Es wäre eine ganz normale Geschichte von Neuankömmlingen in einem kleinen Dorf. Arthur, der Erzähler, muss mit dem älteren Bruder Ossi und seinen Eltern in eine vom Vater entworfenes schachtelförmiges Haus an einem Waldrand übersiedeln. Der Architekt liebt die Natur, sagt er.
Arthur, aus dessen Sicht und Gedanken wir diesen Kinderroman lesen, ja verschlingen, erlebt gleich im ersten Kapitel einen Schock. Ein „Waldmensch“ erschreckt ihn. Das – so erfahren die Leser:innen in der Folge – ist der Vater von Fanny und Freddy, die am anderen Ende des Waldes wohnen.
Zwischen den beiden Vätern wird es noch einen argen Streit geben, der sich um ein geplantes Riesen-Baumhaus dreht. Aber keine Details. Die knapp mehr als 200 Seiten lesen sich nicht nur flott, sondern immer wieder taucht die eine oder andere kleine oder größere Überraschung auf, die der Geschichte eine spannende Wendung gibt.
Die allergrößte kündigt die Autorin und Illustratorin in Personalunion, Leonora Leitl, schon im Titel an: „Kaiserschmarrn – Mein grandioser Sommer mit Ziege“. Diese, im Taufnamen Seppi, kann von einem Moment auf den anderen sprechen und stellt sich als Kaiser namens „Cäsar Napoleon Alexander der Größere“ vor. Auch das darf schon verraten werden, begrüßt er doch als solcher das lesende Publikum gleich auf der ersten Seite in einer Art Vorwort vor.
Und so schräg dies wirkt, der sprechende Bock passt wunderbar in die an sich eher normale Geschichte, sorgt für das eine oder andere Abenteuer, aber im Kern geht’s um die Freundschaft der Kinder. Den sich aufbauenden oben angesprochenen Streit. Und der dreht sich wiederum im Wesentlichen um den Umgang mit den Bäumen des Waldes. „Natürlich“ samt Happy End – und das mit Kaiserschmarrn-Rezept – mit „kaiserlichen“ Wortspielen 😉
„Klimakleber pfui!“, schrei(b)en alle möglichen Leute, nur weil sich ein paar – meistens – junge Menschen kurzzeitig auf der Straße festsetzen und so den Autoverkehr kurzfristig zum Stehen bringen. Ein Stau mehr.
„Aber“, so sagen diejenigen, die wie sprichwörtliche Rohrspatzen schimpfen, für die Umwelt wären sie ohnehin und für den Klimaschutz sowieso. Ach, was würden die erst sagen, wenn der Eichelhäher aus dem Buch von Michael Stavarič und Stella Dreis in der Wirklichkeit machen würde, was in starken, explosiven Bildern und sprachverspieltem Text ankündigt?
„Piepmatz macht Wald aus euch!“ rückt die „Maschine gegen den Klimawandel“ ins Zentrum der Geschichte. So nennt „Plant for the Planet“, die von Kindern und Jugendlichen ausgehende und getragene Initiative, Bäume. Also, mit der Hauptperson des Bilderbuches, einem Vogel der Art der Eichelhäher, kannst du dich ärgern, dass aus Wäldern Autobahnen, Einkaufszentren und sonst noch alles mögliche wird, das Menschkauzige, Aufrechtgestaltige, Kopflistige aushecken. Mit solchen und weiteren Wortschöpfungen lässt der Autor den „Piepmatz“ die angebliche Krone der Schöpfung bezeichnen.
Das führt übrigens zu ganz schön absurd anmutenden Bildern, die sich Stella Dreis ausgedacht hat: Etwa ein Reh, das durch einen „Wald“ wandert, der nur mehr aus Baumstümpfen besteht, auf denen verschiedenste TV- und Computermonitore thronen. Das und all die anderen oft fantasievollen Bilder – mitunter mit „Spreng“kraft -, die zeigen, was Menschen mit der Natur anrichten, bringt den Eichelhäher dazu, nach Rache zu sinnen.
Und die findet er just in Auswüchsen von Abfällen, die Menschen im Wald vergraben haben. Per Zufall fällt eine Eichel in die Flüssigkeit einer solch verbuddelten Tonne – und die rausgefischt und gepflanzt lässt Monsterbäume rasend schnell wachsen.
Soweit die Story. Stavarič lässt den Eichelhöher in einer eigenen – in Wörtern und Satzstellungen verspielten Sprache reden, die ein wenig an Christine Nöstlingers legendäre Radiofigur Dschi Dsche-i Wischer Dschunior erinnert. Und warum sollen nur Menschen verschiedene Sprachen haben? So variiert er die Sprachspielereien, wenn er andere Waldbewohner:innen zu Wort kommen lässt 😉
Das kunterbunte Kunstwerk aus Sprache und Bildern ist übrigens jüngst in die Kollektion zum Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis gewählt worden. Und die Illustratorin ist außerdem für den Astrid Lindgren Memorial Award nominiert.