Zwei – hierzulande weniger bekannte – Märchen von Oscar Wilde in einer lebendigen szenischen Lesung mit Live-Musik und -Geräuschen im Vestibül des Burgtheaters (Wien).
Aus der dunklen Kiste schauen erst nur kniehohe Stiefel heraus. Hin und wieder hebt der Schauspieler, dem sie gehören, die Decke über seinem Kopf und schaut in die sich füllenden Publikumsreihen im Vestibül des Wiener Burgtheaters. Tief sitzend, aus der Kiste beginnt er das Märchen von einer Rakete zu erzählen, die sich bedeutend und vornehm hält.
Es ist eines der neuen Märchen von Oscar Wilde, von dem jenes vom selbstsüchtigen Riesen hierzulande wohl das bekannteste ist. Im Vestibül des Burgtheaters lässt der Schauspieler Markus Meyer in rund 50 Minuten zwei in einer szenischen Lesung lebendig werden. Zu Ehren der Hochzeit des Königssohnes mit seiner aus dem Ausland angereisten Braut wartet eine Reihe von Feuerwerkskörpern auf ihren Abschuss. „Die bedeutende Rakete“ (in manchen Übersetzungen als „vornehme“ betitelt, im Original „remarkable“, also bemerkenswerte ;)) hält sich für was viel Besseres, sieht und hört eigentlich überhaupt nur sich selber. Und ignoriert Ratschläge anderer, ja trocken zu bleiben. Deshalb wird sie im Feuerwerk zum Rohrkrepierer…
Aus dem Original werden einige Feuerwerkskörper verändert. So gibt’s hier einen Sternderlspritzer und einen Ninja Terminator – und allerlei Sprach- und Dialekt-Akzente.
Währen der lebendigen Erzählung, wechselt der Schauspieler einen Stiefel gegen einen silbrig glänzenden, dreht sein Jäckchen von schwarz auf gleichfalls silbrig und streift sich einen großen Handschuh über, ebenfalls – genau.
Die werden im zweiten Märchen des irischen Schriftstellers (1854 bis 1900), das an diesem Nachmittag mit Hilfe der Erzählung und der Fantasie des Publikums zu einem Rubin und zwei strahlend blauen Saphiren, mit denen die Statue eines „glücklichen Prinzen“ verziert sind. Auch das – wie alle Märchen Oscar Wildes mit starker Botschaft.
Hier sind’s auf der einen Seite ein eitler Bürgermeister und seine Speichel leckenden Stadträte und auf der anderen Seite der (edel-)metallene Prinz, der von seiner hohen Position aus in die Fenster der Armen der Stadt sieht. Eine Schwalbe, die den Flug in den Süden mit ihren Artgenoss:innen verpasst hat, findet Unterschlupf bei der Statue. Auf Bitten der Prinzen-Statue bringt sie die Edelsteine zu exemplarischen Bedürftigen, um deren Lebensverhältnisse zum Besseren zu verändern.
Mehr an Details sei nicht verraten, die beiden Märchen sind so wenig bekannt, dass für die nächste lebendige Lesung – am 9. Jänner 2022 – noch so manches Überraschungsmoment bleiben soll.
Was schon verraten werden darf: Markus Meyer ist nicht ganz allein auf der Bühne. Als große Unterstützung spielt fast an der Seitenwand Christian Strnad Musik und viele Geräusche – großteils vom Computer ab, teils aber auch mit Klanginstrumenten, aber auch unterschiedlichsten Gegenständen. So knistern die Feuerwerkskörper dadurch, dass der Klang-Meister Knapppapier und andere Kunststofffolien vor dem Mikrophon reibt.
von Oscar Wilde
Ab 7 Jahren;
Mit: Markus Meyer
Live-Musik und Geräusch-Effekte: Christian Strnad
Szenische Einrichtung: Verena Holztrattner
Musik: Andreas Radovan
Kostüme: Maria-Lena Poindl
Licht: Enrico Zych
Assistenz: Luisa Reiterer
9. Jänner 2022, 15 Uhr
Burgtheater, Vestibül
1010, Universitätsring 2
Telefon: 01 51444 – 4545
Burgtheater -> lesen-lauschen
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