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Szenenfoto aus "Hijab offline"
Szenenfoto aus "Hijab offline"
27.09.2021

Tanzende Haare als Symbol gegen alle Mauern im Kopf

„Hijab offline“ von und mit Shahrzad Nazarpour als Siegerin des nachwuchsbewerbs „Try Out!“ nun als Langversion im Dschungel Wien.

Flugzeuglärm, eventuell von einem Hubschrauber füllt den Raum akustisch, überlagert von einer stets wiederholten Durchsage, die auf das verordnete Tragen einer FFP2-Maske hinweist. Auch schon, als das Stück „Hijab offline“ im Dschungel Wien begonnen hat. Die Solo-Schauspielerin und Erfinderin dieser rund ¾-stündigen Performance Shahrzad Nazarpour steht – mit offenen Haaren – hinter drei durchsichtigen großen, leeren Boxen, in der untersten ein Mikrophon.

Minutenlang spielt sie ohne ein Wort. Später, als sie bei der untersten Box angelangt ist, greift sie das Mikro und beginnt über ein Trauma zu erzählen.

Das Gwirx mit dem Stoff

In ihrer ersten Heimat, dem Iran, stand sie in einer Schulaufführung auf der Bühne, der Hijab, den Mädchen ab dem Alter von neun (9!) Jahren tragen müssen, war verrutscht, Haare zu sehen. Anschiss von der Lehrerin. Immer wieder träumte sie von da an, dass ihr so ein Missgeschick wieder unterläuft. Passiert. Mehrmals in ihrem jugendlichen Leben.

Und so thematisiert die nun 23-Jährige in Wien dieses Stück Tuch seit geraumer Zeit mit einer Kürzest-Version hatte sie den Nachwuchsbewerb des Theaterhauses Dschungel Wien im MuseumsQuartier gewonnen und durfte – mit dramaturgischem Mentoring daraus eine Vollversion weiterentwickeln.

Mal offen, mal versteckt

Ihr Grundkonzept ist das Spiel zwischen verstecktem und offenem Haar, das sie fast wie ein eigenständiges Körperteil tanzen lässt – in der Vorversion sogar noch wilder als nun in der erweiterten. „offline“ deswegen, weil sie in der Performance schildert, für die Verwandten im Iran habe sie einen zweiten Account auf Instagram angelegt, wo sie nur mit Kopftuch zu sehen sei. Und schon zieht sie aus weiteren Boxen, die sie nun zu zwei Türmen aufrichtet, ein Tuch nach dem anderen heraus, wickelt es mal so, dann anders um ihr Haupthaar, und noch eins drüber und noch eins. Kopf schubsend, Tuch übers Gesicht ziehend und immer böser das eigene Haupt behandelnd. Um sich dann doch wieder zu befreien und im Abspielen aufgezeichneter Social-Media-Kommunikation auch den eigenen Eltern im Iran zu zeigen, wie sie performt.

Feminismus ist vielfältig

Aber auch sich zu verwehren gegen die Oberg’scheiterln aus dem Westen, die sie und ihre haare befreien wollen. Feminismus sei keine eurozentristische Geschichte sondern global, aber durchaus auch in verschiedenen Weltgegenden unterschiedlich ausgeformt. Und wie steht’s denn um den gleichen Lohn für gleiche Arbeit hierzulande?

Für sie stehe der Hijab für sämtliche Mauern im Kopf sagte die Künstlerin im Gespräch nach der 20-minütigen Version im Mai, nach der sie von der Jury ausgewählt worden war, das Stück zu einem abendfüllenden Programm erweitern zu dürfen.

Follow@kiJuKUheinz

INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Hijab offline

Dschungel Wien & Shahrzad Nazarpour
Performance, 50 Minuten
Ab 12 Jahren

Gewinnerin des TRY OUT! Nachwuchs-Wettbewerbs 2021!

Regie, Performance: Shahrzad Nazarpour

Mentoring, Dramaturgie: Myassa Kraitt

Ausstattung: Rawan Almukhtar, Aiman Al Sammarraie

Musik: Mahmod Moneka

Licht: Aiman Al Sammarraie

Wann und wo?

Bis 28. September 2021
13. bis 15. März 2022

Dschungel Wien 1070, MuseumsQuartier

Telefon: 01 522 07 20-20

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