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Szenenfoto aus "Kardia" vom Calla Ensemble
Szenenfoto aus "Kardia" vom Calla Ensemble
24.01.2024

Bauchgefühle und Herzsprache

„Kardia“ des jungen Calla-Ensembles begeistert durch sehr gelungenen Mix an Schauspiel, Tanz, digitaler Live-Zeichnung und Musik sowie vor allem an authentischen Gefühlen.

Vom fast sprachlosen Nebeneinanderstehen über heftigste Auseinandersetzungen bis zu einem Ende, das ein Zusammenwachsen des mehrfach gebrochenen Herzens möglich erscheinen lässt. Und dennoch keinen Funken Kitsch enthält. Ein geniales Zusammenspiel zweier Akteurinnen auf der Bühne mit sozusagen einer dritten, virtuellen – über digitale Live-Zeichnungen – und nicht zuletzt der eigens dafür komponierten Musik. Das ist die 1¼-stündige Performance „Kardia“, eine Produktion des nach Calla-Ensembles, benannt nach einer Blume, die fälschlich oft zu den Lilien gezählt wird. Zu den vier Akteur:innen auf und vor der Bühne zählt noch eine Autorin, die in einem langen Ping-Ping mit dem Ensemble Text(teile) beigesteuert hat. War leider nur zwei Mal jetzt (Jänner 2024) im Dschungel Wien zu erleben.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Kardia“ vom Calla Ensemble

Das junge Ensemble: Lara Katharina Bumbacher und Stefanie Früholz als oft tanzende Schauspielerinnen, Astrid Rothaug, die von ihrem Tablet aus über online-Verbindung auf der Leinwand Hintergründe und immer wieder eine Frauenfigur malt, mit der die Live-Performerinnen interagieren sowie der Musiker Josef Rabitsch; die genannte Autorin: Sarah Milena Rendel.

Gefühlsstark

Die beiden Frauen auf der Bühne tanzen in einem Club ab, kommen zufällig beim (Nicht-)Rauchen vor der Tür ins Gespräch. Erst mehr als schleppend, die eine eher abwehrend. Beide haben anderntags Geburtstag und beide sind irgendwie einsam, vor allem aber auf der Suche – nach sich selbst, nach verschütteten oder zerstörten Gefühlen, kämpfen mit gebrochenem Herzen, stellen sich einzeln und teils dann wieder im Dialog eigenen und gesellschaftlichen Ängsten. Und spielen abwechselnd mit- bzw. gegeneinander sowie im Wechselspiel mit der live digital auf die Leinwand gezeichneten dritten Frauenfigur. Aber auch die teils abstrakt, teils figuralen Hintergründe spielen mit den beiden Performer:innen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Kardia“ vom Calla Ensemble

Übrigens: Trotz der ernsthaften, tiefgehenden, intensiven Auseinandersetzung mit (eigenen) Gefühlen durchzieht eine gewisse Leichtigkeit, vor allem Verspieltheit und nicht selten auch Humor den Text.

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Die Texte der einzelnen der eineinhalb Dutzend Szenen bestehen vor allem aus vielen Fragen – solchen, die sich nicht nur, aber vor allem Jugendliche stellen. Und so wurde das ursprünglich für ein erwachsenes Publikum gedachte Stück zu einem, das nun vorrangig für 14- bis 18-Jährige gespielt wird, oft in Kombination mit Workshops mit Schüler:innen, in denen diese selber zu Wort, Schauspiel und Tanz kommen.

Und wo sie schon zuvor auf der Bühne erleben – viele Fragen, (fast) alles ist möglich, vieles kann, nichts muss – vor allem gibt es kein richtig oder falsch. Du musst deinen eigenen Weg finden – und davor viel suchen. Auch wenn das Calla-Ensemble selber eine Interpretation der Figuren hat, die es im Nachgespräch auch brühwarm preisgibt, so kannst du es selber doch anders sehen, meinen, fühlen. Ob es dann nur eine oder drei Figuren sind – Weiterentwicklung kommt aus dem Dialog – mitunter auch mit sich selbst.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Kardia“ vom Calla Ensemble

Das gilt übrigens auch für den Stücktitel. Das Ensemble verbindet mit „Kardia“ vor allem die in der Medizin gebräuchlichen Begriffe im Zusammenhang mit Herz. Dort bezeichnet es im Übrigen allerdings auch den Mageneingang oder „oberen Magenmund“. Nicht selten sprechen wir doch vom Bauchgefühl!

Die Grenze zwischen Speiseröhre und Mageneingang wird übrigens durch eine gezackte Linie gebildet – die sich als Muster auf der digital gezeichneten Figur mehrfach findet – und letztlich auch auf den Jacken der beiden Schauspielerinnen.

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Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Kardia“ vom Calla Ensemble
INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Kardia

Eine Produktion des CALLA Ensembles in Kooperation mit Sarah Milena Rendel
Ab 14 Jahren; 1 ¼ Stunden

Text: Sarah Milena Rendel + Ensemble
Schauspiel: Lara Katharina Bumbacher, Stefanie Früholz
Live-Projektion/ Kunstfigur: Astrid Rothaug
Musik: Josef Rabitsch
Calla-Ensemble – Kardia