Zum Abschluss des 16. Jahres der Musical Akademie Murtal im Arbeiterheim Fohnsdorf (Steiermark) gab es eine schräge Krimi-Geschichte mit Parallelwelt… KiJuKU sprach mit etlichen der jungen Talente, der Autorin und dem Erfinder der Akademie.
Von Fohnsdorf nach New York pendelt das im Untertitel als „Thriller“-Muscial angekündigte Stück „Krimi da Mur“ auf der Bühne im Arbeiterheim dieser einstigen Bergbaustadt hin und her. Und switcht szenenweise zwischen wirklicher Bühnen- und dortiger Traumwelt. Über weite Strecken doch recht verwirrend mit überraschendem Ende, spielen sich Kriminalgeschichten mit (verdeckten) Ermittlungen samt Verrat – in Reihen der Polizei sowie auch bei den Gangstern – ab.
Immer wieder wechselt die Geschichte recht abrupt zu Songs und/ oder Tänzen samt davor oft (kritischen) vor allem aber witzigen Diskursen um dieses Bühnen-Genre generell. Manches Mal spielen sich im Musical auch perfekt inszenierte und ausgeführte Proben-Szenen ab.
Örtliche Polizist:innen und US-Cops, Mafia, Nachtklub, Modedesinger:innen, eine Sushi-Laden-Chefin und nicht zuletzt immer wieder die Musical Akademie Murtal in Fohnsdorf selbst – eine Fülle von „Tatorten“ spielen auch eine Rolle. In dem rund zweistündigen Musical – mit einer laaaangen Pause – gab es zumindest bei der Premiere zu der Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… eingeladen worden war, immer wieder Szenen-Applaus fast nach jeder Nummer, die Anleihe bei verschiedenen bekannten Musicals nimmt.
Neben diesen internationalen Anspielungen erfolgen so manche auch auf örtliche Persönlichkeiten – und nicht zuletzt auch die Lehrenden der hier seit 16 Jahren existierenden von Gernot Kranner gegründeten und geleiteten Musical-Akademie. Das ganze Schuljahr über kommen an jeweils einem der Wochenendtage für je fünf Stunden rund 30 bis 40 Kinder Jugendliche hierher, um mit Profis Gesang, Tanz und Schauspiel zu er- und/oder weiter zu lernen. Seit einigen Jahren besteht die Abschluss-Aufführung aus einem eigens dafür geschriebenen Musical – von Charlotte der Stern, die auch Regie führt.
„Krimi da Mur“ spielt einerseits mit dem bekannten steirischen Fluss und andererseits mit dem akustisch sehr ähnlichen d’Amour, also einem Liebenskrimi, und andererseits mit dem Pendeln zwischen Traum und Wirklichkeit. „Eigentlich war Krimi da Mur schon fürs Vorjahr geplant“, so die Autorin, Regisseurin und Schauspiellehrerin Charlotte derStern (Künstler:innen-Name), als erstes auf die Frage von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr …, was ihr Ausgangspunkt für die Geschichte war. Wegen einiger Corona-Fälle musste die Show dann auf heuer vertagt werden.
„Im vorigen Jahr hätten wir ja mit 15 Jahren ein Jubiläum gehabt und dazu hab ich mir als Thema überlegt: „Lebe deinen Traum“. Dafür hab ich sämtliche Kids gefragt, welche Art von Rollen sie gerne spielen würden. Und dann kamen Vorschläge wie Psychopath:in, grantiger Polizist, Sushi-Bar-Betreiberin, die gut mit Reis umgehen kann, richtige ungute Typen. Elisa Gladik und Kerstin Haider, die bisher immer Gegenspieler:innen gespielt haben, wollten endlich einmal als Team spielen.
Und dann hab ich zwei Parallelwelten – Realität und Traum – geschaffen, wo es in ersterer darum geht, überhaupt draufzukommen, was der eigentliche eigene Traum ist. Die Lotti flüchtet ja richtig in die Traumwelt, um mit der Wirklichkeit zurecht zu kommen.“
In der Pause bzw. nach der langanhaltenden, enthusiastisch bejubelten Premiere nutzt KiJuKU.at die Gelegenheit einige der Mitwirkenden auf der Bühne sowie den „Vater“ der MAM (Musical Akademie Murtal) zu befragen. Keine leichte Sache, denn in der Pause waren insbesondere die jungen Darsteller:innen mit dem Verkauf von Tombola-Losen im Einsatz und danach war’s für sie echt schon ziemlich spät.
Mit vier Jahren hat Judith Rarej begonnen Klavier zu spielen, in der 2. Klasse Volksschule kam Geige dazu und jetzt spielt sie noch Gitarre. Die 17-Jährige ist seit vielen Jahren Teil dieser Musical-Akademie. In „Krimi da Mur“ spielt die sehr schlanke Schülerin „Fat Andy“, einen der allesamt unterschiedlich dümmlichen vier Schergen des Mafiabosses Vito Corleone (gespielt von Andreas Gruber, einem der Absolvent:innen der Musical Akademie Murtal, der in seiner zweiten Rolle deren künstlerischen Leiter Gernot Kranner spielt). „Für dieses Musical durften wir uns alle ja Charaktere aussuchen und ich wollte endlich einmal eine sehr dümmliche Figur spielen.“
„Eigentlich wollte ich schon länger mitspielen, motiviert hat mich meine Volksschullehrerin – die auch selber mitspielt (Kerstin Haider – Doppelrolle als gespaltene Persönlichkeit – Inspektor Lotti Leitner in der realen und Detective Mary Myders in der Traumwelt) aber ich bin erst das zweite Jahr bei der Musical-Akademie und darf schon eine der Dozentinnen spielen, die Schauspiellehrerin sowie Musical-Autorin und Regisseurin Charlotte“, freut sich Greta Schlapschy (13). „Eigentlich wollte ich schon länger, aber erst im Vorjahr war ich dann zum ersten Mal dabei. Ich fühle mich sehr geehrt, finde es großartig, dass ich so eine große Rolle bekommen habe, obwohl ich erst so kurz dabei bin. Es ist richtig toll und ich kann mich gut mit dieser Rolle identifizieren.“
Diese von Greta Schlapschy genannte Lehrerin ist Kerstin Haider – jetzt in einer Volksschule in Zeltweg (Steiermark). Sie ist mittlerweile ihr halbes Leben Teil der Musical Akademie Murtal. Über ihre Schwester, eine Journalistin, hat sie als Jugendliche mit 16 davon erfahren. In den ersten Jahren seien die Abschluss-Aufführungen immer so eine Art „best-of“ aus verschiedenen Musicals gewesen, erst seit einigen Jahren schreibt Charlotte der Stern eigene Musicals für die Akademie. „Am Anfang hatte ich Neben-, später breitere Neben- oder kleinere Hauptrollen. Heuer ist das mein erstes Mal in einer wirklichen Hauptrolle.
Und für dieses Musical durften wir erstmals sehr viel mitbestimmen und sagen, welche Eigenschaften unsere Figur haben sollte. Weil ich bisher immer sehr klare Rollen hatte, Figuren, die wussten, was sie wollten, hab ich gesagt, ich würde gern eine Figur sein, die lange gar nicht weiß, was mit ihr passiert, die sich durch die ganze Geschichte treiben lässt.“ Und das ist die schlechte Polizistin Lotti Leitner, die deswegen von Bezirksinspektor Gschwendtner (Roland Giersing) in die Musical-Akademie geschickt wird, um dort verdeckt zu ermitteln. Das ist die eine der beiden Figuren, die die heutige Volksschullehrerin (seit zehn Jahren in ihrer nunmehr siebenten Schule) verkörpert. Die andere ist – in der sozusagen Traumebene des Stücks – Detective Mary Myers, die den Mafiaboss Vito Corleone zur Strecke bringen will.
Neben den aktuellen Kindern und Jugendlichen des Akademie-Jahres spielen eben immer auch „Absolvis“ – wie die eben zitierte Lehrerin – im jeweiligen Musical mit, also junge Erwachsene, die in ihren Kinder- und/oder Jugendjahren die regelmäßigen Ausbildungen in Schauspiel, Gesang und Tanz absolviert haben. Zusätzlich wirken Absolvent:innen einer eigenen Ü18-Erwachsenengruppe mit. Ein weiterer der „Absolvis“ ist Lukas Angermann (20), heute Sprachstudent – Französisch und Russisch – in Wien. Er kam erst spät zu dieser Musical-Akademie. Und hat nicht nur jetzt, sondern auch schon mit 17 Jahren beim ersten Mal eine jeweils längere Anreise, damals aus Tamsweg in Salzburg (mehr als eine Stunde). „Ich hab in unserer Schule schon so ab 14 Jahren Musical gespielt, dann zufällig von dieser Akademie erfahren, das hat mich sehr angesprochen, ich hab mir dann die Aufführung vom „Zauberer von Oz“ angeschaut und seither mach ich hier mit.“
Heuer spielt er zwei Axels, einmal das karikierende Ebenbild des Korrepetitors (für Krimi da Mur hat die Autorin und Regisseurin alle Dozent:innen der Akademie ins Stück geschrieben) und ein andermal einen gleichnamigen Barkeeper. „Für dieses Stück durften wir uns Rollen-Charaktere wünschen und ich hab angegeben, einen arroganten A… spielen zu wollen, weil ich selber eher schüchtern bin. Und so mal Schlimmes rauslassen konnte. Im ersten Jahr hab ich eh einen eher schüchternen Nerd in „Grease“ gespielt.“
Mit dickem Bauch, der das Original so gar nicht hat, spielt Mara Köck den musikalischen Leiter und Live-Pianisten Bernd. „Schwer ist der Polster nicht, aber nass ist’s drunter“, beantwortet die 20-Jährige die erste Frage nach dem Spiel mit ungewohntem „Rucksack“ im Bauchbereich. „Ich bin nur ganz spontan vor zwei Wochen eingesprungen, weil kurzfristig wer ausgefallen ist, aber ich hab vier, fünf Jahre bei der Musical-Akademie mitgemacht, darum war’s zu schaffen.“
Mit ungefähr vier Jahren stand Mara Köck das erste Mal auf einer Bühne, „da hab ich gesungen und gespielt. Hier bei den Musicals war ich unter anderem die Sandy in „Grease“.“
Heute studiert sie Medien und Kommunikationswissenschaften.
Dajana Acra ist neun und eine sehr aufgeweckte Person – nicht nur auf der Bühne, wo sie die Sushi-Bar-Chefin Nakamura Takahasi spielt. Sushi-Laden-Betreiberin, die den Reis gut rollen kann war ihr Wunschtraum. Dass ihr die Autorin dann einen klischeehaften Text mit chinesischem Akzent, in dem jedes r durch ein l ersetzt wird, in die Rolle geschrieben hat, was andere Figuren dann wiederum kritisieren dürfen, „war am Anfang schon schwierig“, gesteht die redegewandte Jungdarstellerin, die zum zweiten Mal bei der Abschlussproduktion der MAM auf der Bühne spielt, singt und tanzt. „I mog Musicals, i hob a scho öfta söba wöche gmocht”, verrät sie dem Journalisten aus Wien – nur für zu Hause. Ihre fünf Geschwister und zwei Stiefschwestern schlüpften dann in die Rollen, die sich Dajana ausgedacht hatte, um sie den Eltern vorzuspielen. „Es geht immer um Kummer, Liebe und Leid“, erklärt sie auf die entsprechende KiJuKU-Nachfrage.
Immer dann wenn ihre Schwester Stella Tomaselli als eine der acht „Neuen“ und „Kleinen“, die Polizistinnen, Detektive und FBI-Agentinnen spielten, auf der Bühne auftauchte, war die sechsjährige Schwester Lina, die insgesamt die lange Aufführung sehr aktiv miterlebte, besonders aufgeregt. Nach der langen Pause, kurz bevor der zweite, rund halbstündige Teil startete, vertraute sie dem schräg vor ihr sitzenden Journalisten an: „I wü a auf die Bühne, vielleicht derf i nächst Joar scho mitmochn!“
Vanessa Steinwidder (13) spielte dieses Jahr Donna Karen, eine Mode-Designerin und ist das vierte Jahr dabei. Wie es dazu kam, schildert sie so: „Meine Mama hat mich damals in den Zauberer von Oz geschleppt und das hat mir so gefallen, dass ich ab da dann immer selber mitspielen wollte.“
Gernot Kranner, der künstlerische Leiter und Erfinder der Musical Akademie Murtal sagt in seiner Begrüßung auf der Bühne im Arbeiterheim, dass er mit sechs Jahren (1968) schon auf dieser Bühne gestanden ist. Da will Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… natürlich später mehr wissen. Und so erzählt der mit eigenen kleinen Musik-Theatergeschichten durch Schulen und Kindergärten tourende aber auch in großen Musicals auf großen Bühnen auftretende Star, der in Fohnsdorf aufgewachsen ist, dass er damals beim Abschlusskonzert der Musikschule Blockflöte gespielt habe. Viel stolzer aber schildert er von seinen Ballett-Auftritten hier als er 13 war und den Prinzen im Schwanensee tanzte. Sein Bruder Reinwald, ebenso längst ein Musical-Star war der Mäusekönig.
Vor 17 Jahren als er schon Star war und in seiner Heimat ein Konzert gab, habe ihn der Bürgermeister nach seinem Werdegang gefragt und „ob ich glaube, dass es auch heute (also damals) auch noch Talente geben würde. Und dann hab ich ihm vorgeschlagen, wir könnten’s ja ausprobieren. So kam’s zur Akademie, in der bis heute – selbst in der schwierigen Corona-Zeit mit allen Abstands und sonstigen Regeln – jedes Jahr 30 bis 40 Kinder und Jugendliche mitmachen und bei der Abschlussaufführung den Eltern und anderen Gästen ihr Talent zeigen. Wobei für mich der Weg eher das Ziel ist, die Workshops mit den Dozentinnen und Dozenten, in denen diese jungen Talente wachsen. Aber es sind auch schon heute bekannte Darstellerinnen und Darstellerin hier hervorgegangen, zum Beispiel Conny Mooswalder, Rebecca Richter, Lilly Rottensteiner.
Compliance-Hinweis: Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … wurde zur Berichterstattung nach Fohnsdorf eingeladen.
Eine Jukebox Musical Krimi Komödie
Künstlerische Leitung: Gernot Kranner
Text, Regie, Schauspiel-Leitung: Charlotte derStern
Musikalische Leitung: Bernd Leichtfried
Choreografie und Tanz-Leitung: Christina Reindl
Liedinterpretation und Gesangs-Leitung: Eva Saly
Korrepetition: Axel Rameseder
Besetzung
Inspektor Lotti Leitner/Detective Mary Myers: Kerstin Haider
Detective Lorna Stucci: Elisa Gladik
Bezirksinspektor Gschwendtner: Roland Giersig
Christina, Tanzdozentin/ Cigarette Girl Christy: Julia Bernhard
Eva, Gesangsdozentin/ Barsängerin Eve:Marie-Luise Leitner
Bernd, Chorleiter/Barpianist Bernie: Mara Köck
Charlotte, Schauspieldozentin/Charlotte, Musical-Autorin und Regisseurin: Greta Schlapschy
Gernot, Akademie-Leitung/Mafiaboss & Nachtclubbesitzer Vito Corleone: Andreas Gruber
Axel, Korrepetitor/Barkeeper Axel: Lukas Angermann
Spitty Joe, klein und dumm mit starkem Lispeln, einer von Vitos Schergen / Kerstin, in der Erwachsenen-Gruppe und Volksschullehrerin: Emilia Gesslbauer
Fat Andy, groß, dünn und dümmer, einer von Vitos Schergen: Judith Rarej
Freddy, die Klinge, düster und heiser, spielt immer mit seinem Messer, einer von Vitos Schergen/Brigitte, in der Erwachsenen-Gruppe/Ruth Wonderly alias Brigid O’Shaughnessy: Vivien Tschachler
Der unsichere Sal, unsicher, einer von Vitos Schergen: Jessica Steinwidder
Emily Prentiss, Leiterin der Verhaltensanalyse-Einheit des F. B. I.: Katja Stocker
Penelope Garcia, Verhaltensanalyse-Einheit des F. B. I.: Iris Findl
Jennifer Jareau, Verhaltensanalyse-Einheit des F. B. I.: Amelie Liebminger
Officer Brown, Officer des N. Y. P. D.: Andreas Liebminger
Sam, Hotdog-Verkäufer*in: Sem Rohr
Donna Karen, Mode-Designerin: Vanessa Steinwidder
Anna Wintour, Chefredakteurin der Vogue: Anna Moser
Gordon Gekko, Finanzhai von der Wallstreet: Jakob Schuster
Nakamura Takahashi, Sushi-Bar-Leiterin: Dajana Acra
Weitere Polizistinnen, Detektive und F. B. I.-Agentinnen: Emma Edlinger, Lena Figo, Emely Gruber, Marlen Lintschinger-Hauser, Johanna Pöhl, Valentina Pöhl, Stella Tomaselli, Franziska Welsch
Produktions-Assistenz: Cornelia Kautschitz, Martin Feeberger, Selina Pichler, Marigret Kranner, Gerhard Kranner
Organisationsbüro der Gemeinde Fohnsdorf: Nadine Hubmann
Licht- und Tontechnik: Bernhard Hitzenhammer, Thomas Hasenauer
Nächster Durchgang der Musical Akademie Murtal
Alle Kinder und Jugendlichen (ab 8 Jahren) können sich für Schnuppertage anmelden
03573 24 31 114
nadine.hubmann@fohnsdorf.gv.at
Erwachsenengruppe Ü18
0676 32 69 289 (Gernot Kranner)