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Figuren bzw. Szene aus "Finn Flosse räumt das Meer auf" im Wiener Figurentheater Lilarum

Bauchweh in der märchenhaften Unterwasserwelt

Wasser schillert zu Beginn spiegelnd im Bühnenhintergrund. Die Projektion lässt zugleich Bilder von Öl auf Wasser im Kopf entstehen. Dieser Visual-Effekt ist vielleicht nicht zufällig. Dreht sich doch das aktuelle Stück im Figurentheater Lilarum (Wien) – in Zusammenarbeit mit Studierenden der Uni für Angewandte Kunst – um Verschmutzung der Meere sowie den Kampf dagegen. „Finn Flosse räumt das Meer auf“ baut auf dem gleichnamigen Bilderbuch von Eva Plaputta auf – Buchbesprechung unten am Ende des Beitrages verlinkt.

Figuren bzw. Szene aus
Figuren bzw. Szene aus „Finn Flosse räumt das Meer auf“ im Wiener Figurentheater Lilarum

Die Story

Zunächst kürzest die Story: Finn Flosse ist das Kind der tollkühnen Meerjungfrau Ora und eines Menschen, den sie gerettet hatte. Er, also Finn, der anstatt zwei Beinen zwei Flossen hat, kommt drauf, weshalb ihm beim Verzehr von Schlammgurken schlecht geworden ist und auch viele Fische Bauchweh haben. Es ist das Plastik, das sie mit der Nahrung verschlucken. Das Meer ist ziemlich voll von Abfällen der Zweibeiner. Sie knüpfen ein dichtes Netz aus Algen und bringen den Mist zurück an den Strand der Menschen.

Figuren bzw. Szene aus
Ein Krebs

Zauberhafte Welt

Nun schwebt also dieser Finn zwischen Korallen und Felsen in der Unterwasserwelt, lässt sich beispielsweise auf einer überdimensionalen Seegurke nieder, um die über ihm schwebenden Schlammgurken fast wie märchenhafte gebratene Tauben in den Mund fliegen. Darunter eben offenbar auch ein Stück Plastik. Von diesem befreit ihn eine zauberhafte Qualle mit einer Art knappen, comic-haften Kunstsprache.

Fantasievoll Finns Traum-Szene in der sich von einem großen Plastik-Monster verschluckt sieht. Vorne liegt die Figur am Bühnenrand, im Hintergrund schwebt sie durch den Schlund des Monsters – als Schattenbild, drum herum animierte Mikroplastikteile.

Figuren bzw. Szene aus
Die rettende Qualle kommt zu Finn, um ihm zu helfen

Wal mit Scheibenwischern

Monströs, aber von seinem Blick her schon freundschaftlich lugt der Kopf von Wal Theo, dem größten Helfer Finns, vom Bühnenrand ins Gesehehen. Witziger Effekt, wenn der Wal zu schwimmen beginnt, bewegen sich Scheibenwischer über seine Augen – was allerdings wiederum an einen Autobus erinnert.

Wenn Finn mit dem Wal durchs Meer schwimmt und sich weiter nach hinten in der Bühne begibt, sind beide kleiner, der Wal ganz sichtbar. Weshalb er dann allerdings eher wie ein zusammengekauerter wuchtiger Mensch aussieht – mit angewinkelten Beinen anstelle der Schwanzflosse? Aber das ist auch schon der einzige Kritikpunkt.

Figuren bzw. Szene aus
93-jährige Schildkröte

Figuren, Bühne, Animationen UND Licht

Dem Stück gelingt es neben der Erzählung der Geschichte vor allem immer wieder magische Bilder über die Figuren im Zusammenspiel mit Animationen und vor allem den Lichtstimmungen zu erzeugen, die zu Ausrufen des Staunens bei den vielen Kindern im Saal führen. Glich nach der kurzen Umbaupause – hinter geschlossenem Vorhang – wird’s in der dunklen Tiefsee bei den Anglerfischen sogar ein wenig gruselig.

Figuren bzw. Szene aus
Der Rochen kann schön schweben

Kooperation Theater und Uni

Studierende der Uni für Angewandte Kunst wollten aus diesem Bilderbuch ein Figurentheaterstück – mit Videoanimationen – machen und haben dies gemeinsam mit dem Lilarum entwickelt. Von den Profis lernten sie das Handwerkszeug und manche der Figuren wurden aus Zeitmangel des Uni-Projekts dann doch von den Theaterleuten produziert.

Figuren bzw. Szene aus
Finn und die Schlammgurken, die ihm in den Mund schwimmen

Internationales (Uni-)Projekt

Das Figurentheater Lilarum ist übrigens Teil eines EU geförderten Erasmus-Projekts mit Künstler:innen und Universitäten mehrerer europäischer Länder: „IPMAU (Interdisciplinary Puppetry Modules for Art Univiersities) mit Interplay Hungary /Hungarian University of Fine Arts Budapest, Josip Juraj Strossmayer University of Osijek (Kroatien) sowie der Akademie der bildenden Künste Wien.
In der ersten Projektphase entstehen drei Lehrveranstaltungen für Studierende aus bildnerischen und angewandten Richtungen – geleitet von Uni-Lehrenden und Figurentheaterschaffenden. Die dabei entstehenden Lehrveranstaltungen können von Kunstuniversitäten weltweit in bestehende Lehrpläne eingebaut werden.

Die Projektinhalte werden ebenso wie die beteiligten Studierenden und ihre Arbeiten in öffentlichen, internationalen Präsentationen sowie medial präsentiert. Eine Tagung in Wien, in der die Ergebnisse und Zukunftsperspektiven von IPMAU präsentiert werden, bildet den Abschluss – geplant im ersten Quartal 2026.

Gastspiele aus Mittel- und Südosteuropa

Seit 2019 lädt das Wiener Figurentheater Lilarum immer wieder Gruppen aus mittel- und osteuropäischen Ländern (CEE Central and East-Europe) zu Gastspielen in der jeweiligen dominierenden Landessprache ein. In erster Linie spricht dieses Kindertheater in Wien-Landstraße (3. Bezirk) damit zwei- bzw. mehrsprachigen Familien mit Herkünften oder Verwandten in diesen Ländern an. Die Kinder können so auch – sonst eher selten – Theater in ihrer jeweiligen Erst- oder Familiensprache erleben.

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Szenenfoto aus "Bajka o tihom princu i tužnoj princezi" ("Ein Märchen über einen stillen Prinzen und eine traurige Prinzessin") nach Hans Christian Andersens "Der Schweinehirt"

„Armer“ Prinz und superreiche Prinzessin

Drei längliche Tische stehen auf dem Podest vor der Bühne im Wiener Figurentheater Lilarum – jeweils mit weißen Tüchern bedeckt. Als so ziemlich alle auf ihren Plätzen sitzen, wuchtet eine Hand von hinter den Tischen einen grünen Baum auf den mittleren Tisch, dazu einen alten Wecker, noch einen Baum und noch einen… Dann erscheint unter dem mittleren Tisch ein Gesicht, irgendwie erinnert seine Schminke an die eines Clowns. So, offenbar auf dem Boden unter dem Tisch liegend, beginnt er sich mit den Kindern zu unterhalten. Was sie da machen, worauf sie etwa warten… – auf Serbisch.

Das nach dem serbischen Journalisten und (Kinderbuch-)Autor Duško Radović (1922 – 1984) benannte „Malo pozorište“ (kleines Theater) aus Beograd (Hauptstadt Serbiens) gastierte in Wien-Landstraße und spielte ein Stück nach dem weniger bekannten Märchen „Der Schweinehirt“ von Hans Christian Andersen: „Bajka o tihom princu i tužnoj princezi“ (Ein Märchen über einen stillen Prinzen und eine traurige Prinzessin).

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Bajka o tihom princu i tužnoj princezi“ („Ein Märchen über einen stillen Prinzen und eine traurige Prinzessin“) nach Hans Christian Andersens „Der Schweinehirt“

Charmant gespielt unperfekt

Mladen Vuković schlüpfte hin und wieder in die Rolle des „stillen“ Prinzen eines kleinen Königreiches am Rande – des einen Tisches. Vor allem aber verlieh er dessen Figur ebenso wie den weiteren Figuren in dem Stück seine Stimme – und seine Hände, um sie zu bewegen. Hin und wieder fällt eine Figur um, oder irgendwo runter – obwohl sicher nicht jedes einzelne „Missgeschick“ genau geplant ist, gehört es dennoch – wie KiJuKu nachher anvertraut wurde, dazu. Es passt zum Charakter des Harlekins und macht einen Teil des Charmes dieses Spiels aus und sorgt immer wieder für Lacher. Da der Harlekin die Szenerie rund um den „armen Prinzen“ und die superreiche Prinzessin bald nach Beginn in die Atmosphäre einer Art Zirkusmanege verwandelt, holt er sogar wilde Tiere – als Spielfiguren, die sich auf dem Plattenteller eines alten tragbaren drehen…

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Bajka o tihom princu i tužnoj princezi“ („Ein Märchen über einen stillen Prinzen und eine traurige Prinzessin“) nach Hans Christian Andersens „Der Schweinehirt“

Die Märchenvorlage

Sehnsüchtig schaut der Prinz in Richtung einer mächtigen Schloss-Anlage – aus Karton-Häusern und -Türmen am Ende des dritten Tisches. Dort wohnen der mächtige Kaiser, seine Tochter, Hofdamen und, und, und… Der Prinz ist im Vergleich dazu arm, aber reich an Kreativität und Zuwendung. So pflegt er einen Rosenstrauch, der nur alle fünf Jahre blüht. Und auch da trägt sie nur eine Rose, die jedoch so intensiv und betörend riecht, dass es nicht nur eine Freude ist, sondern sie auch Sorgen vertreiben kann. Diese sowie eine Nachtigall, die alle Melodien der Welt singen konnte, ließ er ins Kaiserschloss liefern, um sich um die Prinzessin zu bewerben.

Doch diese verabscheute Rose und Vogel – weil „zu natürlich“.

Da verfiel der Prinz auf die Idee, sein Gesicht eher schmutzig zu bemalen und sich als Gehilfe beim Kaiser zu bewerben – er wurde Schweinehirt. Und hatten dabei noch genügend Zeit, um einen Zaubertopf zu bauen und später eine magische Ratsche. Als die Prinzessin von ersterem erfuhr, wollte sie den Topf haben, dessen Schellen Melodien spielten, sobald etwas kochte. Außerdem konnte man einen Finger in den Dampf des Topfes halten und dann riechen, wer und wo in der ganzen Stadt was gekocht hatte.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Bajka o tihom princu i tužnoj princezi“ („Ein Märchen über einen stillen Prinzen und eine traurige Prinzessin“) nach Hans Christian Andersens „Der Schweinehirt“

Küsse erzwingen?

Zehn Küsse verlangte der „Schweinhirt“ dafür. Was sie erst nicht „zahlen“ wollte, dann aber siegte doch ihre Besitzgier, die Hofdamen müssten sich halt schützend davor hinstellen, damit niemand sie sieht…

Für die später produzierte Ratsche (im Original) – hier ein kleines Ringelspiel als Spieluhr – verlangte der Erfinder 100 Küsse – selbe Prozedur, doch die dauerte offenbar so lange, dass der Kaiser dies entdeckte, Hirten und Tochter verstieß – der Schau- und Puppenspieler zieht die drei Tische auseinander – einer für den Kaiser, einer für die Prinzessin und der dritte für den „Schweinehirten“, sprich Prinzen. Dazwischen unüberwindbare Gräben…

Nun bedauerte die Prinzessin, nicht den Prinzen mit Nachtigall und Rose genommen zu haben. Der Schweinhirt ergab sich zu erkennen. Sie verbeugte sich vor ihm, wollte zu ihm in sein für ihre Verhältnisse ärmliches Schloss, er aber „machte ihr die Tür vor der Nase zu. Da konnte sie draußen stehen und singen: Ach, Du lieber Augustin, Alles ist hin, hin, hin!“ – wie es in Andersens Märchen heißt.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Bajka o tihom princu i tužnoj princezi“ („Ein Märchen über einen stillen Prinzen und eine traurige Prinzessin“) nach Hans Christian Andersens „Der Schweinehirt“

Anderes Ende

Das hier dann doch ein wenig anders gespielt wird (Regie, Adaption, Musikauswahl und Choreografie: Aleksandar Nikolić; Kostüm-, Bühnen- und Puppendesign: Tanja Žiropadja). Wie sollten oder könnten die beiden doch noch zusammenkommen, fragt der Spiele das Publikum – und munter rufen die Kinder die unterschiedlichsten Varianten in Richtung Bühne. Da besteigt der Prinz den Korb eines fahrenden Ballons und schwebt dorthin, wo die Prinzessin tief gefallen ist…

Und setzt der Geschichte ein so vom Märchendichter nie gewolltes herkömmliches „Happy End“ auf.

„Malo pozorište Duško Radović“ gibt es seit knapp mehr als 70 Jahren. Fast 20 Jahre war es ein wanderndes Puppentheater, Anfang Juni (6.) 1968 konnte es ein eigens errichtetes Kindertheaterhaus im Zentrum der Hauptstadt – damals noch Jugoslawiens – beziehen. Gespielt wird schon lange sowohl für Kinder als auch für Jugendliche und Erwachsene, in erster Linie aber doch für ein junges und jüngstes Publikum, weshalb es sich auch den Namen Malo pozorište (Kleines Theater) gab.

Das Theaterhaus Malo pozorište „Duško Radović“ in Beograd (Serbien)
Das Theaterhaus Malo pozorište „Duško Radović“ in Beograd (Serbien)

Gastspiele aus Mittel- und Südosteuropa

Seit 2019 lädt das Wiener Figurentheater Lilarum immer wieder Gruppen aus mittel- und osteuropäischen Ländern (CEE Central and East-Europe) zu Gastspielen in der jeweiligen dominierenden Landessprache ein. In erster Linie spricht dieses Kindertheater in Wien-Landstraße (3. Bezirk) damit zwei- bzw. mehrsprachigen Familien mit Herkünften oder Verwandten in diesen Ländern an. Die Kinder können so auch – sonst eher selten – Theater in ihrer jeweiligen Erst- oder Familiensprache erleben.

Die jüngste Aufführung war die erste, wo im Anschluss Pädagog:innen mit den Kindern zweisprachig – in dem Fall Serbisch und Deutsch – einerseits das Stück, andererseits anhand von Zeichnungen Wörter besprochen haben.

Gleich am Sonntag, 7. April 2024 geht’s weiter – dieses Mal mit einem Gastspiel aus Bratislava (Slowakei) mit einem Märchenmix aus Aschenputtel, Hässlichem Entlein und weiteren Elementen – ein Puppenspiel über den Blick auf sich selbst und andere, Selbstachtung, Stolz und schiefe Spiegel wie es in der Ankündigung heißt – Details in der Info-Box ganz am Ende des Beitrages.

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Szene aus "Der kleine Monddrache" im Figurentheater Lilarum

Ein Dracherl, der Mond und eine verhinderte Zwangsheirat

Ein kleiner Drache fällt vom Mond, landet in einer Burg, droht von einem bösen Ritter verfolgt zu werden, wird von der Prinzessin, die diesen Ritter heiraten soll, aber nicht will – und von der Köchin – gerettet und landet am Ende wieder – mit der Prinzessin auf dem Mond. Das ist die Kürzest-Inhaltsangabe von „Der kleine Monddrache“, das derzeit – wieder – im Figurentheater Lilarum gezeigt wird. (Erstmals gespielt wurde es im April 1996 damals noch nicht im jetzigen Theater im 3. Bezirk, sondern in einem Kellerlokal im 14. Bezirk.)

Friedl-Hofbauer-Gedenken

Anlass für die Wiederaufnahme nach 28 Jahren: Am 19. Jänner 2024 wäre die (Kinder- und Jugendbuch-)Autorin Friedl Hofbauer 100 Jahre geworden. Leider ist sie schon vor zehn Jahren, bald nach ihrem 90. Geburtstag gestorben. Als eine Pionierin vor allem der Kinder-Lyrik in Österreich hat sie u.a. Texte für das Figurentheater Lilarum verfasst, mit dessen Gründerin und jahrzehntelangen Leiterin Traude Kossatz sie auch eng zusammengearbeitet hat.

Bei der Wiederaufnahme-Premiere (13. Jänner 2024) war noch nicht alles so ganz eingespielt, aber eine Schwäche bleibt, wenn davon abgesehen wird. Das süße Monddracherl schaukelt gar nicht auf der Mondsichel wie es im Ankündigungstext heißt, die Sichel schaukelt allein – und auf einmal ist der kleine, verschreckte grüne Drache schon in der Burg – durch ein Loch in der Seitenwand (?!) Erst durch sein heftiges Heimweh nach dem – nun (Voll-)Mond – wird erst klar, dass er von da oben kommt. Da wehrt er sich erst sogar gegen die Versuche der Prinzessin und der Köchin, ihn in der Küche zu verstecken. Nein, er will nur zurück!

Szene aus
Szene aus „Der kleine Monddrache“ im Figurentheater Lilarum

Was sich natürlich als ziemlich schwierig herausstellt. Dann ist da noch die Bedrohung durch den Ritter Drachenrot, der macht alle Drachen tot… Und er will die Prinzessin als Beute heiraten. Somit ist auch sie in Gefahr. Sie will den ständigen Schwert-Träger gar nicht, sondern lieber einen – ihr unbekannten – Prinzen auf weißem Pferd.

Nie wirklich am Mond

Natürlich braucht ein Figurentheaterstück für Kinder (ab 4 Jahren) ein Happy End. Wie es dazu kommt, sei nicht verraten; nicht einmal, wie Pilze helfen, die sich gegen ihr Abschlachten durch den besagten Ritter zur Wehr setzen…

Dass am Ende der Monddrache, dann aber erst recht auf einer Wolke und gar nicht am Mond schwebt, darf, nein muss schon ein wenig kritisch angemerkt werden.

Die Stimmen bei den Stücken werden immer im vorhinein – in dem Fall also vor fast drei Jahrzehnten – aufgenommen, können also auch nachträglich nicht mehr geändert werden. Wie cool wäre es doch, wenn die Prinzessin ihrem Vater, der sie zur Heirat mit dem Ritter verdonnern will, „weil Gefahr für die Burg besteht nachdem sie schon ein große Loch ind er Mauer hat“, neu einfach frech antworten könnte: „Dann bräucht’s aber eher einen Maurer als einen Ritter!“

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Heini Brossmann mit seinem alten, ersten Puppentheater, das er mit 12 Jahren bekommen hat

40 – 50 – 70: Figurentheater „Trittbrettl“ und sein „Vater“ feiern runde Geburtstage

„Wenn aus einem alten Nähkasten mit aufklappbaren Fächern das Segelschiff von Christopher Columbus wird, wenn die kleine Figur mit dem uralten Teddy-Bären verstecken spielt oder Letzterer zum einzigen Freund des einsamen Buben wird – dann finden auch Kinder unmittelbare Anknüpfungspunkte in der fantasievoll umgesetzten Lebensgeschichte des Puppenspielers Heini Brossmann.“ Das schrieb ich 2018 damals noch für den Kinder-KURIER. Heini Brossmann – das ist (auch) Figurentheater „Trittbrettl“. Die eingangs zitierten Sätze beziehen sich auf die Besprechung des Stücks „Sonnenschein und Regen“ und das wiederum ist eine Zeitreise in die Kindheit des Künstlers und vor allem zum Ausgangspunkt, wie er dazu kam, Puppenspieler zu werden.

Der Teddy-Bär ist ebenfalls aus Brossmanns Kindheit
Der Teddy-Bär ist ebenfalls aus Brossmanns Kindheit

Brossmann und Trittbrettl feiern heuer runde Jubiläen: Er selbst wird im Sommer 70, das Theater eigentlich schon 42 Jahre (1982 gegründet), „aber zwei Jahre Pandemie mit praktisch keinen Auftritten zählen ja nicht. Und dann kommt noch ein drittes Jubiläum hinzu. „Schon als Jugendlicher hab ich mit einer selber zusammengebauten einfachen Bühne und eigenen Figuren gespielt, sozusagen linkes Kasperltheater beim Volksstimmefest im Prater“, erzählt Heini Brossmann zwischen Pressbaum und Tullnerbach Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… „So hab ich zehn Jahre mehr Berufserfahrung, also feier ich auch noch 50 Jahre Puppenspiel-Praxis.“

Umweltchemiker

Wobei Heini Brossmann einige Jahre seine Leidenschaft nicht hauptberuflich ausübte. Nach der Chemie-HTL in der Wiener Rosensteingasse, spezialisierte er sich auf Umwelt-Forschung, heuerte beim Limnologischen Institut in Wien an und begann mit Nährstoff-Analyse vor allem des Neusiedler Sees. Erkenntnis: Der Ortho Phosphor-Gehalt hat sich in den zehn Jahren seiner Mess-Serien verzehnfacht, Nitrat-Verseuchung im Grundwasser… Die Erkenntnisse zeitigten auch Abhilfe-Folgen wie Ring-Leitungen und Klärschlamm-Reinigung. Allerdings wurde der Umweltchemiker zwei Monate vor seinem zehnjährigen Dienstjubiläum gekündigt.

Aus dem Stück
Aus dem Umweltstück „Fervahren“

Umweltstück

Das – mit Fakten aus der Wissenschaft untermauerte – Engagement in Umweltfragen blieb – und fand auch Eingang in eines der vielen Stücke Brossmanns für sein Theater „Trittbrettl“. In „Fervahren“ klagen Affen stellvertretend für die gesamte (belebte) Umwelt die Menschheit für deren zerstörendes Verhalten an. Dabei setzte der Puppenspieler auch Masken und Schauspiel ein; Treppenwitz: Das Publikum muss die Rolle von Geschworenen im Gerichtsprozess Affen vs. Menschen einnehmen! Und das schon vor gut 20 Jahren.

Geschichtliches

Nach den ersten Jahren mit der eigenen zusammengezimmerten Bühne, spielte er beim „Praterkasperl“, arbeitete intensiv bei Arminio Rothsteins „Clown Habakuk“ sowie mit verschiedenen anderen Bühnen insgesamt zehn Jahre für ORF-Sendungen mit, gründete das Figurentheater Lilarum mit, das er auch drei Jahre begleitete. Brossmann entwickelte gemeinsam mit Klaus Haberl als „Heini & Klaus“ auf Einladung der Wiener Festwochen das Stück „Es führt kein Weg vorbei am Eigenen“ im Rahmen der Reihe „offener Karlsplatz 1982“, ein Stück Straßentheater mit Puppen. Richard Weihs gesellte sich – mit Live-Musik – zum Duo. Schließlich kommt’s zur Gründung von „Trittbrettl“ – in unterschiedlichsten personellen Konstellationen, aber immer mit dem Fixpunkt Heini Brossmann – samt Berührungspunkten mit anderen Figurentheatern Österreichs – ob in Wien, Linz oder Vorarlberg.

Foto aus dem Stück
Foto aus dem Stück „Der zur Sonne ging“

Stücke

Die Bandbreite der gespielten Stücke reicht von Dramatisierungen von Bilderbüchern „Von der Prinzessin, die sich um alles in der Welt den Mond wünschte“ (nach James Thurbers „Ein Mond für Leonore“) oder „Florians wundersame Reise über die Tapete“ (nach dem gleichnamigen Bilderbuch von F. K. Ginzkey) über Klassiker wie „Don Quijote“ oder „Die drei Rätsel“ nach einer japanischen Legende, „Der zur Sonne ging oder Narbengesicht“ nach einer Geschichte Indigener in Amerika (landläufig indianisch genannt) bis zu eigens ausgedachten wie „Das Kroko dickes Dil“ (nach seiner Idee hatte Heinz R. Unger das Stück geschrieben) oder „Kasper aus der Kiste“.

Neben Stücken für Kinder entwickelte der Künstler auch ein paar für Erwachsen, u.a. „Adam – Eine Reise durch ein männliches Unterbewusstsein“ oder „Kappl und Knapp – zur freien Marktwirtschaft“; Letzteres ausnahmsweise ohne Figuren.

Die Figuren für die Stücke von Theater Trittbrettl baut – seit 1994 – Peter Cigan von der Hochschule für Puppenspiel in der slowakischen Hauptstadt Bratislava.

Zurück zu „Sonnenschein und Regen“ …

… und die darin verarbeiteten Gründe für die Anfänge als Puppenspieler. Auch wenn sein Vater es lieber gesehen hätte, dass er mit Bällen statt mit Puppen spielt, räumt er dem Vater eine – indirekt – wichtige Rolle für die Wahl des Jugendlichen ein. Die Großmutter hatte dem 8-Jährigen ein Kasperltheater mit drei Handpuppen – Zauberer, Räuber und eben Kasperl – geschenkt. Der Vater, erst Elektriker, dann Filmvorführer und schließlich Kameramann, der erste Dokus in Afrika drehte, hat Heini ein Tonbandgerät samt einer Kiste voller Tonbänder vererbt. Auf einem, das noch funktioniert, fand sich die Aufnahme eines Gedichts des damals sechsjährigen Heini. Das spielt er im genannten Stück auch ab, womit der nicht mehr ganz junge Puppenspieler auf der Bühne seiner eigenen Kinderstimme begegnet.

„Aus einem kleinen Kameraobjektiv und Matador-Bausteinen bastelte Brossmann die Figur seines Vaters. Der Teddy, den er als Kind offenbar als engen Freund hatte, begleitet ihn die meiste Zeit auf der Bühne. Und fast sämtliche Objekte, die er bespielt oder mit denen er spielt stammen ebenfalls aus seiner Kindheit. Mit vielen davon baute er sich seine Fantasie- und Theaterwelten, auch wenn er immer wieder dann „aufhören musste, wenn’s am Schönsten  ist“ wie er mehrfach im Stück sagt, weil er gerufen wird, aufräumen muss usw.“ (aus dem schon eingangs zitierten Bericht im KiKu).

Abschließend sei noch das Ende des Kinder-KURIER-Artikels über „Sonnenschein und Regen“ zitiert, das auch für so manch andere der „Trittbrettl“-Stücke gilt: „Fantasievolles Plädoyer, zu den eigenen jungen Leidenschaften zu stehen und Unkenrufen zum Trotz den eigenen Weg zu gehen.“

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Fot aus dem Stück
Foto aus dem Stück „Von der Prinzessin, die sich um alles in der Welt den Mond wünschte“

trittbrettl.at

Szenenfoto aus dem Theaterstück "Ferdo Veliki Ptič" des Figurentheaters " Lutkovno Gledališče Maribor" (Slowenien)

Wozu Kräne, wenn Ferdo alle(s) in die Höhe bringt

Wer braucht schon Kräne, wenn es einen – noch dazu – riesigen Vogel gibt? Und der noch dazu so hilfsbereit ist. Das ist die Botschaft des Stücks „Ferdo Veliki Ptič“ (Ferdo, der große Vogel), mit dem das Puppentheater Lutkovno Gledališče Maribor (Slowenien) im Dschungel Wien gastierte – nur ein einziges Mal. Das hatte sich offenbar vor allem in der slowenischen Comunity in Wien verbreitet. Und so verstanden auch die allermeisten Kinder den gesprochenen Text. Andere taten sich – ein bisschen – schwer, weil es im Stück doch weit mehr Text gab, als in der Ankündigung.

IUllustration aus dem Bilderbuch
IUllustration aus dem Bilderbuch „Ferdo Veliki Ptič“ von Andreja Peklar

Obwohl es auch mit weniger bis keinem wohl funktioniert hätte. Tut es das gleichnamige Bilderbuch von Andreja Peklar, das vor acht Jahren auf der renommierten Kinderbuchmesse mit Schwerpunkt Illustration im italienischen Bologna zu den Top-Werken gekürt worden ist.

Szenenfoto aus dem Theaterstück
Szenenfoto aus dem Theaterstück „Ferdo Veliki Ptič“ des Figurentheaters “ Lutkovno Gledališče Maribor“ (Slowenien)

Ein Schauspielerin schiebt einen Eis-Wagen ins Zentrum der Bühne. Aus diesem holt sie Kulissen, wodurch die zunächst kahlen baumartigen hölzernen Ständer buntes Laub bekommen. Da fühlt sich das kleine rote Vögelchen, das Vesna Vončina an ihrer Hand durch die Gegend flattern lässt, gleich viel wohler. Und hinter diesem nun üppig bewachsenen Baum verwandelt sie sich in einen riesigen Vogel (veliki ptič) namens Ferdo (Kostüm: Andreja Peklar, Mjca Bernjak; Nina Šabeder). Jagt Ferdo zunächst angesichts seiner Größe der einen oder dem anderen ein wenig Angst ein, so entpuppt sich der Vogel sich als DER Helfer schlechthin. Will die Rauchfangkehrerin auf einen der Kräne (die drei – wieder entlaubten – nun umgedrehten kahlen Baumstämme), um zum hohen Kamin zu kommen, den die Spielerin aufgebaut hat, so steigt sie auf den Rücken des Vogels – und schwupp ist sie oben. Die Leiter ist eindeutig zu kurz 😉

Szenenfoto aus dem Theaterstück
Szenenfoto aus dem Theaterstück „Ferdo Veliki Ptič“ des Figurentheaters “ Lutkovno Gledališče Maribor“ (Slowenien)

Dieser veliki ptič (großer Vogel) verschafft auch den Kindern des Dorfes, die Vesna Vončina aus Laden und Klappen des Eis-Wagens hervorholt (Puppen: Darka Erdelji, Aleksander Andželović, Bühne: Lucijan Jošt, Nina Šabeder) so manche Höhenflüge – ob auf ihm selbst oder einer Schaukel, die sie herbei„zaubert“. Spielvergnügen erleben die Kinderfiguren, die sich sehr stark an den Bilderbuchillustrationen orientieren, vor allem auf einer Wiese sowie rund um einen Teich. Beide tauchen jeweils durch Umklappen riesiger Bilderbuchseiten auf dem Eiswagen auf (Regie: Katja Povše).

Da kann der alte Mann noch so viel über den Riesenvogel fluchen, den Kindern macht es gar nix aus, dass der halt anders ist als Vögelchen sonst üblicherweise…

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Szenenfoto aus dem Theaterstück
Szenenfoto aus dem Theaterstück „Ferdo Veliki Ptič“ des Figurentheaters “ Lutkovno Gledališče Maribor“ (Slowenien)
Die Puppen des "Spaziergangs III" mit einer ihrer Schöpfer:innen und Spielerin

Triff Hedy Lamarr, Nikola Tesla und andere, die ihrer Zeit voraus waren

Vorhersagen sind immer ungewiss, besonders wenn sie die Zukunft betreffen. So oder ähnlich lautet ein häufiges Zitat. Und da traut sich das Wiener Schubert Theater „DAS Figurentheater für Erwachsene in Wien“ den aktuellen – mittlerweile dritten – Spaziergang für die Figur „Der Zeit voraus“ nennen. Mit einem Augenzwinkern – ohne das (falsche) Zitat, dass in Wien alles später stattfindet und daher im Falle eines Weltuntergangs dies der beste Zufluchtsort wäre, direkt zu nennen.

Aber es gibt diese Typ:innen, die ihrer Zeit voraus sind. Zu ihrer Zeit vielleicht als Spinner:innen abgetan, waren sie es. Und solcher nehmen sich die Künstler:innen in dem Fall an. Manche von ihnen sind heute einigermaßen bekannt, andere noch immer zu wenig. Oder nicht immer für ihre schlauen Erkenntnisse.

Vom Theater in den Park

Das gilt vor allem für Hedy Lamarr, die noch (fast) immer mit dem Sager über ihr Aussehen vorgestellt wird – und nicht für ihre technische Erfindung, u.a. der Funkfernsteuerung. Sie als Puppe, gebaut von Kai-Anne Schuhmacher und geführt von Soffi Povo beginnt das Stationentheater in den Publikusmreihen sitzend nicht zuletzt mit dem Wort- und Gedankenspiel, dass sie sich oft vorkam als würde sie wie eine Puppe behandelt 😉 Ihr ist übrigens in diesem Theater immer wieder ein ganzes abendfüllendes Programm gewidmet.

Schauspieler Markus-Peter Gössler, der den Guide bei diesem nicht ganz 1 ½-stündigen Spaziergang (Text & Regie: Simon Meusburger und Lisa Zingerle von der auch das Konzept stammt und die das Projekt leitet) gibt, führt danach aus dem Hof des Theaters hinüber in den Arne-Karlsson-Park wo Angelo Konzett mit der Oberkörperpuppe von Nikola Tesla auf einem Hügelchen wartet. Der vielfache Erfinder vor allem im Bereich der Elektrotechnik (fast 300 Patente), der acht Sprachen beherrschte, galt lange Zeit auch als verschroben und dürfte tatsächlich auch bedenkenswerte Ansichten in Bezug auf „Züchtung“ nur schlauer Menschen gehabt haben.

Fun Fact: Die MA48, die auf ihren Mistkübeln so manch witzige Sprüche klebt, hat jenen beim Park-Eingang gegenüber dem Schuberttheater mit „Schwarzes Loch sucht Restmaterie“ gepickt 😉

Reale und virtuelle (Puppen-)Köpfe

Der Weg führt zurück in die Höfe des Hauses in dem das Theater liegt. In der letzten Ecke dreht sich der Kopf von „Nexus 3“, einer der Figuren aus dem Stück „Bladerunner – Das Märchen Mensch“ nach dem Roman des Science-Fiction-Autors Philip K. Dick, der darin auch anspricht, dass die Menschen ihren, also unseren, Planeten mehr oder minder unbewohnbar machen.

Im Hof davor müssen – selten in einem Theater – alle möglichst ihre SmartPhones zücken, einen QR-Code scannen und einen VR-Viewer (App zum Betrachten Virtueller Realitys), um den digitalen Kopf von Aaron Swartz zu sehen, in diesen hineinzuschlüpfen. Über ihn gibt es seit ein paar Manaten einiges im digitalen Puppenmuseum des Theaters wo in „Insight:Aaron Swartz” dem vor zehn Jahren viel zu früh verstorbene (1986 – 2013) US-amerikanischen Programmierer sozusagen ein virtuelles Denkmal gesetzt wird. Der „Hacktivist“ setzt sich aktiv und in einem Manifest dafür ein, das Internet als eine demokratische Plattform zu sehen und nicht als „Goldgrube“ für Geschäftemacher. Er war auch federführend mitbeteiligt an der Entwicklung von Creative Commons, nicht profitorientierter Gemeinschafts-Urheberrechte.

„Kaffeehaus“

„Und jetzt auf ins Kaffeehaus“ lädt der Guide die Theater-Spaziergänger:innen ein – die letzte Station auf einem Absatz der nahegelegenen berühmten Strudlhofstiege zu erleben: Erzählungen der langjährigen Chefin der berühmten Konditorei Demel (K.u.K Hofzuckerbäckerei), namens Anna Demel und die Kellnerinnen als (Fast-)Orden der Demelinerinnen.

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Szenenfoto aus
Schauspieler und Puppenspieler:innen mit dem – realen – Puppenkopf von Aaron Swartz
David Faraco als Qualcksalver

Witzige Entzauberung von Wundermitteln

Mit einer Art fahrenden Jahr- und anderem Marktstand – auf dem Gestell eines alten Puppenwagens mit vielen ausziehbaren Laden und Klappen – preist der Verkäufer seine kleinen Fläschchen mit „Wonder Tonic“ an. Wer auch immer welche Beschwerden, Schmerzen oder Sorgen hat – das Zaubermittel würde helfen. „The Quacksalver“ heißt das Stück, das zum Abschluss des diesjährigen Internationalen Figurenfestivals im Wiener Schubert Theater zu sehen war.

die beiden kannibalischen Wesen
Die beiden kannibalischen Wesen

David Faraco spielte den Anpreiser des Wunder-Saftes, bediente die Figuren – einen gar leidenden Glückspilz, der in den Genuss von „Wonder Tonic“ kommen darf, zwei furchterregende kannibalische Wesen, Fabeltiere (alle gebaut von Sofie Krog – nach der auch dieses dänische Figurentheater benannt ist) und nicht zuletzt den fast magischen Verkaufs-Schrank. Der Figuren- und auch Schauspieler setzt aber auch seinen Körper ein, um die angebliche Wirkung zu demonstrieren – und zunehmend auch zu demaskieren, dass sie immer weniger bis gar nicht hilft.

So soll Wonder Tonic wirken
So soll Wonder Tonic wirken

Das Stück ist eine witzig-sarkastische, leider zutiefst ernste Auseinandersetzung mit einem aktuellen Phänomen – erinnert sei nicht zuletzt an Politiker, die Entwurmungsmitteln eine heilende Wirkung bei Corona andichteten oder andere die Glückspillen auf den Markt brachten.

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https://schuberttheater.at/internationales-figurenfestival-2023/
Die Tiere aus "Die Villa Federfell"

Ob Feder oder Fell – wir alle sind das Waldhaus

Schon der Name des Hauses ist Programm: „Die Villa Federfell“, das neuestes Stück im Figurentheater Lilarum (Wien-Landstraße) beheimatet Bär, Fuchs, Katze, Maus, Eule, Eichhörnchen und ein kleines gelbes Vogerl. Egal ob Fell oder Federn: Wir alle sind der Wald, oder wenigstens die Bewohner:innen dieses ungewöhnlichen Baumhauses. Und das obwohl in freier Natur manche davon andere eher sprichwörtlich zum Fressen gern hätten.

Das Vogerl aus dem Figurentheaterstück
Kleines Vögelchen, großes Herz …

Wenig Streitereien

Viel mehr als ein wenig Streitereien zwischen Katze und Maus stört das friedliche Zusammenleben nicht. Und das auch nur, weil erstere meint, das kleine Nagetier aus der Nachbars-Wohnhöhle hätte sich bei ihr in der Vorratskammer bedient. Dabei hält die Maus der Katze vor, dass diese dort ja gar nichts von ihrer Lieblingsspeise – Käse – eingelagert habe.

Die Katze aus dem Figurentheaterstück
Katze lebt sogar mit Maus und Vögeln gut zusammen …

Das Lilarum produziert seit mehr als 40 Jahren künstlerisch anspruchsvolles Figurentheater vor allem für junge und jüngste Kinder. Sowohl vom Puppenspiel – diesmal wie meistens: Paula Belická, Carlos Delgado-Betancourt, Silence Conrad, Jo Demian Proksch, Evgenia Stavropoulou-Traska – als auch von den eigens für jedes Stück produzierten Figuren und Kulissen (Andrea Gergely) – bis hin zur voraufgenommenen und dann eingespielten Musik (Klemens Lendl & David Müller – Die Strottern) sowie den Schauspielstimmen – diesmal: Anna Böck, Theresa Eipeldauer, Annette Holzmann, Sven Kaschte, Karl Ferdinand Kratzl, Laura Laufenberg, Martin Schwab, Christian Strasser legt das Theater Wert auf künstlerische Qualität. Und vermittelt dennoch (pädagogische) Botschaften – siehe oben.

Ein Haus, hinter dem sich einiges versteckt

Für „Die Villa Federfell“ beauftragte das Lilarum den freischaffenden Figurenspieler, Erfinder fantasievoller Geschichten Christoph Bochdansky, ein Stück zu schreiben. Sein Ausgangspunkt – so erzählt er im Gespräch mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… – „war das Bild von einem Haus, das von außen wie ein solches ausschaut, sich dahinter aber öffnet zu einer Waldlandschaft, in der eben die unterschiedlichsten auch gegensätzlichen Tiere gut zusammenleben – stellvertretend für die Gesellschaft.“ Bochdansky spielt übrigens demnächst erst im Theater Hamakom, dann im Schubert Theater ein eigenes fantasievolles Waldstück – „Der Wald von dem wir träumen – Ein Traumspiel über wirre und vernünftige Welten“.

Fürchterliche Gewitterwolke

Und weil’s dramaturgisch mehr braucht als den oben beschriebenen Streit zwischen Katze und Maus und ein paar anderen wie der strengen Eule, die drauf schaut, ob das Eichhörnchen schon seine Rechen-Hausübung gemacht hat, braut sich am Himmel eine furchtbar dicke, schwere Gewitterwolke zusammen. Die könnte das Baumhaus – das von vorne eine wahre Hausfassade hat – gefährden. Das kleine gelbe Vogerl wird auserkoren, mit der Wolke zu verhandeln. Dazwischen trifft es – hochgetragen von einer kleinen, sanften Wolke – auf ziemlich grantige Wolken. Die sind auch grausam: Verschwind, du bist nicht von hier schreien sie aufs Vogerl „häusl“-mäßig ein.

Kleines Herz, großer Mut – obwohl’s auch die Gewitterwolke gar fürchterlich zwickt und sie gern das viele Wasser loswerden will, lässt sie sich dazu bewegen, erst über See abzuregnen.

„Wir wollten dieses Mal auch die Höhe der Bühne ausnutzen. Darum spielt sich einiges oben bei der Gewitterwolke ab“, so Paul Kossatz, Lilarum-Leiter, der schon als junger Jugendlicher (ab 12 Jahren) selber als Puppenspieler Figuren bewegt hat. Und er verrät, wie die Puppenspieler:innen da auch hinauf kommen. Hinter der Bühne ist in dem Fall eine Tribüne aufgebaut, auf der sie in der Höhe agieren.

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