirme aus Blechkübeln zu trommeln. Irgendwann ertönen die von ihnen erzeugten Geräusche als Art Echo und Nachklang aus Lautsprechern. Plötzlich das Sumsen eines Insekts (Technik: Malte Kochanek).
Mit „Früh Stück“ wollen die Theatermacher:innen Geräusche ins Zentrum ihrer knapp mehr als halbstündigen Performance für Besucher:innen ab 3 Jahren rücken. Und tun dies auch, selbst als die von manchen sehr jungen Zuschauer:innen heiß ersehnten Züge ihre Fahrt aufnehmen. Denn nun berührt ein hölzernes Stöckchen, das seitlich über einen der Lasten-Waggons hinausragt, die mit mehr oder weniger Wasser gefüllten Gläser und Krüge – aus den Geräuschen wird zunehmend Musik, die noch um komponierte Klänge und Töne (Jan Leschinski sowie Michael Lurse, der auch Regie führte und die Bühne konzipierte) bereichert wird.
Das Bühnen-Duo beginnt Wassergläser an Zuschauer:innen zu verteilen, später noch Apfelspalten und Kekse, die ein weiterer Zug herbeifördert. Sozusagen „Früh Stück“ auch wenn’s erst am Nachmittag ist. Und im Fall dieser Performance, die sozusagen in einem gemeinsamen Essen und Trinken endet, isst dann neben dem sprichwörtlichen Auge auch das Ohr mit. Für die Ohren bringt Schauspielerin Minju Kim auch neue Klänge ins „Spiel“: Pada und Sague – für Ozean und Apfel (auf Koreanisch).
Wasser heißt Mull, erfährt Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… auf Nachfrage nach der Vorstellung von der Schauspielerin.
Compliance-Hinweis: KiJuKU wurde von Luaga & Losna zur Berichterstattung nach Feldkirch (Vorarlberg) eingeladen.
Eine der 15 kleinen Tonnen die U-förmig die Spiel-/Tanzfläche begrenzen wird plötzlich zum Hinterteil des berühmten Kaninchens. Aus zwei aus einer anderen der Tonnen herausgezogenen lederpapierenen Dreiecken formt die schauspielende Tänzerin Tilde Knudsen im Nu die beiden Hasenohren. Eine ¾ Stunde lässt sie die (jungen) Zuschauer:innen in die Welt von „Alice im Wunderland“ eintauchen. Jene, die die berühmten Geschichten von Lewis Carroll vor und hinter den Spiegeln kennen, freuen sich über viele Aha-Momente. Mit fast ausschließlich drei- und viereckigen sowie runden, mitunter eingeschnittenen, Elementen zaubert die Solotänzerin, die auch für Choreografie und Dramaturgie verantwortlich zeichnet, etliche der bekanntesten Figuren von der Grinsekatze über Hutmacher bis zur Herzkönigin aus den Tonnen hervor. Zu Hilfe nimmt sie dabei weiße Stoffe, die kreisförmig mit Draht verstärkt sind.
Die Kostüme von Susan Marshall waren auch – neben den schon beschriebenen geometrischen Figuren – der Ausgangspunkt für dieses Stück des dänischen Theaters Asterion Hus. Das erzählen die Performerin und der Regisseur Peter Kirk am Abend nach der Aufführung im Nachgespräch. Solche sind stets Teil des internationalen Theaterfestivals für junges Publikum „Luaga & Losna“, dessen Herbstteil stets in Feldkirch stattfindet.
Am Beginn des Entstehungsprozesses habe sie nur mit diesen Elementen gespielt und improvisiert. „Ich hab mich in diese Dinge sofort verliebt, nach zwei Wochen war’s plötzlich da: Das muss „Alice im Wunderland werden“, dazu haben wir dann noch diese Tonnen gefunden, die Futterbehälter auf einer Hühnerfarm waren“, so die Künstlerin.
Die fast wortlose – von Musik unterstützte (Komposition: Klaus Risager) Performance – vermittelt aber auch jenen Zuschauer:innen, die die klassische Geschichte nicht kennen, die Grundstimmung der stets staunenden, sich aber in den unmöglichsten, chaotischen Situationen zurechtfindenden Alice. Aus (fast) Nichts lässt sie Wunderwelten entstehen, in denen sich Tilde Knudsen teilweise fast schwebend bewegt. Da sind in einer der Höhepunkt-Szenen selbst vier Tonnen an Armen und Beinen keine Hindernisse für die tänzerische Leichtigkeit Knudsens
Compliance-Hinweis: KiJuKU wurde von Luaga & Losna zur Berichterstattung nach Feldkirch (Vorarlberg) eingeladen.
Auftakt zum 35. Internationalen Theaterfestival für junges Publikum „Luaga & Losna“ im Vorarlberger Feldkirch mit „Puppenspielplatz“ aus Tschechien.
Vor dem Spielplatz im Übergang zum Wald ist für zwei Tage ein weiterer Spielplatz aufgebaut. „Puppenspielplatz“ ist die Übersetzung für das tschechische Loutkoviště das über dem größten der kleinen Bühnenbögen steht. Auftrittsmöglichkeit für alle, die etwas vor Publikum spielen wollen. Loutkoviště von Waxwing Theater aus Tschechien sorgen damit für den Auftakt des Herbstteils des 35. Internationalen Theaterfestivals für junges Publikum „Luaga & Losna“ (schauen und hören) im Vorarlberger Feldkirch (der Frühjahrsteil steigt vor allem im viel kleineren Nenzing). Der Puppenspielplatz vor dem Spielplatz liegt nur wenige Gehminuten von der Innenstadt entfernt über eine Fußgänger:innen und Radfahrer:innen-Brücke über die Ill. Hier in „Reichenfeld“ steht auch das „Pförtnerhaus“, in dem die meisten Aufführungen des Festivals stattfinden. Und er wartet auch noch am Mittwoch (6. September 2023) auf spielfreudige Besucher:innen (12 bis 17 Uhr)
Die meisten spielen aber nicht vor dem gestreiften Vorhang mit der oben genannten Aufschrift, sondern auf den fünf viel kleineren, auf dem Boden stehenden bunt bemalten, hölzernen Bühnen. Hinter diesen – in einem Halbrund in der Wiese platzierten Bühnen finden die Besucher:innen – vor allem Kinder – Gestelle mit unterschiedlichsten hölzernen Menschen-, Tier- und Fantasie-Puppen. Die hängen an fixen Drähten, die am Ende Holzstäbe haben, an denen sie geführt werden. Die Holzfiguren verfügen – meist – über Beinchen an Schnüren. So können die Spielenden ihre Figuren auf den Bühnen gehen, tanzen oder auch in einem Zirkus-Ambiente über ein Seil balancieren lassen.
Der „Puppenspielplatz“ – zusammengesetzt aus Loutka (Puppe) + hriště (Spielplatz) = Loutkoviště ist eine Erfindung des Duos „Waxwing“-Theater aus dem tschechischen Sedlice („zwischen České Budějovice und Plzeň, Budweis und Pilsen, den Bierstädten“, wie Peter Gaffney vom Theater sagt). Er hat – mit seiner Ehefrau Zuzana Smolová (Konzept: Táňa Švehlová) die Bühnenbilder gebaut, sie auch all die 60 fantasievollen Figuren. Und obendrein ein noch gar nicht erwähntes Herzstück des Spielplatzes: Začátkovač. Die „Beginn-Maschine“ ist eine große hölzerne Trommel, die auf einem Gestell liegt und sich drehen lässt. Da drinnen rumpelts heftig. In ihrem Bauch liegen hölzerne Stäbe.
Die Trommel hat zwei Türchen mit den Beschriftungen „wer“ und „was“. Nach einigen Drehrunden greifen die Kinder, animiert von Diana Khwaja die auch das System erklärt, der Reihe nach hinein und zeihen etwa die Kombinationen „Fee“ und „organisiert einen Wettbewerb“ oder „Hexe“ und „zieht einen Zahn“, „Prinz“ und „vergrabener Schatz“ und noch Dutzende andere Personen bzw. Handlungen heraus, um diese dann mit den schon oben beschriebenen Figuren auf einer der Kleinstbühnen zu spielen – andere begeben sich lieber in die Rolle der Zuschauer:innen, die auf Pölstern vor den Bühnchen in der Wiese Platz nehmen.
Žofka hat es am meisten eine aus vielen hölzernen Gliedern gebaute Schlange angetan, die doch glatt ihre Bühne verlassen und in den Händen der Vierjährigen quer über die Wiese „fliegen“ kann, worauf der Journalist rasch den Bojím se hadů – ich hab Angst vor Schlangen – lernt 😉
Übrigens beginnen Märchen im Tschechischen mit „Bylo ne bylo“ – was übersetzt heißt „es war, es war nicht“, was ja viel poetischer klingt und wirkt als „es war einmal“.
Compliance-Hinweis: KiJuKU wurde von Luaga & Losna zur Berichterstattung nach Feldkirch (Vorarlberg) eingeladen.
Eine Uralt-Theaterform erlebte sozusagen magische Auferstehung beim zwölften Schäxpir-Festival in Linz. „Hanafubuki‘“ aus Belgien gab der eigenen ca. halbstündigen Performance – mit anschließenden spielerischen Entdeckungsmöglichkeiten für Kinder – gleich den Titel diesr Form: „Diorama“.
In einer schier unendlichen hintereinander steckbaren Schattenkulissen-welten lassen Sari Veroustraete und Lies Vandeburie Karton-Tiere aus allen Ecken und Enden der Welt auftreten, -fliegen, -flattern und sich an ihrer Umgebung erfreuen. Und an der in wenigen Sätzen erzählten Geschichte (Text: Tiemen Hiemstra), nicht zuletzt an der auf- und untergehenden Sonne und ihrem gelben, orangefarbenen und roten Licht.
Natürlich bleibt’s nicht dabei. Auch wenn sich das Miniaturgeschehen auf der kleinen Bühne mit den vielen Ebenen sowie den vielen von den Spielerinnen erzeugten Tönen und Klängen schon faszinierend ansieht und -hört, so braucht’s noch einen dramatischen Bogen. Und der ergibt sich, indem der Gruppe (Konzept: Hanne Holvoet, Sari Veroustraete und Samuel Baidoo) einfiel, dass sie eines Tages die Sonne als Quadrat aufgehen lässt. Was natürlich zur Verwunderung der tierischen Erdenbewohner:innen führt. Ihre Gedanken – samt Veränderung vieler Kulissenteile von rund auf eckig – bringen Spannung ins Spiel.
Denn, was folgt als Nächstes? Wird das Zentralgestirn unseres Planetensystems dann wieder rund am Firmament erscheinen?
Nun, da „Diorama“ nur an zwei Tagen in Linz gespielt wurde und die schon vorbei sind, kann es ja auch gleich verraten werden: Am Ende taucht sie als Dreieck – und das in der kleinen Bühnenmitte am Boden auf 😉
Compliance-Hinweise: Das Festival Schäxpir hat Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… für die ersten vier Tage dieses Theaterfestivals für junges Publikum nach Linz eingeladen.
Zwischen der großen Außenrunde in der das Publikum auf Pölstern und manche dahinter auf Sesseln sitzen und einem acht-eckigen Kobel mit metallenen Querstreben bewegen sich zwei Tänzerinnen- Christine Maria Krenn und Jolanda Lülsdorf -, klauben mal da dann wieder dort schmale, biegsame Metallstreifen auf, ordnen sie neu an, beginnen damit zu spielen, basteln Gürtel, Schnäbel, Vogelflügeln, vieles mehr und einen Geigenbogen – just in dem Moment als die dritte im Bunde (Judith Koblmüller) tatsächlich einen Geigenbogen in dem Gefängnis oder Baumhaus (?) in der Mitte bedient und damit auf der Violine zu spielen anfängt.
Zu dieser sowie zu Musik aus einer Blockflöte verwandeln sich die Tänzerinnen in spielende Kinder, wobei Christine Maria Krenn, die auch für Regie und Choreografie verantwortlich ist, immer die Prinzessin spielen will – im Bilderbuch, auf dem dieses Stück basiert, heißt sie Lamia. Die andere darf höchstens Räuber sein, obwohl sie auch so gern einmal gekrönt wäre. Irgendwann biegen die beiden zwei Metallstreifen zu länglichen Ovalen und platzieren dazwischen eine lange runde Stange.
Da das Stück – so wie das Bilderbuch von Lisa Aigelsperger – „Panzerschloss“ heißt, liegt nahe, was das gebastelte Objekt darstellt. Nun schiebt die Musikerin aus ihrem „Bunker“ ein noch längeres Rohr über die Oberkante und zitiert aus dem Buch, das die Künstlerinnen sehr frei umsetzen konnten: „Ihr lieben Kinder, das hier macht BUMM BUMM, und dann fallen alle Um“ (Buchbesprechung am Ende des Beitrages verlinkt).
Krieg. Bedrohung in wenigen, einfachen Mitteln dargestellt schon für sehr junge Kinder. Bedrohung von außen? Helfen da Zäune und Mauern? Also werden die Umsitzenden eingeladen, aufzustehen, eine menschliche Mauer zu bauen, gemeinsam aus den herumliegenden Metallteilen – es sind die Elemente von Rollos wie sie auch den „Bunker“, das Baumhaus (?) verbarrikadieren – eine Art Zaun zu bilden.
Aber kam nicht die Bedrohung von innen? Dort rollten doch die Panzer, aus dem Zentrum kam das ganz große Kanonenrohr. Und sind nicht die stilisierten „Soldat:innen“ aus den Metallgestellen für große Mistkübel auch von innen gekommen?
Diese sich szenisch aufdrängenden gar nicht ausgesprochene Fragen sowie aus dem Off eingespielte Gedanken von Kindern, die im Probenprozess in Theater-, Musik- und Bau-Workshops von den Bühnenkünstlerinnen eingebunden worden sind, und natürlich die Grundgeschichte des Bilderbuchs lassen aus dem Bunker, dessen Teile nun zu Toren werden, und dem Panzer ein Schloss werden, in dem gemeinsam gefeiert und gespielt wird. Gemeinsam lassen sich sozusagen Mauern und Zäune niederreißen und ein fröhliches Miteinander entstehen…
Die Arbeit der Künstlerinnen mit den Kindern in den genannten Werkstätten führten nicht nur zu aufgenommenen und eingespielten Sagern über Regeln, Mitsprache und den Umgang der Menschen mit der Natur, sondern führte zu vielen Inspirationen für Szenen und nicht zuletzt auch Bühnenbild. Übrigens, die Metallstreifen – Lamellen der Rollos – stammen ebenso aus dem Gebäude der alten Linzer Kunstuni, sozusagen einem Abbruchhaus wie die feuerfest imprägnierten Vorhänge, die sowohl zu Umhängen für die Prinzessin als auch zu Soldatenröcken werden (Bühnenbau: Birgitta Kunsch). Die Rollos in den hölzernen Türrahmen des anfänglichen Bunkers ergeben somit variable Situationen: Blickdicht verschlossen, dann wieder wenigstens Blicke freigeben, die Kipp-Elemente in den Rahmen lassen die im ersten Teil verschanzte Musikerin später doch den Kontakt mit der Umgebung aufnehmen. Diese Lamellen sind aber auch die Elemente für die Prinzessinnen-Krone bzw. Blumen rund um das doch irgendwie auch heimelige Ambiente im Foyer des ersten Stocks im Linzer Musiktheater, wo „Panzerschloss“ beim Schäxpir-Theaterfestival für junges Publikum gespielt wurde/wird.
Wenngleich das Musiktheater bei Vermietung von Räumlichkeiten vielleicht darauf achten könnte, nicht zeitgleich im Stock darunter eine private Hochzeit einzubuchen, wo Jubel aufbrandet, während einen Stock drüber sich gerade eher ruhige Szenen abspielen.
Compliance-Hinweise: Das Festival Schäxpir hat Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… für die ersten vier Tage dieses Theaterfestivals für junges Publikum nach Linz eingeladen.
Als Möchtegern-Zauberin mit perfekt eingebauten Ungeschicklichkeiten und einer gehörigen Portion Selbstironie sorgte Nora Jacobs, die Moderatorin des Auftakts zum zwölften „Schäxpir“ – Theaterfestival für junges Publikum in Linz für Schmunzeln bis Lachen und ein wenig Verunsicherung bei einigen ihrer Interviewpartner:innen auf der Bühne – außer den drei Festivalleiterinnen Julia Ransmayr, Sara Ostertag und Anja Lang. Den eigentlichen Auftakt-Act lieferte jedoch Sophie Duncan als Aerial Pole – artistische Kunststücke, die aus Zirkussen bekannt, dort aber meist an Seilen oder Tüchern ausgeführt werden, vollführte sie an einer Stange. Das sollte ein wenig und auf eher ungewohnte Art für das Theaterfestival das Motto des diesjährigen Festivals „magic – die Geschichte der Geschichten“ sinnlich erfahrbar machen.
Bis 24. Juni 2023 stehen zweieinhalb Dutzend verschiedene und recht unterschiedliche Produktionen mit rund 300 beteiligten Künstler:innen aus elf Ländern auf dem Programm des Festivals – in Theatern und anderen Spielorten. Compliance-Hinweise: Das Festival hat Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… für die ersten vier Tage eingeladen – alle Stücke dieser Tage werden hier gefeatured.
Das wirkliche Eröffnungsstück „Do the Calimero“ von LOD muziektheater & hetpaleis aus Belgien, eine Koproduktion mit dem Festival, das zwischen stillen, sehr persönlich-berührenden, offenherzigen Momenten und wildem choreografiertem Chaos pendelt, ist – wie alle folgenden Stücke – jeweils in einem eigenen Beitrage beschrieben – Links folgen laufend unten; außerdem Links zu Stückbesprechungen, die KiJuKU schon vorher andernorts gesehen hat.
Compliance-Hinweise: Das Festival Schäxpir hat Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… für die ersten vier Tage dieses Theaterfestivals für junges Publikum nach Linz eingeladen.
Beim Theaterfestival Schäxpir werden auch einige Stücke gezeigt, über die Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… schon anlässlich früherer Aufführungen andernorts geschrieben hat, hier die Links
The Milky Way
Rangeln
Hexen
Iwein
Mein AllesaufderWelt
Rosa – Ersatz für einige der ausgefallenen Termine von dÄmonen