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Sujetfoto zu "Die Nase"
Sujetfoto zu "Die Nase"
18.09.2024

Gogols „Nase“, gegensätzliche Erinnerungen und Trauma mit Witz

Ausschnitte aus einigen Stücken der neuen Saison im Hamakom / Theater Nestroyhof bei der Programm-Präsentation.

„Am 25. März geschah in Petersburg etwas ungewöhnlich Seltsames. Der Barbier Iwan Jakowlewitsch, der auf dem Wosnessenskij-Prospekt wohnte (sein Familienname ist in Vergessenheit geraten und selbst auf seinem Ladenschilde, das einen Herrn mit einer eingeseiften Wange und der Inschrift: »Und wird auch zur Ader gelassen« darstellt, nicht erwähnt), der Barbier Iwan Jakowlewitsch erwachte ziemlich früh am Morgen und roch den Duft von warmem Brot…“ – so beginnt die Kurzgeschichte „Die Nase“ von Nikolai Wassiljewitsch Gogol.

Probenfoto zu
Probenfoto zu „Die Nase“

Und mit dieser fast absurden Erzählung des vor allem für seinen „Revisor“ berühmten ukrainisch-russischen satirischen Schriftstellers (1809 – 1852) eröffnet das Hamakom /Theater Nestroyhof seine neue Spielzeit – es ist die 15. In der Regie von Nicolas Charaux spielen Okan Cömert, Jakob Immervoll und Lena Kalisch. Die beiden zuletzt Genannten lasen erste Auszüge aus dem Text bei der Präsentation des Spielplans durch die künstlerische Leiterin des Hauses, Ingrid Lang. Kurz danach verabschiedete sich das Schauspielduo samt dem Regisseur, um zu proben – schließlich findet die Premiere schon in der kommenden Woche statt (24. September – 19. Oktober 2024).
Übrigens: Laut wikipedia soll Gogol „eine übermäßig lange, spitze Nase“ gehabt haben 😉

Wem gehört die Erinnerung und welche stimmt?

Der sonntägliche Brunch zur Vorstellung des umfangreichen Programms – auf Bühne und im Foyer für Diskussionsrunden – das hier nicht in voller Länge wiedergegeben wird, beinhaltete noch weitere „Teaser“. So erzählten Patrick Rothkegel und Hannes Starz von einem Theater-Film-Theater-Projekt, an dem sie gemeinsam mit Marianne Andrea Borowiec arbeite(te)n: „Zwischen Türen im Platanenwald“. In der Corona-Zeit als Stück geschrieben – zum Film auf der Bühne geworden fürs Streaming-Angebot im Lockdown – wurde es erweitert und so zu einem neuen Bühnenstück mit integriertem naturnahem Film – aus dem schon Ausschnitte aus einer Rohfassung gezeigt wurden. Die Geschwister Erie und Sess treffen nach Jahrzehnten wieder aufeinander und durchwandern die Wohnung ihrer Kindheit – als sie hier gemeinsam gelebt haben. Und an die sie nun komplett unterschiedliche Erinnerungen haben. (6 – 16. November 2024)

Anfänge in der Mathestunde geschrieben

Schließlich gab’s noch eine live gelesene Hörprobe aus „Langsam ohne zu zögern“ (Dialogue de survie) von Elise Hofner und Samuel Machto. Das Theaterstück mit Tanz und Musik hatte vor fünf Jahren seine Uraufführung in der Schweiz (Théâtre de l’Oriental in Vevey), vor zwei Jahren im Hamakom in Originalsprache (Französisch) und wird im März 2025 (4. – 12. 3.) in einer überarbeiteten Fassung erstmals auf Deutsch gespielt.

Noch während ihrer Schulzeit in Lausanne (Schweiz) – vor allem in den Mathestunden – hatte Elise Hofner an diesem Text zu schreiben begonnen. Ihr fehlten Geschichten über das Danach – was geht in Überlebenden von Konzentrationslagern vor, wie kommen sie mit dem Erlebten / Erlittenen zurecht? Oder geht das überhaupt? Wenige Zeitzeug:innen-Berichte (Simone Weil, Imre Kertész) hatte sie zu diesen Gedanken angeregt. Und daraus wurde die Geschichte von Eric und Margot, die einander nach der Befreiung von Auschwitz von Polen nach Paris kennenlernen. Beide sind nun allein – alle anderen Familienangehörigen waren ermordet worden. Zumindest vorübergehend leben sie in derselben Wohnung. Trotz der traumatischen Geschichte ist es der Autorin gelungen, so manch komische Szene in den neuen Alltag einzubauen. Aus diesen lasen Co-Regisseur Samuel Machto, Schauspielerin Roxana Stern und die Regie-Anweisungen Produktionsleiterin Inès Khannoussi.

(Co-)Autorin Elise Hofner betonte aber, Text und Stück sollten nicht nur auf die konkrete historische Zeit beschränkt bleiben, sondern sie will es als universelles Thema sehen.

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